Verfahrensgang

Sächsisches OVG (Urteil vom 31.07.1997; Aktenzeichen 1 S 567/94)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 31. Juli 1997 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

Das Normenkontrollgericht hat die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages (nur) insoweit bejaht, als er sich gegen die Änderungssatzung der ehemaligen Gemeinde W… vom 16. Dezember 1993 richtet. An dem Zustandekommen dieser Satzung war der Antragsteller nach den tatsächlichen Feststellungen des Normenkontrollgerichts, die nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden sind, nicht beteiligt.

Die Antragsgegnerin vermengt die von ihr als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage zu 1) mit tatsächlichen Elementen, die das Normenkontrollgericht nicht festgestellt hat; denn in bezug auf die Änderungssatzung war der Antragsteller gar nicht beteiligt, in bezug auf die Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan in seiner ursprünglichen Fassung hat das Normenkontrollgericht die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages gerade verneint. Die Nichtigkeit der Änderungssatzung hat das Normenkontrollgericht auch aus einem maßgeblichen Mangel bei der Ausfertigung der Satzung hergeleitet, auf die der Antragsteller keinen Einfluß hatte. Von einem durch den Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin durch vorangegangenes Tun begründeten Vertrauensschutz und einem hierdurch entfallenden Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag kann mithin keine Rede sein. Im übrigen geht die Beschwerde davon aus, daß der Antragsteller rechtlich in der Lage sei, seine zum Vorhaben- und Erschließungsplan der Antragsgegnerin erteilte Genehmigung zurückzunehmen. Auch dies trifft nicht zu. Die Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde ist nämlich ein Mitwirkungsakt in einem Normsetzungsverfahren; sie kann nicht mehr isoliert rückgängig gemacht werden, wenn das Rechtssetzungsverfahren abgeschlossen und der Rechtssatz entstanden ist. Von diesem Zeitpunkt an kann nur noch der Rechtssatz selbst rückgängig gemacht oder aufgehoben werden. Für die höhere Verwaltungsbehörde steht hierfür das Normenkontrollverfahren zur Verfügung (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1986 – BVerwG 4 C 22.83 – BVerwGE 75, 142 ≪146 f.≫).

Auch die weitere sinngemäß aufgeworfene Frage, ob eine gemeindliche Satzung, die aus Fristgründen nicht mehr mit einer Normenkontrollklage angegriffen werden kann, inzidenter einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt, wenn eine Planänderung ihrerseits Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens wird, kann nicht zur Zulassung der Revision führen; denn sie ist bereits geklärt. In dem Beschluß des Beschwerdegerichts vom 12. September 1989 – BVerwG 4 B 149.89 – (Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 19) wird ausgeführt, die Berechtigung der Verwaltungsgerichte, einen Bebauungsplan inzidenter zu überprüfen, stehe außer Frage; sie setze nicht voraus, daß die Parteien die Wirksamkeit des Bebauungsplans angegriffen haben oder der Bebauungsplan im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens für unwirksam erklärt worden sei. Durch die Drei-Monats-Frist des Art. 13 Nr. 1 Abs. 1 InvWoBauLG wird lediglich die Zulässigkeit des Normenkontrollverfahrens eingeschränkt, nicht jedoch die der Inzidentprüfung innerhalb eines anderen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (BVerwG, Beschluß vom 10. April 1996 – BVerwG 4 NB 8.96 – Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 114 ≪S. 61, 64≫ – ZfBR 1996, 231 ≪232≫). Für eine Satzung, die einen Vorhaben- und Erschließungsplan zum Gegenstand hat, kann nichts anderes gelten.

Schließlich rechtfertigt auch die zu 3) aufgeworfene Frage nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

Das Normenkontrollgericht hat die Nichtigkeit der Änderungssatzung aus zwei voneinander unabhängigen Gründen festgestellt: Die Satzung leide an einem Ausfertigungsmangel, außerdem sei die Änderungssatzung auch deshalb nichtig, weil die ihr zugrundeliegende Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan nichtig sei; denn der zuletzt genannten Satzung mangele es an einem rechtzeitig geschlossenen Durchführungsvertrag im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauZVO. Ist ein Urteil solchermaßen begründet, so kann eine Zulassung der Revision nur dann erfolgen, wenn im bezug auf beide selbständig tragende Urteilsgründe ein durchgreifender Zulassungsgrund geltend gemacht wird. Daran fehlt es hier. Der die Nichtigkeit begründende Ausfertigungsmangel trägt das Normenkontrollurteil selbständig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 3 GKG.

 

Unterschriften

Gaentzsch, Lemmel, Heeren

 

Fundstellen

SächsVBl. 1998, 236

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