Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 19.06.2002; Aktenzeichen 8 A 01.40008) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Juni 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens – mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen – im Verhältnis ihrer Anteile am Gesamtstreitwert.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 111 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1.1. Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler das Fehlen eines Tatbestandes nach § 117 Abs. 2 Nr. 4 VwGO und meint, es sei nicht zu erkennen, welchen tatsächlichen Streitstoff das Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Davon kann indes keine Rede sein. Nach § 313 Abs. 2 ZPO, der nach § 173 Satz 1 VwGO entsprechend anzuwenden ist, sollen im Tatbestand Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Diesen Anforderungen genügt das angegriffene Urteil ohne Zweifel. Dagegen besteht, anders als die Beschwerde offenbar meint, keine gesetzliche Regelung dahin gehend, dass bereits im Tatbestand eines Urteils die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts zu finden sein müssen.
1.2 Ferner rügt die Beschwerde, das Urteil sei nicht im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO mit Gründen versehen. Dieser „grobe Formmangel” liegt indes nur vor, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass die angeführten Gründe unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 1998 – BVerwG 9 B 412.98 – NJW 1998, 3290 = Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein. Dem steht nicht entgegen, dass die Kläger die Entscheidungsgründe nicht als überzeugend ansehen. Denn damit wird kein Begründungsmangel aufgezeigt.
Im Übrigen ist im vorliegenden Fall bereits die Planfeststellungsbehörde zu dem Ergebnis gelangt, die nach Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie vorzunehmende Verträglichkeitsprüfung ergebe, dass keine erhebliche Beeinträchtigung des gemeldeten Gebiets zu verzeichnen sei. Das Urteil referiert die entsprechenden Schlussfolgerungen (Urteilsabdruck S. 11). Somit liegt es nahe, zum Verständnis des angegriffenen Urteils auch die Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses sowie der seiner Schlussfolgerung zugrunde liegenden fachlichen Stellungnahmen heranzuziehen. Umso weniger kann davon gesprochen werden, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen.
Soweit die Kläger die Kürze der Formulierung im vorletzten Satz zu Nr. 3 (Urteilsabdruck S. 13) rügen, erwähnen sie nicht, dass sich diese erkennbar auf die vorangegangenen Ausführungen bezieht.
2. Die von der Beschwerde im Zusammenhang mit der Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie erhobenen Rügen bleiben ohne Erfolg.
2.1 Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫; stRspr).
Die Beschwerde wirft die Frage auf, ob ein Straßenbauvorhaben auf einer Strecke von ca. 700 Metern ein nach Art. 3, 4 Abs. 1 der FFH-Richtlinie für das Netz „Natura 2000” gemeldetes Gebiet durchqueren dürfe, auch wenn ein durchschnittener Kontaktraum zwischen Fluss (Auwald) und Hochmoor bereits jetzt gestört wäre und es sich hierbei um einen örtlich begrenzten Eingriff handeln würde, der sich sowohl im Verhältnis zum gesamten gemeldeten FFH-Gebiet als auch zum betroffenen Teilstück als sehr kleinräumig darstellen würde. Sie schließt hieran die Fragen an, ob bei dieser Fallgestaltung das Vorhaben zustimmungsfähig im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-Richtlinie sei, weil das „Gebiet als solches” nicht beeinträchtigt werde und ob in diesem Fall § 34 Abs. 2 BNatSchG n.F. (bzw. § 19 c Abs. 2 BNatSchG a.F.) unmittelbar oder analog anwendbar sei, mit der Folge, dass ein Vorhaben nicht zugelassen oder durchgeführt werden dürfe, wenn kein Ausnahmetatbestand gemäß Absatz 3 gegeben sei.
Damit wird jedoch keine Frage aufgeworfen, die in einem Revisionsverfahren grundsätzlicher Klärung zugänglich und bedürftig wäre.
