Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Urteil vom 25.02.2014; Aktenzeichen 2 O 494/13)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Kaiserslautern vom 5.02.2014 geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... (im Folgenden: Schuldnerin) einen auf § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 281, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB gestützten Zinsanspruch geltend.

Mit Beschluss vom 01.01.2009 (Az.: IN 209/2008) hat das AG Kaiserslautern das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf Antrag des Klägers erließ das Finanzamt am 24.07.2009 einen - auf den Einspruch des Klägers - unter dem 09.12.2009 berichtigten Abrechnungsbescheid, in welchem es Umsatzsteuervergütungsansprüche der Schuldnerin für August 2008 in Höhe von 244.708,47 EUR und für September 2008 in Höhe von 241.617,81 EUR mit Ansprüchen auf Lohnsteuer und Nebenabgaben für August und September 2008 in einer Gesamthöhe von 327.722,57 EUR verrechnete. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage zum Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Dieses stellte durch Urteil vom 27.06.2012 (2 K 2406/10) unter Abänderung des Abrechnungsbescheids vom 09.12.2009 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung - rechtskräftig - fest, dass die Umsatzsteuervergütungsansprüche der Schuldnerin für August und September 2008 nicht durch die Aufrechnung des Finanzamts mit Ansprüchen auf Lohnsteuer und Nebenabgaben in einer Gesamthöhe von 327.722,57 EUR erloschen seien. Zur Begründung führte das Finanzgericht u.a. aus, die Aufrechnung sei nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig, weil das Finanzamt die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe.

Der Beklagte erstattete daraufhin durch Zahlungen vom 03.10.2012 und 28.11.2012 Umsatzsteuervergütungen in Höhe von insgesamt 327.722,57 EUR.

Bereits mit Schreiben vom 12.11.2012 hatte der Kläger neben der noch ausstehenden Umsatzsteuervergütung von 48.125,48 EUR gezogene Nutzungen in Form von Zinsen aus 327.722,57 EUR geltend gemacht und Zahlung bis 30.11.2012 gefordert. Das Finanzamt antwortete mit Schreiben vom 03.12.2012, dass die vom Kläger vorgenommene Zinsberechnung unter Berücksichtigung der §§ 248 und 366 BGB abgeändert werde und die noch auszuzahlenden Zinsen insgesamt 66.219,25 EUR ("65.482,24 EUR" + 377,01 EUR) betragen würden. Nach dem Hinweis des Klägers im Schreiben vom 10.12.2012, dass die Aufstellung hinsichtlich der Teilsumme von 65.482,24 EUR einen "Zahlendreher" enthalte und es richtigerweise 65.842,23 EUR heißen müsse, räumte das Finanzamt den "Fehler" mit Schreiben vom 17.12.2012 ein und korrigierte die Teilsumme unter Beibehaltung des - davon nicht beeinflussten - Ergebnisses. Mit weiterem Schreiben vom 11.01.2013 teilte das Finanzamt dem Kläger mit, eine erneute Überprüfung des Sachverhalts habe ergeben, dass eine Verzinsung des zu erstattenden Guthabens mangels rechtlicher Grundlage nach § 233 AO nicht vorzunehmen sei. Außerdem werde beabsichtigt, die Umsatzsteuervergütung in Höhe von 48.125,48 EUR beizutreiben, weil sich nach Durchführung der Veranlagung ergeben habe, dass der Betrag zu Unrecht ausgezahlt worden sei.

Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte schulde die Zinsen aus § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Bei anfechtbarem Erwerb von Geld habe der Anfechtungsgegner Prozesszinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten. Zudem würden die Erklärungen des Finanzamts in den Schreiben vom 03.12.2012 und 17.12.2012 ein deklaratorischen Schuldanerkenntnis darstellen. Danach erhobene rechtliche Einwendungen seien deshalb unbeachtlich.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 66.219,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.02.2013, sowie weitere 800,00 EUR zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgebracht, aus § 143 Abs. 1 InsO könne der Kläger den Zinsanspruch nicht herleiten, weil der Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuervergütung kein insolvenzrechtlicher Rückgewähranspruch sondern ein steuerrechtlicher Anspruch im Sinne des § 37 Abs. 1 AO gewesen sei. Die Klage sei deshalb unschlüssig. In der Klageerwiderung hat der Beklagte in einem Klammertext noch vorgetragen, "im Übrigen" bestünden Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsweges, denn es gehe um nicht bestehende Forderungen aus dem Steuerschuldverhältnis im Anschluss an die finanzgerichtliche Entscheidu...

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