Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Mietkautionsdarlehen. Tilgung durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des Regelbedarfs. Ermächtigung zum Erlass eines Grundlagenverwaltungsakts. Verfassungsmäßigkeit. Vermeidung der Unterdeckung existenznotwendiger Bedarfe
Leitsatz (amtlich)
Der gesetzlich geregelten Aufrechnung zur Tilgung von Mietkautionsdarlehen stehen durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken wegen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht entgegen.
Orientierungssatz
1. § 42a Abs 2 SGB 2 ermächtigt zum Erlass eines Grundlagenverwaltungsakts über die Aufrechnung.
2. Die Unterdeckung existenznotwendiger Bedarfe ist zu vermeiden.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 6 S. 1 Hs. 2 Fassung: 2011-05-13, S. 3 Fassung: 2011-05-13, § 42a Abs. 2 Sätze 1, 2 Fassung: 2011-05-13, Abs. 3 S. 1 Alt. 2; GG Art 1 Abs. 1; GG Art 20 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Juni 2017 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Januar 2015 zurückgewiesen.
Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Umstritten ist die Aufrechnung zur Tilgung eines Mietkautionsdarlehens in 2012.
Der 1987 geborene Kläger lebte bis 30.9.2012 in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung und beantragte beim beklagten Jobcenter Alg II ab 1.10.2012 unter Vorlage eines Mietangebots, dessen Angemessenheit der Beklagte feststellte. Nach dem Mietvertrag war der Kläger verpflichtet, dem Vermieter eine Mietkaution von 566 Euro zu leisten. Der Beklagte bewilligte ihm Alg II ab 1.10.2012 (Bescheid vom 17.9.2012: Regelbedarf 374 Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Den Antrag des Klägers auf Übernahme der Mietkaution als Zuschuss lehnte der Beklagte ab; Klage und Berufung hiergegen blieben erfolglos.
Auf einen weiteren Antrag des Klägers bewilligte der Beklagte diesem ein Darlehen von 566 Euro für die Mietkaution und erklärte insoweit die Aufrechnung (Bescheid vom 12.10.2012); zur Sicherung der Rückzahlung des Darlehens ließ er sich Ansprüche des Klägers gegen Dritte abtreten. Den Widerspruch hiergegen wies der Beklagte unter Hinweis auf § 42a Abs 2 SGB II zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.10.2012), zahlte das Darlehen am 29.10.2012 an den Kläger aus und rechnete ab 1.11.2012 in Höhe von 10 % des Regelbedarfs auf. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens anerkannte der Beklagte die aufschiebende Wirkung der gegen die Aufrechnung erhobenen Klage.
Die Klage mit dem Begehren nach Aufhebung der Aufrechnung wies das SG ab (Urteil vom 23.1.2015). Auf die vom SG zugelassene Berufung des Klägers hob das LSG den Bescheid vom 12.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2012 auf, soweit der Beklagte die Aufrechnung erklärt hatte (Urteil vom 29.6.2017): Die Aufrechnung sei rechtswidrig, denn die allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage des § 42a Abs 2 SGB II sei auf Mietkautionsdarlehen nicht anwendbar.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 42a Abs 2 SGB II. Dessen Aufrechnungsregelung gelte auch für Mietkautionsdarlehen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Juni 2017 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Januar 2015 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die von ihm verfügte Aufrechnung zur Tilgung des Mietkautionsdarlehens ist rechtmäßig; Mietkautionsdarlehen nach § 22 Abs 6 SGB II sind nicht von der Aufrechnung nach § 42a Abs 2 SGB II ausgenommen, ohne dass dem durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen.
1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die Entscheidungen der Vorinstanzen und der Bescheid des Beklagten vom 12.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2012 sowie dessen Begehren, das Urteil des LSG aufzuheben. Durch dieses hat das LSG auf die vom SG zugelassene Berufung des Klägers das klageabweisende Urteil des SG geändert und die Aufrechnungserklärung in den genannten Bescheiden aufgehoben, deren Wiederherstellung der Beklagte mit seiner Revision erstrebt. Nicht Streitgegenstand ist die in den Bescheiden geregelte Bewilligung eines Darlehens für die Mietkaution anstelle eines Zuschusses. Über das Nichtbestehen eines Anspruchs des Klägers auf die Übernahme der Kaution als Zuschuss ist bereits in einem anderen Verfahren rechtskräftig entschieden.
Entsprechend hat der Kläger in diesem Verfahren sein Begehren auf die Aufhebung der Aufrechnung beschränkt. Die prozessuale Abtrennbarkeit der Aufrechnung als Streitgegenstand rechtfertigt sich aus der rechtlichen Eigenständigkeit des Verfügungssatzes der durch Verwaltungsakt zu erklärenden Aufrechnung (§ 42a Abs 2 Satz 2 SGB II; seit 1.8.2016: Satz 3).
2. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Der Kläger wendet sich zutreffend mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) gegen die ihm gegenüber vom Beklagten durch Verwaltungsakt erklärte Aufrechnung und begehrt deren Aufhebung (vgl BSG vom 25.6.2015 - B 14 AS 28/14 R - SozR 4-4200 § 42a Nr 1 RdNr 11; BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 10). Die durch einen von einem Bewilligungszeitraum abgelösten Grundlagenverwaltungsakt erklärte Aufrechnung hat sich bislang nicht iS von § 39 Abs 2 SGB X erledigt (zur Zulässigkeit eines Grundlagenverwaltungsakts unter 5. und zur Auslegung des Bescheids unter 7. b).