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mehrfach entschieden, dass die FFH-Richtlinie schon jetzt für die Planfeststellung bestimmte Vorwirkungen für den Mitgliedstaat entfaltet. Dazu gehört insbesondere das aus dem Gemeinschaftsrecht folgende Verbot, die Ziele der FFH-Richtlinie zu unterlaufen und vollendete Tatsachen zu schaffen, die geeignet sind, die Erfüllung der vertraglichen Pflichten unmöglich zu machen. Wie der Senat in Bezug auf die Beeinträchtigung sog. potentieller FFH-Gebiete durch Straßenbauvorhaben weiter entschieden hat, kann diese Vorwirkung unterschiedliche Rechtspflichten auslösen. Drängt es sich auf, dass ein potentielles FFH-Gebiet nach seiner Meldung auch Aufnahme in die Gemeinschaftsliste (vgl. Art. 4 Abs. 2 FFH-Richtlinie) finden wird, ist die Zulässigkeit eines dieses Gebiet berührenden Straßenbauvorhabens an den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie zu messen. Kann dagegen die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht hinreichend sicher prognostiziert werden, hat es mit dem Verbot sein Bewenden, das Gebiet so nachhaltig zu beeinträchtigen, dass es für eine Meldung und Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht mehr in Betracht kommt (BVerwG, Urteil vom 17. Mai 2002 – BVerwG 4 A 28.01 – BVerwGE 116, 254 = NVwZ 2002, 1243 = UPR 2002, 448 = Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 7 m.w.N.). Diese Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung ausdrücklich zugrunde gelegt (vgl. Urteilsabdruck S. 10/11). Er ist dann zu dem Ergebnis gelangt, dass vorliegend gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-Richtlinie eine Verträglichkeitsprüfung anzustellen war. Eine derartige Prüfung hat die Planfeststellungsbehörde im vorliegenden Fall auch (vorsorglich) durchgeführt. Ihr Ergebnis fasst das Gericht dahin zusammen, insgesamt handele es sich bei den ermittelten Beeinträchtigungen um solche, die das gesamte FFH-Gebiet in seinen Zielen und seinem Fortbestand nicht gefährdeten. Als Ergebnis seiner eigenen Beweisaufnahme hält das Gericht fest, dass es sich um einen örtlich sehr begrenzten Eingriff handele, der sich sowohl im Verhältnis zum gesamten FFH-Gebiet, das 2 338 ha umfasst, als auch zum konkret betroffenen Teilstück als ein sehr kleinräumiger Bereich darstelle. Der Flusslauf der Ammer, der den Schwerpunkt des FFH-Gebiets bilde, werde durch das Vorhaben in keiner Weise beeinträchtigt. Daraus zieht das Gericht die Schlussfolgerung, das Gebiet als solches werde nicht beeinträchtigt. Weder sei die Beeinträchtigung so gewichtig, dass sie sich auf die eigentlichen Schutzobjekte nachteilig auswirke noch dass Habitate in erheblichem Maße in Mitleidenschaft gezogen würden. Jedenfalls stehe das Projekt zu den im Planfeststellungsbeschluss dargelegten zentralen Erhaltungszielen des zu schützenden Gebiets nicht in einem wesentlichen Widerspruch und sei damit nicht unverträglich.
Vor dem Hintergrund dieser die Rechtslage darstellenden und auf den konkreten Einzelfall anzuwendenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung legt die Beschwerde keine Frage dar, die weiterer Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfte. Dies ergibt sich schon daraus, dass ihre Fragestellung bereits im Wortlaut die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls einbezieht, womit sie sich einer Klärung in verallgemeinerungsfähiger Form entzieht. Aber auch wenn man zugunsten der Beschwerde unterstellt, dass sich eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste Frage ableiten ließe, würde dies die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Rechtsgrundlage der hier von der Planfeststellungsbehörde durchgeführten und vom Verwaltungsgerichtshof gerichtlich überprüften Verträglichkeitsprüfung ist Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie. Zu untersuchen ist die Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-Richtlinie). Maßstab für die Entscheidung der Behörde ist nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-Richtlinie, ob das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird. Bei der Auslegung und Anwendung dieser Regelung werden die zuständigen Behörden gut beraten sein, wenn