Entscheidungsstichwort (Thema)

Abwicklung nach Einigungsvertrag

 

Normenkette

Einigungsvertrag Art. 13, 20 Abs. 1; Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 2; ArbGG § 67 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 22.07.1992; Aktenzeichen 2 Sa 194/92)

ArbG Potsdam (Urteil vom 04.03.1992; Aktenzeichen 1 Ca 377/91)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 22. Juli 1992 – 2 Sa 194/92 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers gemäß Art. 20 Abs. 1 Einigungsvertrag in Verbindung mit Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2 Sätze 2 und 5 (im folgenden: Nr. 1 Abs. 2 EV) ab dem 3. Oktober 1990 geruht und mit Ablauf des 2. April 1991 geendet hat.

Der im Jahre 1951 geborene Kläger war seit dem 15. September 1984 als Systemprogrammierer bei der Z. (ZWD) beschäftigt. Diese gehörte zum Meteorologischen Dienst der DDR und hatte die Aufgabe, meteorologische Daten zu sammeln, aufzubereiten, auszuwerten, zu archivieren und zu verteilen. Darüber hinaus wurden Vorhersagemodelle sowie Modelle der Ausbreitung von Schadstoffen in der Atmosphäre erstellt und die nachgeordneten Wetterämter der DDR angeleitet und koordiniert. Die ZWD bestand aus dem Dienststellenleiter, der Hauptabteilung Informationsverarbeitung und den Abteilungen Operative Wetterlage, Planung und Methodik. Nachrichtenaustausch. Wetterdienst, Forschung sowie Ökonomik, Verwaltung und Versorgung. Die Hauptabteilung Informationsverarbeitung war in die Unterabteilungen Verwaltung, Systemsoftware, Anwendersoftware, Technik (Instandhaltung und Hardwareentwicklung) sowie Rechenzentrum/Rechenbetrieb gegliedert. Der Kläger, der seit 1982 als Schwerbeschädigter anerkannt war, arbeitete in der zuletzt genannten Unterabteilung.

Der Präsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD) teilte dem Kläger am 24. September 1990 mit, der Bund werde die ZWD nicht gem. Art. 13 Abs. 2 EV übernehmen, so daß das Arbeitsverhältnis zum Ruhen komme.

Mit einem an den DWD und an den Meteorologischen Dienst der DDR gerichteten Erlaß vom 25. September 1990 ordnete der Bundesminister für Verkehr folgendes an:

„I.

Mit Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zur Bundesrepublik Deutschland tritt nach Artikel 8 des Einigungsvertrages das Gesetz über den Deutschen Wetterdienst (DWD) vom 11. November 1952 (BGBl. I S. 738) auch auf dem Gebiet der bisherigen DDR in Kraft. Damit sind die nach diesem Gesetz dem DWD obliegenden Aufgaben auch für dieses Gebiet vom DWD zu erfüllen.

Der Meteorologische Dienst der DDR untersteht nach Art. 13 Abs. 2 des Einigungsvertrages ab dem Wirksamwerden des Beitritts dem Bundesminister für Verkehr (BMV), der die Überführung in den DWD bzw. die Abwicklung zu regeln hat.

II.

Mit Wirkung ab dem 3. Oktober 1990 wird folgendes geregelt:

1. Unmittelbarer Leitungsbereich und Leitdienststellen

Der unmittelbare Leitungsbereich und die Leitdienststellen werden aufgelöst.

Ausgenommen bleiben die bisher dem Hauptamt für Klimatologie unterstellten Meteorologischen Stationen, die übergeführt und dem neu einzurichtenden Wetteramt P. als Wetterstationen unterstellt werden.

Zur Erfüllung der verbleibenden Aufgaben, die nicht direkt zum Zentralamt in O. oder zu anderen Organisationseinheiten verlegt werden können, werden in P. vorübergehend Außenstellen von Abteilungen des Zentralamtes neu eingerichtet.

2. Ämter für Meteorologie/Wetterämter

2.1. Wetteramt P.

Das Wetteramt P. wird neu eingerichtet. Es gliedert sich in

  • Verwaltungsstelle
  • Regionale Wettervorhersagezentrale (einschließlich Agrarmeteorologie bis zur Einrichtung einer Agrarmeteorologischen Beratungs- und Forschungsstelle)
  • Dezernat Klimadienst (einschließlich Umweltmeteorologie und Medizinmeteorologie)
  • Servicestützpunkt.

