Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 28.12.2004; Aktenzeichen 23 O 16868/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.01.2007; Aktenzeichen IX ZR 202/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 28.12.2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger wurde mit Beschluss des AG Halle-Saalkreis vom 1.9.1998 zum Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der HA. GmbH bestellt. In dieser Eigenschaft macht er gegen die Beklagte einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung i.H.v. 20.150,52 EUR nebst Zinsen geltend.

Die HA über die am 1.9.1998 durch den genannten Beschluss (Az. 58 N 605/98) das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde, hatte im April 1996 mit der Beklagten einen Kautionsversicherungsvertrag abgeschlossen. In diesem verpflichtete sich die Beklagte zur Übernahme von Bürgschaften innerhalb eines vereinbarten Limits unter der Bedingung, dass die HA. eine Teilbesicherung i.H.v. 20 % für Gewährleistungsbürgschaften bzw. i.H.v. 40 % für Ausführungsbürgschaften erbringen würde. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 29.4.1996 (Anlage K 2).

Die HA. hatte der Beklagten zur Sicherung aller gegenwärtigen und künftigen, auch bedingten und befristeten Ansprüche gem. Vertrag vom 24.3./4.4.1997 ihre Ansprüche auf das jeweilige Guthaben auf einem bestimmten Festgeldsonderkonto bei der SE. AG (vormals ...-Bank) abgetreten. Die Einzelheiten ergeben sich aus Anlage K 3.

Wegen rückständiger Prämien i.H.v. insgesamt 25.911,19 EUR forderte die Beklagte die SE. AG mit Schreiben vom 23.9.2003 (Anlage K 6) auf, einen Betrag in dieser Höhe an sie auszuzahlen. Die Auszahlung erfolgte mit Gutschrift zum 15.10.2003. In dem vorgenannten Betrag sind rückständige Prämien i.H.v. 5.760,67 EUR enthalten, welche bis zur Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens angefallen waren. Hinsichtlich des Differenzbetrages von 20.150,52 EUR, nämlich der Summe der nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens angefallenen Prämien, macht der Kläger gegen die Beklagte Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, sich aus dem abgetretenen Guthaben zu befriedigen. Sie habe sich ein Recht auf abgesonderte Befriedigung angemaßt. Mit Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens seien sämtliche Ansprüche aus dem Kautionsversicherungsvertrag erloschen, weshalb die Beklagte insoweit nicht mehr auf die ihr gewährte Sicherheit habe zurückgreifen dürfen. In Höhe des Klagebetrags sei sie deshalb ungerechtfertigt bereichert.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.150,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung liege nicht vor. Die Prämienforderungen, hinsichtlich derer sie die eingeräumte Sicherheit verwertet habe, seien bereits vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens entstanden; auf die Fälligkeit sei nicht abzustellen. Ihre Forderung sei insolvenzfest gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird ergänzend auf den Tatbestand des Endurteils des LG München I vom 28.12.2004 Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, ihr eingeräumte Sicherheiten durch Zugriff auf das Festgeldkonto zu verwerten, weshalb sie in Höhe der Klageforderung ungerechtfertigt bereichert sei. Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung habe ihr nicht zugestanden.

Der Kautionsversicherungsvertrag sei rechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 675 BGB einzuordnen. Der Kläger habe nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens die Erfüllung des Vertrags abgelehnt. Vorliegend komme § 9 GesO zur Anwendung, nicht § 23 KO, obwohl beide Vorschriften zu demselben Ergebnis führen würden. Es gehe nicht um eine Geschäftsbesorgung der Beklagten nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens, sondern um die Zahlung von Prämien und damit um die Erfüllung des Versicherungsvertrags. Die Beklagte habe den Geschäftsbesorgungsvertrag noch nicht voll erfüllt, denn sie hätte noch als Bürgin in Anspruch genommen werden können. Der Vertrag sei deshalb noch nicht beendet; die Prämien seien nicht fällig und die Ansprüche der Beklagten darauf noch nicht voll wirksam. Die Prämienansprüche seien nicht insolvenzfest. Die Beklagte habe sie vor Eröffnung des Verfahrens weder verlangen noch einziehen können. Bei seiner Entscheidung folge das LG dem Urteil d...

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