Entscheidungsstichwort (Thema)
Bergrecht. Enteignung. bergfreies Grundeigentum. vorkonstitutionelles Recht. gesetzgeberisches Ermessen. Wiedervereinigung. Einigungsvertrag
Leitsatz (amtlich)
- Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik sind vorkonstitutionellen Rechts. Sie sind vorbehaltlich einer Regelung gemäß Art. 99 GG revisibles Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO nur dann und soweit, wie dies durch Art. 9 EV bestimmt ist.
- Das Bundesgesetz zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands und der Vereinbarung vom 18. September 1990 vom 23. September 1990 (BGBl II S. 885) hat in Eigentumsrechte im Bereich des Bergrechts nicht eingegriffen. Die Veränderung des Eigentumsinhalts durch Begründung der Bergfreiheit für bestimmte Bodenschätze (hier: Kiese und Sande) war mit dem Inkrafttreten der Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15. August 1990 (GBl DDR I Nr. 53 S. 1071) vollzogen.
- Art. 14 GG gilt nicht für Maßnahmen, die vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes im Gebiet der ehemaligen DDR vollzogen wurden.
- Der Bundesgesetzgeber besitzt für das allgemeine Ziel, die Rechtseinheit in Deutschland zwischen den alten und den neuen Bundesländern zu verwirklichen, einen sehr weiten Gestaltungsspielraum. Angesichts der mit der Wiedervereinigung verbundenen besonderen Umstände durfte er – jedenfalls für eine Übergangszeit – die Harmonisierung zweier Rechtsordnungen im Bereich des Grundstücksnutzungsrechts einer künftigen Regelung überlassen.
Normenkette
VwGO § 137 Abs. 1 Nr. 1; EV Art. 8, 9 Abs. 1; GG Art. 14 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14.12.1995; Aktenzeichen 4 L 22/95) |
VG Halle (Saale) (Urteil vom 09.03.1995; Aktenzeichen 3 VG A 343/92) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 1995 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen – als Gesamtschuldner – die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
1. Die Kläger sind – in ungeteilter Erbengemeinschaft – Eigentümer des Flurstücks 65/1 der Flur 9 in der Gemarkung K…/Z… in Sachsen-Anhalt. Das Grundstück hat eine Fläche von etwa 11 ha. Es liegt im Bergwerksfeld Z…/E… Die Kläger machen geltend, ihnen stünden für ihr Grundstück die dort vorkommenden Kiese und Kiessande als Eigentum zu.
Durch Bescheid vom 24. September 1990 verlieh der Leiter der Staatlichen Vorratskommission für nutzbare Ressourcen der Erdkruste beim Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik der Treuhandanstalt das Bergwerkseigentum für die im Bergwerksfeld Z…/E… vorkommenden Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen. Der Bescheid ist auf die Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15. August 1990 (GBl DDR I Nr. 53 S. 1071) gestützt. Ihm liegt ein Antrag der Treuhandanstalt vom 27. August 1990 zugrunde. Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt ist die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, die Beigeladene zu 1).
Mit Bescheid vom 30. April 1991 bestätigte das beklagte Bergamt Halle der Treuhandanstalt das unbefristete Gewinnungsrecht für die im Bergwerksfeld Z…/E… lagernden Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen als Bergwerkseigentum. Die Treuhandanstalt veräußerte mit Vertrag vom 30. Mai 1991 das so bestimmte Bergwerkseigentum an die Beigeladene zu 2, ein privates Unternehmen. Das Bergamt genehmigte die Veräußerung des Bergwerkseigentum mit Bescheid vom 24. Juni 1991. Ferner beantragte das Bergamt am 15. Dezember 1992, die Treuhandanstalt in das Berggrundbuch von Z…/E… einzutragen. Die Eintragung erfolgte unter dem 13. März 1993, die Umschreibung auf die Beigeladene zu 1 am 25. August 1993.
