Leitsatz (amtlich)
Die Verfilmung eines Werks der Musik – hier der Alpensinfonie –, bei der die Aufführung des Werks selbst notengetreu war, stellt nicht dessen Bearbeitung dar.
Normenkette
UrhG §§ 23, 88
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 7 O 15929/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 21.3.2002 – Az. 7 O 15929/01 – wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin betreibt einen Musikverlag im Bereich der ernsten Musik. Im Januar 1970 schloss sie mit der GEMA einen Berechtigungsvertrag, der 1996 geändert wurde. Dieser betrifft die Wahrnehmung der Urheberrechte an der „Alpensinfonie” (op. 64) des Komponisten Richard Strauss. § 1 dieses Vertrages enthält u.a. folgende Vereinbarung:
„Der Berechtigte überträgt hiermit der GEMA als Treuhänderin für alle Länder alle ihm gegenwärtig zustehenden und während der Vertragsdauer noch zuwachsenden … Urheberrechte in folgendem Umfang zur Wahrnehmung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen:
…
i. (1) Die Rechte zur Benutzung eines Werkes (mit oder ohne Text) zur Herstellung von Filmwerken oder jeder anderen Art von Aufnahmen auf Bildtonträger sowie jeder anderen Verbindung von Werken der Tonkunst (mit oder ohne Text) mit Werken anderer Gattungen auf Multimedia- oder andere Datenträger oder in Datenbanken, Dokumentationssystemen oder in Speichern ähnlicher Art, u.a. mit der Möglichkeit interaktiver Nutzung, mit der Maßgabe, dass GEMA und Berechtigter sich gegenseitig von allen bekannt werdenden Fällen unterrichten. Der GEMA werden diese Rechte unter einer auflösenden Bedingung übertragen.
Diese Bedingung tritt ein, wenn der Berechtigte der GEMA schriftlich mitteilt, dass er die Rechte im eigenen Namen wahrnehmen möchte. Diese Mitteilung muss innerhalb einer Frist von 4 Wochen erfolgen; bei subverlegten Werken beträgt die Frist 3 Monate. Die Frist wird von dem Zeitpunkt an berechnet, zu dem der Berechtigte im Einzelfall Kenntnis erlangt hat. In der Mitteilung des Berechtigten an die GEMA über einen ihm selbst bekannt gewordenen Einzelfall muss die Erklärung enthalten sein, ob er die Rechte im eigenen Namen wahrnehmen möchte.
…
(3) Bei Fernsehproduktionen vergibt die GEMA die Herstellungsrechte an Fernsehanstalten und deren eigene Werbegesellschaften insoweit, als es sich um Eigen- oder Auftragsproduktionen für eigene Sendezwecke und Übernahmesendungen handelt. Die Einwilligung des Berechtigten ist jedoch erforderlich, wenn Dritte an der Herstellung beteiligt sind oder wenn die Fernsehproduktionen von Dritten genutzt werden sollen. Dies gilt insb. für Coproduktionen.”
Die Sächsische Staatskapelle Dresden feierte am 22.9.1998 ihr 450-jähriges Bestehen mit einem Festkonzert in der Semperoper in D. Dabei wurde u.a. die „Alpensinfonie” von Richard Strauss gespielt. Dieses Konzert wurde unter der Federführung des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) in 3sat direkt übertragen und gleichzeitig aufgezeichnet. Die Postproduktion im Hinblick auf Sendefassungen für spätere Ausstrahlungen des Konzerts oblag der Beklagten. Grundlage der Zusammenarbeit des MDR mit der Beklagten ist ein als „Coproduktionsvertrag” überschriebener Vertrag vom 5. bzw. 10.10.1998. Die Beklagte wird darin durchgängig als Coproduzent bezeichnet. In diesem Vertrag werden die Beiträge der Parteien zur Sendung und Aufzeichnung des Konzerts und der späteren Bearbeitung (§ 3), die Rechte an der Aufzeichnung (wonach der MDR im Wesentlichen die Fernsehnutzungsrechte für das deutschsprachige Europa erhielt) (§ 2) und die Verteilung der Finanzierung (§ 4) geregelt.
Ferner stellte die Firma K. GmbH, die von der Beklagten eine Lizenz zur audiovisuellen Vervielfältigung des Films auf DVD erhielt und die Produktion bei der GEMA anmeldete, DVDs her und brachte diese auf den Markt. Im Booklet zur DVD findet sich folgender Vermerk:
„Co-produced by MDR/NHK Tokyo/EuroArts
© MDR, EuroArts 1998”.
Die Aufzeichnung auf der DVD enthält einen Live-Mitschnitt des Konzerts, der aus dem Filmmaterial mehrerer Kameras zusammengeschnitten wurde. Es werden dabei Schnitte auf das Publikum, den Dirigenten, den Konzertsaal, bestimmte Musikergruppen des Orchesters oder einzelne Musiker etc. verwendet und so das Konzert „bebildert”. Die Schnittfolge der einzelnen Kameraperspektiven ist unter gestalterischen Gesichtspunkten hergestellt.
Der so hergestellte Film des Konzerts wurde am 29.4.2001 im ORF ausgestrahlt. Senderechte wurden an diverse TV-Anstalten vergeben.
Die Klägerin erfuhr im Jahre 2001 von der DVD-Produktion, eine Genehmigung zur Herstellung des Films/der DVD und zu deren Verwertung erteilte sie nicht. Nach erfolgloser Aufforderung zur Abgabe einer Unterlas...