3. Rechtsgrundlage für die in 2012 durch den Beklagten erklärte Aufrechnung ist § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II. Diese Regelung trägt die Aufrechnung zur Tilgung von Mietkautionsdarlehen (dazu 4.) und ermächtigt zum Erlass eines Grundlagenverwaltungsakts (dazu 5.). Ihr stehen durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht grundsätzlich entgegen, allerdings ist die Unterdeckung existenznotwendiger Bedarfe zu vermeiden (dazu 6.).
Der zum 1.4.2011 neu in das SGB II eingefügte (Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453)§ 42a SGB II ("Darlehen") bestimmt (idF der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850):
"(1) Darlehen werden nur erbracht, wenn ein Bedarf weder durch Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 1a und 4 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Darlehen können an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften oder an mehrere gemeinsam vergeben werden. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft die Darlehensnehmer.
(2) Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt. Die Aufrechnung ist gegenüber den Darlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 24 Absatz 5 oder § 27 Absatz 4 erbracht werden.
(3) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Absatz 5 sind nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe und Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Absatz 6 bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig. Deckt der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht, soll eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.
(4) Nach Beendigung des Leistungsbezuges ist der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig. Über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags soll eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.
(5) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 27 Absatz 4 sind abweichend von Absatz 4 Satz 1 erst nach Abschluss der Ausbildung fällig. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Sofern keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen wird, werden Zahlungen, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, zunächst auf das zuerst erbrachte Darlehen angerechnet."
Die späteren, am 1.8.2016 in Kraft getretenen Änderungen des § 42a SGB II (Neuntes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016, BGBl I 1824) finden auf die angefochtene Aufrechnung keine Anwendung (zur Anwendung des im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung geltenden Rechts vgl BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 15). Sie ließen die hier relevante Ermächtigungsgrundlage des § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II auch unberührt.
4. Diese gesetzliche Rechtsgrundlage trägt nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck die Aufrechnung zur Tilgung eines vom Jobcenter gewährten Mietkautionsdarlehens (noch offengelassen in BSG vom 25.6.2015 - B 14 AS 28/14 R - SozR 4-4200 § 42a Nr 1 RdNr 18; ebenso Apel in Oestreicher/Decker, SGB II/SGB XII, § 42a SGB II RdNr 18, Stand Februar 2018; Bender in Gagel, SGB II/SGB III, § 42a SGB II RdNr 4, Stand März 2018; Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 22 RdNr 220; Bittner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 42a RdNr 39 ff; Blüggel/Wagner, NZS 2018, 677, 681; Conradis in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 42a RdNr 11, 15; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 42a RdNr 31, 168, 227, 240, Stand Februar 2012; Hölzer in Estelmann, SGB II, § 42a RdNr 12, 51, Stand April 2013; Kemper in Eicher/ Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 42a RdNr 30; Merold, ZFSH/SGB 2016, 293; Sander in GK-SGB II, § 42a RdNr 7, 39, Stand Juni 2018; anderer Auffassung Nguyen, SGb 2017, 202, 203 ff).
a) Nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II werden "Rückzahlungsansprüche aus Darlehen" durch Aufrechnung getilgt. Ein Ausschluss bestimmter Darlehen oder eine Begrenzung auf bestimmte Darlehen lassen sich weder diesem Wortlaut noch der amtlichen Überschrift des § 42a SGB II - "Darlehen" - entnehmen. Vielmehr erfasst der Wortlaut mit seiner Verwendung des Begriffs "Darlehen" alle nach dem SGB II erbrachten Darlehen, zu denen auch die Darlehen gehören, die nach § 22 Abs 6 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 3 SGB II für Aufwendungen für eine Mietkaution erbracht werden sollen.
b) Nach der Binnensystematik des § 42a SGB II regelt dessen Abs 1 die Voraussetzungen und Modalitäten der Erbringung von Darlehen unter Verweisung der Leistungsberechtigten auf gegenüber der Darlehensgewährung vorrangige andere Bedarfsdeckungsmöglichkeiten sowie die Rechtsfolge der Rückzahlungsverpflichtung, ohne zwischen Darlehen nach dem SGB II zu unterscheiden.
§ 42a Abs 2 SGB II regelt die Tilgung der Rückzahlungsansprüche aus Darlehen durch monatliche Aufrechnung, solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen (Satz 1), die nicht als Darlehen erbracht werden (Satz 3; seit 1.8.2016: Satz 4); im Übrigen regelt Abs 2 Modalitäten der Aufrechnung (Satz 2; seit 1.8.2016: Satz 2 und 3). Bezug genommen mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen ist nach der Systematik des SGB II auf § 24 Abs 5 SGB II und § 27 Abs 4 SGB II (seit 1.8.2016: Abs 3), was bis 31.7.2016 noch ausdrücklich durch § 42a Abs 2 Satz 3 SGB II bestimmt war. Diese Rückausnahme zur Aufrechnung während des Leistungsbezugs erfasst nicht Mietkautionsdarlehen nach § 22 Abs 6 SGB II, denn sie bezieht sich auf den darlehensweisen Leistungsbezug ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, nicht auf das ausgezahlte Darlehen. Eine andere Ausnahme für Mietkautionsdarlehen enthält § 42a Abs 2 SGB II nicht.
Vielmehr regelt § 42a Abs 3 Satz 1 SGB II differenziert die sofortige Fälligkeit der Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Abs 5 SGB II und nach § 22 Abs 6 SGB II noch während des Leistungsbezugs: Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Abs 6 SGB II sind bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrags fällig. § 42a Abs 3 Satz 2 SGB II enthält eine Soll-Regelung über Rückzahlungsvereinbarungen, wenn der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht deckt. Diese Regelungen belegen die Erfassung von Mietkautionsdarlehen durch § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II, denn sie knüpfen mit der "Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages" insoweit an eine Tilgung des Darlehens bereits während des Leistungsbezugs an. Zwar kann diese Tilgung vor Rückzahlung der Kaution durch den Vermieter auch anders als durch Aufrechnung nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II erfolgen; hieraus folgt indes nicht, dass § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Abs 6 SGB II nicht erfasst.
