Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 19.03.2007; Aktenzeichen 27 O 220/05) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 19.3.2007 aufgehoben.
II. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO).
Mit der Berufung begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage insgesamt. Er vertieft und ergänzt sein Vorbringen in erster Instanz. Insbesondere beruft er sich darauf, dass das LG nicht gegebene Pflichten angenommen und zu Unrecht grobe Fahrlässigkeit bejaht habe. Er habe das Dach während der Arbeiten nicht betreten und sei dazu auch nicht verpflichtet gewesen. Ein Überbau wäre für ihn auch nicht ohne weiteres erkennbar gewesen, zumal er während der Ausführung der Arbeiten nicht vor Ort gewesen sei. Das Verlangen des Klägers sei zudem rechtmissbräuchlich, da bei einer Beseitigung des Überbaus die Wärmedämmung beeinträchtigt werde. Im Übrigen sei der Brandschutz bereits vor den Arbeiten baurechtswidrig gewesen.
Der Beklagte beantragt:
Unter Abänderung des am 19.3.2007 verkündeten Urteils des LG München I (Az.: 27 O 220/05) wird die Klage insgesamt abgewiesen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger vertieft und ergänzt ebenfalls sein erstinstanzielles Vorbringen.
Er ist der Ansicht, das LG habe zu Recht grobe Fahrlässigkeit des Beklagten bejaht. Es komme nicht darauf an, ob der Beklagte das Dach betreten habe; er habe jedenfalls eine Überwachungspflicht gehabt, die er ggf. durch Dritte hätte wahrnehmen lassen müssen. Bei auch nur teilweiser Überwachung wäre der Überbau sehr wohl für den Beklagten erkennbar gewesen. Eine Beeinträchtigung der Wärmedämmung werde bestritten; zudem sei dieser Vortrag verspätet. Allenfalls werde die Wärmedämmung teilweise beeinträchtigt; dies führe nicht zu einer Rechtsmissbräuchlichkeit des Verlangens des Klägers. Eine Duldungspflicht komme im Übrigen allenfalls bei den Regeln der Baukunst entsprechenden Maßnahmen in Betracht. Vorliegend sei die Ausführung des Überbaus im Hinblick auf den Brandschutz baurechtswidrig, wobei nicht auf den vorigen Zustand abzustellen sei; zudem komme es zu Wassereintritt im Anwesen des Klägers.
Auf die Schriftsätze der Parteien in erster und zweiter Instanz, insbesondere auf die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung sowie auf alle Anlagen und Protokolle wird zur Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg.
Der Kläger hat analog § 912 BGB den in zweiter Instanz nunmehr unstreitigen Überbau durch den Beklagten zu dulden.
1. Eine direkte Anwendung des § 912 BGB scheidet aus, da nachträgliche Dacharbeiten an einem bestehenden Reihenhaus, die zu einer Grenzüberschreitung führen, nicht unter einen Überbau "bei Errichtung eines Gebäudes" zu subsumieren sind (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., Rz. 7 zu § 912).
2. Jedoch kommt vorliegend eine analoge Anwendung von § 912 BGB in Betracht. Diese wird allgemein in Fällen befürwortet, in denen die Interessenlage in vergleichbarer Weise für den Erhalt wirtschaftlicher Werte streitet (vgl. beispielhaft Urteil des BGH v. 5.12.2003 - V ZR 447/01). Das ist nach Auffassung des Senats vorliegend zu bejahen. Der Beklagte hat nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen im Rahmen einer Dachsanierung zur Errichtung einer den heutigen Richtlinien entsprechenden Wärmeschutzdämmung insbesondere durch das Anschlussblech, das aufgrund der geänderten (aufgestockten) Dachkonstruktion eingefügt wurde, überbaut. Auch für einen Laien nachvollziehbar und vom Kläger insoweit jedenfalls nicht bestritten, würde bei einer Beseitigung des Überbaus die neu errichtete Wärmedämmung des Daches auf dem Haus des Beklagten zumindest beeinträchtigt. Die Interessenlage spricht somit klar für eine Duldungspflicht des Klägers, zumal bereits die vorherige Dachkonstruktion mit einer einheitlichen Dachfläche der beiden angrenzenden Reihenhäuser der Parteien wegen der überlappenden Dachziegel schlechterdings nicht ohne gegenseitigen "Überbau" ausgeführt sein konnte.
3. Die Duldungspflicht des Klägers ist auch nicht gem. § 912 BGB analog wegen eines der darin enthaltenen Ausnahmetatbestände ausgeschlossen. Weder hat der Kläger vor oder sofort nach Überbauung widersprochen, noch liegt dem Beklagten Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last.
Ein Verschulden der Baufirma ist dem Beklagten nicht zuzurechnen (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., Rz. 9 zu § 912).
Den Beklagten trifft aber auch nicht ein eigenes Verschulden in Form von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Vorsatz wird vorliegend ohnehin auch vom Kläger nicht behauptet. Grobe Fahrlässigkeit nimmt die Rechtsprechung grundsätzlich dann an, wenn der Ü...