Entscheidungsstichwort (Thema)

Kommunalrechtliche Formvorschriften. Rechtsmißbrauch

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Parteien müssen es grundsätzlich hinnehmen, daß Verstöße gegen konstitutive gesetzliche Formvorschriften nach § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen. Eine auf Einzelfallgerechtigkeit gestützte Durchbrechung des gesetzlichen Formzwanges kommt nur in Ausnahme fällen in Betracht. Es reicht nicht aus, daß die Nichtigkeit einen Vertragsteil hart trifft. Vielmehr muß das Ergebnis schlechthin untragbar sein. Diese Voraussetzung kann erfüllt sein, wenn sich ein Vertragspartner im Vertrauen auf die Rechtswirksamkeit eines fehlerhaft geschlossenen Vertrages eine Existenz aufgebaut hat, deren Vernichtung bei Unwirksamkeit dieses Vertrages droht. § 242 BGB dient aber nicht dazu, einem Vertragspartner durch Nichtbeachtung von Formvorschriften eine ansonsten nicht zu erlangende Existenz zu verschaffen.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 125 S. 1, §§ 133, 157, 177 Abs. 1; GO NW § 54 Abs. 3, § 56 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2; BBiG § 5 Abs. 1; ZPO § 286 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 23.05.1991; Aktenzeichen 12 Sa 204/91)

ArbG Wesel (Urteil vom 07.01.1991; Aktenzeichen 5 Ca 1758/90)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 1991 – 12 Sa 204/91 – aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 7. Januar 1991 – 5 Ca 1758/90 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aufgrund einer mündlichen Zusage ihres Gemeindedirektors verpflichtet ist, der Klägerin den Abschluß eines Anstellungsvertrages als Bürohelferin anzubieten.

Die Beklagte ist eine nordrhein-westfälische Gemeinde. Dort wohnt die am 19. Oktober 1969 geborene Klägerin. Sie ist Spastikerin und auf einen Rollstuhl angewiesen. Als sie sich im Oktober 1987 bei der Beklagten um eine Ausbildungsstelle bewarb, sprach sich der Gemeindedirektor gegen diese Ausbildung aus, weil er wegen der Behinderung der Klägerin keine ausreichenden Einsatzmöglichkeiten für sie sah. Der Personalausschuß empfahl jedoch mit Beschluß vom 24. Februar 1988 die Einrichtung eines zusätzlichen Ausbildungsplatzes für die Klägerin. Diesem Vorschlag folgte der Rat der Beklagten mit Beschluß vom 17. März 1988. In der Ratssitzung vom 17. März 1988 wurde besprochen, daß die Klägerin im Anschluß an die erfolgreiche Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden solle. Die Beklagte hat seit zehn Jahren alle Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis übernommen.

Am 5. Juli 1988 schlossen die Parteien einen Berufsausbildungsvertrag, wonach die Klägerin zur „Bürohelferin nach § 48 BBiG” ausgebildet werden sollte. Das Berufsbild der „Bürohelferin” wurde von der Beklagten in Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer speziell für die Klägerin entwickelt. Am 28. Mai 1990 bestand die Klägerin die Abschlußprüfung mit der Gesamtnote „gut”. Die Beklagte schloß mit zwei Auszubildenden, die die Prüfung zum Beruf der „Bürogehilfin” mit den Gesamtnoten „sehr gut” und „befriedigend” bestanden hatten, nicht aber mit der Klägerin einen Arbeitsvertrag.

Die Klägerin hat vorgetragen: In einem Gespräch mit ihren Eltern etwa Anfang April 1988 habe der Gemeindedirektor zugesagt, daß sie nach dem erfolgreichen Abschluß der Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis übernommen werde, und dies wenig später gegenüber Herrn F. bestätigt. Die Berufung der Beklagten auf die Nichteinhaltung gemeinderechtlicher Förmlichkeiten verstoße gegen Treu und Glauben. Die Anwendung der Formvorschriften führe nicht nur zu einem harten, sondern zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis, denn die Klägerin habe keine realistische Möglichkeit, anderweitig eine Anstellung zu finden. Obwohl die Beklagte seit Jahren sämtliche Auszubildenden übernommen habe, habe sie dies bei der Klägerin abgelehnt, ohne auf die vernichtenden Auswirkungen Rücksicht zu nehmen. Die Treuewidrigkeit der Berufung auf den Formmangel werde noch dadurch verstärkt, daß die Zusage, die der Gemeindedirektor selbst abgegeben habe, nach § 54 Abs. 1 Satz 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) in seine interne Entscheidungsbefugnis falle. Zudem sei die Errichtung eines Dauerarbeitsplatzes für die Klägerin sowohl in der Personalausschußsitzung vom 24. Februar 1988 als auch in der Ratssitzung vom 17. März 1988 erörtert worden.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Angebot auf Abschluß eines Anstellungsvertrages als Bürohelferin mit Wirkung ab dem 1. Juni 1990 zu unterbreiten.
  2. die Beklagte zu verurteilen, sie entsprechend dem Klageantrag zu 1., d.h. als Bürohelferin, zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen: Der Gemeindedirektor habe nicht zugesagt, die Klägerin nach Beendigung der Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen. In allen Gesprächen mit den Eltern sei es ausschließlich um den Abschluß eines Ausbildungsvertrages sowie die Art und Dauer der Ausbildung gegangen. Im übrigen hätte die von der Klägerin behauptete Einstellungszusage wegen Verletzung des § 54 Abs. 3 und des § 56 GO NW keine Übernahmeverpflichtung der Beklagten begründen können. Die Berücksichtigung dieser Gesetzesverstöße widerspreche nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), sondern sei nach dem Zweck der verletzten Vorschriften geboten und führe zu keinem untragbaren Ergebnis. Die Klägerin habe weder darauf vertrauen dürfen, in ein Arbeitsverhältnis übernommen zu werden, noch sei ihr ein Vertrauens schaden entstanden. Der Klägerin sei unabhängig von einer Übernahmezusage an der Ausbildung gelegen gewesen.

Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung mehrerer Zeugen der Klage im wesentlichen stattgegeben und sie nur insoweit abgewiesen, als die Klägerin eine Rückwirkung des abzuschließenden Arbeitsvertrages begehrt hat. Das Landesarbeitsgericht hat nach Parteivernehmung des Gemeindedirektors die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihren Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, daß die Beklagte ihr den Abschluß eines Arbeitsvertrages als Bürohelferin anbietet und sie dementsprechend als Bürohelferin beschäftigt.

I. Das Landesarbeitsgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, daß der Gemeindedirektor der Beklagten in einem Gespräch mit den Eltern der Klägerin erklärt habe, daß „er alle Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis übernehme. In der freien Wirtschaft kämen sie nicht zurecht, erst recht nicht eine Behinderte wie Stephanie. Wenn er Stephanie ausbilde, könne er sie nicht auf die Straße setzen, dann zerstöre er ein ganzes Leben”. Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, die Eltern hätten diese Erklärung als verbindliche Zusage auffassen dürfen, die Klägerin nach Bestehen der Prüfung in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Die Erklärung des Gemeindedirektors habe sich nicht in der bloßen Wiedergabe der bisherigen Übernahmepraxis erschöpft, sondern auf die besondere Situation der Klägerin bezogen. Alle Beteiligten hätten von der existentiellen Bedeutung gewußt, die eine Ausbildung und Anstellung für die Klägerin habe. Der mit der Ausbildung verbundene Aufwand habe nur dann einen Sinn gehabt, wenn nach der Ausbildung der Berufsweg der Klägerin in einem Anstellungsverhältnis seine Fortsetzung habe finden können. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß der Personalausschuß und der Rat mit veränderten Gegebenheiten gerechnet und sich deshalb eine (andere) Willensbildung zur Übernahme der Klägerin in ein Anstellungsverhältnis vorbehalten hätten. Nach der gängigen Praxis der Beklagten, alle Auszubildenden zu übernehmen, impliziere auch die vom Personalausschuß und vom Rat beschlossene Schaffung eines Ausbildungsplatzes für die Klägerin den Willen der Beklagten, die Klägerin nach erfolgreicher Ausbildung anzustellen. Die Beklagte verstoße gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sie sich auf die nach § 56 Abs. 1, § 54 Abs. 3 Satz 2 GO NW erforderliche, im vorliegenden Fall aber fehlende Schriftform und Unterzeichnung durch den Gemeindedirektor und einen weiteren vertretungsberechtigten Gemeindebediensteten berufe, denn die Unwirksamkeit der Zusage hätte für die Klägerin nahezu untragbare Konsequenzen.

II. Mit der Formulierung, der Gemeindedirektor habe eine „verbindliche Zusage” erteilt, hat das Landesarbeitsgericht zum Ausdruck gebracht, daß seiner Ansicht nach die Voraussetzungen einer Willenserklärung vorliegen. Den Ausführungen in den Entscheidungsgründen läßt sich außerdem die Auffassung des Landesarbeitsgerichts entnehmen, die Parteien hätten keinen aufschiebend bedingten Arbeitsvertrag schließen, sondern die Beklagte verpflichten wollen, der Klägerin nach Bestehen der Ausbildungsprüfung den Abschluß eines Arbeitsvertrages als Bürohelferin anzubieten. Entgegen der Auffassung der Beklagten wäre ein derartiger Übernahmevertrag nicht nach § 5 Abs. 1 BBiG nichtig, weil er nur den Ausbildenden, nicht aber den Auszubildenden verpflichten würde. Die von der Klägerin bevollmächtigten Eltern hätten das Angebot des Gemeindedirektors nicht ausdrücklich annehmen müssen. Eine Annahme durch schlüssiges Verhalten läge darin, daß sie ihre Freude über eine Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis zum Ausdruck brachten. Der Abschluß eines Übernahmevertrages hängt demnach davon ab, ob die Eltern als bevollmächtigte Erklärungsempfänger die Äußerungen des Gemeindedirektors so verstehen durften, daß die Gemeinde bereits damals eine vertragliche Übernahmeverpflichtung eingehen und nicht nur eine Weiterbeschäftigung in Aussicht stellen wollte.

Die Beklagte bestreitet die vom Landesarbeitsgericht für bewiesen erachteten Äußerungen des Gemeindedirektors und wendet sich außerdem gegen deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht. Was der Gemeindedirektor in seinem Gespräch mit den Eltern im einzelnen sagte, ist eine tatsächliche Feststellung, an die der Senat nach § 561 Abs. 2 ZPO gebunden ist, weil die gegen die Beweiswürdigung erhobenen Rügen der Beklagten nicht durchgreifen. Die Auslegung der Äußerungen des Gemeindedirektors ist aber in den für nichttypische Erklärungen geltenden Grenzen revisionsgerichtlich nachprüfbar.