Dafür, dass nach dieser Binnensystematik des § 42a SGB II Mietkautionsdarlehen in die Aufrechnungsregelung einbezogen sind, streitet auch der Regelungsstandort des § 42a SGB II in diesem Gesetz. Die Regelung ist Teil des Kapitels 4 ("Gemeinsame Vorschriften für Leistungen") und dort des Abschnitts 1 ("Zuständigkeit und Verfahren"). Mit der Verortung dieser näheren Regelungen über Darlehen nicht bei den einzelnen Darlehensregelungen des SGB II (§ 16c Abs 1 Satz 1, § 22 Abs 2 Satz 2, § 22 Abs 6 Satz 3, § 22 Abs 8 Satz 4, § 24 Abs 1 Satz 1 und 2, § 24 Abs 4 Satz 1 und 2, § 24 Abs 5 Satz 1, § 27 Abs 3 Satz 1 und 4 SGB II), sondern in einer von diesen Regelungen abgelösten eigenständigen gemeinsamen Vorschrift setzt das Gesetz auf Vereinheitlichung statt Differenzierung, soweit sich Unterscheidungen zwischen den Darlehen nach dem SGB II nicht dem § 42a SGB II selbst oder den einzelnen Darlehensregelungen entnehmen lassen, was für Mietkautionsdarlehen nach § 22 Abs 6 SGB II nicht der Fall ist.
c) Die Einbeziehung der Mietkautionsdarlehen in die Aufrechnungsregelung ergibt sich zudem aus der Vor- und Entstehungsgeschichte des § 42a SGB II. Diese Regelung knüpfte nicht unmittelbar an eine Vorläufervorschrift an und stellt sich als echte Rechtsänderung dar (so bereits BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 26/10 R - BSGE 110, 288 = SozR 4-1200 § 46 Nr 3, RdNr 16; BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 80 RdNr 23).
Zuvor ermöglichte § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung (aF) nur für Darlehen nach § 23 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II aF (heute § 24 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II) eine Aufrechnung nach Ermessen. Andere Aufrechnungsregelungen enthielt das SGB II nicht. Versuche der Jobcenter, für andere Darlehen Aufrechnungen zu regeln oder mit den Leistungsberechtigten zu vereinbaren, stießen auf Ablehnung in der Rechtsprechung (vgl zu Mietkautionsdarlehen BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 26/10 R - BSGE 110, 288 = SozR 4-1200 § 46 Nr 3). Hieran knüpfte der Gesetzgeber mit dem zum 1.4.2011 in Kraft getretenen § 42a SGB II an, der eine eigenständige Aufrechnungsregelung im neuen § 24 Abs 1 SGB II erübrigte. Die Gesetzesmaterialien weisen als Regelungsprogramm des § 42a SGB II aus: "Die Vorschrift schafft bislang fehlende Rahmenvorgaben für alle Darlehen im SGB II" (BT-Drucks 17/3404 S 115).
Ausweislich der Materialien zu § 42a Abs 3 SGB II schafft dieser für Darlehen nach § 22 Abs 6 Satz 3 SGB II für den Fall der Rückzahlung der Mietkaution eine "Sonderbestimmung zur Fälligkeit des noch nicht getilgten Darlehensbetrages". Dieser soll sofort zurückgezahlt werden, sobald entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Im Übrigen bleiben § 42a Abs 2 SGB II (Rückzahlung während des Leistungsbezugs) und § 42a Abs 4 SGB II (Fälligkeit des noch nicht getilgten Darlehensbetrags bei Beendigung des Leistungsbezugs) von dieser Sonderbestimmung "unberührt" (BT-Drucks 17/3404 S 116). Teil des Regelungsprogramms ist danach, dass die Sonderbestimmung des § 42a Abs 3 SGB II für Mietkautionsdarlehen an die laufende Aufrechnung auf der Grundlage des § 42a Abs 2 SGB II anknüpft.
d) Nach seinem Sinn und Zweck, wie er in Wortlaut und Systematik zum Ausdruck kommt und sich aus Vor- und Entstehungsgeschichte ergibt, regelt § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II die Tilgung von Rückzahlungsansprüchen aus Darlehen durch Aufrechnung während des Leistungsbezugs für alle Darlehen nach dem SGB II, soweit nicht § 42a SGB II selbst Ausnahmen hiervon bestimmt, was auf Mietkautionsdarlehen nach § 22 Abs 6 SGB II nicht zutrifft (zum Verständnis von § 42a SGB II als neuer und umfassender Regelung vgl bereits BSG vom 25.6.2015 - B 14 AS 28/14 R - SozR 4-4200 § 42a Nr 1 RdNr 21).
