Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstellung in den öffentlichen Dienst. Verfassungstreue

 

Leitsatz (redaktionell)

Befristete Einstellung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im Fachbereich Chemie einer Universität

 

Normenkette

GG Art. 33 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 01.06.1988; Aktenzeichen 2 Sa 1514/87)

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 21.08.1987; Aktenzeichen 2 Ca 284/87)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. Juni 1988 – 2 Sa 1514/87 – aufgehoben.

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 21. August 1987 – 2 Ca 284/87 – wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt auch die Kosten der Revision und der Berufung.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegenüber dem beklagten Land gemäß Art. 33 Abs. 2 GG ein Anspruch auf Einstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem auf drei Jahre befristeten Arbeitsverhältnis mit halber Stundenzahl im Bereich der physikalischen Chemie im Fachbereich 9 – Chemie – der Universität O zusteht.

Der 1956 geborene Kläger studierte an der Universität O – Chemie. Während seines Studiums war er mehrere Semester lang als wissenschaftliche Hilfskraft (Tutor) im Bereich physikalische Chemie beschäftigt. Am 25. Juni 1986 legte er seine Prüfung als Diplomchemiker mit der Note „sehr gut” ab. Bereits im Frühjahr 1986 bewarb er sich um eine auf drei Jahre befristete Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit halber Stundenzahl im Bereich der physikalischen Chemie im Fachbereich 9 – Chemie – der Universität O. Die Vergütung für diese Stelle richtet sich nach der VergGr. II a BAT. Der Kläger war der einzige Bewerber für diese Stelle. Die Besetzungskommission faßte am 14. Mai 1986 den Beschluß, dem Fachbereich Chemie den Kläger zur Besetzung der Stelle vorzuschlagen. Der Fachbereichsrat Chemie stimmte der Einstellung des Klägers zu.

Der Präsident der Universität O leitete daraufhin die sog. „Regelanfrage” beim Niedersächsischen Minister des Innern bezüglich der verfassungsmäßigen Zuverlässigkeit des Klägers ein. Das Ministerium des Innern des beklagten Landes teilte dem Präsidenten auf dem Dienstweg über den Niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kunst unter dem 4. Juli 1986 mit, es lägen bestimmte gerichtsverwertbare Erkenntnisse über den Kläger vor.

Der Kläger gehört seit etwa 1976 der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) an. Während seiner Studienzeit war er Mitglied des Marxistischen Studentenbundes Spartakus (MSB Spartakus). Bei den Studentenparlamentswahlen an der Universität O kandidierte der Kläger auf der Liste des MSB Spartakus vom 26. Januar bis 30. Januar 1981 (Liste 2), vom 25. Januar bis 29. Januar 1982 (Liste 2), vom 24. Januar bis 28. Januar 1983 (Liste 2) und vom 23. Januar bis 27. Januar 1984 (Liste 3 MSB Spartakus und Unorganisierte). Bei den Fachbereichs-, Konzils- und Senatswahlen an der Universität O kandidierte er vom 3. bis 4. Juni 1981 auf der Liste 1 im Fachbereich Chemie für die Hochschulgruppe MSB/DKP und auf der Liste 4 MSB (Konzilswahlen). Der Kläger wurde jeweils zum Ersatzmitglied gewählt.

Der Kläger verfaßte einen in der „O Studentenzeitung” Nr. 15 vom 1. Dezember 1980 erschienenen Artikel mit der Überschrift „Kriegstreiber ist die NATO – zu den neuesten Friedensvorschlägen der Sozialistischen Staaten” und einen in der DKP-Stadtzeitung für O „Pulverturm” Nr. 15 vom 17. August 1984 veröffentlichten Artikel „Demonstration zum 1. September – Gewerkschafter warnen vor zunehmender Kriegsgefahr – O – Auftakt zum Friedensherbst”, auf deren Inhalte Bezug genommen wird.

Die Anhörungskommission beim Niedersächsischen Minister des Innern lud den Kläger mit ihrem Schreiben vom 13. August 1986 zur Anhörung am 11. September 1986. Sie teilte dem Kläger darin mit, ihr seien

„folgende Erkenntnisse als gerichtsverwertbare Tatsachen mitgeteilt worden:

Sie kandidierten bei den Studentenparlamentswahlen an der Universität O auf der Liste des Marxistischen Studentenbundes (MSB) Spartakus, und zwar: vom 26.01. – 30.01.1981 auf der Liste 2, vom 25.01. – 29.01.1982 auf der Liste 2, vom 24.01. – 28.01.1983 auf der Liste 2 und vom 23.01. – 27.01.1984 auf der Liste 3 MSB Spartakus und Unorganisierte (s. Wahlbekanntmachungen oder Wahlzeitungen).