2. Mit Schreiben vom 22. April 1991 legten die Kläger Widerspruch gegen die Bestätigung für das erteilte Gewinnungsrecht bei der Bezirksverwaltungsbehörde Halle ein. Von dort gelangte das Schreiben am 7. Mai 1991 an das inzwischen zuständige Bergamt Halle. Mit ihrem weiteren Schreiben vom 21. Januar 1992 erhoben die Kläger erneut Widerspruch, und zwar gegen die Bestätigungsurkunde vom 30. April 1991 und gegen die Genehmigung vom 24. Juni 1991. Sie machten geltend, das Kies- und Kiessandvorkommen sei grundeigen, nicht jedoch bergfrei. Das beklagte Bergamt wies den Widerspruch mit Bescheid vom 30. Oktober 1992 als unbegründet zurück. Eine von der Klägerin zu 1 eingelegte Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht wegen fehlender Erschöpfung des Rechtswegs nicht zur Entscheidung an (Beschluß vom 13. Juli 1992 – 1 BvR 1030/91 –; vgl. auch BVerfGE 86, 382).
Mit ihrer am 3. Dezember 1992 erhobenen Klage beantragten die Kläger, die Bescheide des beklagten Bergamtes vom 30. April 1991 und vom 24. Juni 1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 1992 insoweit aufzuheben, als diese das Flurstück … der Flur … in der Gemarkung K…/Z… betreffen. Das Verwaltungsgericht Halle wies die Klage mit Urteil vom 9. März 1995 als unbegründet ab. Die hiergegen gerichtete Berufung wies das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt durch Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 1995 zurück. Das Berufungsgericht stellte sich auf den Standpunkt, daß die Kläger nicht Eigentümer des von ihnen in Anspruch genommenen Vorkommens seien. Die angegriffene Bestätigung des Bergwerkseigentums sei durch die Regelung in Anlage I Kap. V Sachgebiet D Abschnitt III 1 Nr. 1 lit. d) (2) 1.2 Spiegelstrich 2, 2. und 2.2 zu Art. 8 des Einigungsvertrages (EV) gedeckt.
Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage, ob die Vorschriften, “mit denen das Eigentum an Kiesen und Kiessanden zur Herstellung von Betonzuschlagsstoffen vom Grundeigentum auf dem Gebiet der ehemaligen DDR abgespalten (bergfrei) gemacht worden ist und deren Übernahme im Zuge des Beitritts erfolgte”, verfassungsgemäß ist. Sie meint, die vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 24. Juni 1993 – BVerwG 7 C 36.92 – (BVerwGE 94, 23) bereits behandelte und verneinte Frage bedürfe nochmaliger, in einem Revisionsverfahren vorzunehmender Prüfung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Beschwerdevorbringen ergibt nicht, daß die allein geltend gemachten Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfüllt sind. Das Vorbringen zeigt nicht auf, daß eine klärungsfähige oder klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts gegeben ist.
1. Für den Bereich des irrevisiblen Rechts können sich Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, die in einem Revisionsverfahren zu klären wären, nicht ergeben (vgl. § 137 Abs. 1, § 173 VwGO, § 562 ZPO). Das Verfahren der Zulassung der Revision dient – mit Ausnahme der Verfahrensrügen – nur der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Bundesrechts. Die Zulassung der Revision dient ferner nur der Klärung, nicht – wie die Beschwerde möglicherweise meint – der Durchsetzung des revisiblen Rechts. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nimmt es hin, daß das vorinstanzliche Gericht revisibles Recht verletzt hat. Daß das revisible Recht dem Bundesverfassungsrecht angehört, ändert an dieser Beschränkung nichts. Danach ergibt sich:
1.1 Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik sind vorkonstitutionellen Rechts. Sie sind revisibles Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO nur dann und soweit, wie dies Art. 9 EV bestimmt. Das ist für das Berggesetz der Deutschen Demokratischen Republik grundsätzlich nicht geschehen. Vielmehr ist dieses Recht – wie sich aus Art. 8 und Art. 9 EV mittelbar ergibt – außer Kraft getreten. Das Berggesetz konnte nämlich nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht Landesrecht werden. Dies hätte es nur werden können, wenn der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit im Bergrecht keinen Gebrauch gemacht hätte. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Der Bund hat mit dem Inkraftsetzen des Bundesberggesetzes – BBergG – vom 13. August 1980 (BGBl I S. 1310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Februar 1990 (BGBl I S. 215), von der ihm zustehenden konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für den Bergbau gemäß Art. 72 Abs. 1 GG in Verb. mit Art. 74 Nr. 11 GG umfassend Gebrauch gemacht.