Die aus diesem Regelungszweck sich ergebende Einbeziehung von Mietkautionsdarlehen in die Aufrechnungsregelung unterliegt keiner Korrektur durch einschränkende Auslegung im Wege einer teleologischen Reduktion. Diese ist vorzunehmen, wenn die auszulegende Vorschrift auf einen Teil der vom Wortlaut erfassten Fälle nicht angewandt werden soll, weil Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (zu den Voraussetzungen und Grenzen dieses methodischen Vorgehens vgl BVerfG vom 19.6.1973 - 1 BvL 39/69, 1 BvL 14/72 - BVerfGE 35, 263, 279 f; BVerfG vom 30.3.1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 - BVerfGE 88, 145, 166 ff; vgl letztens etwa BVerfG ≪Kammer≫ vom 31.10.2016 - 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13 - RdNr 22). Vorliegend könnten nur aus dem Gesamtzusammenhang des SGB II ableitbare Gesichtspunkte gegen eine Einbeziehung von Mietkautionsdarlehen in die Aufrechnungsregelung sprechen; auch diese greifen indes nicht durch. Im Einzelnen:
aa) Eine einschränkende Auslegung ist nicht deshalb vorzunehmen, weil die Aufwendungen für Mietkautionen als Aufwendungen für die Unterkunft nach § 22 SGB II keinen Eingang in die Bemessung des Regelbedarfs nach § 20 SGB II gefunden haben, aber mit Rückzahlungsansprüchen aus Mietkautionsdarlehen gegen Ansprüche auf die zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen aufgerechnet werden kann (und in aller Regel wird, wenn nicht nur aufstockende Leistungen für Mehrbedarfe und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung bezogen werden). Denn es lässt sich dem Regelungskonzept des SGB II weder entnehmen, dass Aufrechnungen nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II nur Darlehen erfassen dürfen, die für vom Regelbedarf umfasste Bedarfe geleistet werden, noch dass Aufrechnungen bei Darlehen für andere als vom Regelbedarf umfasste Bedarfe nicht auch Regelbedarfsleistungen erfassen dürfen (ebenso Bittner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 42a RdNr 43; anderer Auffassung Nguyen, SGb 2017, 202, 203 f).
Dagegen spricht die Vielfalt der Darlehensregelungen des SGB II, die neben Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (§ 16c Abs 1 Satz 1 SGB II) umfassen und im Rahmen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht nur vom Regelbedarf umfasste Bedarfe (§ 24 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II), sondern neben den Mietkautionsdarlehen auch weitere unterkunftsbezogene Darlehen (§ 22 Abs 2 Satz 2, § 22 Abs 8 Satz 4 SGB II). Dagegen spricht auch, dass die Herausnahme der Mietkautionsdarlehen aus der gesetzlichen Aufrechnungsregelung des § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II im Wege teleologischer Reduktion der Regelungskonzeption des Gesetzgebers nach dessen objektivierten Willen entgegensteht (zu diesem verfassungsrechtlich vorgegebenen Auslegungsmaßstab vgl nur BVerfG vom 19.3.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 - BVerfGE 133, 168 RdNr 66). Würden gar alle unterkunftsbezogenen Darlehen aus dem Anwendungsbereich des § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II herausgenommen, blieben - neben § 16c Abs 1 Satz 1 SGB II - als dessen Anwendungsbereich nur übrig die Darlehen nach § 24 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II, die als Nachfolgeregelung zu § 23 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II aF schon zuvor der Aufrechnung nach § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II aF unterlagen; diese Regelung aber sollte durch § 42a SGB II mit Wirkung für alle Darlehen gerade ersetzt werden.
bb) Eine teleologische Reduktion ist auch nicht dadurch veranlasst, dass die Aufrechnung von Mietkautionsdarlehen zu einer echten Bedarfsunterdeckung führt, weil sie nicht ein Darlehen tilgt, mit dem eine bereits erbrachte aber vorzeitig verbrauchte Leistung abweichend erneut als Darlehen erbracht wird, wie dies typisierend bei § 24 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II der Fall ist. Dort wird mit der Aufrechnung grundsätzlich die Lage wiederhergestellt, die nach der Ansparkonzeption des SGB II von vornherein hätte bestehen sollen und werden Beträge getilgt, die sich als Mehrleistung darstellen.
Demgegenüber werden Aufwendungen für Mietkautionen nach der Soll-Regelung des § 22 Abs 6 Satz 3 SGB II von vornherein als Darlehen erbracht und gleicht ihre Tilgung durch Aufrechnung keine Mehrleistung aus. Dieser Unterschied rechtfertigt indes keine Herausnahme von Mietkautionsdarlehen aus dem Anwendungsbereich des § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II, da sich dem Regelungskonzept des SGB II nicht entnehmen lässt, dass Aufrechnungen - ebenso wie Leistungsminderungen nach §§ 31 ff SGB II - nicht zu echten Bedarfsunterdeckungen führen dürfen (zur Kompensation von Bedarfsunterdeckungen vgl BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 19/14 R - BSGE 119, 17 = SozR 4-4200 § 31a Nr 1, RdNr 55 ff; zur verfassungsrechtlichen Gebotenheit von Kompensationen näher unter 6.).
Ohnehin nicht vergleichbar sind insoweit Aufrechnungen nach § 43 SGB II, mit denen zu erstattende rechtswidrige Überzahlungen von Leistungen in der Vergangenheit ausgeglichen werden und die deshalb im Zeitverlauf nicht zu echten Bedarfsunterdeckungen führen. Denn diese Perspektive des § 43 SGB II ist eine andere als die der Tilgung von rechtmäßig als Darlehen erbrachten Leistungen durch Aufrechnung nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II. Aus dem gleichen Grund kommt eine teleologische Reduktion nicht deshalb in Betracht, weil die Aufrechnungen nach § 43 SGB II ganz überwiegend an ein vorwerfbares Verhalten der leistungsberechtigten Person anknüpfen, die nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II aber nicht.
cc) Eine teleologische Reduktion ist schließlich nicht mit Blick darauf vorzunehmen, dass es einer Tilgung des Rückzahlungsanspruchs aus Mietkautionsdarlehen durch Aufrechnung nicht bedarf, weil sich Jobcenter zur Sicherung der Darlehensrückzahlung Ansprüche der Leistungsberechtigten auf Kautionsrückzahlung gegen Vermieter abtreten lassen können. Auch soweit wirtschaftlich eine "Übersicherung" darin zu sehen sein sollte, dass Jobcenter Aufrechnung und Abtretung kombinieren können (vgl dazu Berlit, jurisPR-SozR 12/2016 Anm 5), stünde dies normativ der Aufrechnung nicht entgegen.
