Entscheidungsstichwort (Thema)
Planfeststellung. Planfeststellungsverfahren. Eisenbahn-Ausbaustrecke Nürnberg – Hof. Planungshoheit der Gemeinde, mittelbare Beeinträchtigung der -. Schienenanbindung. Schienenverkehrsbedienung. Präklusion
Leitsatz (amtlich)
Durch möglicherweise eintretende mittelbare Auswirkungen eines planfestgestellten Bauvorhabens (hier: befürchtete Beeinträchtigung des Schienenfernverkehrsangebots in einer Gemeinde durch Ausbau einer Umgehungsstrecke) wird die Planungshoheit einer Gemeinde nicht beeinträchtigt.
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 28 Abs. 2 S. 1; VwGO § 42 Abs. 2; AEG § 20 Abs. 2; VerkPBG § 1 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 5 Abs. 1; FernVbV § 1 Nr. 12; BSchwAG § 1, Anlage
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2.
Tatbestand
I.
Die klagende Stadt M… wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluß für die Ausbaustrecke Karlsruhe – Stuttgart – Nürnberg – Hof – Leipzig/Dresden im Abschnitt Bau-km 0 bis 0,881.
Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist der Bau einer eingleisigen Verbindungskurve zwischen den Bahnstrecken B… – N… und B… – H… südlich der Gemeinde N… (“Schl. Kurve”) als vorgezogene Maßnahme des Gesamtprojektes, das in der Anlage zum Bundesschienenwegeausbaugesetz als “vordringlicher Bedarf” genannt wird. Das ca. 35 km vom Gemeindegebiet der Klägerin entfernte Bauvorhaben ermöglicht es der Beigeladenen zu 1, die Fernverbindung Dresden – Nürnberg nunmehr ohne Fahrtrichtungswechsel der Züge über das Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 2, der Stadt B…, statt – wie bisher – über dasjenige der Klägerin zu führen. Nach dem Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses hat sich dieses Vorhaben als eisenbahnbetrieblich günstigste und mit den geringsten Eingriffen verbundene Lösung der nach der Anlage zum Bundesschienenwegeausbaugesetz zu prüfenden Anbindung der Beigeladenen zu 2 ergeben; die Einbindung der Klägerin in das Fernverkehrsnetz bleibe unberührt.
Der Plan und die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen lagen vom 7. April 1997 bis zum 7. Mai 1997 bei der Gemeinde N… zur Einsicht aus. Die Einwendungsfrist endete am 21. Mai 1997. Mit Schreiben vom 2. Juni 1997 bat die Klägerin die Anhörungsbehörde um Beteiligung am Planfeststellungsverfahren und um Übersendung der Planunterlagen, die ihr am 9. Juni 1997 zugingen. Mit Schreiben vom 26. Juni 1997 erhob die Klägerin Einwendungen, die sie auch im Erörterungstermin vom 8. Juli 1997 vortrug. Wegen Verspätung der Stellungnahme sowie des von der Klägerin gestellten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lehnte die Anhörungsbehörde eine Beteiligung der Klägerin am Planfeststellungsverfahren ab.
Durch Beschluß vom 12. Februar 1998 stellte das Eisenbahn-Bundesamt den Plan für das Vorhaben fest. Der Planfeststellungsbeschluß wurde der Klägerin am 17. Februar 1998 zugestellt.