Das Bundesberggesetz gilt gemäß Art. 8 EV auch im Beitrittsgebiet als Bundesrecht, und zwar nach Maßgabe von dessen Anlage I Kap. V Sachgebiet D Abschnitt III 1 Nr. 1 (BGBl II S. 1004 f.). Nur insoweit geht es im Streitfall um revisibles Recht. Dazu zählt allerdings auch die Maßgabe selbst. Soweit das vorkonstitutionelle Recht der Deutschen Demokratischen Republik nicht übergeleitet wurde und damit im Zeitpunkt des Beitritts außer Kraft trat, kann es sich im Sinne des Prozeßrechts mithin nur um irrevisibles Landesrecht handeln. Weder der Einigungsvertrag noch andere Gesetze des Bundes oder des Landes Sachsen-Anhalt haben die Revisibilität dieses Rechtsbereichs begründet (vgl. Art. 99, 2. Altn. GG).
Aus diesem Grund kann das Vorbringen der Beschwerde, soweit es unmittelbar die Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15. August 1990 (DDR GBl I Nr. 53 S. 1071) betrifft und sich mit dessen Anwendung kritisch auseinandersetzt, im Beschwerdeverfahren nicht näher erörtert werden. Die Verordnung ist vorkonstitutionelles Recht. Entsprechendes gilt für das Berggesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Mai 1969 (GBl DDR I Nr. 5 S. 29), die erste Durchführungsverordnung zum Berggesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Mai 1969 (GBl DDR II Nr. 40 S. 257) und die dritte Durchführungsverordnung zum Berggesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. August 1976 (GBl DDR II Nr. 32 S. 403), auf welche die Beschwerde verweist. Auch dieses Recht ist irrevisibel, da es – wie erörtert – als solches nicht Bundesrecht geworden ist.
1.2 Zur Auslegung und Anwendung der revisiblen Maßgabe der Anlage I Kap. V Sachgebiet D Abschnitt III 1 Nr. 1 EV selbst trägt die Beschwerde Zulassungsgründe nicht vor. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Umstritten ist im Streitfall nicht der Begriff der mineralischen Rohstoffe im Sinne des § 3 des Berggesetzes der Deutschen Demokratischen Republik und seiner Durchführungsverordnungen, sondern allein deren eigentumsrechtliche Zuordnung. Die Beschwerde bezweifelt nicht, daß nach Maßgabe der Anlage I Kap. V Sachgebiet D Abschnitt III 1 Nr. 1 EV Bergfreiheit besteht. Sie hält die Regelung vielmehr insgesamt für rechtsunwirksam.
2. Die Beschwerde will sinngemäß die Verfassungsgemäßheit der mit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland entstandenen Rechtslage als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung ansehen. Es mag dahinstehen, ob dieses Vorbringen – für sich gesehen – überhaupt geeignet ist, der Darlegungspflicht des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu genügen. Die Beschwerde stellt insoweit keine, gerade auf die Auslegung und Anwendung einer bestimmten Norm des revisiblen Rechts gerichtete Rechtsfrage. Jedenfalls ergibt das Vorbringen der Beschwerde keine klärungsbedürftige Fragestellung, die erst in einem Revisionsverfahren erörtert werden müßte. Das gilt auch für die von der Beschwerde in ihrem Vorbringen vorausgesetzte verfassungsrechtliche Ausgangslage.
