Entscheidungsstichwort (Thema)

Naturschutzgebiet. Erforderlichkeit eines besonderen Schutzes von Natur und Landschaft. Entwicklung von Natur und Landschaft. Vertragsnaturschutz. Beschränkungen der Grundstücksnutzung als Eigentumsinhaltsbestimmung. ordnungsgemäße Landwirtschaft. Fischereiwirtschaft als Landwirtschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft durch Festsetzung als Naturschutzgebiet ist nicht erst dann erforderlich im Sinne des § 13 Abs. 1 BNatSchG, wenn die in der Vorschrift genannten Naturgüter konkret gefährdet oder bereits geschädigt sind.

Der Festsetzung eines Naturschutzgebiets steht nicht entgegen, daß zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes in dem Gebiet auch Maßnahmen getroffen werden sollen, die den vorhandenen Zustand von Natur und Landschaft verbessern (im Anschluß an Beschluß vom 13. August 1996 – BVerwG 4 NB 4.96 – Buchholz 406.401 § 13 BNatSchG Nr. 2).

Das geltende Naturschutzrecht kennt keinen allgemeinen Vorrang des „Vertragsnaturschutzes” vor einseitig hoheitlichen Schutzmaßnahmen.

Beschränkungen der Grundstücksnutzung durch eine Naturschutzverordnung können zwar unzulässige, insbesondere unverhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG) und deshalb rechtswidrig sein, werden dadurch jedoch in keinem Fall zur Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG (im Anschluß an BVerwGE 84, 361; 94, 1).

Der Begriff der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 BNatSchG umfaßt auch die Fischereiwirtschaft (im Anschluß an Urteil vom 14. Oktober 1988 – BVerwG 4 C 58.84 – Buchholz 406.401 § 1 BNatSchG Nr. 3), nicht jedoch die hobbymäßig betriebene Fischerei (z.B. Sportfischerei).

Aus § 1 Abs. 3 BNatSchG folgt nicht, daß die land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Betätigung generell von den Verboten einer Naturschutzverordnung freizustellen wäre. Eine Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile darf auch dann verboten werden, wenn sie im Rahmen der ordnungsgemäßen Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft geschieht.

 

Normenkette

GG Art. 14; BNatSchG § 1 Abs. 3, § 4 S. 3, § 13; SHNatSchG § 17 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 31.01.1997; Aktenzeichen 1 K 7/95)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 31. Januar 1997 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller zu 1 und 2 als Gesamtschuldner einerseits und der Antragsteller zu 3 andererseits je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller begehren im Normenkontrollverfahren die Feststellung der Nichtigkeit einer Verordnung, durch die mehrere Seen und deren Umgebung als Naturschutzgebiet festgesetzt worden sind (Landesverordnung vom 16. Dezember 1994, GVBl Schl-H. 1995, S. 33). Sie sind Eigentümer von Seeflächen und angrenzenden land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Sie haben Fischereirechte an Erwerbsfischer und an einen Sportfischereiverband verpachtet. Ihren Antrag hat das Normenkontrollgericht abgelehnt. Mit der Beschwerde begehren die Antragsteller die Zulassung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde ist nach § 132 Abs. 1 VwGO statthaft. Soweit sie auch sonst zulässig ist, ist sie jedoch unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen jedenfalls nicht vor.

1. a) Die Beschwerde ist unzulässig, soweit die Antragsteller rügen, das Normenkontrollgericht sei bei der Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Ausweisung eines Naturschutzgebietes erforderlich ist, von dem Beschluß des Senats vom 16. Juni 1988 – BVerwG 4 B 102.88 – (Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 5) abgewichen.

Um eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 2 VwGO handelt es sich nur dann, wenn das Tatsachengericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift einen seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der im Widerspruch zu einem vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Rechtssatz steht. Daran fehlt es hier. Das Normenkontrollgericht hat § 17 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz – LNatSchG – (= SHNatSchG) angewendet. Der Senat hat sich jedoch in dem von der Beschwerde zitierten Beschluß nicht zu dieser Vorschrift geäußert, sondern u.a. zu § 15 BNatSchG Stellung genommen. § 15 Abs. 1 BNatSchG stimmt mit § 17 Abs. 1 SHNatSchG freilich insofern überein, als er ebenfalls auf das Merkmal der Erforderlichkeit abstellt. Er enthält indes keine rechtlichen Vorgaben für die Ausweisung von Naturschutzgebieten. Die insoweit einschlägige bundesrechtliche Norm findet sich vielmehr in § 13 BNatSchG. Diese Vorschrift aber ist für die Rechtsanwendung in Schleswig-Holstein nicht von unmittelbarer Bedeutung (vgl. § 4 Satz 3 BNatSchG). Sie bedarf erst der Umsetzung in Landesrecht, um Rechte und Pflichten zu begründen. Den Prüfungsmaßstab für das Normenkontrollgericht bildete allein § 17 Abs. 1 SHNatSchG, auch wenn es sich bei dieser Bestimmung um eine Regelung handelt, deren Existenz letztlich auf Rahmenrecht des Bundes zurückgeht und die der Ausfüllung dieses Rechts dient.

b) Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerde sinngemäß aufgeworfene Frage, wann die Ausweisung eines Naturschutzgebiets aus der Sicht des Bundesrahmenrechts erforderlich ist, verleiht der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung. Sie läßt sich anhand des Gesetzeswortlauts unter Heranziehung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, ohne daß es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

§ 13 Abs. 1 BNatSchG nennt für die Unterschutzstellung bestimmte Voraussetzungen. Die Ausweisung eines Naturschutzgebiets kommt nur dort in Betracht, wo Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen aus den in dieser Vorschrift genannten Gründen schutzwürdig sind. Hinzu kommen muß, daß das Gebiet des in § 13 Abs. 1 BNatSchG bezeichneten Schutzes aufgrund der jeweiligen Gegebenheiten auch tatsächlich bedarf. Ein Schutzbedüfnis besteht nicht erst dann, wenn die Schutzgüter, die die Ausweisung eines Naturschutzgebietes rechtfertigen, konkret gefährdet sind. Aus dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit läßt sich nicht ableiten, daß nur solche Schutzmaßnahmen ergriffen werden dürfen, die zur Erreichung des Schutzzwecks unabweislich oder gar zwingend geboten erscheinen. Müßte die zuständige Behörde mit einer Unterschutzstellung solange warten, bis ein Schaden unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist, so würde das mit § 13 Abs. 1 BNatSchG verfolgte Ziel in einer Vielzahl von Fällen verfehlt. Schrankenfunktion hat das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit im wesentlichen lediglich insofern, als der Gesetzgeber zum Ausdruck bringt, daß in den Fällen, in denen ein Gebiet aus naturschutzrechtlicher Sicht besonders schutzwürdig und -bedürftig erscheint, eine Schutzausweisung nur dann in Betracht kommt, wenn sie vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 1987 – BVerwG 4 NB 1.87 – Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 2, und vom 16. Juni 1988 – BVerwG 4 B 102.88 – a.a.O.; vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Februar 1993 – III ZR 20/92 – BGHZ 121, 328). Hierfür reicht schon die abstrakte Gefährdung der gesetzlichen Schutzgüter aus (vgl. BVerwG, Beschluß vom 16. Juni 1988 – BVerwG 4 B 102.88 – a.a.O.). Von einer solchen Gefährdung ist auszugehen, wenn ein Schadenseintritt ohne die vorgesehene Maßnahme nicht bloß als entfernte Möglichkeit in Betracht zu ziehen ist.

Die Beschwerde zeigt nicht auf, in welcher Richtung ein weiterer Klärungsbedarf besteht. Ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil krankt daran, daß sie die Frage, ob Schutzmaßnahmen im Sinne des § 13 Abs. 1 BNatSchG erforderlich sind, mit der Frage vermengt, welche Ermessenserwägungen die zuständige Behörde, die von der Möglichkeit der Unterschutzstellung im konkreten Fall Gebrauch macht, anzustellen hat. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, von denen die Ausweisung eines Naturschutzgebietes abhängt, so ist die Rechtsfolge nicht vorbestimmt. Teile von Natur und Landschaft können, aber müssen nicht zu Naturschutzgebieten erklärt werden. § 12 Abs. 1 BNatSchG räumt insoweit einen Ermessensspielraum ein, dem bei der gerichtlichen Kontrolle Rechnung zu tragen ist.

2. Auf die Frage, ob ein Naturschutzgebiet ausgewiesen werden darf, wenn „bestimmte naturschutzwürdige Gegebenheiten erst entwickelt werden sollen”, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision auf der Grundlage des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sie mag, abstrakt betrachtet, klärungsbedürftig sein. Im anhängigen Verfahren wäre sie indes nicht klärungsfähig, da sie nicht entscheidungserheblich ist. Das Normenkontrollgericht hat keine Feststellungen getroffen, die die Deutung zulassen, daß die Tatbestandsvoraussetzungen, unter denen nach § 17 Abs. 1 SHNatSchG eine Unterschutzstellung in Betracht kommt, im Schutzgebiet insgesamt oder auch nur in Teilbereichen noch nicht vorliegen, sondern erst geschaffen werden sollen. Es stellt vielmehr klar, daß es den Begriff der „Entwicklung” ausdrücklich Maßnahmen vorbehält, die dazu bestimmt sind, „naturschutzwürdige Gegebenheiten” weiter zu verbessern. Diese Sichtweise steht im Einklang mit § 12 Abs. 2 BNatSchG, wonach den Gegenstand von Schutzregelungen nicht bloß Pflege-, sondern auch Entwicklungsmaßnahmen bilden können. Sie entspricht im übrigen der Rechtsprechung des Senats, der im Beschluß vom 13. August 1996 – BVerwG 4 NB 4.96 – (Buchholz 406.401 § 13 BNatSchG Nr. 2) unter Hinweis auf die unmittelbar als Leitlinien geltenden Vorschriften der §§ 1 und 2 BNatSchG hervorgehoben hat, daß zur Verwirklichung des Naturschutzes nicht lediglich solche Maßnahmen als erforderlich anzusehen sind, die unumgänglich erscheinen, um einen bestehenden Zustand zu erhalten, sondern auch solche, die diesen Zustand verbessern können.

