Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsbedarf einer Personalvertretung mit von Gesetzes wegen geringen Mitwirkungsrechten. Fachzeitschrift, personalvertretungsrechtliche und arbeitsrechtliche. als Geschäftsbedarf einer Personalvertretung. Umlauf der Fachzeitschrift bei mehreren Personalräten
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Personalrat mit geringen Mitwirkungsrechten hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Beschaffung und Überlassung der erforderlichen personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift zum alleinigen Gebrauch. Er kann auf ein Umlaufverfahren verwiesen werden.
2. Zum Anspruch auf zusätzliche Überlassung einer arbeitsrechtlichen Fachzeitschrift.
Normenkette
BPersVG § 44 Abs. 2
Tenor
Die Anträge werden abgelehnt.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten um Art und Umfang der Bereitstellung von Fachliteratur zur Aufgabenwahrnehmung des Personalrats.
Der Antragsteller, der aus einem Mitglied bestehende Personalrat bei der Außenstelle M. des Bundesnachrichtendienstes (BND), forderte im März 1992 den beteiligten Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes auf, ihm die personalvertretungsrechtliche Fachzeitschrift „Der Personalrat” und die arbeitsrechtliche Fachzeitschrift „Arbeit und Recht” zum alleinigen Gebrauch zur Verfügung zu stellen. Bei der Außenstelle M. sind 12 Mitarbeiter ständig beschäftigt.
Die für das Anliegen zuständige Bibliothekskommission des BND erkannte zwar das Bedürfnis des Antragstellers an, sich durch regelmäßige Lektüre einer personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Informationen zu verschaffen. Hierfür sei die Fachzeitschrift „Der Personalrat” geeignet und ausreichend. Aufgrund der sehr geringen Beteiligungsbefugnisse der Personalräte bei den Außenstellen könnten diese aber unter Berücksichtigung des Gebots sparsamer Mittelverwendung und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht beanspruchen, daß ihnen eine personalvertretungsrechtliche Fachzeitschrift zum alleinigen Gebrauch überlassen werde. Demnach sei der Antragsteller auf die Teilnahme an einem Umlaufverfahren mit anderen Personalräten bei Außenstellen zu verweisen. Die Zeitschrift „Arbeit und Recht” sei für den Geschäftsbedarf des Personalrats nicht notwendig.
Daraufhin hat der Antragsteller am 13. Oktober 1992 das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren beim Bundesverwaltungsgericht eingeleitet. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Seinem Informationsbedarf könne nur durch die Überlassung einer personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift zur alleinigen Benutzung in der gebotenen Weise Rechnung getragen werden. Denn wegen der Kürze der einzuhaltenden Stellungnahmefristen in Beteiligungsverfahren, aber auch zur Bewältigung der anfallenden allgemeinen Aufgaben müßten sowohl der sofortige Zugriff auf das jeweils neueste Zeitschriftenexemplar als auch der jederzeitige Rückgriff auf sämtliche vorhandene Exemplare sichergestellt sein. Aufgrund des damit verbundenen Zeitaufwands sei es ihm unzumutbar, jedes umlaufende Exemplar durch Exzerpieren auszuwerten. Die Einschaltung der Zentralbibliothek des Bundesnachrichtendienstes für seine Zwecke, z.B. um Rechtsprechung und Literatur zu einem von ihm genannten Stichwort herauszusuchen, sei nicht praktikabel. Er habe begründete Bedenken, ob seine Antragen mit der gebotenen Sorgfalt bearbeitet würden. Zur effektiven Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse benötige er auch aktuelle Informationen aus dem Gebiet des Arbeitsrechts. Die Zeitschrift „Arbeit und Recht” sei zu deren Vermittlung geeignet, da sie inhaltlich auf die Zeitschrift „Der Personalrat” abgestimmt sei. Nach der Konzeption des Verlags, der beide Fachzeitschriften herausgebe, ergänzten sich diese gegenseitig.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, daß er den Bezug der Fachzeitschriften „Der Personalrat” und „Arbeit und Recht” auf Kosten des Beteiligten zur alleinigen Benutzung beanspruchen könne.
