Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 16.06.2004; Aktenzeichen 8 (5) O 2916/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.11.2006; Aktenzeichen VII ZR 110/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 16.6.2004 verkündete Urteil des LG Magdeburg - 8 (5) O 2916/00 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 62.498,45 EUR nebst 8,5 % Zinsen seit dem 19.7.2000 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger nehmen die Beklagte auf 62.498,45 EUR Vergütung für Tragwerksplanungsleistungen nach § 64 HOAI, Leistungsphasen 1-4, in Anspruch (Bl. 67.f I). Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug.

Der vom LG beauftragte Sachverständige B. F. hat festgestellt, dass die Kläger die Leistungsphasen 2 und 3 voll und die Leistungsphase 4 zumindest in Höhe der abgerechneten 20 % erbracht haben (Bl. 58 II, 36 III), wobei er angemerkt hat, dass die einzelnen Leistungsphasen aufeinander aufbauen, sodass bei nachgewiesener Erbringung einer späteren Leistungsphase auch die frühere erbracht worden sein müsse (Bl. 56 II).

Mit am 16.6.2004 verkündetem Urteil hat das LG der Klage hinsichtlich der Leistungsphasen 2 und 3 i.H.v. 36.220,92 EUR stattgegeben und sie im Übrigen mit folgender Begründung abgewiesen: Die Leistungsphase 1 sei nicht Vertragsinhalt gewesen. Die Leistungsphase 4 sei unvollständig erbracht und von der Beklagten nicht verwertet worden. Dabei sei unerheblich, dass die Beklagte die Baugenehmigung (unter Auflagen) erhalten habe.

Mit ihrer Berufung wollen die Kläger eine Verurteilung der Beklagten auch hinsichtlich der Leistungsphasen 1 und 4 erreichen. Sie tragen vor, dass nach ständiger Rechtsprechung die Erbringung späterer Leistungsphasen die Erbringung vorangegangener Leistungsphasen beinhalte und ein Verzicht auf eine diesbezügliche Vergütung zu einer rechtlich unzulässigen Mindestsatzunterschreitung führe.

Die Kläger beantragen, das am 16.6.2004 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Magdeburg abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger über die bereits zugesprochenen 26.220,92 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 19.7.2000 hinaus weitere 36.277,53 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 19.7.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Hinweis auf die klare Vertragsregelung das erstinstanzliche Urteil.

In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 4.4.2005 hat sie dem Prüfstatiker Dipl.-Ing. B., den Streit verkündet und die Zulassung der Revision beantragt.

II. Die zulässige Berufung ist aus § 631 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 62 ff. HOAI in vollem Umfang begründet.

Für die Beurteilung des Sachverhaltes sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der am 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden, weil das Schuldverhältnis vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes entstanden ist.

1. Die Kläger haben Anspruch auf Vergütung der Leistungsphase 1.

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen F. in dessen Gutachten vom 26.9.2002 haben sie die Leistungsphasen 2 und 3 vollständig erbracht (Bl. 58 Bd. II). Dies umfasste auch die Leistungsphase 1, weil diese einen notwendig vorausgehenden Entwicklungsschritt darstellte.

Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Leistungsphase 1 von einem Dritten erbracht worden wäre und das Planungsergebnis hieraus den Klägern zur Verfügung gestanden hätte (vgl. zuletzt OLG Düsseldorf, BauR 2000, 915.f m.w.N.). Dies ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Leistungsphase 1 nach dem ausdrücklichen Vertragswortlaut (Bl. 22 I) nicht beauftragt worden sei, denn insoweit handelt es sich um eine nach § 4 Abs. 2 HOAI unwirksame versteckte Mindestsatzunterschreitung (vgl. Locher, BauR 1986, 643, 646).

2. Die Kläger haben auch Anspruch auf Vergütung ihrer Planungsleistungen nach der Leistungsphase 4 entsprechend ihrer Schlussrechnung vom 31.5.2000 (Bl. 67.f Bd. I).

Ob sich die Beklagte wirksam vom Vertrag gelöst hat oder nicht, spielt hinsichtlich der bereits erbrachten Leistungen keine Rolle (vgl. BGH, NJW-RR 2000, 309). Es erscheint angesichts des Vortrags der Beklagten (Bl. 130.f I), dass sie die Baugenehmigung mit der Auflage, eine geprüfte Statik vorzulegen, Ende Mai 2000 erhalten habe, bereits fraglich, ob die klägerische (Gesamt-) Leistung mit einem wesentlichen Mangel behaftet war. Dies kann jedoch dahinstehen; denn eine die Vertragsbeendigung möglicherweise rechtfertigende Unvollständigkeit der Planung berührt die Vergütungspflicht für die bis dahin ordnungsgemäß erbrachten (Teil-) Leistungen jedenfalls nicht.

Die Rechtsauffassung der Beklag...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge