Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 18.02.1988)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Februar 1988 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat der Beigeladenen auch die außergerichtlichen Kosten des Revi- sionsverfahrens zu erstatten. Darüber hinaus sind außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist, ob die Klägerin aus der Versicherung ihres am 18. März 1986 verstorbenen geschiedenen Ehemannes (Versicherter) eine Hinterbliebenenrente (Geschiedenenrente) zu gewähren ist. Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten wurde durch Urteil des Landgerichts Essen vom 29. Juli 1976 aus dem überwiegenden Verschulden des Versicherten geschieden. Seit dem Jahre 1976 ist die Beigeladene mit dem Versicherten verheiratet gewesen. Sie bezieht aus seiner Versicherung eine Witwenrente.

Seit dem 3. Februar 1982 war der Versicherte arbeitsunfähig krank und bezog bis zum 4. Juli 1983 Krankengeld. Danach gewährte ihm das Arbeitsamt Recklinghausen Arbeitslosengeld (Alg) bis zum 1. Juli 1984. Nachdem er anschließend leichte Arbeiten in der Näherei der Beigeladenen ausgeübt hatte, war er ab 18. September 1985 erneut arbeitsunfähig und darüber hinaus erwerbsunfähig. Er bezog Krankengeld und während der Dauer eines Heilverfahrens vom 6. Februar bis zum 7. März 1986 Übergangsgeld (Übg). Nach seinem Tode bewilligte die Beklagte ab 8. März 1986 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) in Höhe von monatlich 1.674,30 DM.

Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Geschiedenenrente lehnte die Beklagte durch den hier angefochtenen Bescheid vom 11. Juli 1986 ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 2. September 1986).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Dezember 1986). Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen -LSG- vom 18. Februar 1988). Das LSG hat die Revision zugelassen.

Nach Auffassung des LSG hatte der Versicherte der Klägerin weder nach den Vorschriften des Ehegesetzes (EheG) noch aus sonstigen Gründen Unterhalt zu leisten; er hat nach den Feststellungen des LSG im letzten Jahr vor seinem Tode keinen Unterhalt an die Klägerin gezahlt. Der Unterhaltstitel, den die Klägerin gegen den Versicherten erwirkt hatte, sei mit Wirkung vom 1. Juli 1984 im Vergleichswege aufgehoben und offengelassen worden, ob für die Folgezeit ein Anspruch auf Unterhalt bestanden habe. Nach den Vorschriften des EheG sei der Versicherte zur Unterhaltsgewährung wegen fehlender Leistungsfähigkeit nicht verpflichtet gewesen. Auszugehen sei von dem sechs Monate währenden letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten. In dieser Zeit hätten ihm an Krankengeld und Übg durchschnittlich 720,78 DM im Monat zugestanden. Sein Selbstbehalt hätte sich auf monatlich 910,– DM belaufen. Die nachträglich bewilligte Rente wegen EU könne bei der Beurteilung der Unterhaltspflicht des Versicherten nicht berücksichtigt werden, weil sie weder vor dessen Tod festgestellt noch ihm verfügbar gewesen sei.

Das Vorbringen der Klägerin, wonach der Versicherte während der Zeit seiner abhängigen Beschäftigung im Betrieb der Beigeladenen angesichts seiner Arbeitsleistung mehr Lohn hätte ausgezahlt erhalten müssen, sei nicht entscheidungserheblich, weil es auf diesen Zeitraum nicht ankomme. Der Rechtsgedanke des § 850h Abs 2 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) könne für eine fiktive Berechnung des Kranken- und Übg nicht herangezogen werden, weil diese von dem Versicherten tatsächlich erzielten Einkünfte nicht zum Nachteil der Klägerin manipuliert worden seien.

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, durch die vergleichsweise Aufhebung des früheren Unterhaltstitels habe sie für die Folgezeit weder auf Unterhalt verzichtet, noch sei über das Bestehen von Unterhaltsansprüchen eine Regelung getroffen worden. Dem Grunde nach habe dieser Unterhaltstitel über den Monat Juni 1984 hinaus Bestand gehabt. Das LSG habe zu Unrecht auf den Zeitraum abgestellt, in welchem der Versicherte vor seinem Tode zuletzt arbeitsunfähig gewesen sei. Zumindest müsse ein Zeitraum von einem Jahr vor dem Tode des Versicherten in Ansatz gebracht werden. Demzufolge komme es sehr wohl darauf an, daß der Versicherte seine Einkünfte aus abhängiger Tätigkeit bei der Beigeladenen zum Nachteil der Klägerin manipuliert habe. Das LSG hätte entsprechende Beweise erheben müssen. Der Rechtsgedanke der Vorschrift des § 850h Abs 2 ZPO sei darüber hinaus aber auch auf den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit vor dem Tode des Versicherten anzuwenden. Infolge der gegen Treu und Glauben verstoßenden Vereinbarung des Versicherten mit der Beigeladenen über seine Arbeitseinkünfte seien die später erhaltenen Sozialleistungen niedrig festgesetzt worden. Demzufolge müsse von „Ersatzeinkünften” ausgegangen werden, welche einem ordnungsgemäß erzielten Einkommen des Versicherten entsprächen. Dem Versicherten sei es darum gegangen, die Klägerin so weit wie möglich zu benachteiligen.