3. Die Durchführung eines Revisionsverfahrens erübrigt sich ferner zur Klärung der Frage, ob ein Gebiet schutzbedürftig ist, wenn der Eigentümer im Wege des Vertragsnaturschutzes zu der Verpflichtung bereit ist, mit dem Schutzgegenstand wie bisher pfleglich umzugehen. Das Bundesnaturschutzgesetz steht zwar auch in den Fällen, in denen es die Möglichkeit einer einseitig hoheitlichen Schutzausweisung eröffnet, dem Rückgriff auf konsensuale Handlungsformen nicht entgegen. Ein allgemeiner Vorrang des Vertragsnaturschutzes vor einer förmlichen Unterschutzstellung ist dem geltenden Naturschutzrecht jedoch fremd. Die zuständige Behörde hat sich bei der Entscheidung, ob sie eine Schutzausweisung vornimmt oder von einer solchen Maßnahme zugunsten vertraglicher Vereinbarungen mit den betroffenen Eigentümern absieht, maßgeblich von den in § 1 Abs. 1 BNatSchG genannten Vorstellungen leiten zu lassen. Sie hat dafür Sorge zu tragen, daß die dort formulierten Vorgaben praktisch wirksam werden. Erfordert die Realisierung der in § 13 Abs. 1 BNatSchG bezeichneten Schutzzwecke bestimmte Schutzmaßnahmen, so braucht die zuständige Behörde sich auf vertragliche Vereinbarungen jedenfalls dann nicht verweisen zu lassen, wenn dieses Handlungsinstrumentarium nicht in gleicher Weise wie allgemeinverbindliche Ge- und Verbote geeignet ist, das Schutzkonzept nachhaltig zu sichern. Dies ist der Fall, wenn Eigentümer zwar unter Hinweis auf ihr in der Vergangenheit an den Tag gelegtes Verhalten ihre grundsätzliche Aufgeschlossenheit gegenüber den Belangen des Naturschutzes bekunden, es aber in der konkreten Situation ablehnen, eine Reihe von Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen zu unterlassen oder durchzuführen, deren Reglementierung auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen im Rahmen einer förmlichen Unterschutzstellung zulässig ist. Die zuständige Behörde ist allenfalls berechtigt, nicht aber verpflichtet, auf die Anordnung von Schutzmaßnahmen, die gemessen an den Leitvorstellungen der §§ 1 und 2 BNatSchG vernünftigerweise geboten sind, ohne mit unverhältnismäßigen Opfern verbunden zu sein, nur deshalb zu verzichten, weil sich auf einem niedrigeren Schutzniveau eine einvernehmliche Lösung abzeichnet. Ob sie von dem Ermessen, das ihr unter diesem Blickwinkel eröffnet ist, fehlerfreien Gebrauch gemacht hat, ist eine Frage der Würdigung der jeweiligen Umstände, die über den Einzelfall nicht hinausreicht.

4. Die Überlegungen, die die Beschwerde zu § 41 Abs. 3 SHNatSchG anstellt, rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Das Normenkontrollurteil weicht in diesem Punkt nicht von dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 1955 – 1 BvL 33/51 – (BVerfGE 4, 219 ≪235≫) ab. Die Beschwerde zeigt auch keine Fragestellung von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung auf.

Das Normenkontrollgericht hat nicht in Zweifel gezogen, daß ein Gesetz, das eine Enteignung zuläßt, Bestimmungen über Art und Ausmaß der Entschädigung enthalten muß. Daß zwischen Enteignungsermächtigung und Entschädigungsregelung ein Junktim zu bestehen hat, folgt unmittelbar aus Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG. Ob § 41 Abs. 3 SHNatSchG den Anforderungen entspricht, die sich aus dieser Verfassungsnorm ergeben, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Die Beschwerde hält die vom Landesgesetzgeber getroffene Regelung für unzulänglich, weil auf der Rechtsfolgeseite auf die für die Enteignung von Grundeigentum geltenden landesrechtlichen Vorschriften verwiesen wird. Eine solche Regelungstechnik begegnet indes, für sich genommen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschluß vom 10. Mai 1977 – 1 BvR 514/68 und 323/69 – BVerfGE 45, 297 ≪320≫). Die Beschwerde hält § 41 Abs. 3 SHNatSchG freilich zusätzlich aus dem Grunde für defizitär, weil nach dieser Vorschrift auf die Enteignung und die Entschädigung das Preußische Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum anzuwenden ist, das noch aus dem letzten Jahrhundert stammt und nach ihrer Einschätzung den jetzigen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht wird. Das angestrebte Revisionsverfahren würde dem Senat indes keine Gelegenheit zu einer Auseinandersetzung mit den von der Beschwerde hierzu aufgeworfenen Fragen bieten. Die Antragsteller haben zwar im anhängigen Verfahren geltend gemacht, daß die von ihnen angegriffene Schutzausweisung die Merkmale einer rechtswidrigen Enteignung aufweise. Dem ist das Normenkontrollgericht jedoch nicht gefolgt. Es hat die Unterschutzstellung vielmehr als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG qualifiziert. Ob und in welcher Höhe auch bei einer solchen Regelung eine Entschädigung zu leisten ist, richtet sich jedenfalls nicht nach § 41 SHNatSchG, der sich tatbestandlich von den §§ 42 und 43 SHNatSchG dadurch deutlich abhebt, daß seine Anwendung auf den Fall der Enteignung beschränkt ist.

