Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20.11.2012; Aktenzeichen 3 B 10.12) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. November 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 121 831,56 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Kläger begehrt die Gewährung von Zuwendungen aus dem Agrarumweltprogramm des Landes Brandenburg (KULAP 2000) für den Förderzeitraum 2002/2003. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Berufung gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen, weil er absichtlich falsche Angaben gemacht habe.
Die auf Verfahrensmängel und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der Revisionszulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist überwiegend bereits nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) und liegt im Übrigen nicht vor.
a) Der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe eine Überraschungsentscheidung getroffen und ihm damit das rechtliche Gehör versagt (§ 108 Abs. 2 VwGO). Er habe nicht damit rechnen müssen, dass das Berufungsgericht von einer absichtlichen Falschangabe ausgehe. Das Verwaltungsgericht habe lediglich grobe Fahrlässigkeit angenommen und die Berufung im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 zugelassen. Einen Hinweis habe das Berufungsgericht nicht gegeben (§ 86 Abs. 3 VwGO).
Mit diesem Vorbringen ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dargelegt. Aufgabe des Berufungsgerichts ist es, den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht zu prüfen; es ist zweite Tatsacheninstanz und als solche verpflichtet, den Sachverhalt eigenständig zu würdigen (§ 128 VwGO). Treten keine besonderen Umstände hinzu, so darf ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter deshalb nicht darauf vertrauen, das Berufungsgericht werde von dem Urteil der Vorinstanz nicht abweichen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das rechtliche Gehör daher nicht schon dann verletzt, wenn die Entscheidungsgründe nicht im Einklang mit denen der Vorinstanz stehen. Berechtigte Erwartungen der Prozessbeteiligten werden vielmehr erst dann enttäuscht, wenn das Berufungsurteil auf Gründe gestützt wird, mit denen nach dem Sach- und Streitstand des Berufungsverfahrens nicht zu rechnen war. Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend in dem vom Kläger zitierten Urteil vom 14. März 1991 entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger Gesichtspunkte, die im vorausgegangenen Verfahren weder gesehen noch erörtert worden waren, als unstreitig ansehen durfte (BVerwG 10 C 10.91 – Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 43, vgl. auch § 139 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Nicht anders wird in dem Urteil vom 25. März 1980 ein Gehörsverstoß damit begründet, dass das Berufungsgericht seine Entscheidung auf wesentlich andere Überlegungen gestützt hatte, als die zuvor erörterten, ohne hierzu einen Hinweis gegeben zu haben (BVerwG 4 C 87.77 – Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 13). So liegen die Dinge hier jedoch nicht.
Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts lässt sich eine Überraschungsentscheidung des Berufungsgerichts schon deshalb nicht ableiten, weil die Frage einer absichtlichen Falschangabe bereits im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht streitig war und dies auch während des Berufungsverfahrens geblieben ist. Der Beklagte ist in seinem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 9. November 2012 ausdrücklich der Würdigung des Verwaltungsgerichts entgegengetreten und hat daran festgehalten, dass der Kläger nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzlich falsche Angaben gemacht haben müsse. Zwar hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 16. November 2012 darauf verwiesen, der Beklagte mache in seinem Schriftsatz vom 14. November 2012 eine vorsätzliche Falschbeantragung nicht mehr geltend, sondern werfe ihm lediglich eine nicht ordnungsgemäße Bewirtschaftung vor. Dass er hierauf vertraut habe, hat der Kläger mit seiner Beschwerde aber bereits nicht geltend gemacht. Er konnte diesen Schluss aus dem Schriftsatz vom 14. November 2012 auch nicht ernstlich ziehen; denn mit ihm kam der Beklagte ersichtlich der Bitte des Berufungsgerichts vom 7. November 2012 nach, den Zuwendungsbetrag mitzuteilen, der bewilligt worden wäre, wenn die „Frage der Sanktionen wegen grob fahrlässiger bzw. vorsätzlicher Falschangaben” ausgeblendet werde. Alleine in diesem Zusammenhang stand die Aussage, dass die beiden Flächen – auf die sich der Vorwurf von Falschangaben bezog – noch herauszurechnen wären, weil sie nicht ordnungsgemäß bewirtschaftet worden seien. Hätte der Kläger diese Aussage gleichwohl missverstanden, so wäre im Übrigen seinem Irrtum spätestens mit der mündlichen Verhandlung die Grundlage entzogen gewesen, weil der Beklagte mit seinem Berufungsantrag unverändert jegliche Zuwendung abgelehnt hat.
