Beamtenbund fordert höhere Investitionen in Digitalisierung
"Wir müssen aus der Pandemie die Lehre ziehen, dass in die Digitalisierung endlich mehr Drive hineinkommt“, erklärte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach.
Neben Geld fehlt vor allem qualifiziertes Personal
Für Straßen, Brücken, Gebäude und anderes gebe es in den Kommunen bereits einen Bedarf von 160 Milliarden Euro, sagte Silberbach. Für die Digitalisierung der öffentlichen Dienstleistungen und der allgemeinen Verwaltung seien „mindestens noch einmal 100 Milliarden“ nötig.
Es habe schon vor der Pandemie im öffentlichen Dienst einen Personalmangel von mindestens 300.000 Beschäftigten gegeben. „Vor allem auch in den hochqualifizierten IT-Bereichen, wo die Systeme aufgebaut, die digitalen Anwendungen programmiert und die Beschäftigten geschult werden, fehlen die Leute“, sagte Silberbach. „Dass Bund, Länder und Kommunen seit 20 Jahren ihre Infrastruktur unterfinanzieren, wirft Deutschland bei der digitalen Transformation meilenweit zurück.“
Mehr Verwaltungsleistungen sollen online angeboten werden
Von 2018 bis heute hat das Bundesinnenministerium nach eigenen Angaben rund 180 Millionen Euro für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes ausgegeben. Hinzu kommen weitere drei Milliarden Euro für Verwaltungsdigitalisierung im Rahmen des Konjunkturprogramms der Bundesregierung für die Jahre 2020 bis 2022, berichtet die dpa.
Bund und Länder haben sich 2017 mit dem Onlinezugangsgesetz das Ziel gesteckt, 575 Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 digital anzubieten. 315 davon, also mehr als die Hälfte, sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums bereits verfügbar. Weitere 105 Leistungen seien in der Umsetzung und 155 in Planung. Als verfügbar gilt eine Leistung allerdings bereits dann, wenn sie in mindestens einer Kommune angeboten wird. Zielmarke ist aber ein flächendeckendes Angebot in den verbleibenden zwei Jahren.
Bundesverband der Deutschen Industrie fordert mehr Tempo
Auch der zum Jahreswechsel ausscheidende Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) Dieter Kempf hat die Politik zu mehr Tempo bei der Digitalisierung in der Bildung und der öffentlichen Verwaltung aufgefordert. "Hier befindet sich Deutschland immer noch im Dornröschenschlaf", sagte Kempf. "Dass Gesundheitsämter im 21. Jahrhundert Corona-Daten per Fax weitergeben, ist mir unerklärlich. Die Datenlage könnte und sollte viel besser sein, gerade im Angesicht einer Pandemie. Auch beim Bauen passiert noch zu vieles per Papier. Das erschwert es zu investieren, das schwächt uns massiv."
Bei den öffentlichen Aufträgen stehe Deutschland wegen der Corona-Pandemie in einem Investitionsstau. "Es fehlt der Mut, föderale Strukturen in der Verwaltung aufzubrechen und das Gesamtsystem neu zu denken. Es darf doch nicht wahr sein, dass wir darüber überhaupt noch lange diskutieren. Da ist einiges verschlafen worden."
BDI-Präsident spricht sich für andere Einstellung beim Datenschutz aus
Kempf sprach sich außerdem für eine andere Einstellung zum Datenschutz aus. "Der europäische Ansatz mit der Grundidee von Datenvermeidung und Datensparsamkeit führt uns in eine Sackgasse. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Zu viele Daten lassen sich heute gar nicht verwenden. Wir müssen hin zur Idee der Datensouveränität. Wir brauchen eine Datenpolitik in Deutschland und Europa, die Unternehmen Geschäftsmodelle aus anonymisierten und personenbezogenen Daten ermöglicht."
Nötig sei eine "Nomenklatur", mit der jeder, der eine Datenplattform betreiben wolle, auf "Big Data" zurückgreifen könne, so Kempf: "Nicht falsch verstehen: Ich bin ein großer Verfechter von Datenschutz. Aber ich wünsche mir zum Beispiel im Gesundheitswesen weitaus mehr Möglichkeiten, um Kranken besser zu helfen. So ist die Corona-Warn-App in Deutschland kein Instrument zur Nachverfolgung des Infektionsgeschehens, sondern ein reines Warnsystem. Es muss bessere Lösungen geben, die wir auch in Europa realisieren wollen - nicht nur in den USA oder China."
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