Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 7 O 571/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.2.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des LG Oldenburg teilweise geändert.
Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars B. vom 27.6.1992 (UR …/…) wird für unzulässig erklärt, soweit sie nicht in den belasteten Grundbesitz erfolgt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Streithelferin trägt ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.d. vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren und der Wert der Beschwer betragen bis zu 95.000 Euro.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte. Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Abweichend von der Darstellung im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils hat die Beklagte den Vortrag des Klägers zum Hergang der Vertragsgespräche bestritten.
Mit seiner Berufung beantragt der Kläger, das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars B. vom 27.6.1992 (UR …/…) für unzulässig zu erklären, soweit sie nicht in den belasteten Grundbesitz erfolgt.
Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 12.6.2002 verwiesen.
II. Die Berufung hat Erfolg. Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars B. vom 27.6.1992 ist gem. § 767 Abs. 1 ZPO für unzulässig zu erklären, soweit sie nicht in den belasteten Grundbesitz erfolgt. Der Beklagten steht insoweit kein materiell-rechtlicher Anspruch zu, denn der Kläger und dessen frühere Ehefrau haben den Darlehensvertrag vom 2.7.1992 wirksam gem. § 1 Abs. 1 HWiG a.F. widerrufen. Der Beklagten steht auch kein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB zu.
1. Der Anwendbarkeit der Vorschriften des HWiG steht nicht die Tatsache entgegen, dass es vorliegend um einen Realkreditvertrag i.S.d. VerbrKrG geht. Besteht – wie hier – kein Widerrufsrecht nach § 7 VerbrKrG, weil die Gewährung des Kredits von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht worden ist (vgl. dazu zuletzt BGH v. 22.1.2002 – XI ZR 31/01, BGHReport 2002, 420 = MDR 2002, 595 = NJW 2002, 1199), ist § 5 Abs. 2 HWiG dahingehend auszulegen, dass einem Verbraucher das Widerrufsrecht des § 1 Abs. 1 HWiG a.F. zusteht, wenn der Darlehensvertrag zugleich die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts erfüllt (BGH, Urt. v. 9.4.2002 – XI ZR 91/99, BGHReport 2002, 595; und Urt. v. 9.4.2002 – XI ZR 32/99, BGHReport 2002, 611 = MDR 2002, 896).
2. Der Kläger und seine damalige Ehefrau, die Zeugin F., sind zum Abschluss des Darlehensvertrags vom 2.7.1992 durch mündliche Verhandlungen im Bereich ihrer Privatwohnung – wie es § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG a.F. fordert – bestimmt worden.
Nach der glaubhaften Aussage der vor dem Senat vernommenen Zeugin F. und den ebenfalls glaubhaften Angaben des im Termin angehörten Klägers steht insoweit folgender Sachverhalt fest:
Der Kläger und seine damalige Ehefrau, beide nach dem Gesamteindruck der mündlichen Verhandlung ganz offensichtlich von sehr einfachem Wesen und geschäftlich unerfahren, wurden im Juni 1992 unaufgefordert von dem ihnen bis dahin unbekannten Außendienstmitarbeiter M. der Streithelferin angerufen. Dieser teilte mit, er wolle Möglichkeiten zur Steuerersparnis aufzeigen. Dazu wurde ein Termin für einen Besuch in der Wohnung des Klägers vereinbart. Der Besuch fand am 19.6.1992 durch zwei Mitarbeiter der Streithelferin statt. Diese eröffneten den Eheleuten F., dass die Streithelferin vermietete Eigentumswohnungen als Geldanlage- und Steuersparmodell verkaufe. Zum Zweck der Prüfung, welche Wohnung und welches Darlehen für den Kläger und seine damalige Ehefrau in Frage käme, nahmen die Mitarbeiter einen früheren Steuerbescheid und eine Lohnsteuerkarte des Klägers aus dem Vorjahr mit. In den folgenden Tagen besuchte M. mehrfach in Abwesenheit des Klägers die Zeugin F. Dabei füllte er u.a. ein oder zwei rückständige Steuererklärungen der Eheleute aus. Zur Finanzierung des Steuersparmodells erklärte er, diese werde über die „C.” laufen. Auf einem Papier rechnete er vor, dass die Eheleute 30 % Rendite im Laufe der Jahre erzielen könnten; er erklärte, wenn sie das Geschäft nicht machen würden, seien sie „mit dem Klammerbeutel gepudert”. Da die Eheleute über kein Eigenkapital verfügten, empfahl er, einen bestehenden Bausparvertrag bei der „S.” sowie zwei Kinderunfallversicherungen mit Beitragsrüc...