2.1 Die von der Beschwerde ersichtlich vertretene Ansicht, die aufgrund der Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik vor dem Zeitpunkt des Beitritts am 3. Oktober 1990 entstandene Rechtslage sei enteignend gewesen und daher an Art. 14 Abs. 3 GG zu messen, rechtfertigt keine Zulassung der Revision. Die Auslegung und Anwendung des Art. 14 Abs. 3 GG betrifft zwar eine Frage des revisiblen Rechts. Es fehlt indes an der nötigen Klärungsbedürftigkeit des Vorbringens. Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG scheidet als maßgebender Schutzbereich aus. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt. Dies ist auch im Verfahren nach §§ 132, 133 VwGO zu beachten, wie aus § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu schließen ist. Hierzu im einzelnen:
2.1.1 Ein Rechtsvorgang kann nur dann als Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinne qualifiziert werden, wenn dem Betroffenen im Zeitpunkt des hoheitlichen Zugriffs eine enteignungsfähige (vermögenswerte) Rechtsposition überhaupt zustand (vgl. BVerfGE 25, 112 ≪121≫; 29, 348 ≪360≫; 58, 300 ≪332≫). Dazu muß die zuvor bestehende Rechtslage mit derjenigen verglichen werden, die durch den zu prüfenden “Eingriff” – hier infolge des Beitritts und der Anwendung des Bundesberggesetzes – entstanden sein soll (vgl. auch BVerfGE 3, 58 ≪136≫; 6, 290 ≪296≫; 25, 112 ≪122≫; 27, 253 ≪271≫; 27, 326 ≪334≫). Diese Prüfung ergibt, daß das Bundesgesetz zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands und der Vereinbarung vom 18. September 1990 vom 23. September 1990 (BGBl II S. 885) in Eigentumsrechte der Kläger nicht eingegriffen hat. Es hat die in vorkonstitutioneller Zeit entstandene eigentumsrechtliche Lage unberührt gelassen.
Sieht man mit der Beschwerde im dem Bundesgesetz und dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands und der Vereinbarung vom 18. September 1990 vom 23. September 1990 (a.a.O.) den maßgebenden Zugriffsakt, so stand in diesem Zeitpunkt zudem den Klägern im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG keine eigentumskräftige Rechtsposition zu, die eine Zugriffsberechtigung auf das Vorkommen an Kies und Kiessanden enthielt. Das vorkonstitutionelle “enteignende” Gesetz muß zwar – gemessen an den Voraussetzungen im Zeitpunkt seines Inkrafttretens – rechtswirksam gewesen sein. Dies hat das Berufungsgericht bejaht. Da dieser Bereich dem irrevisiblen Recht zuzuordnen ist, kann das Beschwerdegericht diese Auffassung nicht überprüfen. Vielmehr müßte es in dem erstrebten Revisionsverfahren die berufungsgerichtliche Ansicht zugrunde legen. Danach ergibt sich:
Die Veränderung des Eigentumsinhalts durch Begründung der Bergfreiheit war mit dem Inkrafttreten der Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15. August 1990 (GBl DDR I Nr. 53 S. 1071) vollzogen. Eines weiteren Vollzugsaktes bedurfte es nach Maßgabe des vorkonstitutionellen Rechts nicht mehr, um die Veränderung des Eigentumsinhaltes zu bewirken. Demgemäß war der Rechtsvorgang nach Maßgabe der früheren Rechtslage im Zeitpunkt des Beitritts abgeschlossen. Folgen aus einer vorkonstitutionellen “Enteignung”, die in den Geltungsbereich des Grundgesetzes hineinwirken, stellen keine Enteignungsmaßnahmen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG dar (BVerfGE 2, 237 ≪246≫).