1. Die Beklagte rügt keine Verfahrens fehler bei der Beweisaufnahme, sondern greift die Beweiswürdigung an. Dieser Revisionsangriff hat keinen Erfolg. Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten sei. In den Entscheidungsgründen muß sich das Gericht mit dem Verhandlungs- und Beweisergebnis umfassend und widerspruchsfrei auseinandersetzen und die Überlegungen aufzeigen, die für die richterliche Überzeugung maßgebend waren. Das Landesarbeitsgericht hat sich in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils eingehend mit dem Beweisergebnis befaßt. Die Beklagte räumt in der Revisionsbegründungsschrift eine sorgfältige Würdigung der Zeugenaussagen durch das Landesarbeitsgericht ein. Die Beklagte meint zwar, das Landesarbeitsgericht habe „die psychologische Tatsache, daß insbesondere in der Sache stark engagierte Zeugen das wiedergeben, was sie gehört oder gesehen zu haben hoffen oder wollen,” übersehen. Das Berufungsgericht hat jedoch die Glaubwürdigkeit der Zeugen ausführlich erörtert und dabei auch das erhebliche Eigeninteresse der als Zeugen vernommenen Eltern der Klägerin am Ausgang des Rechtsstreits berücksichtigt. Nach dem in § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 286 Abs. 1 ZPO normierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung sind die Tatsachengerichte in der Beurteilung des Beweiswerts von Zeugenaussagen grundsätzlich frei. Das Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob der gesamte Inhalt der Verhandlung berücksichtigt worden ist, ob eine Würdigung aller erhobenen Beweise stattgefunden hat und ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei sowie frei von Verstößen gegen die Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze ist (vgl. u.a. BAG Urteil vom 3. April 1986 – 2 AZR 324/85 – AP Nr. 18 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung, zu I 2 der Gründe; BAGE 55, 78, 87 = AP Nr. 81 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ein solcher Verstoß liegt nicht schon dann vor, wenn die Erwägungen des Berufungsgerichts nicht zwingend sind (BAG Urteil vom 10. Juni 1988 – 2 AZR 801/87 – AP Nr. 82 zu § 613 a BGB, zu II 3 d bb der Gründe).

2. Da die Äußerungen des Gemeindedirektors, die das Landesarbeitsgericht für bewiesen erachtet hat, nichttypische Erklärungen sind, kann das Revisionsgericht die Auslegung dieser Äußerungen durch das Landesarbeitsgericht nur daraufhin überprüfen, ob die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt worden sind, gegen Denk- oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist oder Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sind, außer acht gelassen worden sind (vgl. u.a. BAGE 22, 424, 426 = AP Nr. 33 zu § 133 BGB, zu 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 12. März 1987 – 2 AZR 176/86 – AP Nr. 47 zu § 102 BetrVG 1972, zu B I 1 e bb der Gründe; BAGE 57, 1, 7 = AP Nr. 2 zu § 53 BAT, zu II 2 a der Gründe; BAGE 57, 231, 237 = AP Nr. 19 zu § 4 KschG 1969, zu B I der Gründe; BAGE 57, 256, 265 = AP Nr. 6 zu § 620 BGB Hochschule, zu III der Gründe; BAG Urteil vom 12. Juli 1990 – 2 AZR 39/90 – AP Nr. 87 zu § 613 a BGB, zu B III 1 der Gründe). Selbst dieser eingeschränkten Nachprüfung hält die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung nicht stand.

a) Die Frage, wie die Äußerungen des Gemeindedirektors zu verstehen waren, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nach den Maßstäben des § 133 BGB geprüft. Die darin enthaltenen Auslegungsregeln gelten nicht nur für den Inhalt eines Rechtsgeschäfts, sondern auch für die Feststellung, ob eine Äußerung überhaupt als Willenserklärung gemeint war (vgl. u.a. BAG Urteil vom 2. März 1973 – 3 AZR 325/72 – AP Nr. 36 zu § 133 BGB, zu 2 der Gründe).

b) Trotz des in § 133 BGB enthaltenen Gebots, nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (vgl. unter anderem BGH Urteil vom 29. Mai 1991 – XII ZR 119/90 – NJW-RR 1991, 1102, zu II 2 a der Gründe; Mönchkomm-Mayer-Maly, BGB, 2. Aufl., § 133 Rz 48; Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl., § 133 Rz 14). Im angegriffenen Urteil ist Gegenstand der Auslegung die Äußerung des Gemeindedirektors gewesen, daß

„er alle Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis übernehme. In der freien Wirtschaft kämen sie nicht zurecht, erst recht nicht eine Behinderte wie Stephanie. Wenn er Stephanie ausbilde, könne er sie nicht auf die Straße setzen, dann zerstöre er ein ganzes Leben”.