Im übrigen seien vor Eintritt des Todes des Versicherten die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen EU erfüllt gewesen. Die finanzielle Lage und die Interessenlage geböten es daher, von Einkünften des Versicherten in Höhe der tatsächlich zugebilligten Rente auszugehen. Infolge des Rentenanspruchs sei der Versicherte zur Zahlung von Unterhalt imstande gewesen.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile der Vorinstanzen und den Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 1986 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 2. September 1986 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Geschiedenenrente nach dem Versicherten W. … P. … ab dem 1. Mai 1986 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung hat die Klägerin zur Zeit des Todes des Versicherten gegen diesen keinen Unterhaltsanspruch gehabt. Das LSG habe zu Recht auf die wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse zur Zeit des Todes des Versicherten abgestellt. Die später infolge der Rentenbewilligung eingetretene Veränderung könne nicht berücksichtigt werden. Letzter wirtschaftlicher Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten sei der sechs Monate umfassende Zeitraum vom Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit am 18. September 1985 bis zu seinem Tode gewesen. Eine Fiktion höherer Lohnersatzleistungen in diesem Zeitraum nach § 850h Abs 2 ZPO sei nicht zulässig.

Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. SG und LSG haben ihr aus zutreffenden Gründen den Anspruch auf Geschiedenenrente versagt.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch könnte lediglich § 65 Abs 1 Satz 1 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) sein. Satz 2 dieser Vorschrift ist schon deswegen nicht anwendbar, weil der Beigeladenen nach dem Tode des Versicherten eine Witwenrente zu gewähren ist. Von den drei Alternativen des Satzes 1 kommen allein die beiden ersten in Betracht, da der 3. Fall, daß nämlich der Versicherte im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat, nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil ausscheidet. Die Klägerin hätte somit nur dann einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG oder aus sonstigen Gründen zu leisten hatte. Weder das eine noch das andere trifft zu.

Zur Zeit seines Todes hatte der Versicherte keinen Unterhalt „aus sonstigen Gründen” zu leisten. Zwar kann auch ein vollstreckbarer Unterhaltstitel, selbst wenn der zu leistende Unterhalt nicht über den nach den Vorschriften des EheG zu gewährenden Unterhalt hinausgeht, ein sonstiger Grund iS von § 65 Abs 1 Satz 1 RKG sein (BSGE 20, 1 ff). Nach den Feststellungen in dem angegriffenen Urteil, gegen welche zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht sind (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-), wurde der von der Klägerin gegen den Versicherten erwirkte Unterhaltstitel mit Wirkung vom 1. Juli 1984 aufgehoben, ohne daß in dem zugrundeliegenden Vergleich eine andere Unterhaltsleistung festgesetzt oder überhaupt eine Vereinbarung über zukünftigen Unterhalt getroffen wurde. Vielmehr blieb eine Unterhaltsregelung ab 1. Juli 1984 offen; sie ist später nicht mehr getroffen worden. Aus diesem Grunde bestand zur Zeit des Todes des Versicherten ein sonstiger Grund für eine Unterhaltsleistung iS von § 65 Abs 1 Satz 1 RKG nicht. Zwar trifft die Auffassung der Klägerin zu, daß durch den Vergleich die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen für die Zeit ab 1. Juli 1984 nicht ausgeschlossen wurde. Eine neue Leistungsverpflichtung wurde jedoch nicht begründet.

Angesichts der geschilderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse steht der Klägerin nur dann die Geschiedenenrente zu, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG zu leisten hatte. Die Vorschriften des EheG sind maßgebend, weil die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten vor dem 1. Juli 1977 geschieden wurde. Wie schon das LSG ausführlich und zutreffend dargelegt hat, ist auch insoweit das Klagebegehren unbegründet.