Eine Überraschungsentscheidung lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Erklärung des Zeugen B. in einer Weise ausgelegt worden sei, mit der nicht zu rechnen gewesen wäre. Der Kläger zielt damit auf die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Schlag 2054-0 während des Förderzeitraums 2002/2003 kein förderfähiges Grünland gewesen sei. Diese Feststellung stützt sich unter anderem darauf, dass der Zeuge in seiner vom Kläger vorformulierten schriftlichen Erklärung vom 17. Januar 2005 angegeben hat, der Kläger habe ihn im März 2003 zweimal gebeten, das Grünland „wiederherzustellen” (UA S. 15). Dieses Begründungselement kann aber schon deshalb nicht überraschen, weil bereits das Verwaltungsgericht die Erklärung des Zeugen als Beleg dafür angesehen hat, dass der Schlag auch nach Auffassung des Klägers bei Antragstellung im Mai 2003 kein Grünland gewesen sei (UA S. 12). Das Verwaltungsgericht hat eine absichtliche Falschangabe (nur) deshalb verneint, weil nicht zu widerlegen sei, dass der Kläger auf die Zusicherung der Wiederherstellung des Grünlands vertraut habe. Demgegenüber hat das Berufungsgericht zwar nicht die Erklärung des Zeugen als Grundlage möglichen Vertrauens in Abrede gestellt, es hat sich aber darauf gestützt, dass dem Kläger wegen der Dürre im Frühjahr und Sommer 2003 bewusst gewesen sei, dass kein Grünland entstehen konnte (UA S. 18). Hierzu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.
Soweit die Beschwerde mit dem Hinweis auf „zahlreiche” Parallelverfahren geltend machen möchte, es handele sich im Lichte dieser Verfahren um eine Überraschungsentscheidung, fehlt es an näheren Ausführungen. Falls damit das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. November 2008 in dem Verfahren 3 K 984/03 angesprochen sein soll, ist dessen Bedeutung für das vorliegende Verfahren entsprechend den Ausführungen des Berufungsgerichts (UA S. 16) und wegen des abweichenden Förderzeitraums nicht erkennbar; nichts anderes gilt für den Beschluss des Berufungsgerichts vom 6. Juli 2012 in dem Verfahren 3 N 56.12, das ebenfalls einen anderen Gegenstand betraf.
Das Oberverwaltungsgericht musste auf die Möglichkeit, die Angaben des Klägers als absichtlich falsch zu bewerten, auch nicht deshalb hinweisen, weil es den schriftsätzlichen Beweisangeboten des Klägers nicht nachgegangen ist. Ein Gericht ist grundsätzlich nicht verpflichtet, vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen, zumal sich diese in ihren Einzelheiten erst in der abschließenden Beratung ergibt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 26. Juni 1975 – BVerwG 6 B 4.75 – Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 17 und vom 13. Januar 2009 – BVerwG 9 B 64.08 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 372 m.w.N.). Geht ein Gericht Beweisangeboten eines Beteiligten nicht nach, so erlaubt dies im Allgemeinen nur den Schluss, dass es dies im Rahmen seiner Amtsermittlung nicht für geboten erachtet. Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter darf hieraus aber ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht folgern, das Gericht werde den Prozessstoff in einer ihm günstigen Weise würdigen. Etwas anderes kann in Betracht zu ziehen sein, wenn sich dem Gericht im Lichte seiner Würdigung eine weitere Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, es diese aber gleichwohl unterlässt. In einem solchen Fall mag die Verletzung der Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), mit einer Überraschungsentscheidung verbunden sein. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht im Zusammenhang mit den verschiedenen, in den Schriftsätzen des Berufungsverfahrens enthaltenden Beweisangeboten hat der Kläger aber bereits nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
b) Ebenso wenig genügt es den Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels, soweit der Kläger nähere Ermittlungen zur Klärung der Fragen vermisst, wie die an den Zeugen B. gerichtete Aufforderung, Grünland wiederherzustellen, zu verstehen gewesen sei, ob der Kläger gutgläubig auf die Zusicherung des Zeugen B. vertraut habe und ob nicht schon aus dem Jahr 2002 im Wege der Selbstbegrünung ausreichend Grünland vorhanden gewesen sei. Weder führt die Beschwerde aus, auf welche Weise eine weitere Aufklärung hierzu möglich gewesen wäre, noch wird ersichtlich, weshalb sich diese dem Gericht auf der Grundlage seiner materiellen Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen.