Am 16. März 1997 hat die Klägerin gegen den Planfeststellungsbeschluß Klage erhoben. Sie sieht sich durch ihn in ihrer Planungshoheit verletzt. Die Beklagte habe zu Unrecht das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz für anwendbar gehalten. Das planfestgestellte Vorhaben liege jedoch nicht auf einer Fernverkehrsstrecke im Sinne der Fernverkehrswegebestimmungsverordnung; es handele sich im übrigen nur um eine kleine Maßnahme, die ohne weitere – bisher nicht planfestgestellte – Ausbaumaßnahmen den Fernverkehr nicht verbessern könne und mithin nicht unter das Beschleunigungsprivileg falle. In jedem Fall sei sie am Planfeststellungsverfahren nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, obwohl sie beanspruchen könne, die Bedürfnisse der örtlichen Planung gegenüber der überörtlichen Fachplanung zu vertreten. Ihre Einwendungen seien nicht verspätet gewesen, weil bei ihr keine Auslegung erfolgt sei und sie auch nicht auf andere Weise Kenntnis von der Auslegung erlangt habe. Der Planfeststellungsbeschluß sei auch inhaltlich fehlerhaft. Der planfestgestellten Baumaßnahme fehle die Planrechtfertigung, weil die auszubauende Strecke nach den gesetzlichen Vorgaben über ihr Gemeindegebiet verlaufe. Es sei kein Grund erkennbar, von dieser Streckenführung abzuweichen. Der weitere Ausbau der Strecke über die Sch… Kurve sei planungsrechtlich jedenfalls nicht gesichert. In die Planung seien Planungsalternativen sowie ihre eigenen Belange nicht eingestellt worden. Vielmehr sei die Abwägungsentscheidung durch die frühzeitige Festlegung der Beigeladenen zu 1 auf die planfestgestellte Maßnahme unzulässig vorweggenommen worden. Das Vorhaben beeinträchtige ihre gemeindliche Entwicklung nachhaltig: Eine Verschlechterung ihrer Anbindung an den Schienenfernverkehr und die damit verbundene Schwächung ihrer Funktion als wichtiger Bahnfernverkehrsknoten führten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu, daß die gerade erlangte landesplanerische Aufstufung zum möglichen Oberzentrum rückgängig gemacht werde, und beeinflusse einen entscheidenden Standortfaktor für Investoren. Ferner müsse der im Vertrauen auf die hohe Wertigkeit des Bahnhofs mit erheblichem Aufwand auf den neugestalteten Bahnhofsvorplatz verlegte zentrale Busbahnhof bei zurückgehenden Fahrgastzahlen der Bahn wieder zurückverlegt werden. Die seit Jahren geplante, kostenaufwendige Schaffung weiterer Kraftfahrzeugstellplätze in Bahnhofsnähe mache nur Sinn, wenn der Stellplatzbedarf für den Bahnhof weiter erhalten bleibe. Schließlich sei sie bei künftig negativer Entwicklung der Bahninfrastruktur aufgrund der Haushaltslage in ihrer Entscheidung über eine Beteiligung an der zu gründenden Flughafengesellschaft Hof nicht mehr frei.
Die Klägerin beantragt,
den Planfeststellungsbeschluß der Beklagten vom 12. Februar 1998 aufzuheben.
Die Beklagte, die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie halten übereinstimmend die Klage bereits mangels Klagebefugnis für unzulässig. Zumindest sei die Klage unbegründet. Mit ihren Einwendungen sei die Klägerin präkludiert. Jedenfalls stehe ihr kein Abwehranspruch gegen den Planfeststellungsbeschluß zu, weil sie nicht hinreichend dargelegt habe, daß der Planfeststellungsbeschluß sie in ihrer Planungshoheit beeinträchtige.
Die Klägerin erwidert hierauf, es gehe ihr nicht darum, eine verbesserte Anbindung der Beigeladenen zu 2 an das Schienenfernverkehrsnetz zu verhindern. Ihre Klage ziele vielmehr darauf, daß ihre durch das planfestgestellte Bauvorhaben entstehende und offenkundige, im Planfeststellungsverfahren aber dennoch negierte Problemsituation in die Abwägung eingestellt und unter Berücksichtigung der vorhandenen Planungsalternativen planerisch bewältigt werde. Ihrem Anhörungs- und Mitwirkungsanspruch im Planfeststellungsverfahren könne Präklusion nicht entgegengehalten werden.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat entscheidet nach vorheriger Anhörung der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist.