Auch wenn man mithin zugunsten der Kläger unterstellt, daß in vorkonstitutioneller Zeit eine staatliche Maßnahme der Deutschen Demokratischen Republik als “Enteignung” zu beurteilen ist, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision. Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG gilt nicht für Enteignungen, die vor dem Inkrafttreten des GG vollzogen wurden (vgl. BVerfGE 2, 237 ≪246≫; ebenso RGZ 109, 11 ≪15≫ zu Enteignungen vor Inkrafttreten der WRV 1919; ähnlich BVerfGE 15, 126 ≪135 ff.≫; 19, 150 ≪159 ff.≫; 41, 126 ≪151≫; vgl. BVerfGE 23, 153; 29, 348 ≪360≫; 45, 81 ≪99, 101≫; ferner BVerfGE 24, 367 ≪418≫; 46, 268 ≪287≫). Das ist hier der Fall. Eigentumsbeeinträchtigungen, die außerhalb des räumlichen und zeitlichen Geltungsbereichs des Grundgesetzes liegen, können in Anbetracht der auf das in tatsächlicher und staatsrechtlicher Hinsicht damalige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkten Staatsgewalt einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 nicht begründen (vgl. auch BVerfG, Beschluß der 1. Kammer des 1. Senats vom 26. Juli 1993 – 1 BvR 504/93 – DtZ 1993, 309 = AgrarR 1994, 88; Beschluß der 1. Kammer des 1. Senats vom 28. August 1992 – 1 BvR 1120/92 – DtZ 1993, 24 = NJ 1992, 551). Das ergibt sich auch aus dem im deutschen internationalen Enteignungsrecht geltenden Territorialprinzip (vgl. BGHZ 20, 4 ≪12≫; 25, 134 ≪140≫; 31, 168 ≪171≫; 39, 220 ≪227≫; BGH MDR 1972, 493; vgl. auch BVerfGE 84, 90 ≪123≫). Die Entschädigungslosigkeit der Enteignung oder ein ihr sonst nach inländischer Gerechtigkeitsvorstellung anhaftenden Makel reicht danach, soweit die Enteignung Objekte im Territorium des anderen Staates betreffen, nicht aus, um ihr die Wirksamkeit abzusprechen (vgl. BGHZ 62, 340 ≪343≫; vgl. auch BVerfGE 84, 90 ≪123 f.≫). Es mag sein, daß für die Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15. August 1990 (DDR GBl I Nr. 53 S. 1071) wirklich zwingende Gründe nicht bestanden. Immerhin konnte der Gedanke, für eine abzusehende Bautätigkeit sei eine gewisse Rohstoffsicherung an bergfreien Vorkommen eine volkswirtschaftlich vernünftige Maßnahme, Ausdruck einer die Interessen der Deutschen Demokratischen Republik wahrenden Maßnahme sein (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 – BVerwG 7 C 36.92 – (BVerwGE 94, 23 ≪28≫). Die Beschwerde bezweifelt dies. Das kann indes dahinstehen. Eine hierauf bezogene Rechtsprüfung ist nicht möglich. Die Frage der Rechtsgültigkeit der genannten Verordnung könnte nur am Maßstab höherrangigen Rechts der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik beantwortet werden. Dieses Recht ist indes – wie dargelegt – nicht revisibel und seine Auslegung und Anwendung damit einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht zugänglich.