Ob ein Versicherter seiner geschiedenen Frau „zur Zeit seines Todes” Unterhalt zu leisten hatte, richtet sich, um Zufälligkeit und kurzzeitige besondere Umstände des Einzelfalles zurückzudrängen, nach dem letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten (BSGE 35, 243, 244 f; BSG SozR 2200 § 1265 Nrn 80 und 82). Maßgebend für dessen Bestimmung ist ohne Rücksicht auf seine Dauer grundsätzlich die Zeitspanne von der letzten wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Geschiedenen mit Dauerwirkung bis zu seinem Tode. Eine bestimmte Zeitgrenze, bis zu der eine zum Tode führende Krankheit berücksichtigt oder unberücksichtigt bleiben muß, hat das Bundessozialgericht (BSG) nicht gezogen. Insbesondere hat es sich mehrfach gegen eine von der Klägerin offenbar als erheblich angesehene Jahresgrenze ausgesprochen und auf die Umstände des Einzelfalles, vor allem darauf abgestellt, ob die Krankheit auch die spätere Todesursache war und ob sie den Tod in absehbarer Zeit hätte herbeiführen müssen (s zuletzt BSG SozR 2200 § 1265 Nr 35). Dabei hat das BSG zu erkennen gegeben, daß nur eine verhältnismäßig kurze Krankheitszeit unberücksichtigt bleiben darf. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen gibt die Begründung der Revision keinen Anlaß. Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, daß der Versicherte bereits seit Anfang 1982 wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war, welche auch seinen Tod am 18. März 1986 verursachte. Damit erweist sich die letzte Zeit der Krankheit des Versicherten nicht als zufälliger und vorübergehender Zustand; dieser hätte vielmehr ohne den Eintritt des Todes fortbestanden. Dem Zeitraum der Erkrankung des Versicherten und seiner erneuten Arbeitsunfähigkeit ab 18. September 1985 kommt daher nach den Umständen des vorliegenden Falles Dauercharakter zu. Dies hat das LSG rechtsfehlerfrei angenommen. Das Leiden des Versicherten war nicht lediglich eine kurzzeitige Vorstufe seines Todes, so daß es auch nach der zitierten Rechtsprechung des BSG der Billigkeit entspricht, wenn das LSG im angefochtenen Urteil auf die Zeit vom 18. September 1985 bis zum Tode des Versicherten abgestellt hat (s hierzu BSGE 35, 243, 246; BSG SozR 2200 § 1265 Nr 82).

In der fraglichen Zeit hatte die Klägerin gegen den Versicherten keinen Anspruch auf Unterhalt nach den Vorschriften des EheG. Der Versicherte war während dieser Zeit nicht leistungsfähig. Auszugehen ist von § 58 EheG. Danach hat der allein oder überwiegend für schuldig erklärte Ehepartner dem Geschiedenen den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren, soweit Einkünfte aus dem Vermögen und Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit des Berechtigten nicht ausreichen. Neben der im Gesetz selbst definierten Leistungsbedürftigkeit des geschiedenen Ehegatten ist erforderlich, daß der überwiegend schuldig geschiedene Ehemann zur Leistung von Unterhalt fähig ist. Hieran fehlt es nach den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil. Danach hatte der Versicherte zur Zeit des Todes monatliche Durchschnittseinkünfte in Höhe von 720,78 DM. Dieser Betrag lag deutlich unter der Grenze für den notwendigen Eigenbedarf des Versicherten in Höhe von monatlich 910,– DM. Er war damit zur Zahlung von Unterhalt an die Klägerin außerstande.

Zutreffend haben LSG und die Revision darauf hingeweisen, daß im vorliegenden Fall theoretisch der Grundgedanke des § 850h Abs 2 Satz 1 ZPO eine Rolle spielen könnte. Diese Vorschrift begünstigt Gläubiger im Falle der Verschleierung von Arbeitseinkommen. Das Gesetz fingiert eine angemessene Vergütung als geschuldet. Die Vorschrift wird auch für den Fall familienrechtlicher Mitarbeitspflicht, welche möglicherweise gegeben war, angewendet (Brühl/Göppinger/Mutschler, Unterhaltsrecht, 3. Aufl, Rz 659 mwN). Sie kann hier jedoch nicht zugrundegelegt werden. In der rechtserheblichen Zeit des letzten halben Jahres vor dem Tode des Versicherte hat dieser im Betrieb der Beigeladenen keine ständigen Arbeiten oder Dienste geleistet. Er war vielmehr arbeitsunfähig erkrankt.