5. Auch die Frage, ob eine Enteignung vorliegt, wenn der Normgeber unter dem Etikett einer Inhalts- und Schrankenbestimmung die Privatnützigkeit des Eigentums vollständig beseitigt, nötigt nicht zur Klärung in einem Revisionsverfahren.

a) Die Beschwerde macht zwar geltend, das Normenkontrollgericht sei in diesem Punkt von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs abgewichen. Die insoweit erhobene Rüge ist jedoch unzulässig. Soweit die Beschwerde die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anführt, folgt dies schon daraus, daß eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nur in Betracht kommt, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht. Im übrigen scheitert die Divergenzrüge daran, daß die Beschwerde die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts, von denen das Normenkontrollgericht abgewichen sein soll, nicht bezeichnet. Das Senatsurteil vom 15. Februar 1990 – BVerwG 4 C 47.89 – (BVerwGE 84, 361) rechtfertigt auch vor dem Hintergrund der darin zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19 und 20/75, 1 BvR 148/75 – (BVerfGE 42, 263 ≪294≫) nicht die Deutung, die ihm die Beschwerde gibt. Es stellt klar, daß von einer Enteignung allein in den Fällen die Rede sein kann, in denen eine durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Rechtsposition ganz oder teilweise entzogen wird. Zum Beleg dafür, daß eine Enteignung auch dann vorliegt, „wenn der Normgeber dem Eigentumsgegenstand wie vorliegend jegliche Privatnützigkeit entzieht, da der Normgeber in diesem Fall einen Etikettenschwindel betreibt”, beruft sich die Beschwerde letztlich nur auf die Kommentierung von Papier (Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14 Anm. 534 ff.). Dies genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

b) Ebensowenig rechtfertigt die von der Beschwerde angesprochene Frage die Zulassung der Revision auf der Grundlage des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Über das Verhältnis von Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zur Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG besteht in der Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs jedenfalls unter dem Blickwinkel Klarheit, unter dem die Beschwerde das Problem erörtert.

