Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 3 O 8154/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 03.12.2007; Aktenzeichen II ZB 15/07)

 

Tenor

I. Der Antrag der Kläger auf Aussetzung des Beschwerdeverfahrens gem. § 148 ZPO wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des LG München I vom 31.1.2007 wird als unzulässig verworfen.

III. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Nebenintervenienten.

IV. Der Beschwerdewert wird auf 5.638,80 EUR festgesetzt.

V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführer begehren von den Beschwerdegegnern im zugrunde liegenden Klageverfahren Schadensersatz wegen der Verbreitung falscher Ad-hoc-Mitteilungen. Mit Schriftsätzen vom 23.9.2006 (präzisiert durch Schriftsatz vom 27.12.2006), vom 15.12.2006 und vom 18.12.2006 stellte die Klägervertreterin Musterfeststellungsanträge mit verschiedenen Feststellungszielen. Hinsichtlich des Inhalts dieser Anträge wird auf Bl. 361 ff., 396 ff., 429 ff. und 476 d.A. Bezug genommen.

Das LG München I hat mit Endurteil vom 31.1.2007 die Klage abgewiesen, da die Kläger weder eine Kenntnis der Ad-hoc-Mitteilungen vor der Kaufentscheidung noch deren Ursächlichkeit für die Kaufentscheidung hätten nachweisen können.

Mit Beschluss vom selben Tag hat das LG München I die Musterfeststellungsanträge als unzulässig zurückgewiesen, da der Rechtsstreit entscheidungsreif sei, ohne dass es auf die mit den Anträgen begehrten Feststellungen ankomme.

Die Kläger haben gegen diesen Beschluss mit Schriftsatz vom 12.4.2007 sofortige Beschwerde eingelegt u.a. mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Musterfeststellungsanträge gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 KapMuG nicht vorlägen, insbesondere sei der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. Ferner kündigen die Kläger an, gegen das Endurteil des LG München I vom 31.1.2007 Berufung einzulegen und beantragen im Hinblick auf die Vorgreiflichkeit des Berufungsverfahrens das Beschwerdeverfahren gem. § 148 ZPO auszusetzen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zu verwerfen und der Aussetzungsantrag ist zurückzuweisen.

1. Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung der Musterfeststellungsanträge ist statthaft. Zwar sieht das KapMuG nicht ausdrücklich ein Rechtsmittel gegen die Zurückweisung von Musterfeststellungsanträgen gem. § 1 Abs. 3 Satz 2 KapMuG vor. Mangels einer spezialgesetzlichen Regelung finden jedoch gem. § 3 Abs. 1 EGZPO die §§ 567 ff. ZPO Anwendung (Vorwerk/Wolf, KapMuG § 1 Rz. 77).

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unzulässig. Nach dem eindeutigen Wortlaut des KapMuG ist allein das Gericht der ersten Instanz dafür zuständig, vor einer Entscheidung in der Hauptsache ein Musterverfahren durch Vorlagebeschluss gem. § 4 KapMuG in Gang zu setzen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht mehr möglich, da das LG bereits in der Sache durch Endurteil entschieden hat. Selbst eine fehlerhafte Zurückweisung des Musterfeststellungsantrages wäre durch den Senat nicht mehr korrigierbar (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., Rz. 11 vor § 511 ZPO). Der sofortigen Beschwerde fehlt somit das Rechtsschutzbedürfnis (Vorwerk/Wolf, a.a.O.; § 1 Rz. 56).

Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass im Berufungsverfahren eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und eine Zurückverweisung an das LG gem. § 538 ZPO möglich ist. In einem solchen Fall steht es den Klägern vielmehr frei, erneut Musterfeststellungsanträge zu stellen. Solange das Klageverfahren jedoch in zweiter Instanz anhängig ist, kommt wie bereits ausgeführt, ein Vorlagebeschluss gem. § 4 KapMuG nicht in Betracht.

2. Der Antrag, das Beschwerdeverfahren im Hinblick auf das Berufungsverfahren in der Hauptsache auszusetzen, ist schon deshalb zurückzuweisen, da wegen der Verwerfung der sofortigen Beschwerde die beantragte Aussetzung des Beschwerdeverfahrens nicht mehr möglich ist.

3. Das KapMuG enthält keine eigene Kostenregelung für das Beschwerdeverfahren, so dass unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 EGZPO die Kostentragungsregelung gem. §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO anzuwenden ist. § 17 KapMuG ist nicht einschlägig, da er seinen Wortlaut nach ein durchgeführtes Musterverfahren voraussetzt, dass hier nicht gegeben ist.

4. Das KapMuG enthält keine Regelung zur Bestimmung des Werts einer sofortigen Beschwerde wegen der Zurückweisung eines Musterfeststellungsantrages, so dass unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 EGZPO der Streitwert gem. § 3 ZPO festzusetzen ist. Da die Kläger darauf abzielen, mit den Musterfeststellungsanträgen die wesentlichen Grundlagen für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch klären zu lassen, ist ihr Interesse mit dem Hauptsachebetrag gleichzusetzen.

5. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 574 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die aufgeworfenen Rechtsfragen bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt sind.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2015763

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