Eine Flugwetterwarte B. wird neu eingerichtet und dem Wetteramt P. unterstellt.

Dem Wetteramt P. werden als Wetterstationen außerdem unterstellt

  • die bisher dem Hauptamt für Klimatologie und dem Amt für Meteorologie R. unterstellten Meteorologischen Stationen.

6. Übernahme von Personal

Soweit Teile des Meteorologischen Dienstes am 3. Oktober 1990 in den Deutschen Wetterdienst übergeführt werden, setzen sich die Arbeitsverhältnisse der zugehörigen Mitarbeiter mit dem Deutschen Wetterdienst fort. …”

Seit dem 3. Oktober 1990 ist das Wetteramt P. in den zuvor von der ZWD genutzten Räumen tätig. Außerdem war hier zunächst auch die Abteilung Allgemeine Fachangelegenheiten – Meteorologisches Rechenzentrum – als Außenstelle des DWD eingerichtet. Insgesamt wurden etwa 2/3 der vor dem 3. Oktober 1990 ca. 400 Arbeitnehmer weiterbeschäftigt.

Der Kläger, der seit dem 1. Januar 1992 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Klimafolgenforschung arbeitet, hat geltend gemacht, der DWD habe die ZWD überführt; deren Aufgaben würden planmäßig mit im wesentlichen gleichen sachlichen und personellen Mitteln nach dem 2. Oktober 1990 weiterhin erfüllt. Das Wetteramt P. und die eingerichteten Außenstellen des DWD hätten auch die frühere Organisationsstruktur im wesentlichen unverändert übernommen. Die Reduzierung des Personalbestands sei ohne Abschaffung konkreter Funktionen und Aufgaben allein durch den Abbau von Mehrfachbesetzungen und die Zusammenlegung von Tätigkeiten erfolgt. Im September 1990 sei in Abstimmung mit dem DWD ein Großrechner für das Rechenzentrum als Ersatz beschafft worden. Zumindest die Hauptabteilung Informationsverarbeitung sei als eigenständige Teileinrichtung überführt worden. Aus dem Erlaß der Beklagten vom 25. September 1990 ergebe sich letztlich nichts anderes.

Der Kläger hat – soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung – beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum Ruhen gekommen sei und über den 2. April 1991 hinaus fortbestehe.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die ZWD sei auf der Grundlage des Erlasses vom 25. September 1990 tatsächlich aufgelöst worden. Eine zweite Zentrale neben dem Zentralamt in O. sei entbehrlich. Eine Reihe von Mitarbeitern habe mit neuen Aufgaben des DWD betraut werden können und sei deshalb unmittelbar in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen worden. Auch das ehemalige Rechenzentrum der ZWD habe im Rahmen der neu gebildeten Außenstelle andere Aufgaben übernommen. Die Hauptabteilung Informationsverarbeitung sei weder eine überführbare Teileinrichtung gewesen noch tatsächlich überführt worden. Der gesamte Meteorologische Dienst sei organisatorisch und arbeitstechnisch völlig umstrukturiert worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage, während der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe fort.

I. Gemäß Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 EV trat das Ruhen des Arbeitsverhältnisses nur dann nicht ein, wenn die (Teil-)Einrichtung, in der der Arbeitnehmer vor dem 3. Oktober 1990 beschäftigt war, gem. Art. 13 Abs. 2 EV auf die Beklagte überführt wurde.

1. Die Überführung einer Einrichtung gem. Art. 13 EV bedurfte einer auf den verwaltungsinternen Bereich zielenden Organisationsentscheidung der zuständigen Stelle. Diese Überführungsentscheidung konnte eine Einrichtung als ganze oder als eine Teileinrichtung betreffen, die ihre Aufgabe selbständig erfüllen konnte (BAG Urteil vom 3. September 1992 – 8 AZR 45/92 – AP Nr. 1 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die Überführungsentscheidung war mangels außenwirksamer Regelung kein Verwaltungsakt (BAG a.a.O.; BVerwG Urteil vom 12. Juni 1992 – 7 C 5/92 – ZIP 1992, 1275). Sie konnte formfrei ergehen, also konkludent verlautbart werden.

