Entscheidungsstichwort (Thema)

Arzthaftung; Schmerzensgeld aus Verletzung der Pflichten aus einem Behandlungsvertrag und unerlaubter Handlung

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 19.03.2014; Aktenzeichen 4 O 450/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 30.05.2017; Aktenzeichen VI ZR 203/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 19.3.2014 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.187,06 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.5.2012 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.219,81 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.5.2012 zu zahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.5.2012 zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Zahnbehandlung vom 21.9.2006 entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit diese Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin zu 7/20 und der Beklagte zu 13/20 zu tragen.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges haben die Klägerin zu 3/20 und der Beklagte zu 17/20 zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt vorbehalten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen das Urteil wird für den Beklagten zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte betreibt in S. eine Zahnarztpraxis. Die am... geborene Klägerin ließ sich dort im Jahr 2006 zahnärztlich behandeln.

Sie begehrt von dem Beklagten Rückzahlung von ärztlichem Honorar, Kosten für von ihr behauptete Folgebehandlungen sowie die Zahlung von Schmerzensgeld.

Des Weiteren begehrt sie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren Schäden aus der durchgeführten Behandlung zu ersetzen.

Am 14.9.2006 besuchte die Klägerin, die bei der Krankenkasse S. in H. gesetzlich krankenversichert ist, einen Vortrag des Beklagten, der in seinem Internetauftritt für eine ganzheitliche Behandlung durch Beseitigung von Störfeldern im Kiefer, die er als Ursache von allgemeinen körperlichen Beschwerden sieht, wirbt.

Sie übernachtete in einer Wohnung des Beklagten, um am folgenden Tag Tests durchführen zu lassen.

Am 15.9.2006 führte der Beklagte bei der Klägerin eine von ihm so bezeichnete "Herd- und Störfeldtestung" durch.

Er gelangte dabei zu folgender Diagnose: "Mehrfaches Zahnherdgeschehen mit Abwanderungen von Eiweißverfallsgiften in den rechten Schläfen- und Hinterkopfbereich und bis in den Unterleib". Darüber hinaus diagnostizierte er ein "Kieferknochenendystrophiesyndrom" und einen "stillen Gewebsuntergang im Knochenmark".

Als Therapie empfahl er der Klägerin die operative Entfernung sämtlicher Backenzähne und die gründliche Ausfräsung des gesamten Kieferknochens.

Am 21.9.2006 entfernte der Beklagte bei der Klägerin operativ unter Lokalanästhesie die Zähne Nr. 14, 15, 16 und 17 im rechten Oberkiefer. Der Kieferknochen in diesem Bereich wurde gründlich ausgefräst.

Am 7.11.2006 erhielt die Klägerin einen Zahnersatz. Diesen holte sie selbst im Labor in N. ab, so dass keine Einsetzung, Anpassung oder Einweisung in den Umgang mit der Prothese durch den Beklagten erfolgte.

Wegen Problemen mit der Prothese wandte sich die Klägerin dann an den in der Nähe ihres Wohnortes tätigen Zahnarzt J. N. zur Behandlung und Anpassung des Zahnersatzes.

Dieser äußerte sich sehr kritisch zu der von dem Beklagten durchgeführten Behandlung.

Bei dem Beklagten stellte sich die Klägerin wegen Schwierigkeiten mit dem Zahnersatz letztmalig am 17.11.2006 vor.

Sie setzte die Behandlung bei ihm nicht mehr fort, so dass es auch zu keinen weiteren Zahnentfernungen und Ausfräsungen des Kiefers kam.

In der Folgezeit konsultierte sie verschiedene andere Zahnärzte.

Die Klägerin zahlte an den Beklagten für die bei ihm durchgeführte Behandlung bislang insgesamt 1.187,06 EUR.

Sie legt dem Beklagten Behandlungsfehler und Aufklärungsversäumnisse im Rahmen der durchgeführten Behandlung zur Last.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die von dem Beklagten durchgeführte "Herd- und Störfeldtestung" entbehre jeder schulmedizin...

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