Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermächtigung zur Einführung von Kurzarbeit
Leitsatz (redaktionell)
Keine Ermächtigung zur Einführung von Kurzarbeit für Altersrentner im TVKQ
Normenkette
BGB § 615
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 26.01.1994; Aktenzeichen 2 Sa 216/93) |
ArbG Bautzen (Urteil vom 01.07.1993; Aktenzeichen 2 Ca 917/92) |
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 26. Januar 1994 – 2 Sa 216/93 – aufgehoben.
2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 1. Juli 1993 – 2 Ca 917/92 – abgeändert.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.023,50 DM brutto nebst 9,5 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Januar 1991 zu zahlen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin macht Gehaltsansprüche für Zeiten der Kurzarbeit mit null Arbeitsstunden geltend. Die Parteien streiten darüber, ob die Kurzarbeit wirksam angeordnet worden ist.
Die Klägerin war bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ist durch Aufhebungsvertrag vom 13. September 1990 zum 31. Dezember 1990 beendet worden. Mindestens seit dem 1. August 1990 bezieht die Klägerin Altersrente. Für die Zeit vom 12. September 1990 bis zum 31. Dezember 1990 war für sie Kurzarbeit mit null Arbeitsstunden angeordnet. Die Beklagte zahlte für diesen Zeitraum kein Gehalt mehr. Die Klägerin erhielt auch kein Kurzarbeitergeld.
Die Parteien gehören den tarifschließenden Verbänden der sächsischen Metallindustrie an, die im Tarifvertrag über Kündigungsschutz und Qualifizierung bei Umstrukturierungsmaßnahmen vom 18. Juli 1990 (TVKQ) u.a. folgende Bestimmungen getroffen haben:
„§ 1
Besonderer Kündigungsschutz bei betriebsbedingten Kündigungen
1. Für einen Arbeitnehmer, der bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages (01.07.1990) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht, kann eine Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die seiner Weiterbeschäftigung im Betrieb entgegenstehen (§ 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG), frühestens zum 30.06.1991 wirksam werden. Dieser besondere Kündigungsschutz endet vorzeitig, wenn der Arbeitnehmer
…
§ 2
Einführung von Kurzarbeit
Der Arbeitgeber wird entsprechend der Zielsetzung dieses Tarifvertrages innerhalb dieses Zeitraums für den Betrieb, einen Betriebsteil oder für einzelne Arbeitnehmer Kurzarbeit unter Beteiligung des Betriebsrats nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen einführen. Die Tarifparteien gehen dabei davon aus, daß der Betriebsrat bei der Ausübung seiner Mitwirkungsrechte der Zielsetzung dieses Tarifvertrags umfassend Rechnung trägt.
…
§ 3
Qualifizierungsmaßnahmen
1. Der Arbeitgeber soll den von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmern für sie geeignete und zumutbare Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung im Betrieb oder außerhalb des Betriebes, insbesondere auch solche im Sinne der §§ 41 ff. AFG, anbieten.
…
§ 4
Zuschuß zum Unterhaltsgeld und Kurzarbeitergeld
1. Der Arbeitnehmer erhält für die Zeit, in der für ihn der besondere Kündigungsschutz nach § 1 gilt und er entweder Unterhaltsgeld nach § 44 Absatz 2 AFG oder Kurzarbeitergeld bezieht, einen Zuschuß zu diesen Leistungen.
…
§ 6
Laufzeit
Dieser Tarifvertrag tritt am 01.07.1990 in Kraft und endet am 30.06.1991. Eine Nachwirkung ist ausgeschlossen.
…”
Am 12. September 1990 schloß die Beklagte mit dem Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über Kurzarbeit”, in der u.a. folgendes bestimmt ist:
- „Ziel der Kurzarbeit ist es, Arbeitsplätze zu erhalten, Entlassungen zu vermeiden und Qualifizierungsmaßnahmen zu ermöglichen.
- Mit Wirkung vom 01.08.1990 wird für die Zeit bis 31.01.1991 Kurzarbeit gemäß § 63 Abs. 5 AFG eingeführt.
- Die Kurzarbeit betrifft nach betrieblichen Erfordernissen alle Bereiche und Abteilungen des Werkes Bischofswerda.