2.1.2 Eine weitere Erwägung tritt hinzu: Bei den von den Klägern angegriffenen Rechtsvorschriften handelt es sich – gemessen an Art. 14 GG – ohnehin nicht um eine Enteignung, sondern um eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Auch dies bedarf keiner weiteren Klärung in einem Revisionsverfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt eine Enteignung tatbestandlich nur vor, wenn eine durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete vermögenswerte Rechtsposition ganz oder teilweise entzogen wird (BVerfGE 24, 367 ≪394≫; 38, 175 ≪180≫; 42, 263 ≪299≫; 45, 297 ≪338≫; 52, 1 ≪27≫; 56, 249 ≪260≫; 70, 191 ≪199 f.≫; 71, 137 ≪143≫; 72, 66 ≪76≫; 74, 264 ≪280≫; 79, 174 ≪191≫; 83, 201 ≪211≫). Der Entzug muß sich dabei auf eine konkrete Rechtsposition beziehen, ohne gleichzeitig den Inhalt des Eigentums generell und abstrakt zu verändern. Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG läßt mithin nur die Entziehung des konkreten Eigentumsgegenstandes zu (BVerfGE 24, 367 ≪396, 397≫; 38, 175 ≪184 f.≫; 45, 297 ≪326≫; 49, 382 ≪393≫; 51, 193 ≪211≫; 52, 1 ≪27≫; 58, 137 ≪144≫; 58, 300 ≪323≫; 70, 191 ≪199≫; 71, 137 ≪143≫; 72, 66 ≪76≫; 74, 264 ≪280≫). Das ist hier nicht geschehen, auch wenn sich die Wirkung für den Betroffenen jeweils konkret darstellen läßt. Auch eine sog. Legalenteignung liegt nicht vor. Vielmehr hat das vorkonstitutionelle Recht – gemessen an Art. 14 Abs. 1 GG – den Inhalt des Grundeigentums abstrakt und generell für das gesamte Grundeigentum in der Deutschen Demokratischen Republik inhaltlich verändert.
Eine derartige Änderung des Inhalts des Eigentums ist nicht nach Art. 14 Abs. 3 GG, sondern nur nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu beurteilen (vgl. auch BVerfGE 52, 1 ≪27 ff.≫; 79, 174 ≪198≫; 87, 114 ≪138 f.≫; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 – a.a.O. S. 27). Es bestehen grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, wenn jedenfalls bislang nicht ausgenutztes grundeigenes Eigentum an Bodenschätzen in bergfreies Eigentum überführt wird. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Vorgabe des Art. 14 Abs. 2 GG, der Richtschnur für die Gesetzgebung ist.
2.2 Das Vorbringen der Beschwerde ist auch dahin zu verstehen, daß dem Bundesgesetzgeber vorgehalten wird, er hätte die “Enteignung” des klägerischen Privateigentums im Einigungsvertrag nicht hinnehmen dürfen. Die Beschwerde will ersichtlich als eine klärungsbedürftige Frage geltend machen, ob Art. 14 GG für den Bundesgesetzgeber im Zusammenhang mit der Ratifizierung des Einigungsvertrages eine Schutzpflicht begründete, die vorkonstitutionell entstandene Rechtslage zu ändern. Auch dieses Vorbringen der Beschwerde gibt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die vorgetragenen Fragen sind durch die bislang entstandene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls als hinreichend geklärt anzusehen.
Richtig ist, daß der Bundesgesetzgeber bei der Ratifizierung eines Vertrages mit einem anderen Staat unter dem verfassungsrechtlichen Gebot steht, die im Grundgesetz enthaltene Wertordnung zu beachten. Dazu zählt selbstverständlich auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG (vgl. BVerfG 6, 290 ≪296≫; 29, 348 ≪360≫). Indem der Bundesgesetzgeber statuierte, daß das Bundesbergrecht auf das Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik anzuwenden sei, nahm er den ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrag wahr, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Hierbei hatte der Bundesgesetzgeber sowohl die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch das Sozialstaatsgebot des Art. 14 Abs. 2 GG einerseits und die durch die herzustellende Einheit Deutschlands gegebenen Bedingungen in einer einmaligen historischen Lage andererseits zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 84, 90 ≪118 ff.≫; vgl. ferner BVerfGE 52, 1 ≪27 ff.≫; 79, 174 ≪198≫; 87, 114 ≪138 f.≫).
