Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 02.02.2011; Aktenzeichen 37 O 1577/10) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 2.2.2011 - 37 O 15777/10, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Von den Kosten erster Instanz hat die Klägerin 58 % zu tragen, die Beklagten haben jeweils 21 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten, soweit im Berufungsverfahren noch von Belang, wegen der Wiedergabe eines Videos im Wege des sog. Framings - eine Wiedergabe, die sie als urheberrechtlich unzulässig erachtet - zuletzt noch auf Schadenersatz und Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch.
Die Klägerin stellt Wasserfiltersysteme mit Umkehr-Osmose-Filtern her, die sie auch vertreibt. Zu Marketingzwecken hat sie von der Fa. PCS Berlin, Inhaber Adam Wesolowski, das streitgegenständliche Video "Die Realität" zum Thema Wasserverschmutzung mit einer Spieldauer von 2:17 Minuten hersteilen lassen (vgl. die als Anlage zur Klageschrift zu den Akten gereichte DVD). Die ausschließlichen, zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkten Nutzungsrechte an dem Film, dem die Parteien übereinstimmend Werkqualität i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 UrhG Werkqualität beimessen, wurden auf die Klägerin übertragen. Das Video ist - nach Angaben der Klägerin ohne ihr Zutun - auf der Internetplattform "YouTube" unter dem Titel "Die erschreckende Wahrheit über die weltweite Wassersituation" zugänglich. Es wurde unter dem Usernamen "Onlinepixel" eingestellt, hinter dem sich ausweislich Anlagen B 1, B 2 der Produzent A. Wesolowski, PCS Berlin, verbirgt.
Die Beklagten sind als selbständige Handelsvertreter der mit der Klägerin im Wettbewerb stehenden Fa. PWS Protective Water Solutions AG tätig. Sie unterhalten jeweils eine Internetseite (vgl. Anlagen K 1, K 2), auf der sie die Produkte der Fa. PWS bewerben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie Besuchern ihrer Internetseiten, das streitgegenständliche Video im Wege des sog. Framings abzurufen: Bei einem "Click" auf das unter der Rubrik "Anhang" (Bekl. zu 1., vgl. Anlage K 1) bzw. unter der Rubrik "My Videos"/"Meine Videos" (Bekl. zu 2., Anlage K 3) angeführte Video wurde der Film in der Weise wiedergegeben, dass er vom Server des Portals "YouTube" abgerufen und von dort in einem auf der jeweiligen Website der Beklagten erscheinenden Rahmen (sog. "Frame") abgespielt wurde, wobei während der Wiedergabe das Logo von "YouTube" unten rechts in dem Bildausschnitt eingeblendet war (Anlagen K 3, K 4). Die Klägerin hat die Beklagten deswegen vorprozessual unter dem 2.6.2010 (Anlagen K 5, K 6) abgemahnt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Verwendung des Films auf den geschäftlich genutzten Internetseiten der Beklagten greife in ihr Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG ein. Die Beklagten hätten sich das Video auf diese Weise zu Eigen gemacht. Ihr stehe daher nach § 97 UrhG ein Schadenersatzanspruch in Form einer fiktiven Lizenzgebühr i.H.v. jeweils mindestens EUR 1.000 zu: Da die Klägerin das Video nach wie vor selbst für eigene Werbezwecke verwende, müsse die Höhe des Schadenersatzanspruchs auch der Gefahr einer Marktverwirrung Rechnung tragen.
Nach übereinstimmender Erledigterklärung des zunächst angekündigten Unterlassungsantrags in der mündlichen Verhandlung vor dem LG hat die Klägerin erstinstanzlich noch beantragt, die Beklagten zu verurteilen,
1. an die Klägerin Schadenersatz in einer vom Gericht gem. § 287 ZPO zu bestimmenden Höhe, mindestens jeweils EUR 1.000 zu zahlen.
2. die Klägerin gegenüber Herrn Rechtsanwalt Marko Pietruck von der Zahlung der Gebühren für die außergerichtliche Vertretung i.H.v. jeweils EUR 555.60 freizustellen.
Die Beklagten haben Klagabweisung beantragt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die ursprüngliche Verfügbarmachung des Videos auf der Internetplattform "YouTube" sei jedenfalls mit Zustimmung des Produzenten erfolgt und daher auch von der Klägerin zu verantworten. Rechtlich sei die Verwendung sog. Frames auf fremde Websites nicht als Urheberrechtsverletzung zu qualifizieren. Vielmehr sei die Konstellation dem vom BGH in der Entscheidung GRUR 2003, 958 - Paperboy judizierten Sachverhalt betreffend das Setzen eines Deep Links auf eine vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Website, welche ein urheberrechtlich geschütztes Werk enthält, vergleichbar.
Mit Endurteil vom 2.2.2011, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, ...