Ausfall der Arbeitszeit
- Die monatliche Kurzarbeit ist mit den Arbeitervertretungen laufend abzustimmen. Unterschriften der Arbeitnehmervertreter sind einzuholen.
- Dabei sind nur die Möglichkeiten – 0 – Arbeitsstunden oder Arbeitsstunden lt. Arbeitsvertrag einzuführen.
- Ausnahmen sind mit dem Betriebsrat gesondert zu beraten und abzustimmen.
- Die Auswahl der Arbeitnehmer mit – 0 – Arbeitsstunden erfolgt auf der Grundlage der sozialen Lage jedes Arbeitnehmers und der betrieblichen Erfordernisse. Monatliche Abstimmungen zur weiteren Kurzarbeit sind durchzuführen.
- Die ausfallende Arbeitszeit wird für Qualifizierungsmaßnahmen genutzt.
…”
Die Klägerin hat ihrer Freistellung nicht vertraglich zugestimmt. Die Auswahl der von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer wurde von der Beklagten gemeinsam mit dem Betriebsrat vorgenommen, wobei grundsätzlich alle Bezieher von Altersrente zur Kurzarbeit herangezogen wurden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der von der Beklagten angeordneten Kurzarbeit habe die Rechtsgrundlage gefehlt. § 2 TVKQ scheide schon deshalb als Ermächtigungsgrundlage aus, weil er nach der Zweckbestimmung des Tarifvertrages – Erhaltung des Arbeitsplatzes bei materieller Absicherung durch Kurzarbeitergeld und Arbeitgeberzuschuß – Altersrentner nicht erfaßt habe. Diese hätten keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld gehabt, von dem auch der Arbeitgeberzuschuß abhängig gewesen sei. Selbst wenn aber der TVKQ auf die Klägerin anwendbar gewesen wäre, so hätte er der Beklagten keine Grundlage dafür geboten, für die Klägerin Kurzarbeit anzuordnen. Der Tarifvertrag enthalte nämlich keine eigenständige Ermächtigung des Arbeitgebers zur Einführung von Kurzarbeit, sondern verweise insoweit nur auf die Regelungsbefugnis der Betriebspartner. Diese hätten aber keine solche Regelung getroffen. Die Betriebsvereinbarung vom 12. September 1990 habe in die arbeitsvertragliche Position der Klägerin bezüglich der Arbeitszeit und des Arbeitsentgelts schon deshalb nicht eingegriffen, weil sie nichts dazu sage, wer überhaupt von der Kurzarbeit betroffen sein solle. Über die Auswahl der Kurzarbeiter und darüber, daß die Altersrentner – und damit auch die Klägerin – zur Kurzarbeit herangezogen werden sollten, gebe es nur mündliche Regelungsabreden zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat. Diese reichten aber als Grundlage für die Kurzarbeit nicht aus. Daher stehe der Klägerin für die Zeit vom 12. September bis zum 31. Dezember 1990 noch Arbeitsentgelt in der – von der Beklagten nicht bestrittenen – Höhe von 5.023,50 DM brutto zu. Wegen der Inanspruchnahme von Bankkredit sei der entsprechende Nettobetrag mit 9,5 % zu verzinsen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.023,50 DM brutto nebst 9,5 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Januar 1991 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Meinung waren Altersrentner von der Anwendung des TVKQ nicht ausgenommen. Auf der Grundlage dieses Tarifvertrages sei durch die Betriebsvereinbarung vom 12. September 1990 im Betrieb der Beklagten Kurzarbeit eingeführt worden. Daß in der Betriebsvereinbarung nicht festgelegt sei, wer unter die Kurzarbeit falle, sei unschädlich. Aufgrund der im TVKQ enthaltenen Ermächtigung sei es nicht erforderlich gewesen, den Kreis der betroffenen Arbeitnehmer bereits in der Betriebsvereinbarung festzulegen. Insoweit sei lediglich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu beachten gewesen, das auch durch Regelungsabrede ausgeübt werden könne. Dementsprechend seien die Kurzarbeiter jeweils wirksam in Abstimmung mit dem Betriebsrat ausgewählt worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zum Erfolg der Klage. Die Klägerin kann nach § 615 BGB Gehalt für die Zeit vom 12. September bis zum 31. Dezember 1990 verlangen, da die Beklagte insoweit mit der Annahme ihrer Arbeitsleistung in Verzug geraten ist. Die Beklagte war nicht berechtigt, für diesen Zeitraum gegenüber der Klägerin Kurzarbeit anzuordnen.