sie die Interpretationshilfe der Europäischen Kommission „NATURA 2000 – Gebietsmanagement, Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG” (im Internet: http://europa.eu.int/comm/environment/nature/art6 de.pdf) heranziehen. Dem steht nicht entgegen, dass, wie in diesem Dokument selbst betont wird (vgl. Vorwort), bei Zweifeln hinsichtlich der Auslegung einer Richtlinie letztlich der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entscheidet. In dieser Interpretationshilfe wird ausgeführt, aus dem Zweck der Richtlinie ergebe sich eindeutig, dass die Beeinträchtigung des „Gebiets als solches” im Verhältnis zu den für ein Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu betrachten ist. Bei der Erhaltung eines Gebiets als solches könne davon ausgegangen werden, dass eine Eigenschaft oder ein Zustand beschrieben werde, der auf Ganzheit oder Vollständigkeit hinweise. In einem durch Dynamik geprägten ökologischen Kontext könne darunter somit auch Elastizität oder Fähigkeit zur im Sinne der Erhaltung günstigen Entwicklung verstanden werden. … Bei der Überprüfung der Integrität eines „Gebiets als solches” müsse daher unbedingt eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden, darunter die Möglichkeit von Auswirkungen, die sich kurz-, mittel- und langfristig bemerkbar machen (vgl. Kap. 4.6.3). Die Beeinträchtigung eines Gebiets als solches beziehe sich auf dessen ökologische Funktionen. Die Entscheidung, ob eine Beeinträchtigung vorliege, solle sich auf die für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele konzentrieren und auf diese beschränkt bleiben. Diese Auslegungs- und Anwendungshilfe bestätigt, dass es bei der nach Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie vorzunehmenden Verträglichkeitsprüfung sowohl hinsichtlich der Umschreibung der für ein Gebiet festgelegten Erhaltungsziele als auch für die Frage, ob das Gebiet durch eine Maßnahme beeinträchtigt wird, auf die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls ankommt, die sich weiterer allgemeiner rechtlicher Klärung entziehen.
2.2 Die Beschwerde rügt ferner als Verfahrensmangel, der Verwaltungsgerichtshof hätte zu der Frage der Beeinträchtigung des Gebiets ein Sachverständigengutachten einholen müssen, wie dies von den Klägern in der mündlichen Verhandlung beantragt worden sei. Auch damit wird ein Grund für die Zulassung der Revision nicht aufgezeigt. Die Beschwerde legt nicht dar, dass sich die erstrebte Beweisaufnahme auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Tatsachengerichts aufgedrängt hätte. Dies wäre jedoch geboten gewesen, denn ein Gericht ist nur zu derjenigen Sachaufklärung verpflichtet, auf die es nach seiner Rechtsauffassung ankommt. Mit ihrem Hinweis auf eine fehlende eigene Sachkunde des Gerichts verkennt die Beschwerde die verfahrensrechtliche Situation. Denn bereits die Planfeststellungsbehörde ist auf der Grundlage der von ihr durchgeführten Verträglichkeitsprüfung zu dem von den Klägern in Frage gestellten Ergebnis gelangt, eine Beeinträchtigung des Gebiets als solches liege nicht vor. Dabei hat sie sich auf die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens eingeholten sachverständigen Stellungnahmen gestützt. Das von der Planfeststellungsbehörde gewonnene Ergebnis hat das Tatsachengericht einer eigenen Überprüfung unterzogen; dabei hat es sich einen eigenen Eindruck von den örtlichen Verhältnissen durch Einnahme eines Augenscheins verschafft. In einer derartigen Situation genügt der bloße Hinweis auf eine fehlende eigene Sachkunde des Gerichts nicht den Anforderungen an die Darlegung, warum es der Einholung eines Sachverständigengutachtens im gerichtlichen Verfahren bedurfte. Denn das Gericht hat den Beweisantrag nicht mit der Begründung abgelehnt, es verfüge über ausreichend eigene Sachkunde. Vielmehr ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Ansicht der Behörde abweichende Einschätzung der Betroffenheit des Gebiets im Sachvortrag der Kläger nicht der „in Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie enthaltenen Differenzierung” entspreche (Urteilsabdruck S. 13). Daraus wird deutlich, dass es bereits dem rechtlichen Ansatz der Kläger nicht gefolgt ist.