Der Beteiligte beantragt, den Antrag abzulehnen, und führt zur Begründung im wesentlichen aus: Die Einbeziehung des Antragstellers in ein Umlaufverfahren zur Benutzung der Fachzeitschrift „Der Personalrat” sei bereits deshalb gerechtfertigt, weil den Personalräten bei den Außenstellen des Bundesnachrichtendienstes nur in sehr geringem Umfang Beteiligungsbefugnisse zugeordnet seien. Denn die Entscheidungszuständigkeit für die Mehrzahl der beteiligungspflichtigen Angelegenheiten, so für sämtliche personelle Einzelmaßnahmen, liege für den gesamten Bereich des Bundesnachrichtendienstes bei ihm selbst. Deshalb sei in der Regel auch dann die Beteiligungsbefugnis des bei der Zentrale gebildeten Personalrats gegeben, wenn die Angelegenheit eine Außenstelle betreffe. Der Antragsteller nehme mit nur einem weiteren Personalrat einer Außenstelle am Umlaufverfahren teil. Dieses sei so organisiert, daß das jeweils neueste Exemplar der Fachzeitschrift nach seinem Eintreffen in der Zentrale umgehend auf den Weg zum Antragsteller gebracht werde. Die Belieferung erfolge durch den täglichen Botendienst von der Zentrale zur Außenstelle M. Umgelaufene Hefte würden dem Antragsteller auf Anforderung innerhalb von zwei Arbeitstagen zur Verfügung gestellt. Derartige Laufzeiten seien auch innerhalb der Zentrale üblich. Zudem sei der Antragsteller berechtigt, sich vom Personal der Zentralbibliothek mit den dort verfügbaren Informationen versorgen zu lassen (Literatur; Abfragen von Datenbanken).
Entscheidungsgründe
II.
Der gemäß § 86 Nr. 14 BPersVG im ersten und letzten Rechtszug zuständige Senat kann ohne mündliche Anhörung entscheiden, da die Verfahrensbeteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 83 Abs. 2 BPersVG, § 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG).
Die zulässigen Anträge sind nicht begründet.
Der Antragsteller hat weder einen Anspruch auf Bereitstellung der personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift „Der Personalrat” zur alleinigen Benutzung und Aufbewahrung noch auf Bereitstellung der arbeitsrechtlichen Fachzeitschrift „Arbeit und Recht” auf Kosten des Beteiligten. Gemäß § 44 Abs. 2 BPersVG kann der Personalrat von der Dienststelle verlangen, daß ihm für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung u.a. der Geschäftsbedarf zur Verfügung gestellt wird. Dem Personalrat sind demnach Ansprüche auf all das eingeräumt, was er zur sachgemäßen Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse benötigt. Nach der Rechtsprechung des Senats gehört neben einem Kommentar zum einschlägigen Personalvertretungsgesetz regelmäßig auch eine personalvertretungsrechtliche Fachzeitschrift zum erforderlichen Geschäftsbedarf. Dabei kommt es weder auf die Anzahl der zu betreuenden Beschäftigten noch auf den Umfang der dem Personalrat zustehenden Beteiligungsbefugnisse an. Vielmehr hat der Senat ein Bedürfnis eines jeden Personalrats anerkannt, zeitgerecht von aktuellen Entwicklungen und den dazu erörterten Lösungsmöglichkeiten auf dem Gebiet des Personalvertretungsrechts Kenntnis zu erlangen. Dieser Informationsbedarf kann von einem Gesetzeskommentar allein nicht gedeckt werden. Allerdings hat der Senat hervorgehoben, daß aus § 44 Abs. 2 BPersVG kein genereller Anspruch des Personalrats auf Beschaffung und Überlassung der erforderlichen personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift zum alleinigen Gebrauch hergeleitet werden könne. So ist in der bisherigen Rechtsprechung die Bereitstellung im Rahmen eines Umlaufverfahrens unter Einbeziehung mehrerer Personalräte bei kleineren Dienststellen an einem Ort als ausreichend angesehen worden, wenn dadurch die Information der beteiligten Personalräte über den Inhalt des jeweils neuesten Heftes der Zeitschrift in angemessener Zeit sowie die bedarfsgerechte Einsichtnahme in die umgelaufenen Hefte ohne wesentliche Probleme gewährleistet sei (zum Ganzen: BVerwG, Beschluß vom 29. Juni 1988 – BVerwG 6 P 18.86 – BVerwGE 79, 361; Beschluß vom 12. September 1989 – BVerwG 6 P 14.87 – Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 15 = ZBR 1990, 55; Beschluß vom 5. Oktober 1989 – BVerwG 6 P 10.88 – Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 16 = ZBR 1990, 56). Eine bedarfsgerechte Einsichtnahme setzt selbstverständlich auch voraus, daß die gesetzlichen Fristen berücksichtigt werden, die der Personalrat zu beachten hat.
