Entscheidungsstichwort (Thema)
Rundfunkgebühr, Befreiung von der –. revisibles Recht, Rundfunkgebührenstaatsvertrag kein –. Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. private Rundfunkveranstalter und Rundfunkgebührenpflicht. betriebliche Zwecke, Unterscheidung der – von den programmlichen Zwecken. Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts, – begründet Gebührenpflicht. duales System, Grundversorgung durch öffentlich-rechtlichen Rundfunk im –
Leitsatz (amtlich)
Die staatsvertraglich geregelte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Rundfunkgebühren unter gleichzeitigem Ausschluß der privaten Rundfunkveranstalter von der Gebührenfinanzierung ist auch insoweit mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar, wie sie zur Folge hat, daß ein privater Rundfunkveranstalter, der zwecks Beobachtung der Programme anderer Rundfunkveranstalter einschließlich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Fernsehgeräte zum Empfang bereithält, deswegen zur Zahlung einer Rundfunkgebühr herangezogen wird.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 2, Art. 20 Abs. 3, Art. 99; RFStV 1991 § 11 Abs. 1, § 25 S. 2; RFStV 1996 § 12 Abs. 1, § 43 S. 2, § 48; RGebStV 1991 § 2 Abs. 2, § 5 Abs. 4-5, 7; RGebStV 1996 § 2 Abs. 2, § 5 Abs. 4-5, 7 S. 1; VwGO § 132 Abs. 3, § 137 Abs. 1
Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 31.05.1996; Aktenzeichen 2 L 325/95) |
VG Magdeburg (Urteil vom 10.10.1995; Aktenzeichen 5 A 202/95) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 31. Mai 1996 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin betreibt den privaten Hörfunksender S… Sie begehrt vom Beklagten die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für fünf seit dem 1. August 1993 in ihren Betriebsräumen zum Empfang bereitgehaltene Fernsehgeräte.
Der Beklagte lehnte einen entsprechenden Antrag mit Schreiben vom 20. Juli 1993 sowie erneut mit Bescheid vom 10. August 1993 auf der Grundlage der einschlägigen Bestimmung des § 5 Abs. 7 Rundfunkgebührenstaatsvertrag 1991 (RGebStV) ab. Die beantragte Befreiung sei nämlich nur zu gewähren, wenn die Rundfunkempfangsgeräte ausschließlich betrieblichen, überwachungstechnischen Zwecken dienten. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch mit der Begründung ein, die Fernsehgeräte würden zu betrieblichen Zwecken im Sinne von § 5 Abs. 7 RGebStV bereitgehalten, da sie dazu dienten, sich einen Überblick über das aktuelle Fernsehprogrammangebot zu verschaffen. Dies sei notwendig, weil auch ein Hörfunksender redaktionelle Berichte über bestimmte Fernsehsendungen verfassen können müsse.
Die nach Zurückweisung ihres Widerspruchs von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Magdeburg mit der Begründung abgewiesen, die von der Klägerin verfolgten journalistischen und kommerziellen Zwecke stellten keine “betrieblichen” Zwecke im Sinne der für die Gebührenbefreiung maßgeblichen Bestimmung des § 5 Abs. 7 RGebStV 1991 dar. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und u.a. vorgetragen, daß sie die Fernsehgeräte auch zur Abbildung des “Radio S…-Sendeplanes” nutze, um die ständige Überwachung des ordnungsgemäßen Sendebetriebes zu gewährleisten. Es würden aber auch Fernsehsendungen verfolgt, um aktuell hierüber im Hörfunkprogramm berichten zu können.
Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 31. Mai 1996 die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Eine grammatikalische, systematische und teleologische Auslegung des § 5 Abs. 7 RGebStV erbringe, daß der Begriff der “betrieblichen Zwecke” nur solche erfasse, die dem organisatorischen und technischen Ablauf der Programmerstellung und -verbreitung dienten. Kommerzielle und journalistische Nutzungen führten hingegen nicht zur Gebührenbefreiung. § 5 Abs. 7 RGebStV knüpfe an die traditionelle, vom Bundesverfassungsgericht in kompetentieller Hinsicht bejahte Unterscheidung zwischen technischer und kultureller Programmgestaltung an. Unter “betrieblichen Zwecken” seien daher allein solche zu verstehen, die den technischen und organisatorischen Ablauf der Programmerstellung und -verbreitung beträfen. Der Begriff “betrieblich” umschreibe den internen organisatorischen Bereich eines privaten Rundfunkbetriebes. Die fehlende begriffliche Beschränkung auf “technisch” genutzte Geräte spreche allein für die gesetzgeberische Absicht, auch eine Berücksichtigung organisatorischer Belange im Sinne organisatorischer Zweckmäßigkeit zuzulassen. Es sei auch nicht Sinn und Zweck des § 5 Abs. 7 RGebStV, private Rundfunkveranstalter aufgrund eines Konkurrenzverhältnisses von der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks freizustellen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle in Bestand und Entwicklung gewährleistet und in seinen finanziellen Grundlagen gesichert werden. Hierzu diene die Rundfunkgebühr. § 5 Abs. 7 RGebStV wolle vor diesem Hintergrund keine umfassende Befreiung der privaten Rundfunkveranstalter festschreiben. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren herausgestellte Nutzung der Fernsehgeräte auch für die Abbildung des S…-Sendeplanes sei keine solche zu “betrieblichen” Zwecken. Soweit organisatorische Zwecke zu einer Gebührenbefreiung führen könnten, sei es den Rundfunkveranstaltern grundsätzlich zuzumuten, organisatorische Lösungen zu wählen, die den Gebührentatbestand nicht auslösten. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin nicht auch Monitore zur Abbildung ihres Sendeplanes einsetzen könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt: § 5 Abs. 7 RGebStV stelle Bundesrecht dar, das vom Berufungsgericht fehlerhaft ausgelegt worden sei. Für eine restriktive Auslegung des Begriffs “betriebliche Zwecke” fände sich im Normwortlaut keine Stütze. Auch eine systematische Auslegung rechtfertige das Begriffsverständnis des Berufungsgerichts von § 5 Abs. 7 RGebStV nicht. Die in § 5 Abs. 4 und 5 RGebStV unmittelbar kraft Gesetzes ausgesprochenen Rundfunkgebührenbefreiungen beruhten darauf, daß die Adressaten der Regelungen feststünden; für private Rundfunkveranstalter sei hingegen deshalb ein Antrag notwendig, weil deren Zahl sich permanent verändere. § 5 Abs. 7 RGebStV sei seinem Sinn und Zweck nach auf eine umfassende Gebührenbefreiung hin auszulegen. Der private Rundfunk solle nämlich nicht die öffentlich-rechtliche Konkurrenz mitfinanzieren. Selbst wenn aber der Auslegung des § 5 Abs. 7 RGebStV durch das Berufungsgericht zu folgen wäre, müsse der Klage dennoch stattgegeben werden, weil die fraglichen fünf Fernsehgeräte jedenfalls auch zu überwachungstechnischen Zwecken eingesetzt würden. Die vom Berufungsgericht insoweit durchgeführte Erforderlichkeitsprüfung des Einsatzes der Fernsehgeräte finde im Normwortlaut keine Grundlage.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Bescheide des Beklagten vom 20. Juli 1993 und vom 10. August 1993 sowie des Widerspruchsbescheides vom 28. März 1995 das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 10. Oktober 1995 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 31. Mai 1996 dahin gehend abzuändern, daß der Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin Rundfunkgebührenbefreiung ab August 1993 auch für fünf Fernsehgeräte zu gewähren, darüber hinaus die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
1. Die Revision ist zulässig.
Nach der Rechtsprechung des Senats läßt die fehlende Revisibilität einer Rechtsfrage – hier die von der Revision angegriffene Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags 1991 (GVBl LSA Nr. 41/1991, Anlage zum Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 12. Dezember 1991 S. 498; Art. 4 Rundfunkgebührenstaatsvertrag) – die Bindungswirkung an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht nicht entfallen. Dies ist § 132 Abs. 3 VwGO ohne weiteres zu entnehmen (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1996 – BVerwG 6 C 11.94 – NVwZ 1997, 591).
Bei dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u.a. Beschluß vom 9. März 1984 – BVerwG 7 B 238.81 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49) trotz seiner Geltung in allen Bundesländern aufgrund der entsprechenden Landeszustimmungsgesetze um nichtrevisibles Landesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO, § 562 ZPO i.V.m. § 173 VwGO). Von der ihnen nach Art. 99 GG gegebenen Möglichkeit, das Landesrecht für revisibel zu erklären, haben die Länder insoweit keinen Gebrauch gemacht. Die Auslegung des Rundfunkgebührenrechts ist deshalb Sache der Landesgerichte. Daran hat sich auch nach dem Inkrafttreten des Rundfunkgebührenstaatsvertrags 1996 (Art. 4 des Dritten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge – Dritter Rundfunkänderungsstaatsvertrag – vom 26. August/11. September 1996, vgl. GVBl SA S. 395) zum 1. Januar 1997 gemäß Art. 7 Abs. 2 Dritter Rundfunkänderungsstaatsvertrag nichts geändert. Die mit dem letztgenannten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu geschaffene Möglichkeit der Revision zum Bundesverwaltungsgericht bezieht sich einzig und allein auf den Rundfunkstaatsvertrag (§ 48 RStV 1996).
2. Die Revision ist jedoch unbegründet.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, daß das klägerische Begehren auf Rundfunkgebührenbefreiung in Ermangelung einer Anspruchsgrundlage keinen Erfolg haben könne. Die dem zugrundeliegende Auslegung des § 5 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags 1991, der in der vorliegend maßgeblichen Fassung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags 1996 keine Änderung erfahren hat, ist von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden. Zwar ist die Auslegung des Rundfunkgebührenrechts – wie dargelegt – Sache der Landesgerichte. Dies enthebt das Revisionsgericht indessen nicht der Prüfung, ob die Auslegung des Landesrechts revibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) verletzt (BVerwGE 79, 90, 91). Dies muß insbesondere dann gelten, wenn das Berufungsgericht – wie im vorliegenden Fall – Bundesrecht (Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 5 Abs. 1 GG) als Interpretationshilfe herangezogen hat (BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1996 – BVerwG 1 C 9.93 – GewArch 1997, 237).
