Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufenthaltsbefugnis. Ausreisepflicht. Fiktionswirkung. im Bundesgebiet geborenes Kind. rechtmäßiger Aufenthalt. verspäteter Antrag
Leitsatz (amtlich)
1. Wird der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen ist, nach Ablauf der Antragsfrist gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 AuslG gestellt, gilt dessen Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung erneut als erlaubt (§ 69 Abs. 3 Satz 2 AuslG).
2. Ein Ausländer hält sich im Sinne von § 30 Abs. 2 AuslG auch dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sein Aufenthalt aufgrund des Antrags auf Erteilung der Aufenthaltsbefugnis gemäß § 69 Abs. 3 AuslG als erlaubt gilt.
Normenkette
AuslG §§ 30, 69
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Entscheidung vom 03.02.1999; Aktenzeichen 13 S 3328/96) |
VG Stuttgart (Entscheidung vom 27.08.1996; Aktenzeichen 14 K 2640/95) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 3. Februar 1999 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der Kläger wurde am 7. Juli 1992 im Bundesgebiet geboren. Seine Eltern, syrisch-orthodoxe Christen aus Syrien, waren 1991 mit drei Kindern in das Bundesgebiet eingereist. Deren Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Mai 1991 ab und stellte fest, daß die Voraussetzungen des § 51 AuslG nicht vorliegen. Die Eltern des Klägers erhielten erstmals am 29. November 1991 sowie in der Folgezeit Duldungen. Am 15. September 1994 beantragte die gesamte Familie die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen. Die am 21. Juni 1995 erhobene Untätigkeitsklage der Eltern und der drei Geschwister des Klägers war erfolgreich. Das Verwaltungsgericht verpflichtete den Beklagten insoweit mit rechtskräftigem Urteil vom 27. August 1996, über die Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Mit Bescheid vom 26. November 1998 lehnte der Beklagte die Anträge ab. Über die Widersprüche ist noch nicht entschieden.
In bezug auf den Kläger hat das Verwaltungsgericht die Untätigkeitsklage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Eine Aufenthaltsbefugnis könne nicht gemäß § 30 Abs. 1 AuslG erteilt werden, weil sich der Kläger im Bundesgebiet aufhalte. Der Kläger halte sich nicht im Sinne von § 30 Abs. 2 AuslG rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Zwar habe sein Aufenthalt für die Dauer von sechs Monaten seit seiner Geburt als erlaubt gegolten. Mit Ablauf dieser Frist sei der Aufenthalt jedoch unrechtmäßig geworden. Dahinstehen könne, ob der nach Ablauf der Sechsmonatsfrist gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis eine Erlaubnisfiktion bewirke. Denn jedenfalls könne ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nicht jene Rechtmäßigkeit des Aufenthalts begründen, die ihrerseits Voraussetzung der Erteilung sei. Dieser Rechtsfolge könne durch einen innerhalb der Sechsmonatsfrist gestellten Antrag begegnet werden, der die Fortdauer der gesetzlichen Erlaubnisfiktion bewirke. Dem Kläger könne eine Aufenthaltsbefugnis nicht gemäß § 30 Abs. 3 und 4 AuslG erteilt werden, weil er nicht unanfechtbar ausreisepflichtig sei. Ein die Ausreisepflicht selbständig begründender oder feststellender bestandskräftiger Verwaltungsakt liege nicht vor. Insbesondere fehle es an der bestandskräftigen Ablehnung eines Asylantrags. Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 oder Abs. 2 Satz 1 AuslG seien nicht erfüllt, weil kein Elternteil im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis sei. Den Kläger begünstigende Anordnungen nach § 32 oder § 32 a AuslG bestünden nicht.