Letztlich sichert eine Abtretung nur den sofortigen Rückzahlungsanspruch nach § 42a Abs 3 Satz 1 SGB II in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrags. Getilgt wird das Darlehen während des Leistungsbezugs durch Aufrechnung nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II. Zudem hängt die Rückzahlung der Kaution in voller Höhe durch den Vermieter von Umständen im Rahmen des Mietverhältnisses ab, auf die die Jobcenter in aller Regel keinen Einfluss haben, sodass eine echte Übersicherung ohnehin ungewiss ist; demgegenüber steht mit Tilgung des Mietkautionsdarlehens durch Aufrechnung dem Leistungsberechtigten der Rückzahlungsanspruch gegen den Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zu.
5. Das Jobcenter ist durch § 42a Abs 2 SGB II ermächtigt zum Erlass eines Grundlagenverwaltungsakts über die Aufrechnung.
Nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung getilgt, solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen. Nach § 42a Abs 2 Satz 2 SGB II (seit 1.8.2016: Satz 3) ist die Aufrechnung gegenüber dem Darlehensnehmer schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Beide Sätze lösen die Aufrechnung von den Regelungen über den Leistungsanspruch für bestimmte Bewilligungszeiträume: Satz 1 regelt den Beginn der Aufrechnung und knüpft für die Dauer daran an, dass überhaupt Leistungen bezogen werden; Satz 2 sieht eine eigenständige Regelung über die Aufrechnung vor.
Das Jobcenter ist danach ermächtigt, durch einen Grundlagenverwaltungsakt die Aufrechnung zu erklären und es kann die jeweilige Aufrechnungshöhe in Abhängigkeit vom maßgebenden Regelbedarf durch Ausführungsverwaltungsakte - auch in Bewilligungsbescheiden - ändern (vgl bereits zu § 43 SGB II so BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 11, 24, 27, 29). Der Grundlagenverwaltungsakt über die Aufrechnung ist ein Dauerverwaltungsakt (zur Einordnung als Dauerverwaltungsakt im Rahmen des § 43 SGB II vgl BSG, ebenda, RdNr 42), der als solcher vom Jobcenter unter Kontrolle zu halten ist, um eine überhöhte Darlehensrückzahlung durch Aufrechnung zu vermeiden und um während der Aufrechnung auf rechtlich relevante Änderungen reagieren zu können (zum Unter-Kontrolle-Halten der laufenden Aufrechnung im Rahmen des § 43 SGB II vgl BSG, ebenda, RdNr 32, 42).
6. Der Aufrechnung zur Tilgung von Mietkautionsdarlehen stehen durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken wegen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht grundsätzlich entgegen (ebenso Apel in Oestreicher/Decker, SGB II/SGB XII, § 42a SGB II RdNr 25, Stand Februar 2018; Bender in Gagel, SGB II/SGB III, § 42a SGB II RdNr 20 ff, Stand März 2018; Bittner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 42a RdNr 13; Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 42a RdNr 30; Merold, ZFSH/SGB 2016, 293, 294 ff; Sander in GK-SGB II, § 42a RdNr 37 ff, 44, Stand Juni 2018; anderer Auffassung Hölzer in Estelmann, SGB II, § 42a RdNr 50 f, Stand April 2013; Flatow/Knickrehm, WuM 2018, 465, 476; Nguyen, SGb 2017, 202, 205 f; Weth, info also 2011, 276, 277; zweifelnd Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 22 RdNr 220; Conradis in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 42a RdNr 17; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 42a RdNr 24, 26, 30 f, Stand Februar 2012; differenzierend Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, II.8 RdNr 127 ff, Stand März 2018). Eine Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG kommt deshalb nicht in Betracht.
a) Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG) ist durch das BVerfG näher konturiert worden (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; BVerfG vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2; BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20). Es ist als Gewährleistungsrecht von vornherein auf die Ausgestaltung durch den Gesetzgeber angelegt. Bei der Ausgestaltung des Grundrechts steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Gegenstand der Ausgestaltung sind nicht nur die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und das Verfahren ihrer Bemessung und Anpassung; Gegenstand können vielmehr auch Leistungsvoraussetzungen und -ausschlüsse (vgl §§ 7 ff SGB II), Leistungsminderungen (vgl §§ 31 ff SGB II) und Leistungsmodalitäten (vgl §§ 37, 41, 42, 43 SGB II) sein (zum Gewährleistungsrecht und seiner Ausgestaltung näher BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 35 ff).
Bei der Rückabwicklung von Darlehen durch Aufrechnung nach § 42a Abs 2 SGB II handelt es sich um eine Leistungsmodalität in diesem Sinne. Für ihre verfassungsrechtliche Prüfung ist dem Grundrecht als Gewährleistungsrecht insbesondere zu entnehmen, dass dem Gesetzgeber die Aufrechnung jedenfalls solange nicht verwehrt ist, wie sichergestellt ist, dass den Betroffenen die auch in dieser Lage unerlässlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zeitgerecht zur Verfügung stehen (vgl BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 134, 140; vgl zur Aufrechnung nach § 43 SGB II so BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 37; Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde hiergegen durch BVerfG ≪Kammer≫ vom 10.8.2017 - 1 BvR 1412/16; vgl bereits zur Leistungsminderung nach §§ 31 ff SGB II so BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 19/14 R - BSGE 119, 17 = SozR 4-4200 § 31a Nr 1, RdNr 54; Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde hiergegen durch BVerfG ≪Kammer≫ vom 11.12.2015 - 1 BvR 2684/15).