2. Eine überführungsfähige Teileinrichtung war gegeben, wenn sie ihre Aufgabe selbständig erfüllen konnte. Dies setzte eine organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit mit eigener Aufgabenstellung und der Fähigkeit zu einer aufgabenbezogenen Eigensteuerung voraus. Die Organisationsentscheidung nach Art. 13 EV war weder personen- noch arbeitsplatzbezogen. Sie betraf funktionsfähige Organisationseinheiten, die vor dem 3. Oktober 1990 die Fähigkeit zu aufgabenbezogener Eigensteuerung und selbständiger Aufgabenerfüllung besaßen.

3. Bei der Feststellung einer organisatorischen Abgrenzbarkeit der Teileinrichtung ist nicht abzustellen auf die für Behörden typischen internen Untergliederungen wie Abteilung, Referat oder Dezernat, die lediglich zu Zwecken der Geschäftsverteilung gebildet werden. Entscheidend ist vielmehr, daß der betroffene Teil als organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit auch nach außen mit einem gewissen Grad an Selbständigkeit handeln konnte, ohne daß ihm damit gleich eigene Rechtspersönlichkeit oder Behördencharakter zukommen müßte. Auf eine entsprechende organisatorische Eigenständigkeit lassen eine eigene interne Geschäftsverteilung sowie eine zumindest teilweise selbständige Wahrnehmung von Dienst- und Organisationsangelegenheiten innerhalb des der betroffenen Einheit zugewiesenen Aufgabenbereiches schließen. Insofern ist die Verwaltungsorganisation der DDR zu beurteilen.

4. Eine Einrichtung oder Teileinrichtung wurde im Sinne von Art. 13 EV überführt, wenn der Träger öffentlicher Verwaltung die (Teil-)Einrichtung unverändert fortführte oder er sie unter Erhaltung der Aufgaben, der bisherigen Strukturen sowie des Bestandes an sächlichen Mitteln (wie Grundstücken. Büro- und Diensträumen sowie Arbeitsmitteln) in die neue Verwaltung eingliederte. Die Überführung erforderte eine auf Dauer angelegte Fortsetzung der Verwaltungstätigkeit. Wurde die (Teil-)Einrichtung nur vorläufig mit dem Ziele der Auflösung fortgeführt, lag hierin keine Überführung im Sinne von Art. 13 EV (BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – AP Nr. 3 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

5. Wurde bis zu dem nach dem Einigungsvertrag vorgesehenen letztmöglichen Zeitpunkt keine positive, ggf. auch konkludente Überführungsentscheidung getroffen, trat kraft Gesetzes die Auflösung der Einrichtung ein. Wurde ein überführungsfähiger Teil überführt, erfaßte die Abwicklung den Rest der früheren Gesamteinrichtung. Die Abwicklung diente der Umsetzung dieser Auflösung und war auf die Liquidation der Einrichtung oder der nicht überführten Teile gerichtet. Mit dem Eintritt der Abwicklung war kraft Gesetzes das Ruhen der Arbeitsverhältnisse gem. Nr. 1 Abs. 2 EV verbunden. Der Übergang eines aktiven Arbeitsverhältnisses konnte nur als gesetzliche Folge der Überführung der Beschäftigungseinrichtung eintreten (BAG Urteil vom 3. September 1992, a.a.O.).

6. Die ruhenden Arbeitsverhältnisse endeten kraft Gesetzes nach Ablauf von sechs bzw. neun Monaten Wartezeit, wenn nicht der einzelne Arbeitnehmer weiterverwendet wurde. Macht ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes der ehemaligen DDR geltend, sein Arbeitsverhältnis sei gem. Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 EV auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen und bestehe als aktives fort, hat er die Überführung seiner Beschäftigungs(teil-)einrichtung darzulegen und ggf. zu beweisen (BAG Urteil vom 15. Oktober 1992 – 8 AZR 145/92 – AP Nr. 2 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

II. Das Landesarbeitsgericht durfte aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen der Klage nicht stattgeben. Entgegen seiner Auffassung hat die Beklagte die Überführung der Einrichtung ausreichend bestritten. Der beiderseitige Parteivortrag muß daher noch aufgeklärt werden.

1. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, bei der ZWD habe es sich um eine Einrichtung im Sinne von Art. 13 EV gehandelt, begegnet keinen Bedenken. Sie wird auch von der Revision nicht infrage gestellt. Zumindest lag eine überführbare Teileinrichtung des Meteorologischen Dienstes der DDR vor.