Der Kläger verfolgt mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision sein Klageziel weiter und trägt zur Begründung im wesentlichen vor: Er halte sich im Sinne von § 30 Abs. 2 AuslG rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Es spiele keine Rolle, daß der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung später als sechs Monate nach der Geburt gestellt worden sei. § 69 Abs. 3 AuslG enthalte keine Ausschlußfrist. Auf den Zeitpunkt des Antrags komme es nicht an. Die in § 69 Abs. 3 AuslG genannten Fälle der Fiktion eines rechtmäßigen Aufenthalts seien gleichwertig. Es sei nicht gerechtfertigt, den Aufenthalt im Bundesgebiet geborener Kinder in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Antragstellung unterschiedlich zu behandeln. Der Begriff des „rechtmäßigen Aufenthalts” in § 30 Abs. 2 AuslG erfasse unterschiedslos jede Art des gestatteten Aufenthalts. Der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 3 und 4 AuslG stehe nicht entgegen, daß der Kläger nicht kraft unanfechtbaren Verwaltungsakts ausreisepflichtig sei. Darauf könne es bei der Beendigung der Fiktion des erlaubten Aufenthalts nicht ankommen. Auch fehle es bei im Bundesgebiet geborenen Kindern an einem sachlichen Grund dafür, daß sie erst die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung bestandskräftig werden lassen müßten, bevor sie neuerlich eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG beantragen könnten. Dies führe ungerechtfertigterweise zu einem kurzen unrechtmäßigen Aufenthalt der Kinder, die kein Aufenthaltsrecht von ihrer Mutter ableiten könnten.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Revision verhandeln und entscheiden, weil der Beklagte in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil steht mit Bundesrecht nicht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat zwar ohne Verstoß gegen revisibles Recht ausgeführt, daß dem Kläger die begehrte Aufenthaltsbefugnis nicht nach § 30 Abs. 1, 3 und 4, § 31 oder §§ 32, 32 a AuslG erteilt werden kann. Es ist jedoch zu Unrecht der Ansicht, der Kläger halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und bereits deshalb komme die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 2 AuslG nicht Betracht. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift getroffen hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
1. Dem Kläger kann keine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 Abs. 1 oder 2 AuslG erteilt werden, weil kein Elternteil eine Aufenthaltsbefugnis besitzt.
2. Soweit das Berufungsgericht dem Kläger günstige Anordnungen nach §§ 32, 32 a AuslG für nicht gegeben erachtet, ist eine Verletzung revisiblen Rechts nicht ersichtlich. Die Auslegung und Anwendung von Regelungen wie der Härtefallregelung gemäß Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15. Mai 1996 (GABl S. 476) unterliegt nicht revisionsgerichtlicher Überprüfung (stRspr; vgl. Beschluß vom 14. März 1997 – BVerwG 1 B 66.97 – Buchholz 402.240 § 32 AuslG 1990 Nr. 3 = InfAuslR 1997, 302).
3. Gemäß § 30 Abs. 1 AuslG kann der Kläger keine Aufenthaltsbefugnis erhalten, weil er sich im Bundesgebiet aufhält und die Vorschrift solche Fälle nicht erfaßt (Urteile vom 3. Juni 1997 – BVerwG 1 C 7.96 – Buchholz 402.240 § 18 AuslG 1990 Nr. 1 = NVwZ 1998, 185 und vom 24. November 1998 – BVerwG 1 C 8.98 – BVerwGE 108, 21 = Buchholz 402.240 § 30 AuslG 1990 Nr. 9 = NVwZ 1999, 664).
4. Dem Kläger kann eine Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 3 oder 4 AuslG bereits deshalb nicht erteilt werden, weil er nicht unanfechtbar ausreisepflichtig ist. Mit diesem Tatbestandsmerkmal hat der Gesetzgeber an das Vorliegen eines die Ausreisepflicht selbständig begründenden oder feststellenden Verwaltungsakts angeknüpft, weil nur dieser anfechtbar ist und infolgedessen unanfechtbar werden kann (Urteile vom 3. Juni 1997 und vom 24. November 1998, a.a.O.). Ein derartiger Verwaltungsakt ist gegenüber dem Kläger nicht ergangen.