Wegen der arbeitsvertraglichen Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer im vereinbarten Umfang zu beschäftigen und zu vergüten, bedarf die Einführung von Kurzarbeit entweder einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien oder einer besonderen kollektivrechtlichen Grundlage. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers reicht hingegen nicht aus (vgl. BAG Urteil vom 27. Januar 1994 – 6 AZR 541/93 – EzA § 615 BGB Kurzarbeit Nr. 1, zu II 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 14. Februar 1991 – 2 AZR 415/90 – AP Nr. 4 zu § 615 BGB Kurzarbeit, zu II der Gründe; BAG Urteil vom 15. Dezember 1961 – 1 AZR 207/59 – AP Nr. 1 zu § 615 BGB Kurzarbeit). Die Klägerin hat der Kurzarbeit nicht zugestimmt. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts fehlt auch eine kollektivrechtliche Ermächtigung für die Anordnung der Kurzarbeit.
I. § 2 TVKQ bot der Beklagten keine Rechtsgrundlage, für die Klägerin Kurzarbeit einzuführen. Zwar unterlag das Arbeitsverhältnis der Klägerin kraft beiderseitiger Verbands Zugehörigkeit den für die sächsische Metallindustrie mit der IG Metall abgeschlossenen Tarifverträgen, zu denen auch der TVKQ zählt. Die in § 2 TVKQ enthaltene Ermächtigung galt aber nur für die von § 1 TVKQ erfaßten Arbeitnehmer, zu denen die Klägerin als Altersrentnerin nicht gehörte.
1. Zwar enthält § 2 TVKQ keine ausdrückliche Regelung darüber, ob sich die Ermächtigung des Arbeitgebers zur Anordnung von Kurzarbeit uneingeschränkt auf alle Arbeitnehmer beziehen oder auf diejenigen beschränkt sein soll, die den besonderen Kündigungsschutz des § 1 genießen. Insoweit ergibt sich auch aus der in § 2 Satz 1 TVKQ genannten Möglichkeit der Kurzarbeit „für den Betrieb” keine hinreichende Klarheit. Dieser Möglichkeit sind nämlich „entsprechend der Zielsetzung dieses Tarifvertrages” die Kurzarbeit für lediglich einen Betriebsteil oder für einzelne Arbeitnehmer als gleichrangige Alternativen an die Seite gestellt. Dies läßt den Schluß zu, daß die Befugnis zur Einführung von Kurzarbeit für die gesamte Belegschaft nur dann bestehen sollte, wenn dies in vollem Umfang von der Zielsetzung des TVKQ gedeckt war.
2. Aus dem Zweck des Tarifvertrags ergibt sich aber, daß in § 2 TVKQ die Einführung von Kurzarbeit für Altersrentner nicht geregelt ist.
a) Der Zweck der Bestimmung hat hier nicht nur die übliche Bedeutung eines Merkmals, das lediglich bei der am Wortlaut und am Zusammenhang der Regelung orientierten Auslegung des Tarifvertrags mit zu berücksichtigen ist (vgl. z.B. BAG Urteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung, zu B II 1 a aa der Gründe, m.w.N.). Hier bildet er vielmehr ein eigenes Tatbestandsmerkmal, weil die Kurzarbeit in § 2 TVKQ ausdrücklich mit der Zielsetzung des Tarifvertrags verknüpft ist. Damit wurde die Ermächtigung entsprechend begrenzt.
