Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 22.01.1998; Aktenzeichen 12 L 714/97) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. Januar 1998 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu.
Ob auf der Grundlage des § 30 BSHG die Übernahme von Schulgeld für eine nicht in voller Höhe von der Arbeitsverwaltung geförderte Umschulungsmaßnahme in Betracht kommt, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sich diese Frage anhand des Gesetzeswortlauts und der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung eindeutig bejahen läßt. Wenn § 30 Abs. 1 Satz 2 BSHG das Ziel der Hilfe dahin umschreibt, sie solle dazu dienen, dem Hilfesuchenden den Aufbau oder die Sicherung einer Lebensgrundlage durch eigene Tätigkeit zu ermöglichen, so fällt hierunter zwanglos auch die Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme zu einem die Lebensgrundlage sichernden Beruf. Entgegen der Ansicht des Beklagten folgt aus der Streichung der Ausbildungshilfe (§§ 31 ff. BSHG) durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz nichts Gegenteiliges. Deren Sinn war es, die Sozialhilfe von Kosten zu befreien, die mit der Finanzierung von Ausbildungen verbunden waren (vgl. BVerwGE 82, 125 ≪129≫); Umschulungsmaßnahmen lagen außerhalb des Regelungshorizontes des Gesetzgebers. Damals wie heute unterscheidet das Bundessozialhilfegesetz (vgl. § 40 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 BSHG) in Übereinstimmung mit dem Arbeitsförderungsrecht zwischen beruflicher Ausbildung und beruflicher Weiterbildung (Fortbildung und Umschulung), so daß aus der Streichung der Vorschriften über die Ausbildungshilfe nicht geschlossen werden kann, auch die subsidiäre Beteiligung der Sozialhilfe an der Förderung von Umschulungsmaßnahmen solle ausgeschlossen werden. Dementsprechend hat auch der erkennende Senat § 26 BSHG, die Nachfolgevorschrift zu § 31 Abs. 4 BSHG, dahin gehend ausgelegt, der dort in Satz 1 verwendete Begriff der „Ausbildung im Rahmen des Arbeitsförderungsgesetzes” in Abgrenzung zur beruflichen Fortbildung und zur beruflichen Umschulung allein die berufliche Ausbildung erfasse (BVerwGE 82, 125 ≪128 ff.≫ sowie Urteil vom 14. Oktober 1993 – BVerwG 5 C 1.91 – ≪Buchholz 436.0 § 26 BSHG Nr. 12 = NVwZ-RR 1994, 397≫).
Ob dem Hilfesuchenden angesonnen werden kann, eine Umschulungsmaßnahme zu suchen, die von der Arbeitsverwaltung vollständig finanziert wird, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. zu einer verwandten Fragestellung im Bereich der Eingliederungshilfe BVerwGE 100, 50 ≪52 ff.≫) und ist im vorliegenden Verfahren einer grundsätzlichen Klärung bereits deshalb nicht zugänglich, weil das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, daß eine aus der Sicht des Sozialhilfeträgers kostengünstigere Umschulungsalternative bestanden hat.
Ebensowenig würden sich in einem zukünftigen Verfahren die Fragen stellen, „ob alleine die bloße Verbesserung der Arbeitsvermittlungsfähigkeit eines Hilfesuchenden in unselbständige Tätigkeit ohne eine bereits in irgendeiner Form konkretisierte Aussicht auf einen Arbeitsplatz einen Anspruch auf Leistungen gem. § 30 BSHG begründen kann und ob der Träger bei seiner anzustellenden Prognoseentscheidung an den Umstand der Förderung durch die Arbeitsverwaltung gebunden ist”. Denn zum einen hat das Berufungsgericht eine derartige Bindung nicht angenommen, sondern sich bei der Bewertung der Prognoseentscheidung seinerseits auf die Bewertung der fachkundigen Arbeitsverwaltung „gestützt”, sie also als Beweismittel verwertet. Zum anderen hat das Berufungsgericht nicht lediglich eine bloße Verbesserung der Vermittlungsfähigkeit der Klägerin durch die geplante Umschulungsmaßnahme angenommen, sondern festgestellt, es hätten im maßgeblichen Zeitpunkt „hinreichend sichere Aussichten” bestanden, die Klägerin werde durch die Hilfe sich eine Lebensgrundlage sichern können, weil die Maßnahme hinreichend gewiß verspreche, daß die Klägerin einen festen Arbeitsplatz gewinnen werde. An diese Feststellungen wäre das Revisionsgericht im übrigen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da der Beklagte Verfahrensrügen nicht erhoben hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Pietzner, Dr. Rothkegel
Fundstellen