Sie kandidierten auch bei den Fachbereichs-, Konzils- und Senatswahlen an der Universität O, und zwar: vom 03. – 04.06.1981 auf der Liste 1 im Fachbereich I für die Hochschulgruppe MSB/DKP und auf der Liste 4 (Konzilswahlen) als MSB-Angehöriger (s. Kandidatenlisten).

Sie sind der Verfasser des Aufsatzes „Kriegstreiber ist die NATO” in der „O Studentenzeitung”, Nr. 15 vom 01.12.1980.

Anmerkung: Der Artikel enthält politisches Gedankengut aus dem orthodox-kommunistischen Bereich.

Sie sind der Verfasser des Artikels „Demonstration zum 1. September: Gewerkschafter warnen vor zunehmender Kriegsgefahr. O Auftakt zum Friedensherbst” in der Stadtzeitung der DKP für O „Pulverturm”, Nr. 15 vom 17. 08.1984.

Aufgrund dieser Erkenntnisse ist nicht auszuschließen, daß Sie Mitglied oder Anhänger des MSB Spartakus und der DKP sind oder waren.

Es bestehen daher Zweifel, ob Sie die Gewähr bieten, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Diese gegen Ihre Eignung sprechenden Umstände sollen mit Ihnen erörtert werden.”

Prof. Dr. Dieter S, dem die Stelle zugeordnet ist, für die sich der Kläger beworben hatte, schrieb der Anhörungskommission unter dem 8. September 1986:

„Betr.: Arbeitsplatzbeschreibung für wiss. Mitarbeiter Dipl.Chem. Thomas W hier: Erläuterung zur förmlichen Arbeitsplatzbeschreibung

Da die förmliche Arbeitsplatzbeschreibung für nicht mit den speziellen Erfordernissen eines experimentalwissenschaftlichen Praktikums Vertraute möglicherweise zu Mißverständnissen hinsichtlich des Grades der Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Tätigkeit führen könnte, gebe ich hierzu noch die folgende Erläuterung:

Bei den durch Herrn Dipl. Chem. Thomas W durchzuführenden Tätigkeiten handelt es sich insbesondere um die Betreuung der Arbeit der Studierenden im Physikalisch-Chemischen Praktikum für Fortgeschrittene. Im Einzelnen ist hierunter zu verstehen:

  • die Einweisung der Studierenden in die Bedienung der für die Versuche notwendigen instrumentellanalytischen Geräte,
  • die Ausgabe der zu untersuchenden Substanzproben nach Weisung durch mich,
  • die der Versuchsdurchführung vorhergehende Erörterung der theoretischen Grundlagen des Versuchs mit den Studierenden,
  • die Betreuung und Beratung der Studierenden bei der praktischen Durchführung der Experimente und bei der Auswertung der Meßergebnisse.

Neben dieser Tätigkeit ‚Insbesondere Betreuung …’ obliegt Herrn W noch die Sorge für die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Geräte, die für die Durchführung der durch ihn zu betreuenden Versuche notwendig sind.

Die oben näher beschriebenen Tätigkeiten sind durch Herrn W insoweit selbständig und eigenverantwortlich durchzuführen, als nach einmaliger Anweisung durch mich, die wiederkehrende Durchführung von Versuchsbetreuung bei wechselnden Studentengruppen ebenso wie die Arbeiten zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Geräte keiner wiederholten Anweisung im Einzelfall bedarf.

Es ist nicht vorgesehen, Herrn W mit der eigenständigen Durchführung anderer Lehrveranstaltungen, z.B. Vorlesungen oder Seminaren zu betrauen.”

Am 11. September 1986 fand die Anhörung des Klägers statt. Über deren Ablauf und Inhalt wurde eine Niederschrift aufgenommen. Während der Anhörung teilte der Kläger u.a. mit, er sei als Student Mitglied des MSB Spartakus, diese Mitgliedschaft werde jedoch alsbald enden. Überdies sei er seit etwa 1976 Mitglied der DKP. Auf die Frage, ob er angeben könne, welche Dienstaufgabe ihm obliegen solle, insbesondere im Hinblick auf Forschung und Lehre, antwortete der Kläger:

„Ja, ich werde die Aufgaben eines wissenschaftlichen Mitarbeiters haben. Ich soll Dienstleistungen in der Forschung erbringen und unselbständig Lehrveranstaltungen abhalten. Meines Wissens soll ich aber nicht Seminare und Vorlesungen abhalten, sondern nur Praktikumsbetreuungen durchführen.”

Auf die weitere Frage, ob die Erkenntnisse, die dem Kläger im Schreiben der Geschäftstelle der Anhörungskommission vom 13. August 1986 mitgeteilt worden seien, richtig seien, antwortete der Kläger:

„Es ist nicht richtig, daß ich 1981 im Fachbereichsrat 1 kandidiert haben soll. Ferner ist nicht richtig, daß ich für die Hochschulgruppe MSB/DKP als MSB-Angehöriger kandidiert habe. Im übrigen trifft der Sachverhalt zu.

