Entscheidungsstichwort (Thema)
Familiensache. Kindesunterhalts. Unterhaltsabänderung im vereinfachten Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Zur Verfassungsgemäßheit von § 1612 b V BGB.
Verfahrensgang
AG Stuttgart (Aktenzeichen 6 FH 521/00) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt – Familiengericht – vom 16. Mai 2001 (6 FH 521/2000) wird auf Kosten des Antragsgegners
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist die am … 1992 geborene minderjährige Tochter des Antragsgegners. Sie hat beantragt, im vereinfachten Verfahren nach Art. 5 § 3 Kindesunterhaltsgesetz (KindUG) den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 10. Dezember 1993 abzuändern, mit dem seinerzeit ihre Unterhaltsansprüche tituliert worden waren. Der Antragsgegner hat sich gegen die Abänderung des Unterhaltstitels gewandt, soweit danach eine Anrechnung des hälftigen staatlichen Kindergeldes zu seinen Gunsten entfällt. Er ist der Auffassung, die Verrechnung des Kindergeldes abweichend vom Halbteilungsprinzip nach Maßgabe des § 1612 b Abs. 5 BGB sei verfassungswidrig. Das Familiengericht hat eine Verfassungswidrigkeit verneint und den bestehenden Titel antragsgemäß abgeändert.
Gegen den ihm am 23. Mai 2001 zugestellten Beschluß hat der Antragsgegner rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Er hält seinen Rechtsstandpunkt aufrecht, behauptet einen Verstoß der in § 1612 b Abs. 5 BGB vorgesehenen Anrechnungsregelung für das staatliche Kindergeld gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 GG und beantragt die Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsgemäßheit der Neuregelung in § 1612 b Abs. 5 BGB in ihm bereits vorgelegten anderen Verfahren.
II.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im übrigen zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.
Der Senat teilt die Zweifel des Antragsgegners an der Verfassungsgemäßheit der gesetzlichen Neuregelung der Anrechnung von Kindergeld in § 1612 b Abs. 5 BGB nicht.
Richtig ist, daß die Anrechnungsregel des § 1612 b Abs. 5 in der Fassung des Art. 5 § 3 KindUG, in Kraft seit 1.7.1998, ebenso in seiner durch das Unterhaltstitelanpassungsgesetz vom 1.1.2001 (UtAG) gefundenen derzeit geltenden Fassung den kindergeldberechtigten barunterhaltspflichtigen Elternteil im Vergleich zu der vorher geltenden Rechtslage schlechter stellt. Denn bis zum Inkrafttreten des § 1612 b BGB standen dem barunterhaltspflichtigen ebenso wie dem betreuenden Elternteil jeweils die Hälfte des staatlichen Kindergeldes zurfreien Verfügung. Kindergeld zählte unterhaltsrechtlich nicht zum Einkommen und zwar weder auf Seiten des barunterhaltspflichtigen familienfernen Elternteils noch auf Seiten des betreuenden Elternteils (BGH FamRZ 1978, 177; 1985, 33,34, 1987, 647; 1988, 270; 1988, 607).
Wie auch nach gegenwärtiger Rechtslage war der Bezug von Kindergeld vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 1996 mit seiner grundlegenden Neuordnung des Kindergeldes in Zusammenspiel mit den Kinderfreibeträgen und dem Familienleistungsausgleich in den Fällen, in denen die Eltern nicht in einem Haushalt lebten, so organisiert, daß ein Elternteil das gesamte Kindergeld bezog, während dem anderen, nicht bezugsberechtigten Elternteil seine Hälfte des Kindergeldes via Verrechnung über den Kindesunterhalt zufloß, sei es durch Erhöhung des geschuldeten Unterhalts sei es durch dessen entsprechende Ermäßigung. Diese von der Praxis entwickelte und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgesegnete technische Abwicklung des internen Kindergeldausgleichs zwischen nicht in einem Haushalt lebenden Eltern minderjähriger Kinder hat der Gesetzgeber mit dem seit 1998 in Kraft getretenen § 1612 b BGB zum verbindlichen Prinzip erhoben. Damit blieb die rechtliche Situation des barunterhaltspflichtigen Elternteils zunächst unberührt. Dessen Rechtsposition wird erst durch Abs. 5 dieser Vorschrift beeinträchtigt. Denn die dort getroffene Verrechnungsanweisung nimmt für den Ausnahmefall Abschied von der früher gewährtenfreien Verfügbarkeit des Kindergeldes. In den Fällen des § 1612 b Abs. 5 ist die Verwendung des Kindergeldanteils des barunterhaltspflichtigen Elternteils von Gesetzes wegenzweckgebunden: es ist zwingend für den Barunterhalt des Kindes zu verwenden.
Bis zum 1.1.2000 galt das, solange und soweit der barunterhaltspflichtige Elternteil wirtschaftlich nicht einmal in der Lage war, Unterhalt in Höhe des Regelbetrages für das jeweilige minderjährige Kind zu bezahlen. Damit hatte der Gesetzgeber ein von der gerichtlichen Praxis zuvor ohne gesetzliche Vorgaben praktiziertes Verfahren in das Gesetz übernommen, nach dem der Kindergeldanteil des Barunterhaltspflichtigen im absoluten Mangelfall zur Sicherstellung des damals noch gesetzlich normierten Mindestbedarfs heranzuziehen war. Die Regelbeträ...