Zur Entscheidung über die Klage ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 5 Abs. 1 Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz (VerkPBG) in erster Instanz berufen. Entgegen der Auffassung der Klägerin betrifft der angefochtene Planfeststellungsbeschluß ein Vorhaben nach § 1 dieses Gesetzes. Das ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz i.V.m. § 1 Nr. 12 Fernverkehrswegebestimmungsverordnung. Daß das planfestgestellte Bauvorhaben “Sch… Kurve” nicht auf der vorhandenen Stammstrecke N… – M… – H… liegt, ist ohne Bedeutung, weil die genannten Vorschriften keine Aussage über den genauen Verlauf der Strecke zwischen N… und H… treffen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 30. Dezember 1996 – BVerwG 11 VR 24.95 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 23 m.w.N.) und das Bauvorhaben nach dem Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses und letztlich auch nach den Befürchtungen der Klägerin gerade dazu dient, zumindest einen Teil des Fernverkehrs der Verbindung Dresden – Nürnberg zukünftig über das Gebiet der Beigeladenen zu 2 und die Sch… Kurve zu führen. Das steht in Einklang mit dem in der Anlage zu § 1 Bundesschienenwegeausbaugesetz enthaltenen Auftrag, die Einbeziehung der Beigeladenen zu 2 in die Ausbaustrecke Karlsruhe – Stuttgart – Nürnberg – Leipzig/Dresden zu prüfen. Ob es für eine solche Einbeziehung – wie die Klägerin meint – neben dem Bau der Sch… Kurve noch weiterer Baumaßnahmen bedarf, ist für die Begründung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 5 Abs. 1 VerkPBG unerheblich; es ist jedenfalls nicht erkennbar, daß der Realisierung dieser weiteren Baumaßnahmen unüberwindliche planerische Hindernisse entgegenstünden.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere fehlt es der Klägerin nicht an der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Anforderungen an diese Sachentscheidungsvoraussetzung dürfen nicht überspannt werden (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1998 – BVerwG 11 C 3.97 –). Die Möglichkeit einer Verletzung ihrer gemeindlichen Planungshoheit hat die Klägerin dadurch dargetan, daß sie sich auf die Störung eigener Infrastrukturplanungen beruft, die im Zusammenhang mit der Schienenanbindung stehen, deren Beeinträchtigung die Klägerin durch das planfestgestellte Bauvorhaben befürchtet.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluß nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Ob der Klägerin aufgrund der Auswirkungen des Bauvorhabens ein Recht auf Beteiligung und Anhörung im Planfeststellungsverfahren zustand (vgl. BVerwGE 81, 95 ≪106≫), bedarf keiner Entscheidung. Ein solches Recht ist jedenfalls nicht verletzt, weil die Klägerin in diesem Verfahren faktisch hinreichend beteiligt gewesen und angehört worden ist. Die Planunterlagen sind der Klägerin von der Anhörungsbehörde am 5. Juni 1997 übersandt worden. Auf dieser Grundlage hat die Klägerin mit Schreiben vom 26. Juni 1997 Einwendungen erhoben und im Erörterungstermin am 8. Juli 1997 inhaltlich zu dem Bauvorhaben Stellung genommen. Daß die Klägerin gehindert gewesen wäre, ihre Einwendungen vollständig und umfassend darzulegen, ist nicht erkennbar und wird von ihr auch nicht geltend gemacht.
Weiterhin kann offenbleiben, ob die Klägerin durch Präklusion (§ 20 Abs. 2 Allgemeines Eisenbahngesetz) gehindert ist, ihre inhaltlichen Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluß im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend zu machen. Ihre durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG als Teil der Selbstverwaltungsgarantie geschützte Planungshoheit, deren Verletzung die Klägerin rügt, wird durch den Planfeststellungsbeschluß nicht beeinträchtigt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt die Planungshoheit einer Gemeinde eine wehrfähige, in die Abwägungsentscheidung einzubeziehende Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen nur dann, wenn eine eigene hinreichend konkrete und verfestigte Planung, die allerdings noch nicht verbindlich zu sein braucht, vorliegt und die Störung nachhaltig ist, d.h. unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf ihre Planung hat, oder – was hier von vornherein nicht in Betracht kommt – wenn ein großräumiges Vorhaben der Fachplanung wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren Planung der Gemeinde entzieht (vgl. z.B. BVerwGE 84, 209 ≪215≫ m.w.N.). Hierfür trägt die Gemeinde die Darlegungslast (BVerwGE 100, 388 ≪394≫ m.w.N.). Diese Grundsätze finden auch dann Anwendung, wenn das Vorhaben der Fachplanung – wie hier – außerhalb des Gemeindegebietes liegt (BVerwGE 84, 209 ≪215≫).
