Leitsatz (amtlich)

1. Auch einfache geographische Herkunftsangaben sind gewerbliche Schutzrechte i.S.d. § 4 Abs. 4 Nr. 6 Teledienstegesetz. Der für den deutschen Markt bestimmte und in Deutschland abgerufene Internetauftritt eines italienischen Warenanbieters unterliegt deshalb den §§ 126 ff. MarkenG.

2. Die Abwandlung einer früher irreführend identisch verwandten geographische Herkunftsangabe kann unter dem Gesichtspunkt der Fortwirkung deshalb ebenfalls irreführend sein, weil sie sich an die Herkunftsangabe in der Weise anlehnt, dass die Erinnerung an die früher gebrauchte Kennzeichnung geweckt wird.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 11.03.2003; Aktenzeichen 9 HKO 22717/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 05.10.2006; Aktenzeichen I ZR 229/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 11.3.2003 in seiner Ziff. IV. aufgehoben. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 40.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit italienischer Internet-Werbung mit der Bezeichnung „Pietra di Soln” für Keramikplatten, deren Oberfläche derjenigen des aus Solnhofen stammenden Natursteins nachempfunden ist.

I.1. Die Klägerin ist ein in Solnhofen ansässiges Unternehmen, das – wie andere auch – aus in Solnhofener Steinbrüchen gewonnenem Naturstein Bodenplatten und Fliesen herstellt und unter der Bezeichnung „Solnhofener Platten” vertreibt.

Die in Italien ansässige Beklagte fertigt dort industriell Keramikbodenplatten und Keramikfliesen, darunter solche, deren Oberfläche der des Solnhofer Natursteins ähnelt und die sie zunächst unter der Bezeichnung „Pietra di Solnhofen” und später unter der Bezeichnung „Pietra di Soln” vertrieb. Unter diesen Bezeichnungen bewarb sie diese Produkte auf einer deutschsprachigen und für den deutschen Markt bestimmten Internetseite, die sie von Italien aus einspeiste. Darin führte sie u.a. Folgendes aus:

„A. High Tech

Es hat Millionen von Jahren gedauert, bis das Wunder der Marmor- und Natursteine entstanden ist.

Unsere High Tech-Marmorsorten und Steine machen aus jedem Bodenbelag und jeder Wand ein Konzentrat aus Eleganz und Beständigkeit, wobei alle technischen Merkmale der Fliesen aus Feinsteinzeug beibehalten werden, jedoch mit dem unvergänglichen Zauber der Marmorsorten und Natursteine.

High Tech-Marmorsorten und Steine:

viel mehr als Fliesen”

Außerdem enthielt der Internetauftritt eine Unterteilung mit der Bezeichnung „Produkte: Marmor, Natursteine” und unter einem Bild des Produkts der Beklagten auch ein Bild eines Natursteins aus Solnhofen mit der Beschreibung „entspr. Marmor aus dem Steinbruch PIETRA DI SOLN”. Daneben wurden andere Produkte der Beklagten mit den Bezeichnungen „Pietra di Barge”, „Pietra di Luserna” und „Pietra Piasentina” beworben. Diese Werbung wurde von der Beklagte an ihrem Sitz in Solnhofen aus dem Internet abgerufen.

2. Das LG hat die Beklagte mit Endurteil vom 11.3.2003 antragsgemäß wie folgt verurteilt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung [der gesetzlichen Ordnungsmittel] zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, insb. im Internet unter den Internet-Domains für ihre industriell hergestellten Keramikplatten die Bezeichnung „Pietra di Soln” zu benutzen und mit dieser Bezeichnung für sie zu werben, sie mit dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr anzubieten, zu vertreiben und in Verkehr zu bringen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Namen und Anschriften sämtlicher gewerblicher Abnehmer und Auftraggeber, über Mengen der hergestellten und ausgelieferten Keramikplatten mit der Bezeichnung „Pietra di Soln” und über die mit dieser Bezeichnung erzielten Umsätze.

III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr aus den unter Nr. I. beschriebenen Handlungen entstanden sind und künftig noch entstehen werden.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche in ihrem Besitz befindliche Gegenstände, die mit der Bezeichnung „Pietra di Soln” gekennzeichnet sind, und die so gekennzeichneten Etiketten, Verpackungen, Kataloge, Prospekte zu vernichten.

Auf die in dem Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

3. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, weil der Unterlassungsantrag nicht bestimmt genug sei; die dort genannten Internetadressen seien nicht aufrufbar oder enthielten die Bezeichnung „Pietra di Soln” nicht, so dass nicht klar sei, welches Verhalten sie unterlassen solle.

Darüber hinaus sei das LG zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG vorlägen. Die Bezeichnungen „Pietra di Soln” und „Solnhofer Platte” seien s...

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