Verfahrensgang

Hessischer VGH (Beschluss vom 29.03.1989; Aktenzeichen BPV TK 3992/87)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 29. März 1989 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die mit ihr erhobene Rüge, die Entscheidung des Beschwerdegerichts weiche von dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1987 – BVerwG 6 P 32.84 – (Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 53 = PersR 1988, 51 = PersV 1989, 68 = DVBl. 1988, 355) ab, nicht durchgreift.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Beschluß entschieden, daß der Mitbestimmung des Personalrats gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG die Einführung und Anwendung aller technischer Einrichtungen unterliegen, die ihrer Konstruktion oder konkreten Verwendungsweise nach eine Überwachung von Leistung oder Verhalten der Beschäftigten ermöglichen. Das Mitbestimmungsrecht erstrecke sich somit auch auf solche Einrichtungen, die zur Überwachung lediglich objektiv „geeignet” seien, ohne daß der Dienststellenleiter bei ihrer Einführung und Anwendung die Absicht habe, sie zu diesem Zweck einzusetzen. Verfassungsrechtliche Gründe stünden dem nicht entgegen, wenn bei der Auslegung und Anwendung des Mitbestimmungstatbestandes des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG der dem Dienstherrn in organisatorischen Angelegenheiten zustehende Regelungsspielraum, in den die Mitbestimmung nicht eindringen dürfe, als Schranke des Mitbestimmungsrechts beachtet werde (vgl. § 104 Satz 3 BPersVG). Ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung komme demnach nur bei solchen technischen Einrichtungen in Betracht, die eine Aussage unmittelbar über Verhalten oder Leistung der Beschäftigten lieferten. Anlagen der elektronischen Datenverarbeitung seien demnach nur dann zur Überwachung geeignet, wenn sie mit einem entsprechenden Programm versehen seien oder werden könnten. Diese Feststellung in dem Beschluß vom 16. Dezember 1987 ist – wie die Beschwerde zutreffend darlegt – dahin zu verstehen, daß das Mitbestimmungsrecht des Personalrats auch dann gegeben ist, wenn ein „entsprechendes Programm” – noch – nicht vorhanden ist, soweit nur die Anlage der elektronischen Datenverarbeitung selbst unmittelbar die Überwachung von Leistung oder Verhalten der Beschäftigten ermöglicht.

Zu diesen rechtlichen Ausführungen stehen jedoch – entgegen der Auffassung der Beschwerde – die tragenden Gründe des Beschlusses des Beschwerdegerichts, mit dem über die Mitbestimmungspflichtigkeit des Einbaus einer neuen dienstlichen Nebenstellenanlage in einem Fernmeldeamt entschieden wurde, nicht in Widerspruch. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts, an die der beschließende Senat in einem Rechtsbeschwerdeverfahren gebunden wäre, ist die von dem Beteiligten vorgesehene neue Nebenstellenanlage nicht geeignet, die einzelnen Sprechstellen dahin gehend zu überwachen, „wer wann mit wem wie lange” telefoniert hat. Die Anlage wird danach von der Herstellerfirma zwar in ihrem Hardware-Grundausbau mit einer Einrichtung zur Gebührenerfassung als Voraussetzung einer Überwachung geliefert. Das Leistungsmerkmal „Gebührenerfassung” kann jedoch in der vorgesehenen Nebenstellenanlage nicht aktiviert werden, und zwar nicht nur mangels der dazu erforderlichen Betriebssoftware, sondern auch deshalb, weil es dazu bestimmter technischer Vorkehrungen in der Ortsvermittlungsstelle bedarf. Eine gebührenmäßige Erfassung der von den Beschäftigten geführten externen Gespräche ist nämlich erst nach Eingabe eines besonderen Parameters „ja/nein” sowie nach Einspeisung der Zählimpulse in die Ortsvermittlungsstelle durch Entfernung einer Drahtbrücke möglich. Hiernach steht fest, daß die neue Nebenstellenanlage deshalb nicht der Mitbestimmung des Personalrats gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG unterliegt, weil sie nach ihrer Konstruktion und konkreten Verwendungsweise nicht unmittelbar Aussagen über Verhalten oder Leistung der Beschäftigten liefern kann. Auf den Umstand, daß es an der Software für das Erfassen oder Abfragen von Gebühren- oder Gesprächsdaten fehlt, kommt es damit nicht entscheidungserheblich an. Einer etwaigen Aktivierung der Gebührenerfassung und Einspeisung der KHz-Zählimpulse, die der Mitbestimmung des Personalrats unterliegen würde, kann der Personalrat aufgrund seines Überwachungsrechts gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG wirksam entgegentreten, wobei er sich auch auf die Dienstanschlußbestimmungen der Deutschen Bundespost berufen könnte.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob das Beschwerdegericht mit seiner Rechtsauffassung, „erst das durch die Software ermittelte Programm mache die Einrichtung zur Überwachung geeignet”, einen von dem Beschluß des Senats vom 16. Dezember 1987 abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Denn diese Feststellung war für die Entscheidung nicht tragend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt aber die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Divergenz in einer Rechtsfrage voraus, daß diese für die getroffene Entscheidung erheblich war (vgl. Beschluß vom 27. April 1989 – BVerwG 6 PB 22.88 –).

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Nettesheim, Ernst

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1178902

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