Ich möchte hier aber gleich zu Protokoll geben, daß ich kein Verständnis dafür habe, daß mir diese Erkenntnisse vorgehalten werden. Es handelt sich nur um die Ausübung von demokratischen Grundrechten.”

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhaltes der Anhörung wird auf die Anhörungsniederschrift Bezug genommen.

Die Anhörungskommission gab aufgrund der Anhörung vom 11. September 1986 am 15. Oktober 1986 folgende Stellungnahme ab:

„Aufgrund der Anhörung am 11.09.1986 sind die Zweifel, ob der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten, nicht ausgeräumt.”

Die Aufgabe des Klägers beschrieb die Kommission in ihrer Stellungnahme wie folgt:

„Der Bewerber soll im Aufgabengebiet „physikalische Chemie” des Fachbereichs Chemie zum einen Forschungsaufgaben wahrnehmen, wobei er sich mit Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Entwicklung eines Verfahrens zur automatischen Analyse der Inhaltsstoffe atmosphärischer Niederschläge beschäftigen soll. Zur anderen Hälfte seines Arbeitsplatzes gehört die Durchführung von Lehrveranstaltungen im Fach „physikalische Chemie”. Hier hat er insbesondere die Durchführung und experimentelle Betreuung des physikalischen Praktikums für Fortgeschrittene zu betreuen. Prof. Dr. S, in dessen Forschungsbereich der Bewerber tätig werden soll, führt hierzu ergänzend aus, daß unter der Betreuung der Arbeit der Studierenden im physikalisch-chemischen Praktikum für Fortgeschrittene folgendes zu verstehen sei:

  • die Einweisung der Studierenden in die Bedienung der für die Versuche notwendigen instrumentellanalytischen Geräte,
  • die Ausgabe der zu untersuchenden Substanzproben nach seiner Weisung,
  • die der Versuchsdurchführung vorhergehende Erörterung der theoretischen Grundlagen des Versuchs mit den Studierenden,
  • die Betreuung und Beratung der Studierenden bei der praktischen Durchführung der Experimente und bei der Auswertung der Meßergebnisse.

Neben dieser Tätigkeit obliege dem Bewerber die Sorge für die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Geräte, die für die Durchführung der durch ihn zu betreuenden Versuche notwendig sei. Die Tätigkeiten seien durch den Bewerber insoweit selbständig und eigenverantwortlich durchzuführen, als nach einmaliger Anweisung durch ihn die wiederkehrende Durchführung von Versuchsbetreuungen bei wechselnden Studentengruppen ebenso wie die Arbeiten zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Geräte keiner wiederholten Anweisung im Einzelfalle bedürfe. Es sei nicht vorgesehen, den Bewerber mit der eigenständigen Durchführung anderer Lehrveranstaltungen, z.B. Vorlesungen oder Seminaren zu betrauen.

Aus der Arbeitsplatzbeschreibung ist zu ersehen, daß der Bewerber weitgehend eigenverantwortlich in der Lehre tätig wird. Er soll zwar keine Seminare oder Vorlesungen abhalten, die Betreuung der Studenten im physikalisch-chemischen Praktikum für Fortgeschrittene wird aber von ihm nach jeweils einmaliger Anleitung eigenständig durchgeführt. Auch wenn der Bewerber im Rahmen dieser Tätigkeit beabsichtigt, eine Promotion abzuschließen, weil dadurch seine weiteren beruflichen Perspektiven erheblich verbessert werden, handelt es sich bei der angestrebten Beschäftigung nicht um eine Tätigkeit, die der Ausbildung zugerechnet werden kann, die also von dem Bewerber nur ein geringeres Maß an Verfassungstreue verlangen würde.”

Die Kommission hat daraus den Schluß gezogen, von dem Bewerber sei ein gleiches Maß an Verfassungstreue zu verlangen wie von einem Beamten. Hierauf lehnte der Präsident der Universität O die Einstellung mit seinem Schreiben an den Kläger vom 18. Mai 1987 im wesentlichen mit der Begründung ab, mit dem Erlaß vom 17. November 1986 habe der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kunst ihn angewiesen, die Einstellung des Klägers abzulehnen; diese Entscheidung sei durch den Erlaß vom 30. März 1987 bestätigt worden.

Mit seiner am 19. Juni 1987 eingereichten Klage begehrt der Kläger den Abschluß des auf drei Jahre befristeten Arbeitsvertrages für die Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit halber Stundenzahl gegen eine Vergütung nach VergGr. II a BAT.