Dem Beschwerdevorbringen liegt die im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit langem überwundene Vorstellung zugrunde, daß eine übermäßige verfassungswidrige Inhaltsbestimmung mit einer entschädigungspflichtigen Enteignung gleichzusetzen sei. Als Abgrenzungskriterium kommt es indes weder auf die Auferlegung eines Sonderopfers noch auf die Schwere und Tragweite des Eingriffs an. Die Enteignung ist keine Steigerung der Inhaltsbestimmung. Der Enteignungsbegriff ist vielmehr hiervon unabhängig zu bestimmen. Er ist dadurch gekennzeichnet, daß das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentum ganz oder teilweise im Interesse der Allgemeinheit entzogen wird. Die Enteignung zielt nicht auf den Inhalt des Eigentumsrechts, sondern auf die Auflösung des einfachrechtlichen Zuordnungsverhältnisses ab (vgl. BVerfG, Beschluß vom 12. Juni 1979 – 1 BvL 19/76 – BVerfGE 52, 1, 27; Urteil vom 10. März 1981 – 1 BvR 92, 96/71 – BVerfGE 56, 249, 261, Beschluß vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 ≪323≫; Beschluß vom 19. Juni 1985 – 1 BvL 57/79 – BVerfGE 70, 191 ≪199≫ und Beschluß vom 9. Januar 1991 – 1 BvR 929/89 – BVerfGE 83, 201 ≪211≫). Demgegenüber versteht das Grundgesetz unter einer Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber oder den hierzu ermächtigten Verordnungsgeber in bezug auf Rechtsgüter, die die Qualität von Eigentum im Sinne der Verfassung haben. Sie ist darauf gerichtet, durch objektiv-rechtliche Vorschriften den Inhalt des Eigentumsrechts zu regeln. Dabei steht der Gesetzgeber vor der Aufgabe, das Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und andererseits aus dem Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG ergeben. Er muß die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Ihm ist es nicht verwehrt, Eigentumsrechten einen neuen Inhalt zu geben. Er kann das Entstehen von Rechten, die nach bisherigem Recht möglich waren, für die Zukunft ausschließen und Befugnisse, die bisher mit dem Recht verbunden waren, aufheben. Selbst die völlige Beseitigung bisher bestehender, durch die Eigentumsgarantie geschützter Rechtspositionen kann unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein (vgl. BVerfG, Beschluß vom 8. Juli 1971 – 1 BvR 766/66 – BVerfGE 31, 275 ≪284≫; Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19 und 20/75, 1 BvR 148/75 – a.a.O., S. 294, Beschluß vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 – a.a.O., S. 338, und Beschluß vom 8. März 1988 – 1 BvR 1092/84 – BVerfGE 78, 58 ≪75≫). Der Gesetzgeber unterliegt hierbei freilich besonderen verfassungsrechtlichen Schranken. Er hat der Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG Rechnung zu tragen, die durch die Privatnützigkeit des Eigentums und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Dezember 1968 – 1 BvR 638, 673/64 und 200, 238, 249/65 – BVerfGE 24, 367 ≪389≫; Beschluß vom 12. Juni 1979 – 1 BvL 19/76 – a.a.O., Beschluß vom 30. November 1988 – 1 BvR 1301/84 – BVerfGE 79, 174 ≪198≫; Beschluß vom 23. September 1992 – 1 BvL 15/85 und 36/87 – BVerfGE 87, 114 ≪139≫). Im übrigen hat er den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen und das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten (vgl. BVerfG, Beschluß vom 8. November 1972 – 1 BvL 15/68 und 26/69 – BVerfGE 34, 139 ≪146≫; Beschluß vom 19. Juni 1985 – 1 BvL 57/79 – a.a.O. und Beschluß vom 23. September 1992 – 1 BvL 15/85 und 36/87 – a.a.O.). Beschränkt der Gesetzgeber Eigentümerbefugnisse mit Wirkung für die Zukunft, so kann er einen Verfassungsverstoß dadurch vermeiden, daß er dem Bestandsschutz im Rahmen des verfassungsrechtlich Gebotenen Rechnung trägt (vgl. BVerfG, Beschluß vom 14. Juli 1981 – 1 BvL 24/78 – BVerfGE 58, 137 ≪149≫; Beschluß vom 19. Juni 1985 – 1 BvL 57/79 – a.a.O. und Beschluß vom 9. Januar 1991 – 1 BvR 929/89 – a.a.O.). Hierzu hat er insbesondere Anlaß bei Eingriffen in bereits verwirklichte Nutzungen, aber auch beim Ausschluß von Nutzungsmöglichkeiten, die sich nach Lage der Dinge objektiv anbieten oder sogar aufdrängen (vgl. BVerwG, Urteile vom 13. April 1983 – BVerwG 4 C 21.79 – BVerwGE 67, 84; vom 15. Februar 1990 – BVerwG 4 C 47.89 – a.a.O. und vom 24. Juni 1993 – BVerwG 7 C 26.92 – BVerwGE 94, 1; BGH, Urteile vom 26. Januar 1984 – III ZR 216/82 – BGHZ 90, 17; vom 9. Oktober 1986 – III ZR 2/85 – BGHZ 99, 24; vom 18. Februar 1993 – III ZR 20/92 – a.a.O. und vom 16. Juli 1993 – III ZR 60/92 – BGHZ 123, 242). Welcher Regelungsmittel er sich bedient, um die betroffenen Eigentümer vor unzumutbaren Beeinträchtigungen zu bewahren, bleibt seiner Entscheidung vorbehalten. In Betracht kommen neben Vorkehrungen, durch die bereits ausgeübte Nutzungen oder eigentumskräftig verfestigte Nutzungsmöglichkeiten dauernd oder übergangsweise unberührt bleiben oder durch die der Weg zur Erteilung einer Befreiung von Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse eröffnet wird, insbesondere Vorschriften, die einen Geldausgleich zubilligen. Versäumt es der Gesetzgeber, den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, so überschreitet er die Grenzen zulässiger Eigentumsinhaltsbestimmung. Regelungen, die von Art. 14 Abs. 2 GG nicht mehr gedeckt werden, sind verfassungswidrig. Das ändert aber nichts daran, daß sie ihren Rechtscharakter als Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bewahren. Sie schlagen nicht in eine Enteignung um (vgl. BVerfG, Beschluß vom 12. Juni 1979 – 1 BvL 19/76 – a.a.O., S. 27; Beschluß vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 – a.a.O., S. 320; Beschluß vom 30. November 1988 – 1 BvR 1301/84 – a.a.O., S. 192; BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 – BVerwG 4 C 47.89 – a.a.O. und vom 24. Juni 1993 – BVerwG 7 C 26.92 – a.a.O.).

c) Nutzungsverbote oder -beschränkungen aus Gründen des Naturschutzes stellen vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung schon deshalb keine Enteignung dar, weil durch sie kein Grundeigentum entzogen wird. Es handelt sich bei ihnen vielmehr um Inhaltsbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie sind grundsätzlich als Ausdruck der Sozialbindung hinzunehmen. Als unzumutbare Beschränkung der Eigentümerbefugnisse erweisen sie sich nur dann, wenn nicht genügend Raum mehr für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder für eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbleibt oder wenn eine Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder die sich nach Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 13. April 1983 – BVerwG 4 C 21.79 – a.a.O., vom 15. Februar 1990 – BVerwG 4 C 47.89 – a.a.O. und vom 24. Juni 1993 – BVerwG 7 C 26.92 – a.a.O.; BGH, Urteile vom 26. Januar 1984 – III ZR 216/82 – a.a.O., vom 18. Februar 1993 – III ZR 20/92 – a.a.O. und vom 16. Juli 1993 – III ZR 60/92 – a.a.O.).