b) Der Zweck des TVKQ war durch die sozialen Folgen eines wirtschaftlichen Umbruchs bestimmt, der sich im Zeitpunkt des Tarifabschlusses bereits abzeichnete. Schon damals war offenkundig, daß der Übergang der DDR in eine marktwirtschaftliche Ordnung viele der dort bestehenden Unternehmen vor existenzbedrohende Schwierigkeiten stellen und im Zusammenhang damit eine große Zahl von Arbeitsplätzen vernichten würde. Der Gesetzgeber hatte hierauf mit der – zunächst bis zum 30. Juni 1991 begrenzten – Erstreckung des Instruments der Kurzarbeit auf solche Fälle reagiert, in denen der Arbeitsausfall endgültig und nicht zu erwarten war, daß durch die Gewährung von Kurzarbeitergeld die Arbeitsplätze über die Dauer der Kurzarbeit hinaus erhalten werden konnten (§ 63 Abs. 5 AFG-DDR). Auf diese Weise ließ sich der Bestand von Arbeitsverhältnissen, deren wirtschaftliche Grundlage endgültig entfallen war, durch Inanspruchnahme öffentlicher Mittel wenigstens noch für eine gewisse Zeit aufrechterhalten.
Hieran knüpfte der TVKQ an, der in seinem Einleitungssatz ausdrücklich auf das AFG-DDR Bezug nahm. Die in § 1 TVKQ enthaltene fast einjährige Sperre für betriebsbedingte Kündigungen konnte den betroffenen Betrieben nur deshalb auferlegt werden, weil die auf diese Weise erreichte Verlängerung wirtschaftlich nicht mehr haltbarer Arbeitsverhältnisse durch Anordnung von „Kurzarbeit Null” im wesentlichen aus Mitteln der Arbeitsverwaltung finanziert wurde.
Diesem Ziel der begrenzten Verlängerung von bedrohten Arbeitsverhältnissen war die Ermächtigung zur Anordnung von Kurzarbeit untergeordnet. Sie hatte den Zweck, die durch die Kündigungssperre des § 1 TVKQ verursachte finanzielle Belastung von den Betrieben im wesentlichen – mit Ausnahme des Zuschusses zum Kurzarbeitergeld nach § 4 TVKQ – auf öffentliche Haushalte abzuwälzen und zugleich Zeit für die in § 3 TVKQ vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahmen zu schaffen. Dies wird bestätigt durch die in § 2 TVKQ ausdrücklich vorgenommene zeitliche Begrenzung der Kurzarbeit „innerhalb dieses Zeitraums”. Hiermit ist der Zeitraum des besonderen Kündigungsschutzes bis zum 30. Juni 1991 gemeint, der mit der damals geltenden zeitlichen Begrenzung des § 63 Abs. 5 AFG-DDR übereinstimmte und mit dessen Ablauf der Tarifvertrag nach § 6 TVKQ unter ausdrücklichem Ausschluß der Nachwirkung außer Kraft getreten ist.
c) Die Einführung von Kurzarbeit für Altersrentner lag außerhalb dieser Ziele. Altersrentner waren vom besonderen Kündigungsschutz nach § 1 TVKQ ausdrücklich ausgenommen. Auch wurde die Kurzarbeit von Angehörigen dieses Personenkreises nicht durch die Arbeitslosenversicherung finanziert, denn der Anspruch auf Kurzarbeitergeld ruhte nach § 70 i.V.m. § 118 Satz 1 Nr. 5 AFG-DDR. Damit entfiel auch ein Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuß nach § 4 TVKQ, denn dieser setzte den Bezug von Kurzarbeitergeld voraus. Auch kamen für Altersrentner keine Qualifizierungsmaßnahmen nach § 3 TVKQ in Betracht. Damit lag bei ihnen keiner der Gründe vor, die eine tarifvertragliche Ermächtigung des Arbeitgebers zur Einführung von Kurzarbeit erforderlich gemacht hatten.
Die in diesem Zusammenhang vom Landesarbeitsgericht angestellte Erwägung, es könne nicht ohne weiteren Anhaltspunkt angenommen werden, daß die Tarifvertragsparteien den Altersrentnern neben dem besonderen Kündigungsschutz auch noch die Möglichkeit der Kurzarbeit hätte nehmen wollen, überzeugt nicht. Hier geht es nur um die Frage, ob der Tarifvertrag selbst als Grundlage für die Anordnung von Kurzarbeit auch gegenüber Altersrentnern ausreichte. Mit ihrer Verneinung ist für Altersrentner die Möglichkeit der Kurzarbeit keineswegs ausgeschlossen; sie konnte selbstverständlich nach wie vor durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder durch Betriebsvereinbarung eingeführt werden. Es kommt hinzu, daß unter den Bedingungen des TVKQ und des § 70 i.V.m. § 118 Satz 1 Nr. 5 AFG-DDR für Altersrentner die Kurzarbeit keine erkennbaren Vorzüge gegenüber einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte.