2.3 Die Kläger verweisen in diesem Zusammenhang ferner auf eine im Rahmen des Raumordnungsverfahrens abgegebene Stellungnahme des Landesamts für Umweltschutz aus dem Jahre 1990 und rügen, im Hinblick auf diese Stellungnahme habe das Gericht nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen dürfen. Sie verkennen jedoch, dass in der Zwischenzeit die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Verträglichkeitsprüfung durchgeführt hat, die zu einem die Beeinträchtigung verneinenden Gesamtergebnis gelangt ist. Alleine der Umstand, dass in einem früheren Verfahrensstadium eine Behörde eine eingehendere Untersuchung der in Betracht kommenden Trassen gefordert hat, vermag nicht darzulegen, dass ein Gericht, das im Ergebnis einem Planfeststellungsbeschluss folgt, nochmals ein eigenes Sachverständigengutachten einzuholen hätte.
Soweit die Kläger dabei ansprechen, das Gericht habe die Beteiligten nicht darauf hingewiesen, dass es der Stellungnahme aus dem Jahre 1990 im Ergebnis nicht folge, und damit möglicherweise eine unzulässige Überraschungsentscheidung rügen wollen, bleiben sie ebenfalls ohne Erfolg. Denn nachdem die Planfeststellungsbehörde zu einem entgegengesetzten Ergebnis gelangt war, kam eine „Überraschung” darüber, dass diese Entscheidung Gegenstand der gerichtlichen Prüfung sein werde, nicht mehr ernstlich in Betracht.
3.1 Auch die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Trassenalternative – hier die so genannte Zentrumstrasse – ausgeschieden werden darf, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Die insoweit maßgeblichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung bereits ausgearbeitet worden. Der Senat hat hervorgehoben, dass die Planfeststellungsbehörde nicht verpflichtet ist, von ihr erwogene Trassenvarianten in jeder Beziehung gleich intensiv zu prüfen wie die planfestgestellte Trasse. Vielmehr ist sie befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem früheren Verfahrensstadium auszuscheiden. Wenn die Planfeststellungsbehörde in dieser Weise verfährt, so handelt sie (erst) dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich ihr die ausgeschiedene Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (vgl. die Beschlüsse vom 26. Juni 1992 – BVerwG 4 B 1 – 11.92 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89, vom 16. August 1995 – BVerwG 4 B 92.95 – NVwZ-RR 1996, 68 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104 und vom 24. September 1997 – BVerwG 4 VR 21.96 – NVwZ-RR 1998, 297 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 134). Von diesen Grundsätzen geht auch der Verwaltungsgerichtshof aus. Er nimmt an, dass die genannte Trasse aus geotechnischer Sicht nach dem Stand der Technik grundsätzlich realisierbar wäre (Urteilsabdruck S. 14). Wäre selbst dies zu verneinen, dann wäre die Trasse nicht im Sinne der Rechtsprechung des Senats „weniger geeignet”, sondern von vornherein ungeeignet. Der Verwaltungsgerichtshof legt sodann sehr eingehend unter Verwertung zahlreicher Besonderheiten des Einzelfalls dar, dass die bei der genannten Trasse im Hinblick auf die geologische Situation (Untertunnelung einer Bergwerkshalde) auf den Vorhabenträger zukommenden technischen und finanziellen Probleme nicht ohne weiteres abzuschätzen gewesen seien. Demgegenüber zeigt die Beschwerde keine Frage auf, die sich losgelöst von den örtlichen Verhältnissen weiterer grundsätzlicher Klärung zuführen ließe. Hinzu tritt, dass die Trasse überdies aus weiteren Gründen vom Verwaltungsgerichtshof als nicht vorzugswürdig eingestuft worden ist; insbesondere sprächen verkehrliche Gründe sowie städtebauliche Überlegungen der betroffenen beigeladenen Gemeinde dagegen.
3.2 Auch die in diesem Zusammenhang erhobene Divergenzrüge bleibt ohne Erfolg. Denn ihr liegt die Prämisse zugrunde, die gewählte Trasse beeinträchtige ein gemeldetes FFH-Gebiet. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof indes gerade nicht ausgegangen; im Übrigen kann auf die Ausführungen unter 2. verwiesen werden. Daher scheidet auch eine Abweichung vom Urteil des Senats in seinem Urteil vom 17. Mai 2002 – BVerwG 4 A 28.01 – (a.a.O.) aus.