Derartige Umstände, die die Beklagte hätten veranlassen müssen, die Belange der Klägerin in ihre Abwägungsentscheidung einzubeziehen, hat die Klägerin weder im Planfeststellungsverfahren noch im jetzigen Verwaltungsstreitverfahren dargelegt.
Soweit die Klägerin geltend macht, aufgrund der vorhabenbedingten Beeinträchtigung ihrer Anbindung an den Schienenfernverkehr sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß ihr die erst 1994 erlangte landesplanerische Aufstufung zu einem möglichen Oberzentrum wieder aberkannt werde, handelt es sich um einen Umstand, der nicht ihrer Planungshoheit zuzurechnen ist. Die zentralörtliche Funktion einer Gemeinde ist nicht Ausfluß ihrer Planungshoheit, sondern wird der Gemeinde durch außergemeindliche Planungsträger zugewiesen (BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1993 – BVerwG 4 C 15.92 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 156). Deswegen kann sich hieraus kein Abwehrrecht der Gemeinde im Hinblick auf Umstände ergeben, die für die landesplanerische Einstufung maßgeblich gewesen sind oder werden können.
Dasselbe gilt, wenn die Klägerin geltend macht, die Beeinträchtigung der Schieneninfrastruktur schwäche einen entscheidenden Standortfaktor der Stadt für Investoren. Bloß allgemeine Auswirkungen eines Vorhaben auf die “Wirtschaftsstruktur” einer Gemeinde berühren ihre Planungshoheit nicht (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 – BVerwG 4 C 14.95 – Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 107 = NVwZ 1997, 904). Daß in diesem Zusammenhang eine konkrete gemeindliche Ausweisungs- oder Ansiedlungsplanung gestört würde, hat die Klägerin nicht dargelegt.
Soweit die Klägerin gemeindliche Infrastrukturvorhaben anführt, die nach ihrer Auffassung durch die planfestgestellte Baumaßnahme beeinträchtigt werden (Busbahnhof auf dem Bahnhofsvorplatz; Errichtung von Stellplätzen; Flughafenbeteiligung), fehlt es bereits an der schlüssigen Darlegung eines Ursachenzusammenhangs. Die Ausführungen der Klägerin lassen nicht erkennen, warum es im Falle der befürchteten Reduzierung des Schienenverkehrs einer Rück verlegung des gerade mit erheblichem finanziellen Aufwand auf den Bahnhofsvorplatz verlegten Busbahnhofs bedarf. Ebensowenig ist ersichtlich, daß die Errichtung neuer Kraftfahrzeugstellplätze, deren Zahl nach Darstellung der Klägerin schon “seit Jahren” und “bei weitem” nicht ausreicht, nur bei einem nach Zugarten und Zugfrequenz unveränderten Schienenverkehrsangebot realisierbar und sinnvoll ist, zumal die Klägerin nicht darlegt, welche Größenordnung das Vorhaben hat, d.h. um wie viele Stellplätze das bisherige, in unmittelbarer Bahnhofsnähe vorhandene Angebot von 46 Stellplätzen erweitert werden soll. Schließlich ist auch ein Zusammenhang des planfestgestellten Bauvorhabens mit der beabsichtigten Beteiligung der Klägerin an der Flughafengesellschaft Hof nicht hinreichend dargetan. Die Klägerin weist zwar darauf hin, daß die Beteiligungsentscheidung maßgeblich von der Haushaltslage abhängt. Sie vermag aber nicht aufzuzeigen, inwiefern gerade die Nichtdurchführung des planfestgestellten Bauvorhabens zu einer die Flughafenbeteiligung ermöglichenden Verbesserung der Haushaltslage führt; vielmehr geht sie selbst davon aus, daß auch im Falle einer günstigen Entwicklung der Bahninfrastruktur weitere, die Haushaltslage belastende Investitionen (Stellplatzerrichtung) erforderlich sind.
Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellen wollte, daß von dem planfestgestellten Bauvorhaben Auswirkungen auf ihre Planung ausgingen, handelte es sich hierbei lediglich um mittelbare Auswirkungen auf die gemeindliche Planungshoheit, die ein Abwehrrecht gegen die fremde Fachplanung nicht begründen könnten. Mittelbarer Art sind diese etwaigen Auswirkungen deswegen, weil sie nicht schon durch das planfestgestellte Bauvorhaben, sondern erst durch weitere, selbständige betriebliche Entscheidungen und Maßnahmen der Beigeladenen zu 1 bewirkt werden. Allein die konkrete Ausgestaltung des Fahrplans durch die Beigeladene zu 1 entscheidet über Zugwege, Zugarten und Zugfrequenzen und mithin über etwaige Veränderungen von Quantität und Qualität der Schienenanbindung der Klägerin. Es mag sein, daß solche Veränderungen durch die planfestgestellte Baumaßnahme erst ermöglicht oder zumindest begünstigt werden; sie sind aber keine notwendige Folge des Planfeststellungsbeschlusses. Zwar sind Fälle denkbar, bei denen eine bauliche Maßnahme einschneidende Veränderungen für die Schienenanbindung einer Gemeinde zwingend zur Folge hat. Das gilt etwa dann, wenn der Schienenweg zu dieser Gemeinde gekappt oder auf eine eingleisige Verbindung zurückgebaut wird. Davon kann hier aber keine Rede sein. Auch wenn – wie von der Beigeladenen zu 1 grundsätzlich beabsichtigt – Fernverbindungen zukünftig über B… geführt werden, muß damit in M… weder ein Wegfall von Fernverbindungen (Möglichkeit von Flügelzügen) noch eine Reduzierung der Zugfrequenz (Kompensation durch Regionalverbindungen) noch – etwa bei einem hohen Anteil von Regionalreisenden – ein Rückgang der Fahrgastzahlen verbunden sein. Daß der Bau der Sch… Kurve die vorhandenen Verbindungen nach Prag beeinträchtigt, macht auch die Klägerin nicht geltend.
Ist es der Klägerin mithin versagt, sich gegen etwaige mittelbare Beeinträchtigungen ihrer Planungshoheit zur Wehr zu setzen, so schränkt dies ihren Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht ein. Sollte der Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 1 ein Anspruch auf ein bestimmtes (Mindest-)Schienenverkehrsangebot zustehen, so kann sie diesen Anspruch im Falle unzureichender Erfüllung durch die Beigeladene zu 1 geltend machen und ggf. gerichtlich durchsetzen; ein anerkennenswertes Bedürfnis, bereits vorausgehende bauliche Maßnahmen, deren konkrete Auswirkungen auf das Schienenverkehrsangebot in M… noch offen sind, abwehren zu können, ist nicht erkennbar. Besteht dagegen ein solcher Anspruch nicht, kann die Klägerin also Angebotsreduzierungen der Beigeladenen zu 1 letztlich rechtlich nicht verhindern, so ist erst recht kein Grund ersichtlich, warum ihr Rechtsschutz gegenüber vorausgehenden baulichen Maßnahmen, die sie nur mittelbar treffen, eröffnet sein soll.
Mangels Beeinträchtigung einer wehrfähigen Rechtsposition der Klägerin kommt es auf die von ihr im übrigen erhobenen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Diefenbach, Prof. Dr. Bonk, Kipp, Vallendar, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen
Haufe-Index 1700226 |
DÖV 1999, 38 |
DVBl. 1998, 1192 |
UPR 1998, 459 |