Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 15.12.2005; Aktenzeichen 15 O 139/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.02.2009; Aktenzeichen I ZR 222/06)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen II des LG Kiel vom 15.12.2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und die Beklagte können die Vollstreckung im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistungen i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 24.4.2006 und vom 19.6.2006 sowie auf die Schriftsätze der Klägerin vom 22.9.2006 und vom 13.11.2006 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 21.11.2006 den Vorstand der Beklagten, Dr. J., angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2006, Bl. 130, 131 d.A., verwiesen.

II. Die Berufung hat keinen Erfolg. Das von der Beklagten veranstaltete Gewinnspiel verstößt, jedenfalls unter Berücksichtigung der verwendeten Schlagworte und Aussagen, gegen § 29 Abs. 1 der Berufsordnung (BO) der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein in der am 24.5.2005, dem Veranstaltungszeitpunkt, geltenden Fassung sowie gegen § 21 Abs. 2 BO in der seit dem 26.6.2006 geltenden Fassung. Das von der Klägerin beanstandete Verhalten ist daher gem. § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in dem aus dem Tenor des landgerichtlichen Urteils ersichtlichen Umfang zu untersagen.

Nach den Entscheidungen des BVerfG zur Werbung im Bereich der Heilberufe genießt nicht nur die berufliche Tätigkeit der Ärzte, sondern auch die Werbung für die Inanspruchnahme ihrer Dienste in der Außendarstellung Grundrechtsschutz (vgl. Beschl. v. 13.7.2005 - 1 BvR 191/05 in GRUR 2006, 425 [426]).

Allerdings sind der Werbefreiheit der Ärzte durch Gemeinwohlbelange Grenzen gesetzt. Das Werbeverbot für Ärzte soll dem Schutz der Bevölkerung dienen; es soll das Vertrauen der Patienten darauf erhalten, dass der Arzt nicht aus Gewinnstreben bestimmte Untersuchungen vornimmt oder Behandlungen vorsieht. Die ärztliche Berufsausübung soll sich nicht an ökonomischen Erfolgskriterien, sondern an medizinischen Notwendigkeiten orientieren. Das Werbeverbot beugt damit einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufes vor. Werberechtliche Vorschriften in ärztlichen Berufsordnungen hat das BVerfG daher mit der Maßgabe als verfassungsgemäß angesehen, dass nicht jede, sondern lediglich die berufswidrige Werbung verboten ist. Für interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen, muss im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum bleiben (BVerfG, a.a.O., m. w. RsprN.). Dabei ist der Wortsinn einzelner Passagen einer Werbung stets grundrechtsfreundlich im Kontext des gesamten Inhalts auszulegen. Der Schluss von Einzelpassagen auf den Gesamtcharakter der Werbung ist verfassungsrechtlich nur dann tragbar, wenn die herausgegriffenen Passagen charakterisierend für die Werbung insgesamt sind (BVerfG, a.a.O., S. 425).

Gemessen an diesen Grundsätzen hält die angefochtene Entscheidung den Angriffen der Berufung stand.

Das Gewinnspiel unterfällt in der hier durchgeführten Form dem Verbot berufswidriger Werbung. Es beinhaltet, wie bereits das LG festgestellt hat, keine interessengerechte und sachangemessene Information für potentielle künftige Patienten. Es soll Aufmerksamkeit und Interesse erregen, was grundsätzlich zulässig ist. Allerdings werden keine sachlichen Informationen vermittelt, sondern der Adressat wird im Gegenteil gerade dazu aufgefordert, sie sich unter der angegebenen Internetadresse "abzuholen".

Ob schon die Durchführung eines Gewinnspieles als solche berufswidrige Werbung darstellt, muss der Senat nicht entscheiden. Da der Wortsinn - und hier ist zu ergänzen: auch die Gestaltung - einzelner Passagen einer Werbung zwar grundrechtsfreundlich, aber im Kontext des gesamten Inhalts auszulegen sind (BVerfG, a.a.O., S. 425), ist das Gewinnspiel in der konkret durchgeführten Form als berufswidrige Werbung einzustufen, weil die dabei verwendeten Aussagen (allesamt) zu beanstanden sind.

Hinsichtlich der Beurteilung der Schlagworte und des Slogans "M. D. bietet Ihnen,..." (Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (2) a) - e) und (3)) wird Bezug genommen auf die dortigen Ausführungen, denen sich der Senat anschließt.

Soweit die Berufung darauf abstellt, dass alle Schlagworte auf der vom LG im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht beanstandet...

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