Er hat geltend gemacht, der Anspruch auf Abschluß eines solchen Arbeitsvertrages ergebe sich unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit für die Stelle, für die er sich beworben habe, ein besonderes Maß an politischer Treuepflicht gegenüber dem beklagten Land praktische Bedeutung erlangen könne. An die politische Treuepflicht seien geringere Anforderungen zu stellen. Als Angestellter habe er nicht die Pflicht, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, sondern nur die, sich zu diesen Grundprinzipien zu bekennen. Eine Gleichsetzung der für seine Aufgabe zu erwartenden Treuepflicht mit der eines Beamten sei rechtlich unzutreffend. Als Inhaber der ausgeschriebenen Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters habe er keine Erziehungsaufgabe und keine selbständige Lehrverantwortung zu tragen. Überhaupt sei zu fragen, was das Verfahren vor der Anhörungskommission bewirken solle, wenn die Kommission die vom Kläger in der Anhörung geäußerten persönlichen politischen Anschauungen als „Beschönigung” oder „Verharmlosung” der Ziele der DKP werte. Damit werde nur erreicht, daß er in keinem Fall eingestellt werde, wie immer er sich verhalte. Aus der Stellungnahme der Anhörungskommission werde auch deutlich, daß diese nicht davon ausgehe, die Ziele der DKP in ihrem Programm seien eindeutig verfassungswidrig. Die Anhörungskommission habe keinen Beleg aus programmatischen Ausführungen der DKP dafür geliefert, daß die DKP ein Herrschaftssystem wie in den Ländern des realen Sozialismus in der Bundesrepublik Deutschland errichten wolle. Der Anhörungskommission sei es nicht um die Verfassungstreue des Bewerbers gegangen, sondern um rechtlich nicht zu verlangende politische Konformität. Derart politisch konform werde sich der Kläger nicht verhalten.

Überdies verstoße die Ablehnung seiner Einstellung auch gegen das auch von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierte Übereinkommen Nr. 111 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über das Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger einen Arbeitsvertrag als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich der physikalischen Chemie im Angestelltenverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag II a auf drei Jahre befristet mit halber Stundenzahl abzuschließen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält die Ablehnung der Bewerbung des Klägers für Rechtens und hat entgegnet: Von dem Bewerber um die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im Sinne des § 65 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (Nds. HochschulG) sei das gleiche Maß an Verfassungstreue zu fordern wie von einem Beamten. Die Zweifel, ob der Kläger die Gewähr biete, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten, seien nicht ausgeräumt worden. Eine Einstellung des Klägers komme daher nicht in Betracht. Dem Untersuchungsbericht der ILO komme keine verbindliche Wirkung für das innerstaatliche Recht zu. Der Bericht sei vom Verwaltungsrat der ILO lediglich zur Kenntnis genommen worden. Der Verwaltungsrat habe sich der Mehrheitsmeinung des Untersuchungsausschusses nicht angeschlossen. Im übrigen habe die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland Vorrang. Die DKP verfolge verfassungsfeindliche Ziele, wie sich u. a. aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 1987 (– 1 D 114.85 – NJW 1987, 2691) ergebe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihr verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts, während das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie hat die Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und die Zurückweisung der Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zur Folge. Das Arbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht als einzigem Bewerber auf die ausgeschriebene Stelle ein Anspruch auf Abschluß des Arbeitsvertrages entsprechend der Stellenausschreibung zu, weil er die Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 2 GG erfüllt.

I. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von Art. 33 Abs. 2 GG als der für das Begehren des Klägers allein möglichen Anspruchsgrundlage ausgegangen. Hiernach hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann sich ein Anspruch auf Einstellung in ein öffentliches Amt ausnahmsweise dann unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG ergeben, wenn sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls jede andere Entscheidung als die der Einstellung des Bewerbers als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft und mithin die Einstellung als die einzig rechtmäßige Entscheidung der Behörde über die Bewerbung darstellt. Grundsätzlich kann ein Bewerber nur verlangen, daß die Behörde seine Einstellungsbewerbung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung prüft und insbesondere nicht nach den in Art. 3 Abs. 3 GG mißbilligten Merkmalen differenziert. Zur Eignung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG zählt auch die Bereitschaft des Bewerbers, der für das erstrebte Amt oder die erstrebte Aufgabe erforderlichen politischen Treuepflicht zu genügen (vgl. schon BAGE 28, 62, 66 ff. = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu II der Gründe; BAGE 40, 1, 7 = AP Nr. 18 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu II 2 der Gründe; Urteil vom 16. Dezember 1982 – 2 AZR 144/81 – AP Nr. 19 zu Art. 33 Abs. 2 GG, unter II 1 der Gründe; BAGE 53, 137, 149 = AP Nr. 26 zu Art. 33 Abs. 2 GG, unter II 4 a der Gründe).