Der rechtlichen Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf alleinige Benutzung einer personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift sind die letzten Angaben des Beteiligten zur organisatorischen Ausgestaltung des Umlaufverfahrens zugrunde zu legen, an dem der Antragsteller teilnimmt. Sie sind vom Antragsteller nicht mehr substantiiert angegriffen worden, und somit besteht kein Anlaß, sie in Zweifel zu ziehen. Die vom Antragsteller geltend gemachten monatlichen Verzögerungen der Auslieferung der Fachzeitschrift an ihn im Umlaufverfahren lassen noch nicht den Schluß zu, daß ihn das neueste Heft dieser Zeitschrift nicht jeweils innerhalb angemessener Zeit seit Erscheinen erreicht.
Das Umlaufverfahren reicht hier insbesondere deshalb aus, weil die Beteiligungsbefugnisse der bei den Außenstellen gebildeten Personalräte sich nicht auf die personellen Angelegenheiten gemäß § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG erstrecken. Nach § 86 Nr. 9 BPersVG ist ohnehin die Beteiligung der Personalvertretung beim BND nicht nur in ihrer Intensität auf ein Mitwirkungsrecht abgeschwächt, sondern auch in ihrem Ausmaß gerade in Personalangelegenheiten erheblich eingeschränkt, so daß letztlich nur eine Mitwirkung der Personalvertretung gemäß §§ 75 Abs. 1 Nrn. 5 und 6, 76 Abs. 1 Nr. 2, 3, 6, 7, 8 und 9 BPersVG in Betracht kommt. Angesichts der vom Antragsteller nicht angezweifelten alleinigen Entscheidungsbefugnis des Präsidenten des BND in Personalangelegenheiten (vgl. dazu auch BVerwG, Beschluß vom 11. Dezember 1991 – BVerwG 6 P 5.91 – Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 7) haben die Personalvertretungen der Außenstellen aber auch diese Kompetenzen nicht. Auch hinsichtlich der nach § 86 Nr. 9 BPersVG verbleibenden Mitwirkungsrechte der Personalvertretung beim BND hat der Beteiligte unwidersprochen vorgetragen, daß die Dienststellenleiter der Außenstellen insoweit in der Praxis kaum Entscheidungsbefugnisse haben, weil auch hier überwiegend der Präsident des BND und die von ihm beauftragten Fachreferate tätig werden und abschließende Regelungen treffen.