Die grundgesetzliche Gewährleistung des Privateigentums als Rechtsinstitut (vgl. BVerfGE 20, 351 ≪355≫; 24, 367 ≪389≫; 58, 300 ≪339≫) verbietet zwar, solche Sachbereiche der Privatrechtsordnung zu entziehen, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören. Die mit Art. 14 Abs. 1 GG durch die Bestandsgarantie gewollte Sicherung des personalen Freiheitsbereiches muß beachtet bleiben. In diesem Sinne dient die Eigentumsgarantie der Entfaltung und Sicherung persönlicher Freiheit (vgl. BVerfGE 24, 367 ≪389, 400≫; 30, 292 ≪334≫) Dies bedeutet indes nicht, daß ein bislang der privaten Verfügungs- und Nutzungsmacht zugeordnete Sachgut nicht angetastet werden dürfte (vgl. BVerfGE 24, 367 ≪389 f.≫; 58, 300 ≪339≫). Das gilt vor allem dann, wenn Gemeinwohlbelange eine anderweitige Zuordnung nahelegen. Auch insoweit ergeben sich im vorliegenden Fall keine erst in einem Revisionsverfahren zu klärenden Rechtsfragen:
Die Zuordnung von Bodenschätzen als bergfrei und grundeigen besitzt nur bedingt einen Bezug zur personalen Entfaltungsfreiheit des Einzelnen. Das bedeutet nicht, daß der Gesetzgeber die wirtschaftliche Verwertungsfähigkeit eines Grundeigentums auch hinsichtlich abbauwürdiger Vorkommen insoweit unbeachtet lassen könnte. Er ist indes an Veränderungen grundsätzlich nicht gehindert, wenn er dafür sachliche Gründe besitzt (vgl. auch BVerfGE 52, 1 ≪27 ff.≫). Der Bundesgesetzgeber hatte 1980 mit dem Bundesberggesetz eine grundsätzliche Neuordnung der Eigentumsverhältnisse hinsichtlich des abbauwürdigen Vorkommens vorgenommen. Es kann verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden, wenn der ratifizierende Bundesgesetzgeber im Zuge der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands aus diesem Grunde bestimmte, das Bergrecht solle zwar möglichst bald bundeseinheitlich gelten. Er nahm damit einen Zustand in der Deutschen Demokratischen Republik nur insoweit hin, wie dieser den Grundsätzen des Bundesberggesetzes entsprach. Angesichts der mit der Wiedervereinigung verbundenen besonderen Umstände durfte der Gesetzgeber – jedenfalls für eine Übergangszeit – die Harmonisierung zweier Rechtsordnungen im Bereich des Grundstücksnutzungsrechts einer künftigen Regelung überlassen (vgl. BVerfG, Beschluß der 1. Kammer des 1. Senats vom 30. Mai 1995 – 1 BvR 1899/94 – DtZ 1995, 360 = WM IV 1995, 1238). Dem ratifizierenden Bundesgesetzgeber läßt sich nicht als ein verfassungswidriges Verhalten vorhalten, er habe darauf bestehen müssen, daß die im Gebiet der früheren Bundesrepublik Deutschland bereits bestehende Gesetzeslage ohne Änderungen auf das Gebiet der neuen Bundesländer zu erstrecken sei. Der Einigungsvertrag hatte die Herbeiführung der staatlichen Einheit Deutschlands zum Ziel. Damit verfolgte der Bundesgesetzgeber ein Gebot von hohem verfassungsrechtlichen Rang (vgl. BVerfGE 36, 1 ≪18≫; 77, 137 ≪149≫; 84, 90 ≪125≫). Bereits dies enthob ihn der verfassungsrechtlichen Pflicht, gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik als eine unabdingbare Voraussetzung des in Aussicht genommenen Beitritts darauf zu bestehen, die getroffene Maßnahme der “Enteignung” rückgängig zu machen.