2. Ob die ZWD abgewickelt oder auf den Deutschen Wetterdienst überführt worden ist, kann noch nicht abschließend entschieden werden.

a) Es bedarf zunächst der Auslegung des Erlasses vom 25. September 1990. Danach wurden der unmittelbare Leitungsbereich und die Leitdienststellen aufgelöst. Zu klären ist, ob damit die gesamte ZWD oder ein Teil derselben gemeint ist. Wenn „zur Erfüllung der verbleibenden Aufgaben … vorübergehend Außenstellen von Abteilungen des Zentralamtes neu eingerichtet” werden sollten, könnte damit die Überführung jedenfalls eines Teils der ZWD auf den DWD gemeint sein. Maßgebend ist, welche Organisationsstruktur erhalten bleiben sollte, ob die „verbleibenden Aufgaben” der Einrichtung oder ggf. einer Teileinrichtung das Gepräge gaben und ob die „vorübergehende” Einrichtung nur vorläufig im Sinne von oben I 4 war. Da das Landesarbeitsgericht ohne weiteres von einer Abwicklungsentscheidung ausgegangen ist, muß es die Auslegung nachholen, nachdem die Parteien Gelegenheit zu entsprechendem Vortrag hatten.

b) Soweit sich eine auf (vollständige) Abwicklung der ZWD gerichtete Entscheidung ergibt, sind in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil die tatsächlichen Verhältnisse zu prüfen. In Abänderung dieser ausdrücklichen Entscheidung der Beklagten kann nämlich eine Überführungsentscheidung konkludent durch die tatsächliche Überführung der ZWD oder einer Teileinrichtung getroffen worden sein. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die ZWD sei tatsächlich überführt worden, hält allerdings einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen im angefochtenen Urteil reichen für eine solche Annahme nicht aus.

Das Landesarbeitsgericht hat zunächst der Organisationsstruktur der ZWD zu geringe Bedeutung beigemessen. Die vorgelegten Organigramme sprechen dafür, daß die Anleitungs- und Koordinierungsfunktion der Einrichtung entfallen ist. Zu prüfen ist, wie sich das etwa auf die Gesamt Struktur, die Dienststellenleitung und die einzelnen Abteilungen ausgewirkt hat. Von Bedeutung erscheint, welche Untereinheiten erhalten geblieben und welche entfallen sind.

Das Landesarbeitsgericht hat auch keine eindeutigen Feststellungen dazu getroffen, welche Aufgaben der ZWD weiterhin erfüllt wurden und welche Aufgaben weggefallen sind. Der Vortrag der Parteien ist insoweit widersprüchlich, er bedarf der Aufklärung. Dabei ist zunächst die Aufgabenstellung der einzelnen Abteilungen festzustellen und dann zu würdigen, welche Aufgaben der Einrichtung das Gepräge gaben. Die neue Aufgabenstellung ist der bisherigen gegenüberzustellen. Nicht nachvollziehbar erscheint die Wertung des Landesarbeitsgerichts, eine Auflösung und Abwicklung der ZWD hätte nur erfolgen können, wenn in Kauf genommen worden wäre, daß die Erfassung meteorologischer Daten aus den neuen Bundesländern und deren Versorgung mit entsprechenden Vorgaben und Diensten zum Erliegen kam. Zu klären wird auch sein, ob eine auf Dauer angelegte Fortsetzung der Verwaltungstätigkeit angenommen werden kann. Die „vorübergehende” Einrichtung von Außenstellen steht dem nicht zwingend entgegen. Vielmehr kommt es darauf an, ob hiermit nur eine nicht erhebliche Zeitspanne überbrückt wurde, bis die Voraussetzungen für eine geänderte Aufgabenzuweisung erfüllt waren. Die Einrichtung von Außenstellen würde sich dann im Rahmen der Abwicklung halten (vgl. auch Senatsurteile vom 28. Januar 1993 a.a.O., zu II 2 der Gründe; vom 23. September 1993 – 8 AZR 268/92 – AP Nr. 4 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu II 1 der Gründe).