Mit dem Wortlaut dieser Erklärung hat sich das Landesarbeitsgericht nicht näher auseinandergesetzt. Wörtlich genommen brachte der Gemeindedirektor lediglich seine Vorstellungen und Ziele zum Ausdruck. Diesen Sätzen allein läßt sich noch nicht der Wille entnehmen, bereits mit Abschluß des Ausbildungsvertrages eine Vereinbarung zu treffen, die eine Übernahmeverpflichtung der Beklagten begründet.

c) Bei der Auslegung sind auch alle Begleitumstände zu berücksichtigen. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts weist jedoch erhebliche Lücken auf.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat seine Auslegung unter anderem darauf gestützt, in der Ratssitzung sei ausdrücklich besprochen worden, die Klägerin im Anschluß an eine erfolgreiche Ausbildung in ein Anstellungsverhältnis zu übernehmen. Dabei unterscheidet das Berufungsgericht nicht zwischen der bloßen Erörterung eines Themas und der Beschlußfassung. Ein Beschluß, die Klägerin nach bestandener Prüfung auf jeden Fall zu übernehmen, ist nicht gefaßt worden. Selbst wenn die Beklagte die Absicht hatte, die Klägerin in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen, bedeutet dies nicht, daß sie gleichzeitig mit dem Abschluß des Ausbildungsvertrages eine vertragliche Übernahmeverpflichtung begründen wollte.

bb) Das Landesarbeitsgericht meint, im Hinblick auf die gängige Praxis der Beklagten, alle Auszubildenden zu übernehmen, impliziere die vom Personalausschuß und vom Rat beschlossene Schaffung eines Ausbildungsplatzes für die Klägerin den Willen der Beklagten, diese nach erfolgreicher Ausbildung auch einzustellen. Dabei berücksichtigt das Landesarbeitsgericht nicht, daß der Rat noch nicht beschlossen hatte, bei Bestehen der Abschlußprüfung für die Klägerin die als notwendig erachtete zusätzliche Stelle zu schaffen. Im übrigen setzt auch das bloße Inaussichtstellen einer Obernahme den Willen zur Weiterbeschäftigung voraus. Entscheidend ist, ob bereits zu diesem Zeitpunkt der Wille zu einer vertraglichen Bindung bestand.

cc) Auch das Argument des Berufungsgerichts, der Aufwand für die Durchführung der Ausbildung habe nur Sinn, wenn nach der Ausbildung der Berufsweg der Klägerin in einem Anstellungsverhältnis seine Portsetzung finden könne, berücksichtigt nicht alle Besonderheiten des vorliegenden Falles. Die Eltern strebten zunächst nur eine Ausbildung der Klägerin an. Nach ihrer Aussage sei die vom Gemeindedirektor zugesagte Übernahme in ein Arbeitsverhältnis eine erfreuliche Überraschung gewesen. Auch aus der Sicht der Gemeinde war die Ausbildung der Klägerin ohne den anschließenden Abschluß eines Arbeitsvertrages nicht sinnlos, zumal die Klägerin nicht zur künftigen Deckung des Arbeitskräftebedarfs, sondern lediglich aus sozialen Gründen ausgebildet wurde und die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis mit erheblichen Belastungen für die Beklagte, unter anderem mit der Schaffung einer zusätzlichen Stelle verbunden gewesen wäre. Die fehlerhafte Auslegung der Äußerungen des Gemeindedirektors durch das Landesarbeitsgericht führt jedoch nicht zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht, weil die Klage unabhängig davon, ob der Gemeindedirektor mündlich einen Übernahmevertrag anbot, abzuweisen ist.

III. Selbst wenn die Parteien mündlich vereinbart hätten, daß die Beklagte zum Abschluß eines Arbeitsvertrages mit der Klägerin als Bürohelferin nach Bestehen der Ausbildungsprüfung verpflichtet sei, wäre dieser Vertrag wegen Verstoßes gegen kommunalrechtliche Vorschriften unwirksam. Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ändert im vorliegenden Fall an dieser Rechtsfolge nichts.

1. Nach § 54 Abs. 3 Satz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) bedürfen Arbeitsverträge und sonstige schriftliche Erklärungen zur Regelung der Rechtsverhältnisse von Angestellten und Arbeitern der Unterzeichnung durch den Gemeindedirektor oder seinen Stellvertreter und einen weiteren vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten. Eine nach § 54 Abs. 3 Satz 3 GO NW abweichende Regelung in der Hauptsatzung hat die Klägerin nicht behauptet. § 54 Abs. 3 Satz 2 GO NW gilt nach seinem Sinn und Zweck nicht nur für den Abschluß von Arbeitsverträgen, sondern auch für Verträge, durch die sich die Gemeinde zum Abschluß von Arbeitsverträgen verpflichtet, zumal sich sonst die Vorschrift des § 54 Abs. 3 Satz 2 GO NW leicht umgehen ließe. Ein mündlicher Vertragsabschluß allein durch den Gemeindedirektor genügt den Anforderungen des § 54 Abs. 3 Satz 2 GO NW nicht.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob § 54 Abs. 3 GO NW gegenüber § 56 GO NW eine Sondervorschrift ist oder ob diese Regelungen nebeneinander anzuwenden sind. Auch die Voraussetzungen des § 56 GO NW sind nicht erfüllt.

a) Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 GO NW bedürfen Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, der Schriftform. Sie sind nach § 56 Abs. 1 Satz 2 GO NW vom Gemeindedirektor oder seinem Stellvertreter und außerdem von einem vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten zu unterzeichnen, soweit die Gemeindeordnung nicht etwas anderes bestimmt. Die GO NW enthält keine derartige abweichende, auf den vorliegenden Fall anwendbare Regelung.

