Leitsatz (amtlich)

1. Der isolierte Bauüberwachungsvertrag ist ein Werkvertrag: Der Architekt schuldet alle Tätigkeiten, die zur Gewährleistung der mangelfreien Bewirkung der zu überwachenden Bauleistungen erforderlich und ihm zumutbar sind und insoweit die mangelfreie Leistungsausführung als Erfolg.

2. Hat der bauüberwachende Architekt das Handwerksunternehmen, dessen Arbeiten überwacht werden sollen, nicht selbst ausgewählt und vermag er dessen Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nicht einzuschätzen, führt dies zu einer Steigerung der Überwachungspflichten, und zwar vor allem zu Beginn der Arbeiten.

3. Erkennt der bauüberwachende Architekt technische Mängel in der Leistungsausführung (hier: u.a. unzureichende Randfugen), so genügt es nicht, diese in einem Teilabnahmeprotokoll aufzuführen, vielmehr hat er unverzüglich nach dem Erkennen auf deren Beseitigung sowie die künftige Vermeidung gleichartiger Mängel hinzuwirken.

4. Erkennt der bauüberwachende Architekt Abweichungen von einer fachgerechten Ausführung im ästhetischen Bereich (hier: ungleichmäßige, nicht in einer Flucht verlaufende Fugen eines Granitfußbodens) und ist er nicht sicher, welche Vereinbarungen der Bauherr mit dem Bauunternehmen insoweit getroffen hat bzw. welche Anweisungen gegeben worden sind, so ist er zumindest verpflichtet, den Bauherren unverzüglich auf die Abweichungen hinzuweisen und mit ihm Rücksprache zur weiteren Ausführung zu halten.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 15.02.2006; Aktenzeichen 5 O 858/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 15.2.2006 verkündete Urteil des LG Magdeburg, 5 O 858/04, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage ist dem Grunde nach hinsichtlich aller im Gutachten des Dipl.-Ing. K. vom 25.10.2003 festgestellten Mängel der Verlegung der Natursteinplatten gerechtfertigt.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 302,14 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.3.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des weiteren Schadenersatzanspruches der Kläger an die 5. Zivilkammer des LG Magdeburg zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer beider Parteien übersteigt jeweils 20.000 EUR nicht.

 

Gründe

I. Die Kläger, eine Bauherrengemeinschaft, begehren vom Beklagten Schadenersatz wegen mangelnder Überwachung der Ausführung von Bauarbeiten an ihrem Einfamilienhaus in B., und zwar der Verlegung von Natursteinplatten im gesamten Gebäude.

Die Kläger schlossen mit der S. GbR (künftig: die Bodenverleger) Ende 2002 einen Vertrag über die Lieferung und Verlegung von Natursteinplatten für ihr Bauvorhaben, die Errichtung eines gemeinsamen Eigenheimes in B. Der Vertrag wurde durch Nachtragsaufträge im März 2003 und Ende Juni 2003 erweitert. Nach Auswahl der Bodenverleger, nach Abschluss des ursprünglichen Vertrages und nach Lieferung der Natursteinplatten auf die Baustelle und deren abschlagsweiser Bezahlung beauftragten sie den Beklagten mit der Bauüberwachung der Innengewerke, u.a. auch der Verlegung der Steinplatten. Die Verlegearbeiten fanden im Wesentlichen im Zeitraum von Anfang Mai bis Ende Juni 2003 statt. Zwischen den Prozessparteien ist streitig, wann die - unstreitig nicht vollständig erbrachte - Verlegung der Natursteinplatten in drei Räumen des Kellergeschosses erfolgt ist. Ein von den Klägern beauftragter Privatsachverständiger stellte anlässlich seiner Besichtigung der Arbeiten der Bodenverleger am 7.10.2003 erhebliche Mängel des Granitfußbodens in allen Geschossen fest; das Vorliegen dieser Mängel ist zwischen den Prozessparteien unstreitig. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens des Dipl.-Ing. K. vom 25.10.2003 (Anlage K 11, GA Bd. I Bl. 33 bis 94, insb. Bl. 44-56 - künftig: Gutachten K.) verwiesen.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, die Ausführung der Arbeiten von Beginn an zu überwachen, sofort nach Erkennbarkeit von Ausführungsmängeln entweder die Arbeiten zu stoppen und auf eine fachgerechte Ausführung hinzuwirken oder unverzüglich eine Mängelbeseitigung zu verlangen und zu beaufsichtigen. Sie sind ferner der Ansicht, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, die 2. Abschlagsrechnung des Bauunternehmens vom 22.5.2003 und die 3. Abschlagsrechnung unter dem 5.6.2003 im Hinblick auf die bereits erfolgte 1. Abschlagszahlung vom 2.1.2003 sowie die erheblichen Mängel der bislang ausgeführten Arbeiten zurückzuweisen. Hierzu haben sie behauptet, dass sämtliche im Gutachten K. aufgeführten Mängel der Verlegung bereits während der Ausführung der Arbeiten, spätestens jedoch Ende Juni 2003 für den Beklagten erkennbar gewesen seien. Sie haben weiter behauptet, dass ein entsprechend frühzeitigeres Eingreifen des Beklagten zu einer Vermeidung, jedenfalls zu einer Verringeru...

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