Schließlich ist aufgrund einer Gesamtwürdigung nach den oben I 4 dargestellten Kriterien zu entscheiden, ob die ZWD unter Erhaltung ihres Gepräges in die neue Verwaltung eingegliedert worden ist. Das Landesarbeitsgericht durfte den Schriftsatz der Beklagten vom 17. Juli 1992 schon deswegen nicht gem. § 67 Abs. 2 ArbGG unberücksichtigt lassen, weil die Beklagte bereits in der Berufungsbegründung und in erster Instanz vorgetragen hatte, die ZWD sei weder ganz noch teilweise in den DWD eingegliedert worden. Das Landesarbeitsgericht hätte daher über den Vortrag des Klägers Beweis erheben müssen.

3.a) Der Auffassung des Landearbeitsgerichts, die Hauptabteilung Informationsverarbeitung sei im wesentlichen aus sich selbst heraus arbeitsfähig gewesen, weil sie unmittelbar dem Leitungsbereich der ZWD nachgeordnet gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Der Kläger hat bisher nicht schlüssig dargelegt, es habe sich um eine überführungsfähige Teileinrichtung gehandelt. Eine solche Teileinrichtung kann freilich auch dann vorliegen, wenn die ZWD selbst nur als eine Teileinrichtung anzusehen ist; denn eine funktionsfähige Organisationseinheit im Sinne von oben I 2, 3 kann auch innerhalb einer überführungsfähigen Teileinrichtung bestehen. Der Kläger hat zwar geltend gemacht, die Hauptabteilung Informationsverarbeitung habe das Rechenzentrum „in eigener Verantwortung” betrieben, es habe sich organisatorisch um eine „eigenständige Abteilung” gehandelt, die über „ausschließlich ihr zugeordnete Mitarbeiter und eigene sachliche Mittel” verfügt habe. Damit sind aber noch keine Tatsachen dargelegt, die den Schluß auf eine gewisse Selbständigkeit nach außen hin und auf die Fähigkeit zu einer aufgabenbezogenen Eigensteuerung erlauben.

b) Sofern die Voraussetzungen einer Teileinrichtung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Satz 3 EV festgestellt werden können, ist die Überführung oder Abwicklung entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen zu beurteilen.

III. Ergibt sich aufgrund der erneuten Verhandlung, daß die ZWD insgesamt abgewickelt wurde, ist die Klage unbegründet.

1. Die Ruhens- und Befristungsregelungen des Einigungsvertrages sind auch gegenüber dem Kläger als Schwerbehindertem wirksam.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 24. April 1991 (– 1 BvR 1341/90 – BVerfGE 84, 133 = AP Nr. 70 zu Art. 12 GG) die Regelung des Einigungsvertrags, nach der Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten bei abzuwickelnden öffentlichen Einrichtungen zum Ruhen gebracht und befristet werden, nur insoweit als mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt, als dadurch die Kündigungsvorschriften des Mutterschutzes durchbrochen werden. Die besondere Lage von Schwerbehinderten, älteren Arbeitnehmern, Alleinerziehenden und anderen in ähnlicher Weise Betroffenen müsse bei der Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst berücksichtigt werden. Der Staat müsse zur Wiedereingliederung dieser Personen besondere Bemühungen unternehmen und ihnen eine begründete Aussicht auf eine neue Stelle im öffentlichen Dienst bieten.

Dieser Verpflichtung ist Rechnung getragen worden. Der Kläger konnte am 1. Januar 1992 eine neue Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Klimafolgenforschung antreten. Er hat weder vorgetragen, noch bestehen Anhaltspunkte dafür, daß das neue Arbeitsverhältnis seiner besonderen Lage als Schwerbehindertem nicht angemessen Rechnung trägt.

2. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 2. April 1991 hinaus könnte sich nicht aus einer fehlerhaften Auswahl der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer ergeben. Die kraft Gesetzes eingetretenen Folgen der Abwicklung blieben selbst dann unberührt, wenn ein Anspruch auf Abschluß eines konkreten Arbeitsvertrages bestanden hätte (vgl. Senatsurteile vom 28. Januar 1993 a.a.O., zu III der Gründe; vom 23. September 1993 – 8 AZR 336/92 – n.v., zu B II 4 der Gründe; vom 21. Juli 1994 – 8 AZR 79/93 – n.v., zu B II 5 der Gründe).

 

Unterschriften

Dr. Wittek, Müller-Glöge, Mikosch, Fox, Morsch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1082719

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