Leitsatz (amtlich)

1. Auch für den Anspruch auf Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG kann als Hilfsanspruch Auskunft und Rechnungslegung verlangt werden.

2. § 10 UWG begegnet keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

3. Für § 10 UWG reicht bedingter Vorsatz aus. Dieser liegt auch dann vor, wenn der Verletzte sein Verhalten fortsetzt, obwohl er sich aufgrund ihm bekannter Tatsachen nicht der Einsicht verschließen kann, dass dieses unlauter ist. Auf die Richtigkeit von Lieferantenangaben darf der werbende Händler sich grundsätzlich nicht ungeprüft verlassen. Vorsätzliches Handeln kann auch ausreichend klaren Hinweisen in einer Abmahnung abgeleitet werden.

4. Das Merkmal der Gewinnerzielung zu Lasten von Abnehmern erfordert nicht, dass auf deren Seite ein Schaden entstanden ist. Regelmäßig erfüllt ist das Merkmal bei einer Werbung, die über die Tragweite eines Warentests täuscht.

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 23.02.2006; Aktenzeichen 23 O 136/05 KfH)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Vorsitzenden der 3. Kammer für Handelssachen des LG Heilbronn vom 23.2.2006 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über folgende Punkte zu erteilen:

I. Umfang der unlauteren Werbung/Handlung

a) Anzahl der zwei Wochen vor dem 14.4.2005 (31.3.-13.4.2005) und vor dem 27.6.2005 (13.6.-26.6.2005) erfolgten Vertragsabschlüsse über die streitgegenständliche Matratze "O.",

b) Anzahl der zwei Wochen ab dem 14.4.2005 (14.4.-28.4.2005) und ab dem 27.6.2005 (27.6.-11.7.2005) erfolgten Vertragsabschlüsse über die streitgegenständliche Matratze "O.";

II. die variablen Betriebskosten für einen Zeitraum von zwei Wochen (Material-, Werbe-, Lohnkosten usw.), soweit sie nicht auch ohne die Zuwiderhandlung angefallen wären - Gemeinkosten;

III. Leistungen, die aufgrund der Zuwiderhandlung an Dritte oder den Staat geleistet wurden.

III. Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG Heilbronn zurückverwiesen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: 16.000 EUR.

 

Gründe

I. Der klagende Wettbewerbsverband macht Ansprüche auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung derselben und Gewinnabführung nach § 10 Abs. 1 UWG gegen die Beklagte geltend.

Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil des Vorsitzenden der 3. Kammer für Handelssachen des LG Heilbronn vom 23.2.2006 (GA 45/52) Bezug (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, das Klägervorbringen vermöge das Gericht nicht zu überzeugen, dass die Beklagte bezüglich der Wettbewerbswidrigkeit ihrer beanstandeten Werbung zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe, als sie ab Ende 2004 mit einem bereits Anfang 1998 veröffentlichten Testergebnis warb, ohne zum Ausdruck zu bringen, dass es neuere Prüfungen von Matratzen sowie andere Prüfkriterien als damals gab. Dass sie mangels eigener Beobachtung Kenntnis nicht gehabt, sondern sich auf die entsprechenden Produktinformationen ihres Lieferanten verlassen habe, rechtfertige die Annahme bedingten Vorsatzes schon deswegen nicht, weil erfahrungsgemäß gerade große und bedeutende Handelsunternehmen wie die Beklagte in der Regel versuchten, von Mitbewerbern belauerte Wettbewerbsverstöße zu vermeiden. Der Vorwurf, Produktinformationen ungeprüft oder blindlings in die eigene Werbung übernommen zu haben, führe nicht zwingend zum Schluss, die Wettbewerbswidrigkeit sei billigend in Kauf genommen worden.

Letzteres gelte eigentlich erst recht im vorliegenden Fall des Fortsetzens der beanstandeten Werbung nach einer Abmahnung. In den Schreiben vom 3.1.2005 und vom 14.4.2005 sei nicht konkret dargelegt, welche geänderten Prüfkriterien und neuen Ergebnisse seit 1998 vorlägen. Das Antwortschreiben vom 19.1.2005 zeige, dass die Beklagte die früheren Prüfergebnisse nach wie vor für zutreffend und die Werbung damit nicht für irreführend gehalten habe. Auch wenn sich diese Einschätzung nachträglich als falsch erweise, sei dem Schluss, vorsätzliche Begehung sei regelmäßig anzunehmen, wenn der Täter sein Handeln nach einer Abmahnung fortsetzt, mit Vorsicht zu begegnen. Das LG schließt die Frage an, warum der Abgemahnte die Werbung schon auf Verdacht einstellen sollte, um dem Vorwurf vorsätzlicher Begehung eines Wettbewerbsverstoßes zu begegnen, solange die Möglichkeit bestehe, die Abmahnung sei unberechtigt.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten, prozessordnungsgemäß begründeten Berufung.

Der Kläger bringt mit seinem Rechtsmittel vor,

auf der Grundlage des unstreitigen Vortrages der Parteien hätte das Gericht von Vorsatz der Beklagten i.S.d. § 10 UWG ausgehen und der Klage stattgeben müssen. Die Beklagte habe gewusst, dass nach dem von ihr zitierten Test der STIFTUNG WARENTEST aus dem Jahr 1998 jährlich weitere Tests erschienen seien, wobei andere Prüfkriterien gegolten hätten. Sie habe auch die E...

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