Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 2 A 5680/98) |
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 16 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Den Klägern kann die beantragte Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden, da ihre Beschwerde aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).
Entscheidungsgründe
II.
Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde hat keinen Erfolg; die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Das Oberverwaltungsgericht hat die auf Einbeziehung der Kläger in den Aufnahmebescheid der Eltern der Klägerin zu 1 gerichtete Klage, der das Verwaltungsgericht mit der Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin zu 1 in den Aufnahmebescheid ihres Vaters einzubeziehen und den Kläger zu 2 als ausländischen Ehegatten dort aufzuführen, entsprochen hatte, abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG lägen nicht vor, weil der Vater der Klägerin zu 1 als Bezugsperson das Aussiedlungsgebiet bereits im Jahre 1994 endgültig verlassen habe; eine Einbeziehung nach dieser Bestimmung setze voraus, daß die Bezugsperson sich noch im Aussiedlungsgebiet aufhalte. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung als Härtefall (§ 27 Abs. 2 BVFG). Sei die Bezugsperson bereits in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt, sei eine Einbeziehung der sich noch im Aussiedlungsgebiet aufhaltenden einzubeziehenden Personen gemäß § 27 Abs. 2 BVFG möglich, wenn es der Bezugsperson nach Erteilung des Aufnahmebescheides nicht mehr zumutbar gewesen sei, die Einbeziehung im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, weil sie Gefahr laufe, andernfalls ihr Recht aus Art. 116 Abs. 1 GG zu verlieren. Das setze voraus, daß die einzubeziehenden Personen zum Zeitpunkt der Ausreise der Bezugsperson ihre Einbeziehung bereits beantragt hätten (S. 11 des Urteils). Da die Kläger jedoch im Zeitpunkt der Ausreise der Eltern der Klägerin zu 1 ihre Aufnahme und speziell eine Einbeziehung noch nicht beantragt hätten, habe sich für die Eltern im Zeitpunkt der Ausreise nicht die Frage stellen können, ob sie eine Einbeziehung ihrer Tochter und deren Familie noch im Herkunftsgebiet hätten abwarten können oder nicht. Es sei daher nicht entscheidungserheblich, ob den Eltern der Klägerin zu 1 insbesondere aufgrund der verschiedenen Erkrankungen der Mutter ein weiterer Aufenthalt im Aussiedlungsgebiet unzumutbar gewesen sei (S. 12 des Urteils).
Als klärungsbedürftig sieht die Beschwerde an, ob „Abkömmlinge von Spätaussiedlern grundsätzlich nicht mehr in den Aufnahmebescheid von Eltern einbezogen werden können, wenn der Aufnahmeantrag für die einzubeziehenden Abkömmlinge nicht vor der Ausreise der Bezugsperson beim Bundesverwaltungsamt vorgelegen hat”, und ob dies auch dann gilt, wenn an sich ein „Härtefall” zu bejahen wäre.
Die Frage, ob Abkömmlinge von Personen, die bereits mit einem Aufnahmebescheid in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, auf der Grundlage von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nachträglich in deren Aufnahmebescheid einbezogen werden können, bedarf keiner rechtsgrundsätzlichen Klärung mehr. Der Senat hat bereits geklärt und geht in seiner Spruchpraxis zu § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG davon aus, daß die volksdeutsche Bezugsperson, in deren Aufnahmebescheid der Abkömmling einbezogen werden will, bei Einbeziehung des Abkömmlings in den Aufnahmebescheid noch ihren Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten haben muß, diesen also noch nicht unter Aufgabe ihres Wohnsitzes verlassen haben darf (vgl. etwa Beschluß vom 15. Dezember 1999 – BVerwG 5 B 20.99 – m.w.N.); neue Gesichtspunkte trägt die Beschwerde in diesem Zusammenhang nicht vor.
Die von den Klägern angegriffene Rechtsauffassung der Vorinstanz, eine Einbeziehung aufgrund der Härteklausel des § 27 Abs. 2 BVFG setze voraus, daß es derBezugsperson wegen eines drohenden Verlustes ihrer Rechte aus Art. 116 Abs. 1 GG unzumutbar gewesen sei, die Einbeziehung des Abkömmlings abzuwarten, mag in rechtsgrundsätzlicher Hinsicht überprüfungsbedürftig sein; eine Zulassung der Revision scheitert jedoch daran, daß die von der Beschwerde vorgetragenen Umstände und Gesichtspunkte den Ausnahmetatbestand der besonderen Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG nicht begründen, so daß die angefochtene Entscheidung sich jedenfalls im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig erweist (entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO).
Soweit mit der Beschwerde zunächst geltend gemacht worden ist, eine Antragstellung vor der Ausreise der Eltern der Klägerin zu 1 sei wegen des schlechten Postverkehrs in Tadschikistan nicht möglich gewesen, wird diese Behauptung nach dem Schriftsatz des Bundesverwaltungsamtes vom 10. April 2000 nicht aufrechterhalten. Die von den Klägern vorgetragene lebensbedrohliche Krebserkrankung der Mutter der Klägerin zu 1, welche die Vorinstanz – von ihrem Rechtsstandpunkt aus konsequent – als nicht entscheidungserheblich angesehen und daher nicht überprüft hat, kann eine besondere Härte für dieKläger nicht begründen. Wäre den Klägern daran gelegen gewesen, das Aussiedlungsgebiet im Familienverband zusammen mit den Eltern der Klägerin zu 1 zu verlassen, hätten sie das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen hierfür vor der Ausreise der Eltern – sei es im Wege eines eigenen Aufnahmeantrages, sei es im Wege eines Einbeziehungsantrages – geltend machen können und müssen. Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu klären, daß die Unterlassung einer den Klägern möglichen Antragstellung vor der Ausreise der Eltern der Klägerin zu 1 noch keine besondere Härte begründet. Soweit für dieses Unterlassen die Vorstellung maßgeblich war, eine Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland auch zu einem späteren Zeitpunkt nach Übersiedlung der Eltern der Klägerin zu 1 noch erreichen zu können, begründet ein solcher Rechtsirrtum mangels Vertrauenstatbestandes keinen Härtegrund im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG. Soweit die Beschwerde es im Zusammenhang mit der als Härtegrund geltend gemachten Krankheit der Mutter der Klägerin zu 1 als „grundrechtswidrig” und „rassistisch” bezeichnet, daß eine lebensbedrohliche Erkrankung einer russischen Volkszugehörigen keinen Härtefall begründen könne, fehlt jeder Anhaltspunkt, daß die angefochtene Entscheidung auf solchen Gesichtspunkten beruhen könnte.
Mit dem bloßen Hinweis auf eine im Januar 1999 in anderer Sache ergangene, die Revision zulassende Entscheidung der Vorinstanz, wonach der Anwendungsbereich der in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG und § 27 Abs. 2 BVFG geregelten Einbeziehungsmöglichkeiten grundsätzlicher Klärung bedürfe (Urteil vom 19. Januar 1999 – 2 A 2030/96 –; das Revisionsverfahren ist am Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen BVerwG 5 C 21.99 anhängig) wird eine konkrete, für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan; ebenso verhält es sich bei den auf einen Erlaß des Bundesministeriums des Innern gestützten allgemeinen Hinweisen auf die Zielsetzung der Härtevorschrift des § 27 Abs. 2 BVFG und dem Hinweis auf die Richtlinien zu § 7 BVFG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Säcker, Schmidt, Dr. Franke
Fundstellen