Danach konnte sich für den ratifizierenden Bundesgesetzgeber nur noch die Frage stellen, ob er durch die Wertvorstellungen des Art. 14 Abs. 1 GG oder durch stillschweigende Billigung etwaigen früheren Unrechts von Verfassungs wegen gehalten war, einen Ausgleich zu schaffen (vgl. BVerfGE 84, 90 ≪126≫). Dies ist jedenfalls für den hier zu beurteilenden Sachverhalt zu verneinen, ohne daß es hierzu auch insoweit eines Revisionsverfahrens bedarf. Bei der Regelung einer “Wiedergutmachung” früheren, von einer anderen Staatsgewalt zu verantwortenden Unrechts – dies zugunsten der Kläger hier unterstellt – hat der Gesetzgeber einen besonders weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 13, 39 ≪43≫; 27, 253 ≪270≫; 41, 126 ≪150≫; 84, 90 ≪126≫). Das bedingt, daß Gründe des Rechts- und Sozialstaates in einer so dringenden Weise gegeben sein müßten, daß jedes gesetzgeberische Unterlassen als unerträglich erschiene. Davon kann keine Rede sein. Es ist bereits dargelegt, daß im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG der Bundesgesetzgeber die Zuordnung von Bodenschätzen zum Grundeigentum oder zum bergfreien Bergwerkseigentum zum Nachteil des Grundeigentümers grundlegend ändern kann. Allerdings darf er dies nur in Verfolgung verfassungslegitimer Ziele. Daß hierzu auch die volkswirtschaftlich als geboten angesehene Förderung künftiger Bautätigkeit zählt, liegt auf der Hand. Ferner hat der Gesetzgeber Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Den Klägern ist das Grundeigentum als solches nicht entzogen worden. Wenn es den Klägern – wie sie im Berufungsverfahren geltend gemacht haben – in erster Linie darum geht, die Zerstörung der natürlichen Landschaft durch Kiesabbau zu verhindern, dann stehen sie nicht anders als andere Grundeigentümer, denen Grundstücke mit bergfreien Vorkommen gehören. Entscheidend ist indes, daß die Grundeigentümer das ihnen nach früherer Rechtslage zugeordnete grundeigene Bergwerkseigentum nicht durch eigene (investive) Leistungen geschaffen haben. Insoweit greift der Gesetzgeber im grundrechtlichen Sinne nicht in die Substanz des Eigentums ein.
2.3 Danach verkürzt sich das Anliegen der Kläger – soweit es dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen ist – im wesentlichen auf den Gesichtspunkt der Gleichbehandlung innerhalb des Geltungsbereichs des Bundesberggesetzes. Auch insoweit stellen sich klärungsbedürftige Fragen jedoch nicht. Rechtsfragen, welche die Auslegung und die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG betreffen, sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weitestgehend geklärt. Zudem ist für eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG nichts ersichtlich. Der Bundesgesetzgeber besitzt für das allgemeine Ziel, die Rechtseinheit in Deutschland zwischen den alten und den neuen Bundesländern zu verwirklichen, einen sehr weiten Gestaltungsspielraum. Es muß seiner politischen Einschätzung überlassen bleiben, in welchen Bereichen und mit welcher Intensität er die Rechtseinheit fördern oder bewirken will. Es ist jedenfalls nicht sachwidrig, wenn er bis vor kurzem (vgl. Gesetz zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen vom 15. April 1996, BGBl I S. 602) davon abgesehen hat, die Maßgabe der Anlage I Kap. V Sachgebiet D Abschnitt III 1 Nr. 1 abzuändern. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, auf welchen Zeitpunkt sich das Begehren der erhobenen Anfechtungsklage nur beziehen kann.
3. Soweit die Beschwerde in ihrem Vorbringen auf Fragen der Grundabtretung gemäß §§ 77 ff. BBergG verweist, ist dies nicht Streitgegenstand des Berufungsurteils.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der beschließende Senat folgt der Streitwertbestimmung des Berufungsgerichts, auch unter Berücksichtigung der für die neuen Bundesländer bestehenden Begünstigung.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Hien
Fundstellen