II. Ebenso zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß die Einstellungsbehörde im Rahmen der Prüfung der Eignung notwendigerweise auch die Frage entscheiden muß, ob der Bewerber für ein Amt im öffentlichen Dienst nach seiner Persönlichkeit die Gewähr dafür bietet, daß er den sich aus der erstrebten Aufgabe oder dem erstrebten Amt ergebenden Anforderungen an seine politische Treuepflicht genügen werde. Diese zukunftsorientierte Persönlichkeitsbeurteilung ist von der Einstellungsbehörde im Rahmen einer Prognose zu treffen. Sie ist nur einer beschränkten gerichtlichen Prüfung zugänglich. Der Einstellungsbehörde steht ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum bei der Gesamtabwägung zu, ob der Bewerber bei Berücksichtigung der belastenden und der entlastenden Umstände, insbesondere auch des persönlichen Eindrucks und der Bewertung der Glaubwürdigkeit des Bewerbers die erforderliche Gewähr für die von ihm zu fordernde Verfassungstreue bietet (vgl. BAGE 39, 235, 253 = AP Nr. 17 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu B IV 2 d, aa der Gründe; BVerwG Urteil vom 27. November 1980 – 2 C 38.79 – AP Nr. 10 zu Art. 33 Abs. 2 GG; BAGE 34, 1, 15 = AP Nr. 9 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu B I 1 der Gründe; BAGE 33, 43, 50 f. = AP Nr. 6 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu B II 2 b der Gründe).

Gerichtlich überprüfbar ist jedoch, ob die Einstellungsbehörde das Maß der zu fordernden politischen Treupflicht richtig erkannt, sie damit den gesetzlichen Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes zutreffend angenommen hat, ob sie diesen Rahmen eingehalten hat, von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Bewertungsgrundsätze beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. insbesondere BAGE 39, 235, 253 = AP, aaO, zu B IV 2 d,bb der Gründe). Auch dies hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt.

III. Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat insoweit nicht folgen, als es zu dem Ergebnis gelangt ist, das beklagte Land habe das Maß der zu fordernden Verfassungstreue und damit den anzuwendenden Begriff der Eignung i. S. von Art. 33 Abs. 2 GG nicht verkannt.

1. Die einem Beamten obliegende gesteigerte Treuepflicht fordert von ihm die Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, d. h. seiner freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung zu identifizieren und dafür aktiv einzutreten. Der Beamte hat sich deshalb von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe oder die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen oder diffamieren. Demgegenüber gibt es im Rahmen von Arbeitsverhältnissen bei der Fülle auch staatlicher oder vom Staat übernommener Aufgabenstellungen auch Arbeitsbereiche, bei denen es für die konkret geschuldete Arbeitsleistung nicht auf das Maß der von Beamten zu verlangenden gesteigerten politischen Treuepflicht ankommt, sondern auf ein geringeres Maß. In solchen Bereichen können Angestellte und Arbeiter mit Aufgaben betraut werden, ohne daß sie die von einem Beamten gleich welchen Ranges zu fordernde politische Treuepflicht in gleichem Maße erfüllen. Aus der Tarifbestimmung des § 8 BAT – sie soll zumindest kraft Vereinbarung für den vom Kläger angestrebten Vertrag (BAT-Vertrag) gelten –, wonach sich der Angestellte des öffentlichen Dienstes durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muß, läßt sich keine für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes gleichmäßige, von ihrer Funktion gelöste besondere politische Treuepflicht ableiten. Sonst würden mit Hilfe dieser Tarifbestimmung die politischen Grundrechte von Angestellten des öffentlichen Dienstes, wie die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) oder die Freiheit, sich in einer Partei politisch betätigen zu können (Art. 21 Abs. 1 GG), unnötig und unverhältnismäßig eingeschränkt (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit BAGE 28, 62, 69 f. = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu III 1 b der Gründe; siehe auch BAGE 39, 235, 253 = AP Nr. 17 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu B IV 2 c der Gründe; BAGE 40, 1, 8, 10 = AP Nr. 18 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu II 4 a und zu III 1 b der Gründe; Urteil vom 2. März 1986 – 7 AZR 469/81 –, n. v.; BAGE 53, 137, 146 = AP Nr. 26 zu Art. 33 Abs. 2 GG, unter II 2 der Gründe; Urteil vom 28. September 1989 – 2 AZR 317/86 –, zur Veröffentlichung bestimmt, unter B I 3 a der Gründe).