d) Das Normenkontrollgericht hat sich an dieser Rechtsprechung ausgerichtet. Es weist darauf hin, daß die Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse, die sich aus den Ge- und Verboten der angegriffenen Verordnung ergeben, im Wege eines Verhältnismäßigkeitsausgleichs abgemildert werden. Nach den von ihm getroffenen Feststellungen bieten die Verordnung und das Landesnaturschutzgesetz eine Grundlage dafür, Ausnahmen zuzulassen, Befreiungen zu erteilen sowie Entschädigungen und einen finanziellen Härteausgleich zu leisten. Die Beschwerde macht zwar geltend, diese Vorkehrungen reichten nicht aus, um im Falle der Antragsteller der Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG Rechnung zu tragen. Ob dies zutrifft, hängt jedoch von einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls ab, die nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens ist. Die Frage, wo die Grenze verläuft, bei deren Überschreiten naturschutzrechtliche Nutzungsbeschränkungen selbst unter Berücksichtigung komplementärer Bestandsschutzregelungen so schwer wiegen, daß sie den betroffenen Eigentümern nicht zumutbar sind, ist im übrigen nicht von Einfluß auf die von der Beschwerde für klärungsbedürftig erachtete Abgrenzung von Inhaltsbestimmung und Enteignung.

6. Auch mit dem Vorbringen, das Normenkontrollgericht habe verkannt, daß es neben naturschutzrechtlichen Schutzbestimmungen, die aufgrund der Situationsgebundenheit des Eigentums ohne weiteres zulässig sind oder sich jedenfalls durch Kompensationsleistungen auf ein verfassungsrechtlich zumutbares Maß zurückführen lassen, Nutzungsbeschränkungen gebe, die von vornherein unwirksam seien, da die Verhältnismäßigkeitsprüfung zu einem Vorrang des Eigentumsrechts führe, bezeichnet die Beschwerde keinen Zulassungsgrund, der auf der Grundlage des § 132 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 VwGO zur Durchführung eines Revisionsverfahrens nötigt.

a) Die geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Februar 1993 – III ZR 20/92 – (a.a.O.) rechtfertigt eine Revisionszulassung auch in diesem Zusammenhang aus den bereits dargelegten Gründen nicht. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, mit welchem abstrakten Rechtssatz das Normenkontrollgericht von einer vom Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom 23. September 1992 – 1 BvL 15/85 und 36/87 – (a.a.O.) und vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 15. Februar 1990 – BVerwG 4 C 47.89 – (a.a.O.) vertretenen Rechtsauffassung abgewichen sein soll. In den von ihr zitierten Entscheidungen wird freilich in Anknüpfung an frühere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bekräftigt, daß eine Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die den Betroffenen in so hohem Maße belastet, daß sie auch unter Berücksichtigung der Sozialgebundenheit des Eigentums nicht mehr hinnehmbar ist, gegen die Verfassung verstößt. Diesen Rechtssatz hat das Normenkontrollgericht indes nicht angezweifelt. Die Frage, ob die Antragsteller unzumutbar belastet werden, hat es sinngemäß mit der Erwägung verneint, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei ihnen gegenüber gewahrt, da die angegriffene Verordnung und das Landesnaturschutzgesetz die Grundlage dafür böten, Ausnahmen zuzulassen, Befreiungen zu erteilen sowie einen finanziellen Ausgleich zu leisten. Die Beschwerde stellt zwar in Abrede, daß diese Möglichkeiten ausreichen, um die Privatnützigkeit und die Verfügungsbefugnis in ihrem Kern zu wahren. Selbst wenn dies zuträfe, läge hierin keine Divergenz. Die Nichtanwendung eines vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Rechtssatzes rechtfertigt ebensowenig wie die unrichtige Anwendung eines als solcher nicht in Zweifel gezogenen Rechtssatzes die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

b) Die Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen naturschutzrechtlicher Nutzungsbeschränkungen verleiht der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zitate der Beschwerde belegen, daß sie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs geklärt ist. Es bedarf nicht einer erneuten Bestätigung in einem Revisionsverfahren, daß es neben den Fällen, in denen es dem Eigentümer nicht zuzumuten ist, die mit einer naturschutzrechtlichen Maßnahme verbundene Belastung ohne finanziellen oder sonstigen Ausgleich hinzunehmen, auch solche gibt, in denen die Belastung überhaupt nicht hinnehmbar ist. Die Beschwerde setzt letztlich bloß ihre eigene Würdigung des Gewichts der Nutzungsbeschränkungen der im Normenkontrollurteil vertretenen Auffassung entgegen, daß die angegriffene Verordnung insbesondere mit Rücksicht auf die in § 5 geregelten Freistellungstatbestände und die in § 6 enthaltene Ermächtigung, Ausnahmen zuzulassen und Befreiungen zu erteilen, die Handlungsmöglichkeiten der betroffenen Eigentümer nicht weiter beschneidet, als die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG dies im Interesse eines wirksamen Naturschutzes zuläßt. Ob die eine oder die andere Annahme zutrifft, läßt sich nicht abstrakt klären, sondern nur anhand der einzelnen einschlägigen Vorschriften beurteilen.