Das Revisionsvorbringen rechtfertigt nicht, von dem in den erwähnten Urteilen aufgestellten Rechtssatz abzurücken. Die Revision führt zunächst sinngemäß aus, mit der Beendigung der Fiktion des rechtmäßigen Aufenthalts gemäß § 69 Abs. 3 AuslG trete eine dauernde („unanfechtbare”) Ausreisepflicht ein. Diese Erwägung wird zum einen dem Rechtsbegriff der Unanfechtbarkeit nicht gerecht, der, wie im Urteil vom 3. Juni 1997 dargelegt, den Erlaß eines anfechtbaren Verwaltungsakts voraussetzt. Zum andern ist das dem § 30 Abs. 3 und 4 AuslG zugrundeliegende Anliegen des Gesetzgebers, daß eine Aufenthaltsbefugnis nur dann erteilt wird, wenn die Ausreisepflicht kraft unanfechtbaren Verwaltungsakts eindeutig feststeht, auch hier von Bedeutung. Durch die Ablehnung der Aufenthaltsgenehmigung wird zwar die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet – und zwar entgegen der nur beiläufigen Bemerkung im Urteil vom 3. Juni 1997 (a.a.O.) auch bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) –, die Fiktionswirkung kann jedoch erneut eintreten, wenn der Versagungsbescheid aufgehoben wird (vgl. Urteile vom 27. August 1996 – BVerwG 1 C 8.94 – BVerwGE 102, 12 = Buchholz 402.240 § 13 AuslG 1990 Nr. 3 sowie vom 3. Juni 1997, a.a.O.).
Die Revision hält es weiter nicht für gerechtfertigt, daß Abschiebungshindernisse bei der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nur dann berücksichtigt werden können, wenn zuvor eine Aufenthaltsgenehmigung bestandskräftig abgelehnt worden ist; sie ist der Ansicht, dies führe zu einer nicht gerechtfertigten kurzfristigen Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts. Der Zweck der gesetzlichen Regelung rechtfertigt es indes, ausnahmslos an diesem abgestuften Vorgehen festzuhalten. § 30 Abs. 3 und 4 AuslG dient dazu, den – typischerweise längeren – zu duldenden oder geduldeten Aufenthalt eines Ausländers legalisieren zu können. Die unanfechtbar festgestellte Ausreisepflicht des Ausländers kennzeichnet die Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 und 4 AuslG und ist wesentliche Voraussetzung für die Erteilung dieser Art von Aufenthaltsgenehmigung. In Einzelfällen denkbarem Verfahrensleerlauf kann durch eine zweckmäßige Gestaltung des Verwaltungsverfahrens begegnet werden.
5. Gemäß § 30 Abs. 2 AuslG kann einem Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, unter bestimmten Voraussetzungen aus dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden. Der Kläger hält sich gemäß § 69 Abs. 3 AuslG rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der Umstand, daß diese Rechtsfolge aufgrund des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis eingetreten ist, ändert daran nichts.
a) Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Sinne von § 30 Abs. 2 AuslG kann sich auch, was hier allein in Betracht kommt, aus § 69 Abs. 3 AuslG ergeben. Davon ist der erkennende Senat in seinem Urteil vom 3. Juni 1997 (a.a.O.) ausgegangen. Er sieht keinen Anlaß, von dieser in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein vertretenen Ansicht abzurücken (vgl. Dienelt, in: GK-AuslR, § 30 AuslG Rn. 49 – 51 m.w.N.).
Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 AuslG gilt der Aufenthalt eines im Bundesgebiet geborenen Kindes, dem wie dem Kläger nicht von Amts wegen eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen ist und für das der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen ist (§ 69 Abs. 1 Satz 2 AuslG), bis zum Ablauf der Antragsfrist und nach Stellung des Antrags bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde grundsätzlich als erlaubt. Wird der Antrag wie hier nach Ablauf der Antragsfrist gestellt, wird der Aufenthalt mit der Antragstellung und ab diesem Zeitpunkt erneut rechtmäßig. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum an (vgl. VGH Kassel, EZAR 622 Nr. 19 und 460 Nr. 13; Fraenkel, Einführende Hinweise zum neuen Ausländergesetz, 1991, S. 23; Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., § 69 AuslG Rn. 6; Funke-Kaiser, in: GK-AuslR, § 69 AuslG Rn. 40 m.w.N.; s. ferner Hailbronner, Ausländerrecht, § 69 AuslG Rn. 39, 45 m.w.N.).