4. Die weiter sinngemäß gestellte Frage, ob ein Ausgleich nach § 19 Abs. 2 BNatSchG rechtlich in der Lage sein kann, trotz einer Beeinträchtigung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie bzw. § 34 Abs. 2 BNatSchG eine Zulassung zu ermöglichen, würde sich vorliegend nicht stellen, da der Verwaltungsgerichtshof eine derartige Beeinträchtigung gerade verneint hat. Davon abgesehen dürfte sich die Frage in dieser Allgemeinheit kaum rechtsgrundsätzlich klären lassen. Die Zulassung eines Projekts ergibt sich zunächst aus Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie. Mit dieser Regelung hat sich der Senat bereits mehrfach näher befasst (vgl. Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302). Weiterführende Fragen, die darüber hinaus im vorliegenden Verfahren zu klären wären, zeigt die Beschwerde nicht auf.
5. Die Beschwerde erhebt ferner mehrere Rügen zum Hochwasserschutz an der Ammer. Auch diesen bleibt der Erfolg versagt.
5.1 Der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren bindend zugesichert, dass er die im Schreiben des Straßenbauamts W. vom 16. April 2002 näher beschriebene weitere Erhöhung des linksseitigen Ammerdamms durchführen werde. Der Verwaltungsgerichtshof legt seiner rechtlichen Überprüfung die damit erklärte Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses zu Grunde. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beschwerde stellt hierzu die Frage, ob eine Planfeststellungsbehörde „ungenaue Berechnungen zur Höhe des Wasserspiegels und die damit verbundene, fehlerhafte Prognose der Hochwassergefahr im Gerichtsverfahren nachträglich heilen” könne, indem sie bindend zusichere, dass ein Hochwasserdamm im Bereich einer dahinter liegenden Wohnbebauung erhöht werde. Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Dabei braucht die Problematik nicht vertieft zu werden, dass in der Frage bereits Feststellungen enthalten sind, die in dieser Form vom Tatsachengericht nicht getroffen worden sind. Denn es bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass eine Planfeststellungsbehörde befugt ist, im anschließenden gerichtlichen Verfahren bindende Erklärungen abzugeben, mit denen sie den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ändert bzw. ergänzt. Die Beschwerde hält dem entgegen, eine Erhöhung des Hochwasserdamms an einer Stelle könne möglicherweise neue Betroffenheiten an anderer Stelle auslösen. Bevor dies entschieden werde, müssten daher die neu betroffenen Anlieger angehört werden. Sie zeigt damit Grenzen auf, denen die beschriebene Vorgehensweise unterliegen mag. Der Verwaltungsgerichtshof hat vorliegend jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, dass durch die hier vorgesehene Erhöhung des Hochwasserdamms zugleich die Belange Dritter erstmalig oder stärker als bisher berührt würden (vgl. hierzu § 73 Abs. 8 VwVfG). Umso weniger ist erkennbar, dass hier – wie die Beschwerde ohne nähere Begründung meint – ein gravierender Abwägungsmangel vorliege, der die gesamte Planfeststellung in der Konzeption betreffen könnte.
5.2 Im Übrigen geht der Verwaltungsgerichtshof zu Recht davon aus, dass nur eine völlige Verkennung der Hochwassersituation in dem vom Planvorhaben berührten Bereich zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könne. Andernfalls komme nur ein Anspruch auf ergänzende Schutzauflagen in Betracht, der vorliegend nicht im Streit steht. Diese Einschränkung des Streitgegenstandes ist auch bei den nachfolgend behandelten Rügen zu beachten.