II. Auch in der Betriebsvereinbarung vom 12. September 1990 findet die für die Klägerin angeordnete Kurzarbeit keine ausreichende Grundlage. Aus ihr ergibt sich nicht, daß die Klägerin bis zum 31. Dezember 1990 der „Kurzarbeit Null” unterliegen sollte. Überhaupt fehlte in der Betriebsvereinbarung eine Regelung darüber, welche Arbeitnehmer für jeweils welche Dauer von der Kurzarbeit betroffen sein sollten. In Nr. 4 und 5 der Betriebsvereinbarung wurde die Festlegung der Kurzarbeit für die einzelnen Arbeitnehmer monatlichen Abstimmungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin überlassen.
Zu Unrecht schließt die Klägerin hieraus allerdings, die Betriebsvereinbarung sei wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam gewesen. Soweit sie sich dafür auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Oktober 1988 (– 2 AZR 109/88 – AP Nr. 16 zu § 620 BGB Bedingung) beruft, verkennt sie folgendes: Das Bundesarbeitsgericht hat in dieser Entscheidung unter Berufung auf das Gebot der Rechtsklarheit die Unwirksamkeit einer Betriebsvereinbarung wegen mangelnder Bestimmtheit damit begründet, daß die Voraussetzungen für eine in der Betriebsvereinbarung angeordnete Rechtsfolge (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) nicht hinreichend klar festgelegt waren. Darum geht es hier aber nicht. Die Betriebsvereinbarung hat zu der Frage, welche Arbeitnehmer für welche Zeit von der Kurzarbeit betroffen sein sollten, keine unklaren Regelungen enthalten. Arbeitgeberin und Betriebsrat haben sich vielmehr insoweit einer normativ wirkenden Regelung, die in die Arbeitsverhältnisse eingreifen würde, enthalten. Fehlt es aber an einer Norm, so kann sich die Frage nach ihrer Wirksamkeit nicht stellen.
III. Auf eine mit dem Betriebsrat getroffene Regelungsabrede konnte die Arbeitgeberin ihre Anordnung gegenüber der Klägerin nicht stützen. Die Absprache zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat, daß alle Altersrentner zur Kurzarbeit herangezogen werden sollten, ist nur mündlich erfolgt. Sie erfüllte daher nicht das nach § 77 Abs. 2 BetrVG für Betriebsvereinbarungen geltende Erfordernis der Schriftform. Vielmehr handelte es sich um eine Regelungsabrede. Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, daß nach dieser Absprache für den ganzen streitbefangenen Zeitraum Einigung mit dem Betriebsrat über die Kurzarbeit der Klägerin bestand, reichte diese Regelungsabrede als Grundlage der Kurzarbeit nicht aus. Ihr fehlte die Eigenschaft einer Rechtsnorm, deren es zu Eingriffen in Arbeitsverhältnisse bedarf. Durch eine Regelungsabrede über die Kurzarbeit wird lediglich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gewahrt, nicht dagegen eine Änderung der Arbeitsverträge hinsichtlich der Arbeitszeit und der Entgeltzahlungspflicht bewirkt (BAG Urteil vom 14. Februar 1991 – 2 AZR 415/90 – AP Nr. 4 zu § 615 BGB Kurzarbeit, zu IV 3 der Gründe, m.w.N.).
IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 i.V.m. § 284 Abs. 2 BGB. Die Beklagte hat die unter Beweisantritt vorgetragene Behauptung der Klägerin, sie nehme ständig Bankkredit in Höhe der Klageforderung in Anspruch, nicht bestritten.
Unterschriften
Dieterich, Rost, Wißmann, Dr. Feucht, Rose
Fundstellen