Mit Recht hat das LSG in dem angefochtenen Urteil angenommen, daß auch der Grundgedanke des § 850h Abs 2 ZPO hier nicht herangezogen werden könne. Im vorliegenden Falle bezog der Versicherte in der fraglichen Zeit Krankengeld bzw Übg. Diese nach gesetzlicher Vorschrift zu errechnenden und gewährten Sozialleistungen wurden nicht manipuliert. Jedenfalls hat das LSG das Gegenteil nicht festzustellen vermocht. Ihre Berechnung erfolgte aufgrund tatsächlich gegebener Umstände. Die genannten Lohnersatzleistungen wurden wegen des Leistungsfalles der Arbeitsunfähigkeit gewährt. Der Eintritt dieses Leistungsfalles ist in aller Regel vom Willen des Versicherten unabhängig; er richtet sich nach objektiv feststellbaren Umständen im konkreten Einzelfall. Der Höhe nach ist die aufgrund des Leistungsfalles zu erbringende Geldleistung gesetzlich begrenzt und daher nicht, wie verschleiertes Arbeitseinkommen, fiktiv feststellbar. Aus diesem Grunde besteht auch kein Bedürfnis, im Rahmen des § 65 Abs 1 Satz 1 RKG den Grundgedanken des § 850h Abs 2 ZPO in Betracht zu ziehen, wenn Einkünfte wie hier eine Rolle spielen. Anders als bei verschleiertem Arbeitseinkommen würden dann nämlich Ansprüche fingiert werden, welche der Versicherte tatsächlich nicht erwerben kann. Aus diesem Grunde hat das LSG mit Recht nicht überprüft, ob der Versicherte vor seinem Tode verschleierte Arbeitseinkünfte bezogen hat, welche mittelbar zu einem höheren Kranken- bzw Übg geführt hätten, und das seinerseits bei der Frage der Leistungsfähigkeit des Versicherten in Betracht zu ziehen wäre.

Anders als die Revision meint, spielt schließlich für die Frage der Leistungsfähigkeit des Versicherten im Zeitraum seines Todes keine Rolle, daß er bereits vor Eintritt des Todes einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte. Die Unterhaltsberechtigung nach § 58 EheG setzt wie die allgemeine Unterhaltsberechtigung voraus, daß auf Seiten des Unterhaltsverpflichteten realisierbare Einkünfte vorhanden sind (Entscheidung des erkennenden Senats vom 24. Juli 1985 SozR 2200 § 205 Nr 59; s auch Nr 50). Das Vorliegen eines Rentenanspruchs allein begründet jedoch noch keine Fähigkeit, Unterhalt zu gewähren. Solange nämlich dieser Anspruch noch nicht durch einen Bescheid festgestellt worden ist, kann die Auszahlung der Leistung nicht verlangt werden (BSGE 26, 51, 53; SozR 2200 § 205 Nr 50; § 1265 Nr 87). Ist die Erwerbsunfähigkeitsrente von dem Unterhaltsverpflichteten aber noch nicht zu realisieren, so ändert der vorhandene Anspruch auf Leistung nichts an der Fähigkeit oder Unfähigkeit, Unterhalt zu gewähren. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der Versicherte die Rentenleistung allein deswegen nicht oder zu spät beantragte, um der geschiedenen Ehefrau gegenüber nicht unterhaltspflichtig zu werden (s BSG SozR 2200 § 1265 Nr 35). Für das Vorliegen solcher Umstände bieten die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil jedoch keine Anhaltspunkte. In jedem Falle kommt es darauf an, daß die geschiedene Ehefrau im Zeitpunkt des Todes einen bestehenden – wenn auch nicht durchsetzbaren – Unterhaltsanspruch hat, den sie durch den Tod des Versicherten verliert. Solche Voraussetzungen können beispielsweise vorliegen, wenn sich der Versicherte der Verpflichtung, eine zumutbare Arbeitstätigkeit auszuüben, entzieht (vgl BSG SozR 2200 § 1265 Nr 82 mwN). Hat der Unterhaltsverpflichtete jedoch (noch) keine Möglichkeit, seinen wirtschaftlichen Zustand durch die Geltendmachung von Ansprüchen zu verbessern, so besteht ein Anspruch auf Unterhalt nicht. Das BSG hat demzufolge die Unterhaltsfähigkeit verneint, wenn erst durch ein nach dem Tode des Versicherten in Kraft getretenes Gesetz ein Leistungsanspruch rückwirkend begründet wurde (SozR Nr 1 zu § 65 RKG). Ferner steht beispielsweise einer früheren Ehefrau gegen den Versicherten ein Unterhaltsanspruch iS von § 65 RKG zur Zeit des Todes auch dann nicht zu, wenn ihr der Versicherte nach seinem Tode wahrscheinlich – zB infolge eines Rentenbezuges unterhaltspflichtig geworden wäre (BSGE 46, 14, 16).

Nach alledem konnte die Revision keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1174655

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