Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Beschluss vom 26.11.2008; Aktenzeichen 3 BV 07.1268) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. November 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 132,92 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Klägerin, eine Polizeiobermeisterin, verrichtete ihren Dienst bis Ende August 2002 in Wechselschicht. Diesen Sachverhalt teilte die Polizeiinspektion erst unter dem 30. Mai 2006 dem Landesamt für Finanzen mit. Deshalb erhielt die Klägerin zunächst weiterhin bis einschließlich Juli 2006 eine Wechselschichtzulage. Mit Bescheid vom 13. Juli 2006 forderte das Landesamt die überzahlte Wechselschichtzulage zurück. Klage und Berufung blieben erfolglos. Im Berufungsverfahren hat sich die Klägerin nur noch gegen die Rückforderung für das Jahr 2002 gewandt und insoweit die Auffassung vertreten, der Anspruch sei verjährt. Dem ist das Berufungsgericht unter Hinweis auf Art. 71 Abs. 1 BayAGBGB, nach dem es auf die Kenntnis der zuständigen Behörde, des Landesamtes für Finanzen, ankommt, nicht gefolgt.
Rz. 2
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Rz. 3
Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob sich Rückforderungsansprüche über § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG nach den entsprechenden Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs richten oder ob sie in Bayern nach Art. 71 Abs. 1 Bay-AGBGB zu behandeln sind. Außerdem sei zu klären, ob Art. 71 Bay-AGBGB verfassungsgemäß sei, weil der Bund seiner Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht umfassend nachgekommen sei, sodass kein Raum für landesrechtliche Regelungen bleibe; auch das Bürgerliche Gesetzbuch enthalte keine Öffnungsklauseln.
Rz. 4
Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫ = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18; stRspr). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen nicht erfüllt. Die Fragen sind nicht entscheidungserheblich. Der Rückforderungsanspruch des Beklagten wäre auch bei Anwendung der Verjährungsvorschriften nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch im Jahr 2002 noch nicht verjährt gewesen.
Rz. 5
Das Berufungsgericht hat die Klage auf der Grundlage des bayerischen Landesrechts entschieden. Nach Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Bay-AGBGB erlöschen auf eine Geldzahlung gerichtete öffentlich-rechtliche Ansprüche des Freistaates Bayern, soweit nichts anderes bestimmt ist, in drei Jahren. Nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 Bay-AGBGB beginnt die Frist mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Berechtigte Kenntnis von den den Anspruch begründenden Tatsachen und der Person des Verpflichteten erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, jedoch nicht vor dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Art. 71 Abs. 1 Satz 3 Bay-AGBGB stellt klar, dass es auf die Kenntnis der zuständigen Behörde ankommt.
Rz. 6
Diese Regelungen über das Erlöschen nach Art. 71 Abs. 1 Bay-AGBGB stimmen hinsichtlich Beginn und Dauer mit den Regelungen über die Verjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB überein. Insbesondere stimmt entgegen der Auffassung der Klägerin der Beginn der Erlöschensfrist gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 2 und 3 Bay-AGBGB mit dem Beginn der Verjährungsfrist in § 199 BGB überein. Seit der Änderung der Verjährungsfristen durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl I S. 3138) verjähren Rückforderungsansprüche nach § 12 BBesG, die nach dem 31. Dezember 2001 entstehen, nicht mehr nach 30 Jahren, sondern nach drei Jahren (§ 195 BGB). Diese Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (Dienstherr) von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners (Beamter) Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Bei Behörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften ist hierzu auf die Kenntnis des zuständigen Bediensteten der verfügungsberechtigten Behörde abzustellen; verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei solche Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für den Rückforderungsanspruch zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist (st Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – VI ZR 294/08 – VersR 2009, 989 ≪990≫ m.w.N., der hieran auch ausdrücklich zum neuen Recht festhält).
Rz. 7
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG.
Unterschriften
Herbert, Dr. Heitz, Thomsen
Fundstellen