7. Die Frage, „ob sich das Landwirtschaftsprivileg auf die Nebenerwerbs- bzw. Nichterwerbsfischerei bezieht”, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Das Normenkontrollgericht hat, anders als die Beschwerde ihm unterstellt, nirgendwo zum Ausdruck gebracht, daß zur ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft, die nach der in § 1 Abs. 3 BNatSchG getroffenen Wertung des Gesetzgebers in der Regel nicht von den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege abweicht, nur die Haupterwerbsfischerei zählt. Es differenziert nicht zwischen der Haupterwerbsfischerei auf der einen und sonstigen Formen der Fischerei auf der anderen Seite, sondern zwischen der erwerbsmäßigen Fischerei und der sonstigen Fischerei. Damit folgt es der Unterscheidung, die der Antragsgegner in § 5 Abs. 1 Nr. 5 der angegriffenen Verordnung getroffen hat. Nach dieser Vorschrift bleibt die ordnungsgemäße Ausübung der erwerbsmäßigen Fischerei im Gegensatz zu anderen Formen des Fischfangs in der bisherigen Art und in dem bisherigen Umfang von den Verboten des § 4 unberührt. Von der Freistellung ausgenommen ist nur der Phulsee, in dem jegliche Fischerei untersagt wird. Die hierdurch allenfalls aufgeworfene Frage, ob § 1 Abs. 3 BNatSchG es gestattet, im Rahmen einer Naturschutzverordnung eine Unterscheidung zwischen der erwerbsmäßigen und der sonstigen Fischerei zu treffen, läßt sich auf der Grundlage der bereits vorhandenen Senatsrechtsprechung ohne weiteres bejahen. Das Privileg des § 1 Abs. 3 BNatSchG kommt nicht jeglicher Form der Fischerei zugute. Das folgte freilich nicht bereits daraus, daß in dieser Vorschrift nur der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft bescheinigt wird, einen Beitrag zur Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu leisten. Wie aus dem Ausschußbericht vom 21. Mai 1976 (BTDrucks 7/5251, S. 6) zu ersehen ist, zählt zur ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 BNatSchG auch die Fischereiwirtschaft. Daß diese Gleichstellung dem gesetzgeberischen Willen entspricht, wird durch § 8 Abs. 7 BNatSchG bestätigt, der insoweit ausdrücklich klarstellt, daß die im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes ordnungsgemäße land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung nicht als Eingriff in Natur und Landschaft anzusehen ist. Aus dem Umstand, daß der Landwirtschaftsbegriff der naturschutzrechtlichen Grundsatznorm nicht enger sein kann als der der Spezialvorschrift des § 8 Abs. 7 BNatSchG, hat auch der Senat gefolgert, daß der Begriff der Landwirtschaft in § 1 Abs. 3 BNatSchG die Fischereiwirtschaft mitumfaßt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1988 – BVerwG 4 C 58.84 – Buchholz 406.401 § 1 BNatSchG Nr. 3 = NuR 1989, 257). Diese Auffassung hat er im Urteil vom 27. September 1990 – BVerwG 4 C 44.87 – (BVerwGE 85, 348 ≪364≫) nochmals bekräftigt. Es bedarf nicht eigens der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu klären, daß der Begriff der Fischereiwirtschaft enger ist als der der Fischerei im Sinne der Fischereigesetze. Er knüpft voraussetzungsgemäß an eine wirtschaftliche Betätigung an. Davon kann bei einer bloßen hobbymäßig betriebenen oder einer sonstigen Nichterwerbsfischerei keine Rede sein. Dagegen spielt ebensowenig wie bei der Landwirtschaft eine Rolle, ob die Fischereiwirtschaft die Merkmale einer Voll- oder einer Nebenerwerbstätigkeit aufweist.

8. Die Frage, ob § 17 Abs. 3 Satz 3 SHNatSchG, wonach die Jagd und Fischerei sich den Zielen des Naturschutzes für das jeweilige Naturschutzgebiet unterzuordnen haben, mit höherrangigem Recht vereinbar ist, verleiht der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung.