Dementsprechend ist hinsichtlich der Frage, welches Maß an Verfassungstreue zu fordern ist, auf die Funktion des jeweiligen Arbeitnehmers abzustellen. Dies rechtfertigt Unterschiede nicht nur zwischen Angestellten und Beamten, sondern auch zwischen Angestellten mit verschiedenen Aufgaben. Auch das Bundesverwaltungsgericht stellt auf die konkrete Funktion des jeweiligen Bediensteten ab (so für einen Lehrbeauftragten: Urteil vom 19. Januar 1989, BVerwGE 81, 212 = DVBL. 1989, 619). Zwar ist die Treuepflicht eines Beamten für jedes Beamtenverhältnis dieselbe und einer Unterscheidung je nach Art der dienstlichen Obliegenheit nicht zugänglich. Wenn an Angestellte im öffentlichen Dienst auch nicht in jedem Fall dieselben hohen Anforderungen zu stellen sind wie an Beamte, so schulden sie gleichwohl ihrem Dienstherrn Loyalität i. S. passiver Neutralität (BVerfGE 39, 334, 335 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 5 GG).

2. Gemessen an diesen Kriterien kann der Senat dem Landesarbeitsgericht insoweit nicht folgen, als es gemeint hat, die Bewertung der ausgeschriebenen Stelle nach VergGr. II a BAT und damit deren Vergleichbarkeit mit einem Amt des höheren Dienstes, das im Gesamtgefüge des öffentlichen Dienstes eine herausgehobene Position habe, rechtfertige es, von einem solchen Angestellten eine entsprechende politische Treue wie z. B. von einem Beamten des einfachen Dienstes zu erwarten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 39, 334, 335 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 5 GG) ist zwar eine Differenzierung des Grades der politischen Treuepflicht nach der unterschiedlichen Zuordnung der Beamtenstellung zu verschiedenen Diensten (einfacher, mittlerer, gehobener oder höherer Dienst) nicht mit Art. 33 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 5 GG zu vereinbaren. Dies liegt an der Besonderheit des Beamtenstatus. Der gebotenen funktionalen Betrachtungsweise zur Ermittlung des Maßes an politischer Treuepflicht bei Angestellten wird eine solche Betrachtung aber nicht gerecht. Sie ist nicht daran auszurichten, wie die Angestelltentätigkeit bezahlt und wie sie damit in das Gesamtgefüge der Stellen des öffentlichen Dienstes einzuordnen ist. Entscheidend ist, welche konkrete Aufgabe arbeitsvertraglich verlangt wird.

3. Auch die weitere Begründung des Landesarbeitsgerichts, vom Kläger sei dasselbe Maß an Verfassungstreue zu verlangen wie von einem Beamten, weil er als wissenschaftlicher Mitarbeiter Studenten zu betreuen, also auch eine Lehrtätigkeit zu entfalten habe, hält der Prüfung in der Revision nicht stand.

a) Für die Frage, welches Maß an politischer Treuepflicht vom Kläger zu verlangen ist, ist vom Inhalt des von ihm angestrebten Arbeitsverhältnisses auszugehen. Der Kläger erstrebt die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters mit halber Stundenzahl, befristet auf drei Jahre, im Fachbereich Chemie der Universität O. Wissenschaftliche Mitarbeiter sind nach den Bestimmungen des § 53 HRG wie auch des § 65 Nds. HochschulG zur wissenschaftlichen Dienstleistung verpflichtet; sie arbeiten auch in der Lehre mit. Dabei können ihnen auch eigenverantwortlich Lehrveranstaltungen übertragen werden. Gerade dies ist aber für den Kläger und die von ihm angestrebte Stelle nicht vorgesehen. Zwar würde der vom Kläger angestrebte Arbeitsvertrag seinen Einsatz auch für eigenverantwortliche Lehrveranstaltungen nicht ausschließen; es ist jedoch Sache des beklagten Landes als Arbeitgeber zu entscheiden, in welchem Umfang es den Kläger im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mit Lehraufgaben betraut.