b) Die Vorschriften des § 56 Abs. 1 GO NW gelten zwar nicht für einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung. Ein Vertrag, mit dem sich die Beklagte zur Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis verpflichtet hätte, wäre aber kein derartiges Geschäft. Einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung setzen jedenfalls voraus, daß sie in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und zugleich nach Größe und Umfang der Verwaltungstätigkeit sowie nach der Finanzkraft der Gemeinde von sachlich weniger erheblicher Bedeutung sind (vgl. unter anderem BGH Urteil vom 16. November 1978 – III ZR 81/77 – NJW 1980, 117, zu I 2 der Gründe; BGHZ 92, 164, 173; BGHZ 97, 224, 226; Rauball/Pappermann/Roters, GO NW, 3. Aufl., § 28 Rz 30). Die Eingehung einer Übernahmeverpflichtung gegenüber der schwerstbehinderten Klägerin bei Abschluß des Ausbildungsvertrages wäre für die Beklagte weder ein regelmäßig oder häufiger vorkommendes, übliches Geschäft noch von geringer Bedeutung gewesen, zumal bei Abschluß eines Arbeitsvertrages mit der Klägerin die Schaffung einer weiteren Planstelle geboten erschien. Vielmehr hätte es sich für die betroffene Gemeinde um einen außergewöhnlichen Vorgang mit erheblichen finanziellen Auswirkungen gehandelt. Da wegen der Besonderheiten des vorliegenden Falles bereits nach der gängigen Definition kein einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung vorgelegen hätte, kann es offenbleiben, ob im Hinblick auf § 54 Abs. 3 Satz 2 GO NW, ähnlich wie bei der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO), die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und die Verpflichtung hierzu generell nicht als einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung im Sinne des § 56 Abs. 2 GO NW angesehen werden können (vgl. BAG Urteil vom 6. August 1970 – 2 AZR 427/69 – AP Nr. 7 zu § 125 BGB und BAG Urteil vom 29. Juni 1988, BAGE 59, 93, 98 = AP Nr. 6 zu § 174 BGB, zu III 1 der Gründe, jeweils zu § 63 Abs. 4 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 3 NGO).

3. Ein Vertrag, durch den die Beklagte zur Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis nach Bestehen der Abschlußprüfung verpflichtet werden sollte, hätte demnach gegen § 54 Abs. 3 Satz 2 und § 56 Abs. 1 GO NW verstoßen und wäre deshalb unwirksam. Dem Gemeindedirektor hätte die gesetzliche Vertretungsmacht gefehlt. Ob der Vertrag außerdem nach § 125 Satz 1 BGB nichtig gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben.

a) § 54 Abs. 3 Satz 2 und § 56 Abs. 1 GO NW, die eine Unterzeichnung der gemeindlichen Verpflichtungserklärung sowohl durch den Gemeindedirektor oder seinen Stellvertreter als auch durch einen vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten verlangen, schränken die Vertretungsmacht des Gemeindedirektors ein und normieren eine Gesamtvertretung (BAG Urteil vom 26. März 1986, BAGE 51, 314, 316 = AP Nr. 2 zu § 180 BGB, zu II der Gründe; BAG Urteil vom 4. Februar 1987 – 7 AZR 583/85 – AP Nr. 24 zu § 626 BGB Ausschlußfrist; BGH Urteil vom 4. Dezember 1981 – V ZR 241/80 – NJW 1982, 1036, 1037; BGH Urteil vom 13. Oktober 1983 – III ZR 158/82 – NJW 1984, 606 = DVBl 1984, 335; BGHZ 92, 164, 174; Rehn/Cronauge, GO NW, 10. Aufl., Stand November 1990, § 56 Anm. II 2). An dieser Auffassung ist festzuhalten. Für sie spricht bereits der Regelungsinhalt. Sie wird auch durch die Gesetzessystematik bestätigt. Die gesetzliche Vertretung ist in § 55 GO NW geregelt. Der Hinweis in § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NW, daß § 54 Abs. 3 und § 56 GO NW unberührt bleiben, zeigt, daß der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, daß auch § 54 Abs. 3 und § 56 GO NW Bestimmungen zur gesetzlichen Vertretung enthalten.

b) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt nach § 177 Abs. 1 BGB die Wirksamkeit des Vertrages für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab. Bei einer Gesamtvertretung kann der nichtbeteiligte weitere Gesamtvertreter in der vorgeschriebenen Form genehmigen. Dies ist nicht geschehen. Ob die Ermächtigung eines Gesamtvertreters durch den anderen zur Alleinvertretung der Gemeinde zulässig wäre, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine derartige Ermächtigung hat die Klägerin selbst nicht behauptet. Im übrigen bedürfte auch eine derartige Ermächtigung der Schriftform. Die Funktion der in § 54 Abs. 3 und § 56 Abs. 1 GO NW vorgeschriebenen Förmlichkeiten würde nicht mehr erfüllt, wenn eine formfreie Ermächtigung eines Gesamtvertreters zur Alleinvertretung durch den anderen zugelassen würde (BGH Urteil vom 13. Oktober 1983 – III ZR 158/82 – NJW 1984, 606, zu 3 c der Gründe).