Die Beschwerde unterstellt, daß § 17 Abs. 3 Satz 3 SHNatSchG die Fischereiwirtschaft als Teil der Fischerei, anders als die Land- und Forstwirtschaft, in seinen Regelungsbereich miteinbeziehe. Sollte dies zutreffen, so stünde § 1 Abs. 3 BNatSchG dem nicht entgegen. Diese Bestimmung gilt zwar nach § 4 Satz 3 BNatSchG unmittelbar, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen Art. 75 Abs. 2 GG es gestattet, unmittelbar geltende Rahmenvorschriften zu erlassen (vgl. Art. 125 a Abs. 2 Satz 3 GG). Ihr kommt bei der Ausweisung eines Naturschutzgebiets aber nicht die Bedeutung zu, die ihr die Beschwerde beimißt. Nach § 15 Abs. 2 BNatSchG sind in einem Landschaftsschutzgebiet unter besonderer Beachtung des § 1 Abs. 3 BNatSchG und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Die für Naturschutzgebiete maßgebliche Parallelregelung des § 13 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG folgt diesem Muster indes nicht. Sie verbietet nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. Ein Hinweis auf § 1 Abs. 3 BNatSchG fehlt. Das bedeutet freilich nicht, daß die Belange der Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft beliebig hintangestellt werden dürfen. Ob und in welchem Umfang für eine land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Betätigung in einem Naturschutzgebiet Raum ist, hängt indes von dem jeweiligen Schutzzweck ab. Ein Anspruch auf eine generelle Freistellung besteht jedenfalls nicht. Eine Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile darf auch dann verboten werden, wenn sie im Rahmen der ordnungsgemäßen Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft erfolgt. Das Senatsurteil vom 13. April 1983 – BVerwG 4 C 76.80 – (BVerwGE 67, 93) und der Senatsbeschluß vom 14. April 1988 – BVerwG 4 B 55.88 – (Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 4) rechtfertigen nicht die gegenteiligen Schlüsse, die die Beschwerde aus ihnen zieht. Beide Entscheidungen betreffen die Ausübung der Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft in einem Landschaftsschutzgebiet.

9. Der Senat hätte in dem angestrebten Revisionsverfahren keine Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, ob „in einer Naturschutzverordnung enthaltene Verbote nicht nur durch den Schutzzweck der Verordnung selbst, sondern darüber hinaus auch durch den Schutzzweck des Landesnaturschutzgesetzes bzw. des Bundesnaturschutzgesetzes gerechtfertigt sein” können. Die Frage ist unabhängig davon, ob sie überhaupt einen bundesrechtlichen Gehalt aufweist, nicht entscheidungserheblich. Das Normenkontrollgericht sieht in dem Verbot der Neuerrichtung geschlossener Hochsitze eine „geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Regelung zur Erhaltung des Landschaftsbildes, das auch schutzwürdig im Sinne der Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 16 LNatSchG)”. In dieser Wendung kommt nicht zum Ausdruck, daß das Verbot vom Schutzzweck der angegriffenen Verordnung nicht gedeckt wird. Die Antragsteller tragen selbst vor, daß es zu den erklärten Zielen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung gehört, „die Schaalseelandschaft zu erhalten”. Das Verbot, geschlossene Hochsitze zu errichten, dient, ohne daß es des Rückgriffs auf einen der im Landesnaturschutzgesetz formulierten Grundsätze bedarf, offenkundig der Erreichung dieses Schutzzwecks.

10. Die Frage, ob das Befahren der zum Naturschutzgebiet gehörenden Gewässer von dem Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages abhängig gemacht werden darf, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Die von den Antragstellern angegriffene Regelung dient dazu, die mit der Unterschutzstellung verbundenen Nutzungsverbote abzuschwächen. Sie ermöglicht es, dem Interesse der Betroffenen an der Erhaltung der Privatnützigkeit ihres Eigentums Geltung zu verschaffen, und stellt gleichzeitig sicher, daß die aus der Sicht des Naturschutzrechts gebotenen Schutzmaßnahmen ihren Zweck nicht verfehlen. Der öffentlich-rechtliche Vertrag eignet sich neben Ausnahme- und Befreiungsregelungen in besonderer Weise dafür, einen einzelfallbezogenen und auf die wechselseitigen Bedürfnisse zugeschnittenen Ausgleich zwischen den Eigentümer- und den Naturschutzbelangen herbeizuführen.

11. Soweit die Beschwerde geltend macht, die angegriffene Verordnung genüge in einer ganzen Reihe von Punkten nicht dem Bestimmtheitsgebot, zeigt sie keinen Klärungsbedarf auf. Die von ihr bezeichneten Regelungen gehören dem irrevisiblen Landesrecht an. Die abschließende Entscheidung darüber, ob sie auslegungsfähig sind, ist dem Normenkontrollgericht vorbehalten. Die Beschwerde stellt zwar insofern einen Bezug zum Bundesrecht her, als sie die von ihr bekämpften Vorschriften am Bestimmtheitsgrundsatz mißt, der sich aus Art. 20 Abs. 3 GG ableiten läßt. Welche Anforderungen sich unter diesem Blickwinkel aus dem Verfassungsrecht ergeben, ist indes Gegenstand einer vielfältigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Beschwerde weist hierauf selber mit Nachdruck hin. Sie führt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Beleg für die von ihr vertretene Meinung an, daß es verschiedene Ge- und Verbote der angegriffenen Verordnung an der erforderlichen Bestimmtheit fehlen lassen. Sie stellt sich nicht auf den Standpunkt, daß der durch das Bundesverfassungsgericht ausdifferenzierte Bestimmtheitsgrundsatz einer weiteren Konkretisierung oder Fortentwicklung bedarf. Probleme wirft nach ihrer eigenen Darstellung nicht das in seinem rechtlichen Gehalt eindeutige Bundesrecht, sondern allein das von ihr als unzulänglich qualifizierte Landesrecht auf.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 159 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Gaentzsch, Berkemann, Halama

 

Fundstellen

NuR 1998, 37

UPR 1998, 30

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