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wie auch der Anhörungskommission in deren Stellungnahme vom 15. Oktober 1986 zur Anhörung des Klägers vom 11. September 1986 soll der Kläger im Aufgabengebiet „physikalische Chemie” des Fachbereichs Chemie etwa zur Hälfte seiner Arbeitszeit Forschungsaufgaben wahrnehmen, wobei er sich mit Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Entwicklung eines Verfahrens zur automatischen Analyse der Inhaltsstoffe atmosphärischer Pflege beschäftigen soll. Zur anderen Hälfte soll er die experimentelle Betreuung der Studierenden im physikalischen Praktikum für Fortgeschrittene durchführen. Prof. Dr. S, in dessen Forschungsbereich der Kläger tätig werden soll, hat gegenüber der Anhörungskommission hierzu ergänzend ausgeführt, daß unter Betreuung der Arbeit der Studierenden im physikalisch-chemischen Praktikum für Fortgeschrittene zu verstehen sei: Die Einweisung von Studierenden in die Bedienung der für die Versuche notwendigen instrumentell-analytischen Geräte, die Ausgabe der zu untersuchenden Substanzproben nach Prof. Dr. S Weisung, die der Versuchsdurchführung vorhergehende Erörterung der theoretischen Grundlagen des Versuchs mit den Studierenden, die Betreuung und Beratung der Studierenden bei der praktischen Durchführung der Experimente und bei der Auswertung der Meßergebnisse. Daneben soll dem Kläger die Sorge für die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Geräte obliegen, die für die Durchführung der von ihm zu betreuenden Versuche notwendig seien. Diese Tätigkeiten seien vom Kläger insoweit selbständig und eigenverantwortlich durchzuführen, als nach einmaliger Anweisung durch ihn die wiederkehrende Durchführung von Versuchsbetreuungen bei wechselnden Studentengruppen ebenso wie die Arbeit zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Geräte keiner wiederholten Anweisung im Einzelfall bedürfe. Es sei nicht vorgesehen, den Bewerber mit der eigenständigen Durchführung anderer Lehrveranstaltungen, z. B. Vorlesungen oder Seminaren, zu betrauen.

b) Gemessen hieran zeigt sich, daß von einem Bewerber für die Stelle, die hier vom Kläger angestrebt wird, nicht das Maß an politischer Treuepflicht zu verlangen ist, wie es von Beamten verlangt werden darf. Bei Lehraufträgen im Bereich wissenschaftlicher Erkenntnis, die wie die mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer schon von ihrer fachlichen Struktur her einer politischen Wertung und damit auch einer indoktrinierenden Einflußnahme auf die politische Meiungsbildung der Studenten wenn nicht völlig verschlossen, so doch weitgehend unzugänglich sind, ist schwerlich vorstellbar, daß sie ordnungsgemäß nur von einem Lehrenden wahrgenommen werden könnten, der sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt und sich jederzeit für sie einsetzt. Im wissenschaftlichen Hochschulunterricht, der auf eine erwachsene und kritikfähige Hörerschaft von Studenten trifft, kann nicht in gleicher Weise politisch abträglicher Einfluß genommen werden, wie dies bei Schülern der Fall sein kann, deren Reifeprozeß noch nicht abgeschlossen ist und die deshalb den erzieherischen Einwirkungen des Lehrers ungleich stärker ausgesetzt sind als Studenten der Wirkung eines Hochschullehrers (vgl. BVerwG Urteil vom 19. Januar 1989, BVerwGE 81, 212, 217 = DVBl. 1989, 619, 620). Nach der in diesem Urteil zum Ausdruck gekommenen Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts braucht sogar ein Lehrbeauftragter, der in innerer Distanz zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes steht, deshalb nicht notwendigerweise unfähig zu sein, einen den wissenschaftlichen Anforderungen des Lehrfachs entsprechenden Unterricht zu erteilen; dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht die Ablehnung von Lehraufträgen für einen Lehrbeauftragten zu den Themen „Der erkenntnistheoretische Stellenwert von Erfahrung und Bedürfnis in der Arbeiterbildung des DGB” und „Krieg und Frieden aus sozialpsychologischer Sicht” für unwirksam erklärt, die darauf gestützt war, daß der Lehrbeauftragte nicht die Gewähr dafür biete, jederzeit (aktiv) für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.

c) Im vorliegenden Fall folgt aus den Aufgaben, die dem Kläger im Rahmen des von ihm angestrebten Anstellungsverhältnisses als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Halbtagsstelle mit einer Befristung von drei Jahren übertragen werden sollen, daß vom Kläger nicht das hohe Maß an Verfassungstreue verlangt werden darf, welches von einem Beamten zu verlangen wäre. Der Kläger soll ausschließlich in einem der Indoktrination zwar nicht völlig unzugänglichen, aber weitgehend verschlossenen Fach tätig sein. Dabei beschränkt sich seine Lehrtätigkeit auf die Anleitung von Studenten im physikalisch-chemischen Praktikum für Fortgeschrittene. Überdies ist nicht zu übersehen, daß die Anstellung auf drei Jahre befristet sein soll und daß der Kläger nur eine Halbtagsstelle erhalten soll, innerhalb der er etwa die Hälfte seiner Arbeitszeit zu Forschungszwecken einzusetzen hat.