c) Ein mit dem Ausbildungsvertrag gleichzeitig geschlossener Vertrag über eine Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis ließe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Duldungs- und Anscheinsvollmacht als wirksam ansehen. Wie der Bundesgerichtshof im Urteil vom 13. Oktober 1983 (– III ZR 158/82 – NJW 1984, 606, 607, zu 5 der Gründe) überzeugend ausgeführt hat, finden zwar die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht auch gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts Anwendung, wenn deren vertretungsberechtigte Organe das Vertreterhandeln eines Dritten geduldet oder nicht verhindert haben. Diese Grundsätze dürfen aber nicht dazu dienen, den im öffentlichen Interesse bestehenden Vertretungsregeln im Einzel fall jede Wirkung zu nehmen. Wenn die Vertretungsmacht, wie hier in § 54 Abs. 3 und § 56 Abs. 1 GO NW, an die Beachtung gewisser Förmlichkeiten gebunden ist, so können nicht die Regeln der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht einer Verpflichtungserklärung, bei der diese Förmlichkeiten erkennbar mißachtet worden sind, trotzdem bindende Wirkung zulegen. Abgesehen davon liegen die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht nicht vor. Weder für einen weiteren Gesamtvertreter noch für den Rat war erkennbar, daß der Gemeindedirektor bereits bei Abschluß des Ausbildungsvertrages mit der Klägerin auch eine Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis vereinbaren werde. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Zuständigkeiten der Rat im Innen- und Außenverhältnis hatte.

d) Für die Eingehung einer Verpflichtung der Gemeinde zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses schreiben § 54 Abs. 3 und § 56 Abs. 1 GO NW nicht nur eine Gesamtvertretung, sondern auch Schriftform vor. Ebenso wie in dem Fall, der dem Urteil des Senats vom 26. März 1986 (BAGE 51, 314 = AP Nr. 2 zu § 180 BGB) zugrunde lag, spielt es auch hier keine Rolle, ob eine landesrechtliche Formvorschrift für die Eingehung von Arbeitsverhältnissen gegen Art. 55 EGBGB verstößt und deshalb die in § 54 Abs. 3 Satz 2 und § 56 Abs. 1 GO NW vorgeschriebenen Förmlichkeiten lediglich die Vertretungsmacht des Gemeindedirektors einschränken oder ob Art. 55 EGBGB einer vom Landesgesetzgeber für den öffentlichen Dienst erlassenen Formvorschrift nicht entgegensteht und daher § 54 Abs. 3 Satz 2 und § 56 Abs. 1 GO NW einen Doppelcharakter aufweisen. Enthalten diese gemeinderechtlichen Bestimmungen auch Formvorschriften, so führt der vorliegende Formmangel nach § 125 Satz 1 BGB zur unheilbaren Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts.

4. Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) fuhrt im vorliegenden Fall nicht dazu, daß die Rechtsfolgen des Verstoßes gegen § 54 Abs. 3 Satz 2 und § 56 Abs. 1 GO NW nicht eintreten oder unberücksichtigt bleiben.

a) Eine Gemeinde setzt sich mit dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) grundsätzlich nicht in Widerspruch, wenn sie wegen der Nichtbeachtung des kommunalrechtlichen Erfordernisses einer Gesamtvertretung die Vertragserfüllung ablehnt. Die Vorschriften über die Vertretungsmacht der zur Vertretung der Gemeinde berufenen Organe können nicht durch den Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben außer Kraft gesetzt werden (BGHZ 92, 164, 174, m.w.N.). Soweit die Vertretungsmacht der Organe durch reine Förmlichkeiten wie Schriftform eingeschränkt wird, handelt es sich aber um die gleiche Interessenlage, wie sie bei der Mißachtung von Formvorschriften im Sinne des § 125 BGB besteht, so daß in solchen Fällen die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben in demselben Umfang geboten ist wie bei der eigentlichen Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts (vgl. u.a. BGH Urteil vom 16. November 1978 – III ZR 81/77 – NJW 1980, 117, 118, zu II 1 der Gründe; BGH Urteil vom 13. Oktober 1983 – III ZR 158/82 – NJW 1984, 606, 607, zu 6 der Gründe). Selbst wenn sämtliche Vertretungsmängel ebenso behandelt würden wie die eigentliche Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts, wären die engen Voraussetzungen, von denen die Berufung auf Treu und Glauben abhängig ist, nicht erfüllt.

b) Formvorschriften dürfen nicht ohne zwingenden Anlaß unberücksichtigt bleiben. Die Rechtssicherheit verlangt es vielmehr, daß Verstöße gegen konstitutive gesetzliche Formvorschriften grundsätzlich zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen und die Parteien diese Rechtsfolge hinnehmen müssen (so bereits BAGE 5, 58, 63 = AP Nr. 2 zu § 125 BGB). Die Verfasser des BGB gingen von einer strikten Anwendung der Nichtigkeitsnorm des § 125 BGB aus. In den Motiven (Mot. I, 183; Mugdan I, 453) heißt es zu dem formbedürftigen im Gegensatz zum formfreien Geschäft: „Wenn für einzelne Rechtsgeschäfte dennoch eine besondere Form sich vorgeschrieben findet, so liegt darin zur Genüge, daß die Gründe für die Notwendigkeit der Beobachtung der Form schwerer wiegen als die Rücksicht auf die ethische Pflicht zum Worthalten.” Formvorschriften dürfen nicht ausgehöhlt werden. Eine auf Einzelfallgerechtigkeit gestützte Durchbrechung des Formzwanges kommt nur in Ausnahme fällen in Betracht. An derartige Ausnahmefälle sind strenge Anforderungen zu stellen, wobei es nicht ausreicht, daß die Nichtigkeit einen Vertragsteil hart trifft. Vielmehr muß das Ergebnis schlechthin untragbar sein (vgl. u.a. BAG Urteil vom 27. März 1987 – 7 AZR 527/85 – AP Nr. 29 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 6 der Gründe; BGHZ 85, 315, 318; BGH Urteil vom 13. Oktober 1983 – III ZR 158/82 – NJW 1984, 606, 607, zu 6 der Gründe; BGHZ 92, 164, 172; BGH Urteil vom 10. Oktober 1986 – V ZR 247/85 – NJW 1987, 1069, 1070, zu II der Gründe; Erman/Brox, BGB, 8. Aufl., § 125 Rz 23; Münchkomm-Förschler, BGB, 2. Aufl., § 125 Rz 56; Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl., § 125 Rz 16; RGRK-Krüger-Nieland, BGB, 12. Aufl., § 125 Rz 51, jeweils m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts trifft dies im vorliegenden Fall nicht zu.