Hiervon ausgehend ist das vom Beteiligten eingeführte Umlaufverfahren in seiner konkreten Ausgestaltung und nach den sonstigen Umständen des Einzelfalls ausreichend, um den sich aus § 44 Abs. 2 BPersVG ergebenden Anspruch des Antragstellers auf Benutzung einer personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift zu erfüllen. In Anbetracht des sehr geringen Umfangs der dem Antragsteller zugeordneten Beteiligungsbefugnisse ist dieses Umlaufverfahren angemessen, um eine sachgemäße Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Antragstellers zu gewährleisten. Der Beschränkung auf ein Umlaufverfahren steht nicht entgegen, daß sich die Außenstelle, bei der der zweite teilnehmende Personalrat gebildet ist, an einem von M. weit entfernten Ort befindet. Denn der Antragsteller wird von der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes nunmehr zuerst mit dem jeweils neuesten Exemplar der in Umlauf gebrachten Fachzeitschrift beliefert; jedenfalls aber wäre es dem Beteiligten auch nicht verwehrt, die Behaltezeiten der an dem Umlaufverfahren beteiligten Personalräte so zu regeln, daß auch die weitere am Umlaufverfahren beteiligte Personalvertretung die Fachzeitschrift innerhalb angemessener Zeit erhält. Es läßt sich hier ausschließen, daß sich durch die Zeit, die der Transport des Heftes von der Zentrale zur Außenstelle M. in Anspruch nimmt, erhebliche Beeinträchtigungen der Tätigkeit des Antragstellers ergeben. Auch wenn die Hefte der Fachzeitschrift in einem von M. weit entfernten Ort, nämlich der Bibliothek in der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes, aufbewahrt werden, ist nicht zu besorgen, daß die Zeiträume, die von der Anforderung eines Heftes bis zum Eintreffen beim Antragsteller verstreichen, für die Aufgabenwahrnehmung nachteilig ins Gewicht fallen. Denn zum einen hat der Beteiligte dargelegt, daß der Zeitraum bei normalem Ablauf aufgrund des täglichen Botendienstes nur zwei Arbeitstage beträgt. Zum anderen wird der Leiter der Außenstelle M. nach dem personalvertretungsrechtlichen Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit darauf Rücksicht nehmen müssen, wenn der Antragsteller im Einzelfall durch verspätetes Eintreffen angeforderter Zeitschriften in seiner Aufgabenwahrnehmung beeinträchtigt ist. Soweit der Beteiligte geltend macht, er könne in den umgelaufenen Heften nicht selbst nach einschlägiger Rechtsprechung und Literatur suchen, übersieht er, daß ihm hierfür ein Gesetzeskommentar zur Verfügung steht. Diesem werden sich im Regelfall die Fundstellen oder jedenfalls die Stichworte entnehmen lassen, mit deren Hilfe der Antragsteller Fachzeitschriften und andere Fachliteratur oder aber auch neuere Rechtsprechung bei der Bibliothek anfordern kann. Leztere ist von dem Beteiligten zu der gebotenen Sorgfalt anzuhalten, wenn es hieran – wie der Antragsteller vorträgt – fehlen sollte. In Anbetracht dieser besonderen Gegebenheiten des vorliegenden Falles ist somit eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung gewährleistet.
Der Beteiligte durfte auch ablehnen, dem Antragsteller die zusätzliche Benutzung der von diesem ausgewählten arbeitsrechtlichen Fachzeitschrift zu ermöglichen. Denn ein Personalrat mit derart begrenzten Aufgaben und Befugnissen benötigt im Regelfall eine zusätzliche arbeitsrechtliche Fachzeitschrift für seine Tätigkeit nicht. Gerade hier wirkt sich aus, daß der Antragsteller an personellen Einzelmaßnahmen nicht beteiligungsbefugt ist. Er muß sich daher darauf verweisen lassen, daß er auch durch die Benutzung einer personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift und eines einschlägigen Kommentars die benötigten arbeitsrechtlichen Bezüge herstellen kann. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Weise Personalräte bei einer anderen Aufgabenverteilung verlangen können, daß ihnen ausnahmsweise auch eine arbeitsrechtliche Fachzeitschrift zur Verfügung gestellt wird, etwa wenn eine solche von der Dienststelle bereits bezogen wird, bedarf hier keiner Entscheidung.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83 Abs. 2 BPersVG, § 12 Abs. 5 ArbGG). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten aufgrund prozessualer Vorschriften scheidet aus.
Unterschriften
Niehues, Ernst, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer
Fundstellen