b) Gemessen hieran ist die Aufrechnung nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II, die die Höhe der Leistungsbewilligung unberührt lässt, aber die bewilligten Leistungen nicht ungekürzt dem Leistungsberechtigten zur eigenverantwortlichen Verwendung zur Verfügung stellt, eine Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts, der durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht grundsätzlich entgegenstehen. Allerdings ist die Unterdeckung existenznotwendiger Bedarfe zu vermeiden (vgl BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20, RdNr 115 ff). Im Einzelnen:
aa) Aufwendungen für eine Mietkaution sollen nach § 22 Abs 6 Satz 3 SGB II als Darlehen erbracht werden; sie müssen es nicht, sondern können in atypischen Konstellationen als Zuschuss erbracht werden. Dies ermöglicht und erfordert bereits bei der Gewährung von beantragten Leistungen für eine Mietkaution in entsprechenden Konstellationen Ermessenserwägungen des Jobcenters unter Berücksichtigung persönlicher Umstände der Leistungsberechtigten, ob ausnahmsweise statt eines Darlehens ein Zuschuss erbracht wird (vgl dazu Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 22 RdNr 221; Bittner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 42a RdNr 14; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 42a RdNr 37, Stand Februar 2012; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 303, Stand Oktober 2012; vgl dazu auch LSG Hamburg vom 23.2.2017 - L 4 AS 135/15 - sowie - mit weiteren Beispielen für atypische Sachverhalte - Hammel, ZfF 2018, 127; zum atypischen Fall bei der Übernahme von Mietschulden als Zuschuss statt als Darlehen vgl BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 80 RdNr 17 ff). Dies schließt mit Blick auf deren verfassungsrechtliche Relevanz die Berücksichtigung der Folgen einer künftigen Aufrechnung gegen laufende Leistungen ein.
bb) Dass der Gesetzgeber mit den Mietkautionen die Rückzahlung eines darlehensweise übernommenen Bedarfs in die Aufrechnung einbezogen hat, der nicht in die Regelbedarfsbemessung eingeflossen ist und in die mit dieser verbundenen Ansparkonzeption des SGB II keinen Eingang gefunden hat, aber zulasten des Regelbedarfs aufgerechnet werden kann und in aller Regel auch wird, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn es ist insoweit nicht zwischen den Bestandteilen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu unterscheiden (§ 19 Abs 1 Satz 3 SGB II: Regelbedarf, Mehrbedarfe, Bedarf für Unterkunft und Heizung). Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 135; BVerfG vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BVerfGE 132, 134, RdNr 64, 94). Diese einheitliche Garantie gibt dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht vor, Darlehen für regelbedarfsrelevante Aufwendungen nur gegen Regelbedarfsleistungen und Darlehen für unterkunftsbezogene Aufwendungen nur gegen Leistungen für Unterkunft und Heizung aufzurechnen. Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20, RdNr 75). Stehen diese Mittel auch bei Aufrechnung zur Verfügung (dazu unter dd bis ff), kommt es auf die Zuordnung der Aufrechnung zu Leistungsbestandteilen und deren Verhältnis zum darlehensweise gedeckten Bedarf verfassungsrechtlich nicht an.
Eine von vornherein nicht verfassungsrechtliche Frage ist es, ob die gesetzlich angeordnete Aufrechnung bei Mietkautionsdarlehen fachlich zum SGB II passt (zur Problemlage vgl Bittner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 42a RdNr 82.2; Nikolaus, SozSich 2018, 116). Anderes folgt nicht aus einem Folgerichtigkeitsgebot (vgl mit Blick auf Aufrechnungen im SGB II dazu Blüggel/ Wagner, NZS 2018, 677, 683; vgl allgemein zur Rechtsprechung des BVerfG zum Folgerichtigkeitsgebot Britz, Die Verwaltung 2017, 421). Denn zum SGB II gehören neben der Bedarfsdeckung durch zuschussweise Leistungen und der mit den Regelbedarfsleistungen verbundenen Ansparkonzeption auch darlehensweise Leistungen zur Bedarfsdeckung, die Aufrechnung von Rückzahlungsansprüchen aus Darlehen sowie von Überzahlungen und auch Leistungsminderungen.
cc) Eine andere verfassungsrechtliche Bewertung folgt nicht daraus, dass die Aufrechnung nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II nicht an ein vorwerfbares oder sonst obliegenheitswidriges Vorverhalten des Leistungsberechtigten anknüpft (vgl hierzu Blüggel/Wagner, NZS 2018, 677, 682). Der Senat hat zwar ausgeführt, dass bei der Regelung der Aufrechnung nach § 43 SGB II der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers größer ist, wenn für die Aufrechnung an einen Sachverhalt angeknüpft wird, der von einem dem Leistungsberechtigten vorwerfbaren Verhalten mitgeprägt ist (im Einzelnen BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 39). Daraus folgt indes nicht, dass Aufrechnungen, die nicht an ein vorwerfbares Verhalten anknüpfen, ausgeschlossen sind. Nur ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers kleiner. Dem ist damit entsprochen, dass die Aufrechnung nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II nicht 30 %, sondern 10 % des maßgebenden Regelbedarfs beträgt.