d) Allerdings hätte das beklagte Land dem Kläger die erstrebte Anstellung versagen dürfen, wenn die von ihm vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Betrachtung geeignet wären, die ernsthafte Gefahr zu begründen, der Kläger werde sein Amt mißbrauchen, um die Studierenden gegen die Grundwerte der Verfassung zu beeinflussen (vgl. insoweit für den Bewerber im nichtbeamteten Vorbereitungsdienst als Gymnasiallehrer in Baden-Württemberg mit den Fächern Politikwissenschaft und Deutsch: BAGE 53, 137 = AP Nr. 26 zu Art. 33 Abs. 2 GG, für den beamteten Vorbereitungsdienst als Gymnasiallehrer in Bayern mit den Fächern Geschichte, Deutsch und Sozialkunde: BAGE 54, 340 = AP Nr. 27, aaO). Sind auch an solche Angestellte im öffentlichen Dienst nicht dieselben hohen Anforderungen der Verfassungstreue zu stellen wie an Beamte, so schulden sie gleichwohl ihrem Dienstherrn Loyalität im Sinne passiver Neutralität (BVerfGE 39, 334, 335 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 5 GG). Dagegen ergeben sich aus Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach das Grundrecht auf freie wissenschaftliche Lehre dahin beschränkt ist, daß diese nicht von der Treue zur Verfassung entbindet, keine strengeren Bindungen als aus Art. 33 Abs. 2 GG.

4. Die vom beklagten Land ermittelten und vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen sind bei objektiver Betrachtung nicht geeignet, die ernsthafte Gefahr zu begründen, der Kläger werde sein Amt im dargestellten Sinne mißbrauchen.

a) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist nicht zu beanstanden, daß das beklagte Land davon ausgegangen ist, die DKP verfolge verfassungsfeindliche Ziele. Solche Ziele verfolgt die DKP nach wie vor, wie in zahlreichen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt worden ist (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 28. September 1989 – 2 AZR 317/86 –, zur Veröffentlichung bestimmt, zu B I 4 c, bb der Gründe; siehe auch BAGE 28, 62, 74 ff. = AP, aaO, zu IV der Gründe; BVerwGE 47, 330 und 365; BVerwG Urteil vom 10. Mai 1984 – 1 D 7.83 (BDiszG) – NJW 1985, 503, 504). Bis zum – für den Senat maßgeblichen – Schluß der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsrechtszug (1. Juni 1988) hat sich hieran nichts geändert.

b) Die Tatsache, daß der Kläger Mitglied der DKP ist, genügt auch in Verbindung mit den anderen festgestellten Tatsachen nicht, um die ernste Besorgnis zu begründen, der Kläger werde sich nicht neutral verhalten oder sein Amt mißbrauchen, um die von ihm zu betreuenden Studenten gegen das Grundgesetz zu beeinflussen. Dabei wird zugunsten des beklagten Landes unterstellt, der Kläger habe im Rahmen seiner Anhörung die Ziele der DKP „verharmlost” oder „beschönigt”. Einen Rechtssatz, daß derartige Wertungen des beklagten Landes zwingend unrichtig sein müßten, gibt es nicht. Aus der Tatsache der bloßen Mitgliedschaft des Klägers in der DKP läßt sich aber auch in Verbindung mit seinen früheren Betätigungen als Kandidat des MSB Spartakus bei den studentischen Wahlen oder seiner (früheren) Mitgliedschaft im MSB Spartakus wie auch aus der Tatsache, daß er die beiden Zeitungsartikel verfaßt hat, nicht schließen, der Kläger werde sein Amt mißbrauchen. Dem Kläger können nach dem eigenen Vortrag des beklagten Landes bislang keine verfassungsfeindlichen Verhaltensweisen vorgeworfen werden. Zudem ist sein Kontakt mit Studierenden im Rahmen der Angestelltenstellung auf die fachliche Anleitung im physikalisch-chemischen Praktikum für Fortgeschrittene beschränkt.

c) Sind aber schon nach dem Vortrag des beklagten Landes und den festgestellten Tatsachen keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der Kläger während der dreijährigen Dauer seines befristeten Anstellungsverhältnisses als wissenschaftlicher Mitarbeiter aktiv verfassungsfeindliche Ziele verfolgen oder darauf ausgehen werde, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen, so besteht auch kein Anlaß, vom Kläger zu verlangen, daß er etwaige Zweifel an seiner Verfassungstreue beseitigt. Daher bedarf es weder einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht noch einer erneuten Anhörung des Klägers durch die Einstellungsbehörde. Für den im vorliegenden Verfahren angestrebten Anstellungsvertrag genügt der Kläger den Mindestanforderungen an die Verfassungstreue eines Bewerbers. Da auch im übrigen die Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG erfüllt sind, war der Klage stattzugeben.

IV. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es auf die Frage der innerstaatlichen Geltungskraft des von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten Übereinkommens Nr. 111 (BGBl. II 1961, 97) der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom 25. Juni 1958 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf oder auf die rechtliche Wirkung des Berichts des Untersuchungsausschusses der ILO vom Februar 1987 und der darin enthaltenen Empfehlungen nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Dr. Becker, Schliemann, Stappert, Schmalz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI969689

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