5.3 Auch die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob eine Planfeststellungsbehörde bei Maßnahmen zum Hochwasserschutz nur auf die durch das konkrete Planvorhaben verursachte Verschlechterung der Hochwassersituation abstellen oder ob bei der Vorhersage über das Ausmaß eines künftigen Hochwassers auch Umstände außerhalb der konkreten Straßenplanung berücksichtigt werden müssten, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Die Beschwerde benennt als derartige Umstände „die in regionalen Klimamodellen bereits wissenschaftlich abgesicherte und prognostizierte, starke Zunahme von Zahl und Intensität extremer Niederschlagsereignisse, die sich überproportional auf den Wasserstand der betroffenen Gewässer auswirken werden und deshalb einen verstärkten Hochwasserschutz erforderlich machen”. Damit bezieht sie in ihre Fragestellung bereits tatsächliche Annahmen ein, die vom Tatsachengericht nicht festgestellt worden sind und die vermutlich eine sorgfältige Untersuchung des Standes der Wissenschaft erfordern würden. Auch unabhängig hiervon wird damit eine Fragestellung von grundsätzlicher Bedeutung, die weiterer Klärung fähig wäre, nicht aufgeworfen. Der Sache nach beziehen sich die Ausführungen der Beschwerde auf die Frage, welche Maßnahmen eine Planfeststellungsbehörde anordnen muss, ohne im Ergebnis gegen das Abwägungsgebot zu verstoßen. Der Beklagte verweist zu Recht darauf, dass der Senat in seinem die Abwägung bei der Aufstellung eines Bebauungsplans betreffenden Urteil vom 21. März 2002 – BVerwG 4 CN 14.00 – BVerwGE 116, 144 davon ausgegangen ist, dass das Abwägungsgebot in § 1 Abs. 6 BauGB den Anwohnern in der Nachbarschaft des Plangebiets eigentumsrechtlichen Drittschutz gegenüber planbedingten Beeinträchtigungen vermittelt, die in einem adäquat-kausalen Zusammenhang mit der Planung stehen und mehr als geringfügig sind. Auch in anderen Zusammenhängen geht die Rechtsordnung davon aus, dass Maßnahmen zur Vermeidung der vom konkreten Projekt ausgehenden Beeinträchtigungen zu treffen sind. In seinem vom Verwaltungsgerichtshof angesprochenen Urteil vom 11. Januar 2001 – BVerwG 4 A 13.99 – (NVwZ 2001, 1154 = Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 16) hat der Senat ebenfalls eine mögliche – dort nicht verletzte – Pflicht der Behörde angenommen, die behaupteten Auswirkungen des konkreten Vorhabens auf die Hochwassersituation bei der Prüfung der Frage zu beachten, ob ergänzende Maßnahmen geboten sind. Im Übrigen wird es stets auf die weiteren Einzelheiten ankommen, die sich einer grundsätzlichen Klärung entziehen. In diesem Zusammenhang verweist der Verwaltungsgerichtshof zu Recht auch auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 11. Januar 2001 – BVerwG 4 A 13.99 – a.a.O., wonach es sich bei der Vorhersage über das Ausmaß eines künftigen Hochwassers stets um eine mit hoher Unsicherheit behaftete Prognose handelt. Schließlich verfolgen die Kläger, wie erwähnt, vorliegend nur einen Anfechtungsantrag; dass es für diesen auf die angesprochene Frage ankommen könnte, legt die Beschwerde nicht dar.
5.4 Die Beschwerde möchte ferner eine Frage geklärt wissen, die sich mit der Stellung von Eigentümern befasst, die sich in Baugebieten angesiedelt haben, die „an sich von Bebauung freizuhalten wären”. Damit wird auf eine Bemerkung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug genommen, die für das Gericht jedoch nicht tragend war. Denn es formuliert unter Hinweis auf eine Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts lediglich, soweit die Kläger in derartigen Bereichen gesiedelt haben sollten, könne dieses Risiko nicht der Straße aufgebürdet werden. Aus dem Gesamtzusammenhang wird deutlich, dass das Gericht bereits aus seinen vorangegangenen Erwägungen keinen Verstoß gegen das Abwägungsgebot zu erkennen vermag, der einer Anfechtungsklage zum Erfolg verhelfen könnte. Daher bedarf keiner Vertiefung, inwieweit die von der Beschwerde aufgeworfene Frage sich auf einen Sachverhalt bezieht, der weder festgestellt noch unstreitig ist.
