Verfahrensgang

VG Bremen (Urteil vom 29.08.2001; Aktenzeichen 2 K 1270/01.A)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 05.09.2002; Aktenzeichen 2 BvR 995/02)

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das am 29.8.2001 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen – Einzelrichter der 2. Kammer – wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

Der auf Divergenz, Verfahrensmängel und Grundsätzlichkeit gestützte Zulassungsantrag bleibt erfolglos.

Der Kläger hat nicht in der von § 78 Abs. 4 S. 4 AsylVfG geforderten Weise dargelegt, dass die Berufung wegen Divergenz gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG zuzulassen ist.

Zur Begründung seiner Divergenzrüge macht der Zulassungsantrag geltend unter Bezugnahme auf in ihm benannten einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts weiche zwingend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Verfolgungsbegriff im Asylrecht ab.

Das Gericht habe sich, obwohl es den herabgestuften Prognosemaßstab zugrundelege, nicht ernsthaft damit auseinandergesetzt, dass die vom Kläger geschilderten Verfolgungsmaßnahmen den Tatbestand der Vorverfolgung erfüllten.

Aus den in dem angefochtenen Urteil zitierten Erkenntnissen zur Rückkehrgefährdung ergebe sich, dass eine Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden könne. Indem das Verwaltungsgericht sie dennoch im Anschluss an die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts und in anderer Auswertung der Erkenntnisquellen ausschließe, habe es entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung „hintenrum” den normalen Verfolgungsprognosemaßstab zur Entscheidungsgrundlage gemacht. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts spreche es den vom Kläger geschilderten Verfolgungsmaßnahmen letztlich die Asylrelevanz ab, da kein konkretes Strafverfolgungsinteresse bestanden habe und bestünde.

Das Verwaltungsgericht weiche auch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur inländischen Fluchtalternative bei lediglich regionaler Verfolgung ab, denn die an die politische Überzeugung (Anhänger der PKK) des Klägers anknüpfende Verfolgung sei in der Türkei nicht regional begrenzt und könne daher nicht als bloße regionale Verfolgung eingestuft werden.

Mit seiner Bezugnahme auf die angegriffene Entscheidung des Bundesamts mache sich das Verwaltungsgericht außerdem die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssätze der Beklagten zueigen, wonach die vom Kläger angegebene Polizeigewahrsamnahme für eine Nacht keine asylrelevante Eingriffsintensität beinhalte und der innere Zusammenhang zwischen Vorverfolgung und Asylbegehren durch Zeitablauf unterbrochen worden sei.

Eine behauptete Abweichung von einer Entscheidung der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG genannten Obergerichte ist nur dann von Bedeutung, wenn sie von grundsätzlicher Art ist, wenn also das Verwaltungsgericht in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage einen Grundsatz rechtlicher Art aufstellt, der im Widerspruch zu einem Grundsatz steht, den das Bundesverfassungsgericht oder das Bundesverwaltungsgericht zu einer Entscheidung aufgestellt hat. Demgegenüber ist eine zulassungsbegründende Divergenz nach 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG nicht bereits dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht einen derartigen Grundsatz des Obergerichts übergangen, übersehen, unrichtig angewandt oder den Sachverhalt ungenügend aufgeklärt oder fehlerhaft gewürdigt hat (vgl. GK-AsylVfG Rdnr. 178 bis 182 und BVerwG, B. v. 12.12.1991 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger keine die Zulassung der Berufung eröffnende Divergenz i.S. des § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG aufgezeigt. Er legt keinen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragenden allgemeinen Rechtssatz dar, der einem in den von ihm angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten allgemeinen Rechtssatz widerspricht, sondern er macht lediglich eine unrichtige Würdigung seines Einzelfalles in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylrecht geltend. Aus der Zulassungsschrift geht nicht hervor, dass das Verwaltungsgericht die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten höchstrichterlichen Rechtssätze zu asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen, zum herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab bei Vorverfolgung, zum Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und Asylbegehren und zu den Voraussetzungen einer inländischen Fluchtalternative generell in Frage stellt. Vielmehr geht das Verwaltungsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe (vgl. S. 3–5 und S. 11 des Urteilsabdrucks) ausdrücklich von den genannten Rechtssätzen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts aus und wendet sie auf den vorliegenden Einzelfall an.

Die Beruf...

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