aa) Für ein arglistiges Verhalten der Beklagten zum Nachteil der Klägerin bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte. Ein arglistiges, der Beklagten zurechenbares Verhalten würde voraussetzen, daß der Gemeindedirektor sich bewußt war, mit seinen Äußerungen ein Vertragsangebot zu unterbreiten und dabei die gemeinderechtlichen Förmlichkeiten zu mißachten. Er müßte zumindest damit gerechnet und es in Kauf genommen haben, bei den mit den Vertragsverhandlungen bevollmächtigten Eltern einen Irrtum über die zu beachtenden Förmlichkeiten hervorzurufen. Ein entsprechender Sachvortrag der Klägerin fehlt.

bb) Auch der Gesichtspunkt der Existenzvernichtung führt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht zur Anwendung des § 242 BGB. Die Klägerin hat sich nicht in dem Vertrauen auf die Rechtswirksamkeit eines fehlerhaft geschlossenen Übernahmevertrages eine Existenz aufgebaut, deren Vernichtung bei Unwirksamkeit dieses Übernahmevertrages droht. Sowohl das Landesarbeitsgericht auf Seite 22 des angegriffenen Urteils als auch die Klägerin selbst gehen davon aus, daß sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung keine realen Aussichten hat, eine Arbeitsstelle zu finden. Die Schwierigkeiten der Klägerin beruhen demnach nicht auf einem Vertrauen in die Rechtswirksamkeit eines Übernahmevertrages. § 242 BGB dient nicht dazu, einem Vertragspartner durch Nichtbeachtung von gesetzlichen Formvorschriften eine ansonsten nicht zu erlangende Existenz zu verschaffen.

cc) Soweit das Landesarbeitsgericht darauf abstellt, daß in der Ratssitzung die Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis „besprochen” worden sei, hat das Berufungsgericht übersehen, daß eine rechtserhebliche Willensbildung des Rates nur durch Beschlußfassung erfolgt und die bloße Erörterung eines Themas anläßlich der Behandlung eines anderen Tagesordnungspunktes nicht genügt.

Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts kann weder aus der Erklärung des Gemeindedirektors gegenüber dem Personalausschuß und dem Rat, daß sowohl der Ausbildungsplatz als auch eine eventuelle spätere Weiterbeschäftigung nicht auf die normalen Stellen angerechnet werden könne, noch aus der bisherigen Praxis der Beklagten, alle Auszubildenden zu Übernehmen, geschlossen werden, daß der Rat mit dem Beschluß, die Klägerin auszubilden, gleichzeitig zum Ausdruck brachte, eine vertragliche Verpflichtung zur späteren Übernahme der Klägerin eingehen zu wollen. Bei der Beklagten war es nicht üblich, bereits mit Abschluß des Ausbildungsvertrages eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung in einem Arbeitsverhältnis zu vereinbaren. Der Rat hat nicht beschlossen, von diesen Gepflogenheiten bei der Klägerin abzuweichen. Im Gegenteil: Trotz des Hinweises des Gemeindedirektors haben weder der Personalausschuß noch der Rat einen Beschluß über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin gefaßt. Über die zur Weiterbeschäftigung der Klägerin für erforderlich gehaltene zusätzliche Stelle wurde noch nicht entschieden. Nach § 54 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 GO NW ist jedoch der Stellenplan einzuhalten, so daß es pflichtwidrig gewesen wäre, bereits bei Abschluß des Ausbildungsvertrages die Beklagte zur Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis zu verpflichten.

dd) Ebensowenig stichhaltig ist das Argument des Landesarbeitsgerichts, die Übernahmezusage falle in die interne Entscheidungsbefugnis des Gemeindedirektors, die Beschränkung seines Außenvertretungsrechts sei „primär formeller Natur”. Das Berufungsgericht hat nicht genügend berücksichtigt, daß § 54 Abs. 3 Satz 2 und § 56 Abs. 1 GO NW sowohl mit der vorgeschriebenen Gesamtvertretung als auch mit den einzuhaltenden Förmlichkeiten dem Schutz der Gemeinde dienen. Der Sinn dieser Regelungen erschöpft sich nicht darin, die Gemeinde vor unüberlegten und übereilten Erklärungen zu schützen. Er liegt noch mehr in der Bedeutung, die der Abschluß von Arbeitsverträgen für die Gemeinde hat (vgl. BAG Urteil vom 6. August 1970 – 2 AZR 427/69 – AP Nr. 7 zu § 125 BGB; BGHZ 6, 330, 333). Im vorliegenden Fall ging die Beklagte sogar davon aus, daß zur Weiterbeschäftigung der Klägerin in einem Arbeitsverhältnis eine zusätzliche Stelle geschaffen werden müsse. Eine derartige Stelle war im Haushaltsplan noch nicht ausgewiesen, so daß der Gemeindedirektor bei Abschluß eines Übernahmevertrages pflichtwidrig gehandelt hätte. Durch die kommunalrechtlichen Förmlichkeiten soll den Vertretern der Gemeinde die Bedeutung des Rechtsgeschäfts vergegenwärtigt werden (Warnfunktion). Außerdem soll Klarheit über das Bestehen und den Inhalt rechtsgeschäftlicher Verpflichtungen der Gemeinde geschaffen werden (Beweisfunktion). Dem Sinn und Zweck von § 54 Abs. 3 und § 56 Abs. 1 GO NW entspricht es, sie nicht aus Billigkeitserwägungen ohne zwingende Gründe unberücksichtigt zu lassen.