Soweit gerügt wird, das Berufungsgericht hätte sich im Vorfeld seiner informatorischen Befragung über den gesundheitlichen Zustand des Klägers vergewissern müssen, gilt nichts anderes. Es fehlt schon jeder Hinweis darauf, weshalb dem Gericht der geltend gemachte physisch und psychisch schlechte Zustand des Klägers offenkundig sein musste, zumal hierzu – soweit erkennbar – nichts vorgetragen war.
c) Der Beschwerde kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend macht. Dabei ist zu beachten, dass eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung grundsätzlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen ist. Die verfahrensmäßige Verpflichtung des Gerichts, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, ist aber ausnahmsweise dann verletzt, wenn das Urteil auf einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung beruht (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 13. Februar 2012 – BVerwG 9 B 77.11 – Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73, vom 29. Juni 2011 – BVerwG 6 B 7.11 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 und vom 8. April 2008 – BVerwG 9 B 13.08 – Buchholz 451.29 Schornsteinfeger Nr. 44 sowie Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 28.89 – BVerwGE 84, 271 ≪272 f.≫).
Soweit sich die Ausführungen des Klägers überhaupt der Behauptung eines Verstoßes gegen die Denkgesetze zuordnen lassen, ist diese Rüge bereits deshalb nicht tragfähig, weil sich seinem Vortrag nicht entnehmen lässt, dass das Gericht einen Schluss gezogen hat, der schlechterdings nicht gezogen werden kann. Der Kläger meint, es lasse sich nicht nachvollziehen, wie das Berufungsgericht allein aufgrund des Begriffs „Wiederherstellen” habe ausschließen können, dass nicht eine Optimierung als Grünland gemeint gewesen sei. Abgesehen davon, dass das Berufungsgericht sich nicht ausschließlich auf die Erklärung des Zeugen B. gestützt hat, er werde das Grünland wiederherstellen, und es sich durchaus mit der Aussage des Klägers, es sei lediglich um eine Optimierung gegangen, auseinandergesetzt hat, ist damit allenfalls eine alternative Auslegungsmöglichkeit, nicht jedoch ein Verstoß gegen Denkgesetze aufgezeigt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Behauptung, dass bereits im Vorjahr eine Selbstbegrünung erfolgt sei, denn hiervon ist das Berufungsgericht tatsächlich nicht ausgegangen. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung auch nicht den – eher fernliegenden – Ansatz zugrunde gelegt, dass eine landwirtschaftlich genutzte Fläche bereits mit Einsaat oder Selbstaussaat Grünland im Sinne des Agrarumweltprogramms sei. Entsprechend bleibt der Kläger eine Erklärung dafür schuldig, weshalb die Zusicherung der Wiederherstellung von Grünland nur dahin habe verstanden werden können, dass eine Verbesserung vorhandenen Grünlands gemeint gewesen sei.
Darüber hinaus macht der Kläger geltend, das Gericht habe auf der Grundlage sachfremder Kriterien auf die Unglaubwürdigkeit des Klägers und die Unglaubhaftigkeit seiner Äußerungen geschlossen. Soweit er damit eine von objektiver Willkür geprägte Beweiswürdigung geltend machen will, fehlt es an der hierfür gebotenen Darlegung. Der Kläger führt in diesem Zusammenhang aus, das Berufungsgericht habe verkannt, dass von keinem Menschen erwartet werden könne, zehn Jahre zurückliegende Vorgänge detailliert und widerspruchsfrei wiederzugeben. Er geht damit aber bereits daran vorbei, dass das Berufungsgericht seine Unglaubwürdigkeit entscheidend aus seinem Aussageverhalten abgeleitet hat. Hinzu kommt, dass es unabhängig hiervon die Unglaubhaftigkeit seiner Aussagen auf die „zeitnahen” Angaben seines Widerspruchsschreibens vom 20. Januar 2004 gestützt hat (UA S. 17 f.).