Die Vorschrift des § 69 Abs. 3 Satz 2 AuslG könnte zwar so verstanden werden, daß der Aufenthalt bis zum Ablauf der Antragsfrist und nur dann weiter bis zur behördlichen Entscheidung als rechtmäßig gilt, wenn der Antrag innerhalb der Frist gestellt, aber nicht beschieden worden ist. Gegen diese Auslegung sprechen aber folgende Erwägungen: In § 69 Abs. 3 AuslG sind verschiedene Fälle geregelt, in denen der Antrag auf (erstmalige) Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Ausländers bewirkt. Der Eintritt dieser sogenannten Fiktionswirkung hängt nur in der in § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG geregelten Fallgestaltung ausdrücklich davon ab, daß der Antrag innerhalb einer bestimmten Frist gestellt wird (vgl. Urteil vom 3. Juni 1997, a.a.O.). Dies spricht dafür, daß dies in den anderen Fällen nicht gilt (für § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AuslG im Urteil vom 3. Juni 1997, a.a.O., noch offengelassen). Ferner stellt sich die Frage, welchen aufenthaltsrechtlichen Status ein Ausländer in den Fällen des § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AuslG haben könnte, wenn der verspätete Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nicht die Fiktionswirkung des § 69 Abs. 3 AuslG nach sich ziehen sollte (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AuslG). Zu erwägen ist zwar die entsprechende Anwendung des § 69 Abs. 2 AuslG, derzufolge in bestimmten Fällen der Aufenthalt des Ausländers als geduldet gilt, doch verdient die Gesetzesauslegung den Vorzug, die ohne eine derartige, nicht ohne weiteres zu rechtfertigende Gesetzesanalogie auskommt. Im übrigen bestätigt die Entstehungsgeschichte den Willen des Gesetzgebers, daß die Rechtmäßigkeitsfiktion grundsätzlich auch bei verspäteter Antragstellung eintreten soll (vgl. BTDrucks 11/6321, S. 80).
b) Das Berufungsgericht hat die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts verneint, weil ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nicht jene Rechtmäßigkeit des Aufenthalts begründen könne, die ihrerseits Voraussetzung für den Erfolg dieses Antrags sei (zu dieser Fragestellung vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 3. Juni 1997, a.a.O.). Dem ist nicht zu folgen. Die Vorschrift des § 30 Abs. 2 AuslG trifft keine Unterscheidung nach den Gründen, aus denen sich der Ausländer rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die in § 69 Abs. 3 Satz 2 AuslG vorgesehene Fiktion des rechtmäßigen Aufenthalts tritt zudem nicht allein aufgrund des Antrags auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung ein, sondern ist von weiteren sachlichen Voraussetzungen abhängig, die diese Rechtsfolge rechtfertigen.
c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben dem Bundesverwaltungsgericht keine Entscheidung in der Sache selbst (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Insbesondere fehlen Feststellungen zur Frage, ob dringende humanitäre Gründe im Sinne von § 30 Abs. 2 AuslG vorliegen. Dementsprechend läßt sich auch nicht beurteilen, ob der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis Versagungsgründe gemäß § 7 Abs. 2 oder § 8 Abs. 1 Nr. 3 AuslG entgegenstehen. Liegen dringende humanitäre Gründe vor, ist nämlich ein Ausnahmefall im Sinne des § 7 Abs. 2 AuslG bzw. gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG in Betracht zu ziehen. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
6. Die Entscheidung über die Kosten ist der Schlußentscheidung vorzubehalten.
Unterschriften
Meyer, Gielen, Mallmann, Hahn, Gerhardt
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 01.02.2000 durch Wichmann Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 565672 |
NVwZ-RR 2000, 540 |
DÖV 2000, 1059 |
InfAuslR 2000, 274 |
InfAuslR 2000, 340 |
ZAR 2000, 183 |
AuAS 2000, 146 |
DVBl. 2000, 1548 |