Zudem bleibt auch bei mehreren zu tilgenden Darlehen die zeitgleiche Aufrechnung auf der Grundlage des § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II auf 10 % begrenzt. Ein Aufsummieren von Aufrechnungen für mehrere Darlehen auf über 10 % des maßgebenden Regelbedarfs findet nach Maßgabe von § 42a Abs 2 Satz 1 und Abs 6 SGB II nicht statt (ebenso Bittner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 42a RdNr 48, 75; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 42a RdNr 195, Stand Februar 2012; Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 42a RdNr 33; vgl dazu Stellungnahme Bundesrat, BT-Drucks 17/3958 S 19, und Gegenäußerung Bundesregierung, BT-Drucks 17/3982 S 10; vgl auch die Fachlichen Weisungen der BA zu § 42a SGB II ≪42a.13≫, Stand 4.8.2016, Fassung 21.3.2016).
dd) Von verfassungsrechtlicher Relevanz bleibt danach insbesondere der Umgang mit Aufrechnungen bei sehr hohen Rückzahlungspflichten aus Darlehen und mit zeitlich unmittelbar nacheinander erfolgenden Aufrechnungen nach § 42a SGB II aufgrund mehrerer Darlehen, die jeweils nicht nur eine "vorübergehende monatliche Kürzung" (so zu § 23 Abs 1 SGB II aF BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 150) der ausgezahlten Leistungen bewirken (ebenso Bittner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 42a RdNr 14; zu § 24 Abs 1 SGB II und extrem hohen Passbeschaffungskosten vgl zuletzt BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 33/17 R - vorgesehen für SozR 4 RdNr 40).
Doch stehen insoweit als Korrekturmöglichkeiten sowohl eine zeitliche Begrenzung von Aufrechnungen auf drei Jahre in entsprechender Anwendung von § 43 Abs 4 SGB II zur Verfügung (vgl SG Potsdam vom 14.6.2017 - S 49 AS 305/16) als auch ein Erlass oder Teilerlass von Darlehensrückzahlungspflichten nach § 44 SGB II (vgl zu § 44 SGB II zuletzt BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 15/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 40 Nr 14, RdNr 27 ff; vgl im Übrigen zur Veränderung von Ansprüchen durch Stundung, Niederschlagung und Erlass jüngst Becker, SGb 2018, 129). Zudem kann eine erklärte Aufrechnung vor vollständiger Tilgung des Darlehens vorzeitig beendet werden. Denn sie unterliegt als Dauerverwaltungsakt (s oben 5.) den Vorgaben des § 48 SGB X, insbesondere des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X, § 40 Abs 2 Nr 3 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III, weshalb bei einer wesentlichen Änderung in den Verhältnissen zugunsten des Betroffenen (hier: Eintritt von gegen die Fortdauer der Aufrechnung sprechenden Umständen) die Aufrechnung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist (vgl dazu bereits BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 42; vgl auch Conradis in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 42a RdNr 24). Der nicht zu verkennenden verfassungsrechtlichen Relevanz der Dauer von Aufrechnungen kann so auf der Ebene der Anwendung des Gesetzes Rechnung getragen werden, ggf im Wege verfassungskonformer Auslegung (vgl dazu BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20, RdNr 116).
ee) Auf gesetzlicher Ebene bereits vorgesehen sind zudem die Umgangsweisen bei einem Zusammentreffen von Aufrechnungen nach § 42a Abs 2 SGB II mit Aufrechnungen nach § 43 SGB II und mit Leistungsminderungen nach §§ 31 ff SGB II. Nach § 43 Abs 3 iVm Abs 2 Satz 2 SGB II (in der bis zum 31.7.2016 geltenden Fassung; seit 1.8.2016: § 43 Abs 2 Satz 2 SGB II) ist die Höhe der monatlichen Aufrechnung auf insgesamt 30 % des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt und erledigt sich die nach § 42a Abs 2 SGB II erklärte Aufrechnung, soweit sie der Aufrechnung nach § 43 Abs 1 SGB II entgegensteht. Nach § 42a Abs 2 Satz 2 SGB II (in der seit 1.8.2016 geltenden Fassung) gilt § 43 Abs 3 SGB II (in der ab 1.8.2016 geltenden Fassung) entsprechend, wonach Aufrechnung und Leistungsminderung bei Zeitgleichheit auf insgesamt 30 % des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt sind. Auch für die bis zum 31.7.2016 geltende Fassung des SGB II war diese Begrenzung bereits anerkannt worden (vgl nur die Fachlichen Weisungen der BA zu § 42a SGB II ≪42a.15≫, Stand 4.8.2016, Fassung 21.3.2016).
ff) Im Übrigen ist sichergestellt, dass den Betroffenen trotz Einbehaltung von bewilligten Leistungen zur Rückführung von Mietkautionsdarlehen und der hierdurch bewirkten Auszahlung geringerer als zur Bedarfsdeckung bewilligter Leistungen die auch in dieser Lage unerlässlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zeitgerecht zur Verfügung stehen. Es bestehen hinreichende gesetzliche Möglichkeiten zur Vermeidung der Unterdeckung existenznotwendiger Bedarfe, ggf in verfassungskonformer Auslegung (zu deren Notwendigkeit mit Blick auf die Grenzen der gesetzlichen Bedarfsdeckungskonstruktion vgl BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20, RdNr 116, 119 ff).