Vor diesem Hintergrund ist eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes auch nicht unter dem Aspekt ersichtlich, dass ein Gericht das Gebot verletzt, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen, wenn es gewichtige, in das Verfahren eingeführte Tatsachen nicht in Betracht zieht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. Der Kläger meint zwar, das Berufungsgericht hätte angesichts der überlangen Verfahrensdauer zumindest auf etwaige Erinnerungslücken und angebliche Widersprüchlichkeiten näher eingehen müssen. Er setzt sich jedoch – wie aufgezeigt – bereits nicht hinreichend mit der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts auseinander, zumal ihm Erinnerungslücken nicht vorgehalten werden und das Berufungsgericht ersichtlich die Bedeutung des Zeitablaufs in Erwägung gezogen hat. Unzutreffend ist im Übrigen der angefügte Vorhalt, das Berufungsgericht habe völlig lebensfremd das Vorbringen, der in Rede stehende Schlag 2054-0 stelle aufgrund seiner geringen Größe keinen Schwerpunkt dar, als Schutzbehauptung zurückgewiesen. Vielmehr hat das Berufungsgericht dieses Vorbringen seiner Würdigung zugrunde gelegt, aber auch unter Berücksichtigung dessen die Einlassung als Schutzbehauptung gewertet, der Kläger habe auf die Wiederherstellung des Grünlandes beziehungsweise die erfolgreiche Selbstbegrünung vertraut (UA S. 18). Schließlich führt auch der Vortrag nicht weiter, eine unzulängliche Aktenlage habe die Erfassung des Sachverhalts schon aus formalen Gründen unmöglich gemacht. Der Kläger zeigt bereits nicht auf, weshalb der vom Berufungsgericht als entscheidungserheblich festgestellte Sachverhalt von Mängeln der vorgelegten Akten beeinflusst worden sein könnte.
d) Darüber hinaus rügt der Kläger als verfahrensfehlerhaft, dass sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage der Beweislastverteilung befasst habe. Damit verkennt er jedoch, dass die Beweislast erst dort zum Tragen kommt, wo entscheidungserhebliche Tatsachen unaufklärbar bleiben. Das Berufungsgericht hat aber keine Entscheidung nach den Grundsätzen der Beweislastverteilung getroffen, sondern festgestellt, der Kläger habe eine absichtliche Falschangabe gemacht. Im Übrigen ist die Frage der Beweislastverteilung eine solche des materiellen Rechts und nicht des Verfahrensrechts.
2. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf.
Die Frage:
„Wie die Begriffe ‚absichtliche Falschangaben’ im Rahmen des Art. 63 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 445/2002 und Art. 16 Abs. 5 der VO (EG) Nr. 1975/2006 bzw. ‚vorsätzliche Übererklärungen’ im Rahmen des Art. 16 Abs. 6 der VO (EU) Nr. 65/2011 auszulegen sind, d.h. wie absichtliche Falschangaben von fahrlässigen abzugrenzen sind,”
zielt darauf zu klären, ob der im deutschen Recht als Vorsatzform anerkannte Eventualvorsatz für eine „absichtliche Falschangabe” oder eine an deren Stelle getretene „vorsätzliche Übererklärung” im Sinne der genannten unionsrechtlichen Vorschriften genügt. Sie hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Das Berufungsgericht hat seine Feststellung einer absichtlichen Falschangabe in bindender Weise darauf gestützt, dass sich der Kläger bei der Antragstellung im Mai 2003 bewusst gewesen sei, dass Grünland wegen der extremen Wetterbedingungen des Frühjahrs und Sommers nicht entstehen werde. Danach hat der Kläger nicht nur die Möglichkeit einer Falschangabe gesehen, wie es für den Eventualvorsatz kennzeichnend ist, sondern war sich einer Falschangabe gewiss. Dies entspricht dem Vorsatz in Form des dolus directus 2. Grades (sicheres Wissen). Entsprechend ist die aufgeworfene Frage für das angegriffene Urteil nicht entscheidungserheblich.
Die weitere Frage:
„ob die Agrarreform 2003 der Europäischen Union eine rückwirkende Anwendung der neuen weniger strengeren Sanktionsbestimmungen auf Maßnahmen innerhalb der ‚zweiten Säule’ der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach dem Günstigkeitsprinzip gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/1995 ausschließt”,
rechtfertigt gleichermaßen nicht die Zulassung der Revision, denn sie hätte sich nur dann als entscheidungserheblich gestellt, wenn das Berufungsgericht lediglich von einer grob fahrlässigen Falschangabe ausgegangen wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3, § 43 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Kley, Dr. Wysk, Rothfuß
Fundstellen