Wann nach dem BAG eine korrigierende Rückgruppierung vorliegt

In einem Rechtsstreit um die richtige Eingruppierung nach dem TVöD muss grundsätzlich der Beschäftigte beweisen, dass die Voraussetzungen der begehrten Eingruppierung vorliegen. Bei der sog. korrigierenden Rückgruppierung kann die Beweislast beim Arbeitgeber liegen. Das BAG hat klargestellt, wann überhaupt eine korrigierende Rückgruppierung vorliegt.

Die Klägerin war als Sachgebietsleiterin "Finanzen und Abwicklung Grundstücksverkehr" tätig. Ihr waren 7 Beschäftigte unterstellt, gegenüber denen sie die Dienst- und Fachaufsicht ausübte und weisungsbefugt war. Neben der Leitung oblagen ihr Grundsatzaufgaben wie Haushaltsplanungen, Rechtsfragen u. ä. Sie war vergütet mit der Entgeltgruppe (EG) 10 TVöD/VKA und verlangte nun die Bezahlung nach EG 11.

Die Klägerin argumentierte, dass sich ihre Tätigkeit durch "besondere Schwierigkeit und Bedeutung" aus der EG 9c TVöD/VKA heraushebt. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe die Tätigkeit nicht aus mehreren, sondern aus einem einheitlichen Arbeitsvorgang bestanden. Es sei ausreichend, wenn in diesem Arbeitsvorgang Tätigkeiten von "besonderer Schwierigkeit und Bedeutung" in rechtserheblichem Ausmaß anfielen. Sie habe darauf vertraut, dass die Beklagte mit Zahlung einer Vergütung nach EG 10 TVöD/VKA anerkannt habe, dass jedenfalls zu einem Drittel der Gesamtarbeitszeit Arbeitsvorgänge mit solchen Tätigkeiten verrichtet würden. Daher trage die Beklagte nach den Grundsätzen der korrigierenden Rückgruppierung insoweit die Darlegungs- und Beweislast. Im Übrigen ergebe sich die "besondere Schwierigkeit und Bedeutung" aus der ihr übertragenen Führungsverantwortung sowie ihren Aufgaben bei der Haushaltsplanung und –aufstellung.

Tätigkeit als Sachgebietsleiterin ist einheitlicher Arbeitsvorgang

Die Klage hatte vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) keinen Erfolg. Das BAG hat entschieden, dass die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung, nach denen die Arbeitgeberin die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher angenommenen Bewertung der Tätigkeit trägt, nur anzuwenden sind, wenn sich aus der bislang vorgenommenen Zuordnung zu einer Entgeltgruppe oder einem Tätigkeitsmerkmal zwingend die durch die Beschäftigte begehrte Eingruppierung ergibt. Sie gelten ihrem Sinn und Zweck nach nicht, wenn die Beschäftigte ihr Vertrauen nur auf ein Element der bisherigen tariflichen Bewertung durch die Arbeitgeberin stützt, aber weitere rechtliche Folgeüberlegungen erforderlich sind, die erst zur beanspruchten Entgeltgruppe führen.

In der Begründung der Entscheidung führte das BAG zunächst aus, dass die auszuübende Tätigkeit als Sachgebietsleiterin einen einheitlichen Arbeitsvorgang darstelle; denn sowohl die Leitungsaufgaben als auch die Grundsatz- und Sonderaufgaben dienten dem Arbeitsergebnis der Leitung des Sachgebiets "Finanzen und Abwicklung Grundstücksverkehr". Eine organisatorische Trennung der unmittelbaren Leitungsaufgaben von den weiteren Tätigkeiten sei nicht erfolgt.

Beweislast für Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals bei Klägerin

Die Klägerin war nach Auffassung des Gerichts ihrer Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung des von ihr in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals nicht nachgekommen. Grundsätzlich muss die Beschäftigte die tatsächlichen Voraussetzungen einer von ihr klageweise begehrten Eingruppierung im Prozess darlegen und beweisen. Die Beklagte habe im vorliegenden Fall keine korrigierende Rückgruppierung vorgenommen, die zu einer Änderung der Darlegungs- und Beweislast geführt hätte.

Die Klägerin konnte auch nicht darauf vertrauen, dass nach einer Korrektur der Bestimmung der Arbeitsvorgänge und Vorliegen eines einheitlichen Arbeitsvorgangs dieser zwingend insgesamt die Anforderung der "besonderen Schwierigkeit und Bedeutung" erfülle. Wenn sich aufgrund einer neuen Bewertung der zeitliche Umfang des Arbeitsvorgangs ändere, sei eine eigenständige Prüfung erforderlich, ob eine Tätigkeit, die ein Heraushebungsmerkmal erfüllt, im erforderlichen Umfang innerhalb des Arbeitsvorgangs auszuüben sei.

(BAG, Urteil vom 16.8.2023, 4 AZR 339/22)


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