Das SGB II enthält Regelungen, auf deren Grundlage sonst nicht gedeckte, aber aus verfassungsrechtlichen Gründen tatsächlich zu deckende existenznotwendige Bedarfe während der Aufrechnung durch ergänzende Leistungen gedeckt werden können. Für einmalige Bedarfsspitzen vom Regelbedarf umfasster Bedarfe sieht insoweit § 24 Abs 1 SGB II zur Vermeidung von Deckungslücken eine darlehensweise Leistung vor; nach § 44 SGB II kann der Rückzahlungsanspruch des Jobcenters den Leistungsberechtigten erlassen werden, wenn dessen Einziehung nach Lage des Falls unbillig wäre. Für Härtefallmehrbedarfe sieht § 21 Abs 6 SGB II einen zusätzlichen Leistungsanspruch zum Regelbedarf vor, der als Zuschuss geleistet wird. Erwägen lassen sich zudem in besonderen Härtefällen ergänzende Sachleistungen (vgl dazu im Zusammenhang mit Leistungsminderungen bis zu 30 % des Regelbedarfs BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 19/14 R - BSGE 119, 17 = SozR 4-4200 § 31a Nr 1, RdNr 58-59 sowie Blüggel/Wagner, NZS 2018, 677, 683). Mit diesen Kompensationsmöglichkeiten bei besonderen Bedarfslagen kann verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Härten im Einzelfall begegnet werden (vgl dazu bereits BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 44; vgl auch die auf ungedeckt gebliebene Bedarfe ausgerichtete Perspektive in BVerfG ≪Kammer≫ vom 10.8.2017 - 1 BvR 1412/16).
7. Die angefochtene Aufrechnung ist formell und materiell rechtmäßig.
a) Die Aufrechnung ist formell rechtmäßig. Der Kläger ist vor Erlass des Aufrechnungsverwaltungsakts vom 12.10.2012, der in dessen Recht auf Auszahlung von bewilligten Leistungen an ihn eingreift, angehört worden (§ 24 Abs 1 SGB X; vgl zur grundsätzlichen Erforderlichkeit einer Anhörung vor der Aufrechnung § 24 Abs 2 Nr 7 SGB X) im Rahmen seines Antrags auf darlehensweise Gewährung der Mietkaution. Die Aufrechnung ist ihm gegenüber als Darlehensnehmer schriftlich erklärt worden (§ 42a Abs 2 Satz 2 SGB II; seit 1.8.2016: Satz 3).
b) Die Aufrechnungserklärung ist inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X). Sie ist mit der Darlehensbewilligung in einem Bescheid verbunden, regelt den Aufrechnungsbeginn ab 1.11.2012 und die monatlichen Raten von 10 % der maßgebenden "Regelleistung" (richtig: des maßgebenden "Regelbedarfs"). Hierdurch ist klar und unzweideutig zu erkennen, mit welchem Darlehensrückzahlungsanspruch aufgerechnet wird, ab wann und in welcher Höhe die Aufrechnung greift. Hinreichend deutlich wird auch, dass die Aufrechnung nicht allein auf die im Zeitpunkt ihrer Erklärung bereits bewilligten laufenden Leistungen Bezug nimmt und so auf den laufenden Bewilligungszeitraum begrenzt ist, sondern eine hiervon abgelöste Aufrechnung im Sinne eines Grundlagenverwaltungsakts über den laufenden Bewilligungszeitraum hinaus regelt; denn auf den Bewilligungsbescheid vom 17.9.2012 wird nicht Bezug genommen und durch die Angabe der Aufrechnungshöhe mit "aktuell 37,40 Euro" wird auf deren Veränderung im Zeitverlauf hingewiesen.
c) Die Aufrechnung ist materiell rechtmäßig. Der Beklagte konnte aufrechnen mit seinem Rückzahlungsanspruch aus dem von ihm dem Kläger erbrachten Mietkautionsdarlehen für dessen Aufwendungen für die mit dem Vermieter vereinbarte, die Grenzen des § 551 Abs 1 BGB wahrende Mietkaution von 566 Euro (Grundmiete 188,80 Euro); der Beklagte konnte aufrechnen gegen die gegen ihn gerichteten Ansprüche des Klägers auf Alg II, auf die dieser Anspruch als Zuschuss hatte, denn er erfüllte nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und unterlag keinem Leistungsausschluss (zur Aufrechnungslage bei Aufrechnungen nach dem SGB II auch für künftige Bewilligungszeiträume vgl zu § 43 SGB II bereits BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 24; vgl auch Bittner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 42a RdNr 45).
Die in Höhe von 10 % des jeweils maßgebenden Regelbedarfs erklärte Aufrechnung ab der insoweit nach Auszahlung am 29.10.2012 bereits zum 1.11.2012 eingetretenen Fälligkeit wahrt die Vorgaben des § 42a Abs 2 SGB II. Ermessen war weder mit Blick auf das Ob einer Aufrechnung noch auf deren Höhe auszuüben; die Ermächtigungsgrundlage sieht eine gesetzlich gebundene Entscheidung vor (vgl Bittner in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 42a RdNr 41 f; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 42a RdNr 176, 182, 194, 214, Stand Februar 2012; Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 42a RdNr 2, 14, 32; zur Prüfung des Entschließungsermessens im Rahmen des § 43 SGB II vgl demgegenüber BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 25 f).
d) Auch eine Grundrechtsverletzung des Klägers ergibt sich nicht aus dem und für den hier zu entscheidenden Fall. Er ist mit seinem Rechtsschutzbegehren nach Übernahme der Mietkaution als Zuschuss unterlegen. Weder den Feststellungen des LSG noch dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass nach Bewilligung und Erbringung des beantragten Darlehens eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers eingetreten ist, die für eine Aufhebung der erklärten Aufrechnung sprechen könnte. Auch war der Kläger bislang durch die aufschiebende Wirkung seiner Klage vor der Durchführung der Aufrechnung geschützt. Diese dauert angesichts der Mietkaution von 566 Euro zudem weit unter drei Jahre.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
BSGE 2020, 63 |
NJW 2019, 10 |
NJW 2019, 1970 |
FEVS 2020, 13 |
NDV-RD 2020, 5 |
ZfF 2019, 163 |
ZfSH/SGB 2019, 389 |
FuBW 2019, 738 |
FuHe 2019, 631 |
FuNds 2019, 595 |
info-also 2019, 139 |