5.5 Auch die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen mangelnder Sachaufklärung bleiben ohne Erfolg.
5.5.1 Die Beschwerde meint, zu der auch bei Erhöhung des linken Deichs (vgl. insoweit oben 5.1) bestehenden Hochwassergefahr für die nördlich (am linken Ufer) liegenden Grundstücke hätte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich jedoch sowohl mit den Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts als auch mit den hiergegen erhobenen Einwänden des Gutachters der Kläger sehr eingehend auseinander gesetzt und näher dargelegt, dass die Ammer weiterhin auf der rechten Seite ein zweites Flussbett bilden könne. Daher sei mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen, dass eine Überflutung des linken Ammerdeichs und damit der dahinter liegenden Bebauung durch das Vorhaben eintrete. Demgegenüber legt die Beschwerde nicht substantiiert dar, dass es trotz der nachvollziehbaren Erwägungen, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Entscheidung stützt, eines weiteren Gutachtens bedurfte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zu Gunsten der Kläger die von ihrem Gutachter angenommenen Ungenauigkeiten der Berechnungen des Wasserwirtschaftsamts zu Grunde gelegt wurden und aus diesem Grund eine Erhöhung des Dammes angeordnet wurde.
5.5.2 Das Tatsachengericht war auch nicht gehalten, dem Beweisantrag nachzukommen, dass Dämme, die auf den Schutz vor einem 100-jährigen Hochwasser ausgelegt sind, nicht geeignet sind, für die Zukunft einen dem Stand der Technik im Wasserbau entsprechenden Hochwasserschutz zu gewährleisten. Dem steht zum einen die vom Verwaltungsgerichtshof näher dargelegte Rechtsauffassung zur Abgrenzung der Risikosphären entgegen. Die Beschwerde legt nicht näher dar, dass es auf die gestellte Frage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs überhaupt ankommen konnte. Im Übrigen setzt sich das Gericht auch mit den Auswirkungen auseinander, die das von ihm als Pfingsthochwasser bezeichnete Ereignis bewirken kann; dieses überstieg offenbar noch die Größenordnung eines so genannten 100-jährigen Hochwassers. Auch hierauf geht die Beschwerde ebenso wenig ein, wie darauf, dass vorliegend nur ein Anfechtungsantrag gestellt worden ist (vgl. oben 5.2).
6. Die Beschwerde rügt ferner, der Verwaltungsgerichtshof hätte zur Frage der Existenzgefährdung der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe (vgl. hierzu das Senatsurteil vom 11. Januar 2001 – BVerwG 4 A 13.99 – a.a.O.) ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Diese Rügen bleiben ohne Erfolg. Im Falle des Klägers zu 1 hat das Gericht eine derartige Gefährdung auf der Grundlage der Stellungnahme eines Vertreters der sachkundigen Landwirtschaftsbehörde und unter näherer Auseinandersetzung zu Einzelfragen des Ersatzlandes verneint. Insoweit fehlt es in der Beschwerde an einer substantiierten Begründung, warum es dennoch einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme bedurfte. Im Falle der Kläger zu 2 und 3 hat der Vertreter der Landwirtschaftsbehörde, teilweise nach gegenüber dem Erörterungstermin veränderter Einschätzung, dem Gericht erläutert, dass bei Stellung von Ersatzland keine Existenzgefährdung verbleibe. Auch insoweit hat sich das Gericht eingehend mit den Einzelheiten auseinander gesetzt und auf eine mögliche Entschädigung wegen eventueller Erschwernisse bei der Bewirtschaftung verwiesen. Im Hinblick darauf wird die Beschwerde dem Substantiierungsgebot nicht gerecht.
7. Soweit die Beschwerde die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig aufwirft, welche Lärmgrenzwerte bei einem Campingplatz festzusetzen sind, übersieht sie, dass selbst eine – unterstellte – Fehleinschätzung nicht zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen würde; darauf hat bereits der Verwaltungsgerichtshof zutreffend hingewiesen. Die aufgeworfene Frage ist somit nicht entscheidungserheblich.
8. Von weiteren Ausführungen sieht der beschließende Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG. Sie geht im Anschluss an die Festsetzung durch den Verwaltungsgerichtshof von folgenden Einzelstreitwerten aus:
Kläger zu 1 |
20 000 |
EUR |
Klägerin zu 2 |
22 500 |
EUR |
Kläger zu 3 |
22 500 |
EUR |
Klägerin zu 4 |
2 000 |
EUR |
Kläger zu 5 |
14 000 |
EUR |
Kläger zu 8 |
30 000 |
EUR. |
Unterschriften
Paetow, Rojahn, Jannasch
Fundstellen
Haufe-Index 929204 |
NuR 2004, 520 |
ZUR 2003, 434 |