IV. Das Klagebegehren kann nicht auf einen Schadenersatzanspruch gegen die Gemeinde wegen Verschuldens bei der Vertragsanbahnung (culpa in contrahendo) gestützt werden. Dieser Anspruch wäre nicht auf das Erfüllungsinteresse, hier den Abschluß eines Arbeitsvertrages, gerichtet. Einen Vertrauens schaden hat die Klägerin aber nicht eingeklagt. Beim Ersatz des Vertrauensschadens wäre die Klägerin so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn sie nicht auf die Gültigkeit des Übernahmevertrages vertraut hätte, etwa den Ausbildungsvertrag nicht geschlossen hätte.

V. Auch aus Artikel 33 Abs. 2 GG läßt sich die Klageforderung nicht herleiten. Nach Artikel 33 Abs. 2 GG, der unmittelbar anwendbares Recht ist, hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Beklagte ist an diese Vorschrift auch dann gebunden, wenn sie sich zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtlicher Rechtsformen bedient, so daß es nicht darauf ankommt, ob die Amtsinhaber Beamte, Angestellte oder Arbeiter des öffentlichen Dienstes sind und ob sie hoheitliche Funktionen ausüben oder nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit BAGE 23, 101, 109 = AP Nr. 1 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Artikel 33 Abs. 2 GG begründet für jeden Bewerber das Recht, bei seiner Bewerbung um ein öffentliches Amt allein nach den in Artikel 33 Abs. 2 GG genannten Voraussetzungen, d.h. nach Eignung. Befähigung und fachlicher Leistung beurteilt zu werden (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit BAGE 28, 62, 66 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu II 2 a der Gründe). Nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG stellt sich jedoch die Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis nicht als die einzig rechtmäßige Entscheidung der Gemeinde über die Bewerbung der Klägerin dar. Die beiden anderen Auszubildenden, die gleichzeitig mit der Klägerin die Abschlußprüfung ablegten, waren zu Bürogehilfen ausgebildet worden. Die Klägerin hatte die speziell für sie nach § 48 Abs. 1 BBiG entwickelte Ausbildung der Bürohelferin erhalten. Demnach weist jedenfalls die praktische Ausbildung Unterschiede auf. Das Landesarbeitsgericht geht in den Entscheidungsgründen davon aus, aufgrund der Behinderung der Klägerin bestünden „Erschwernisse, sie betriebswirtschaftlich sinnvoll in den Arbeitsablauf eines Betriebs oder einer Behörde zu integrieren”. Die Klägerin sieht wegen ihrer Behinderung „realistischerweise keine Möglichkeit, anderweitig eine Anstellung zu finden”. Während die beiden übernommenen Auszubildenden die verlangte Qualifikation aufwiesen, wäre es bei Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis geboten gewesen, für sie eine zusätzliche Stelle zu schaffen. Art. 33 Abs. 2 GG gibt weder einen Anspruch auf Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes noch darauf, einer unwirksamen Einstellungszusage Geltung zu verschaffen und von den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG abzusehen.

VI. Im vorliegenden Fall kann es offenbleiben, unter welchen Voraussetzungen sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anspruch auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis ergeben kann. Der Gleichbehandlungsgrundsatz, der eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer verbietet, ist jedenfalls nur dann verletzt, wenn die begünstigten und die nicht begünstigten Arbeitnehmer miteinander vergleichbar sind und für die vorgenommene Unterscheidung keine sachlichen Gründe bestehen (vgl. u.a. BAG Urteil vom 17. Mai 1978 – 5 AZR 132/77 – AP Nr. 42 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu 1 der Gründe; BAGE 33, 57, 59 = AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 27. Juli 1988 – 5 AZR 244/87 – AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 1 der Gründe; BAGE 60, 350, 353 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung, zu II 2 a der Gründe).

Die Beklagte, die sich bisher auf eine bedarfsorientierte Ausbildung beschränkt hatte, übernahm zwar früher alle Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis. Für die Klägerin wurde jedoch ein zusätzlicher Ausbildungsplatz eingerichtet. Die Klägerin sollte wegen ihres Gesundheitszustandes auch nicht auf einer der schon vorhandenen Stellen weiterbeschäftigt werden. Für eine Übernahme der Klägerin in ein Arbeitsverhältnis erschien vielmehr die Schaffung einer zusätzlichen Stelle geboten. Die Ausbildung der Klägerin diente nicht der Personalbeschaffung, sondern beruhte auf sozialen Erwägungen. Es handelte sich um einen Sonderfall, der eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin und der übrigen Auszubildenden rechtfertigte.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Schliemann, Kremhelmer, Stappert, Jubelgas

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073532

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