Die Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV durch das Berufungsgericht ist jedoch weder willkürlich (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG; vgl. dazu BVerfGE 87, 273, 278/279 m.w.N.) noch verletzt sie im übrigen Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 5 Abs. 1 GG.
a) Da die Klägerin eine Verpflichtungsklage erhoben hat, ist auch in der Revisionsinstanz von der Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verhandlung vor dem Revisionsgericht auszugehen, soweit auch das Berufungsgericht von dieser Rechtslage ausgehen müßte, wenn es jetzt anstelle des Revisionsgerichts zu entscheiden hätte (vgl. BVerwGE 52, 1, 3). Rechtsgrundlage ist nunmehr § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV 1996. Der Dritte Rundfunkänderungsstaatsvertrag 1996 hat die Bestimmung jedoch nicht geändert, so daß sie in ihrem Wortlaut § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV 1991 entspricht, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Der Rechtsstreit ist aus der Sicht des zur Prüfung der Einhaltung von Bundesrecht berufenen Revisionsgerichts – Prüfungsmaßstab sind Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 GG – entscheidungsreif. Angesichts des unverändert gebliebenen Wortlauts des § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV ist davon auszugehen, daß sich der Bedeutungsgehalt dieser landesrechtlichen Bestimmung nicht geändert hat. Bei dieser Sach- und Rechtslage besteht für eine Zurückverweisung zur Auslegung des § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV 1996 durch das Berufungsgericht keine Notwendigkeit (§§ 173 VwGO, 565 Abs. 4 ZPO).
b) Die Auslegung des § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV durch das Berufungsgericht, wonach aufgrund einer konkreten Einzelfallprüfung festzustellen ist, ob ein privater Rundfunkveranstalter auf Antrag für die von ihm bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien ist, wenn nämlich die Rundfunkempfangsgeräte den technisch-organisatorischen Ablauf der Programmerstellung und -verbreitung des Programms des jeweiligen Rundfunkveranstalters sichern sollen, ist vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG nicht zu beanstanden. Die Auslegung, die das Berufungsgericht der Norm gegeben hat, ist insbesondere nicht willkürlich. Das wäre nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 87, 273) nur dann der Fall, wenn das Berufungsgericht eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder den Inhalt der einschlägigen Norm (hier § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV) in krasser Weise mißdeutet hätte. Davon kann hier keine Rede sein. Die vom Berufungsgericht angenommene Beschränkung des Anwendungsbereichs einer zulässigen Gebührenbefreiung auf betriebliche Zwecke im Sinne von betriebstechnischen und organisatorischen Zwecken unter Ausklammerung von programmlichen Zwecken kann sich insbesondere auf die in § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV selbst enthaltene Erläuterung der “betrieblichen Zwecke” durch den Zusatz: “insbesondere studio- und überwachungstechnische Zwecke” berufen. Diese Unterscheidung entspricht im übrigen, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, der im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gebotenen klaren Unterscheidung zwischen der inhaltlichen, programmlichen Seite von Rundfunk einerseits und der technischen, “instrumentalen” Seite andererseits.
c) Die Revision sieht außerdem einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darin, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk anders als der private sich aus Gebühren finanziert und gemäß § 5 Abs. 4 RGebStV zusätzlich von der Gebührenpflicht hinsichtlich der von ihm bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte befreit ist. Dabei verkennt sie, daß gemäß § 12 des Rundfunkstaatsvertrags von 1996 (= § 11 des Rundfunkstaatsvertrags 1991) der öffentlich-rechtliche Rundfunk vorrangig durch die Rundfunkgebühren finanziert wird, während eine Finanzierung privater Veranstalter aus der Rundfunkgebühr ausdrücklich ausgeschlossen ist (§ 43 Satz 2 Rundfunkstaatsvertrag 1996 = § 25 Satz 2 Rundfunkstaatsvertrag 1991). Diese grundlegend unterschiedliche Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einerseits und des privaten Rundfunks andererseits hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung nicht nur für zulässig, sondern sogar für geboten erklärt, zuletzt in seinem Rundfunkurteil vom 22. Februar 1994 (BVerfGE 90, 60), wo es hierzu ausgeführt hat:
“Das Erfordernis funktionsgerechter Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat das Bundesverfassungsgericht schon früher entwickelt. Die Mittelausstattung muß nach Art und Umfang seinen Aufgaben entsprechen. Die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung ist danach die Gebührenfinanzierung (vgl. BVerfGE 73, 118, 158; 87, 181, 199). Sie erlaubt es ihm, unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen ein Programm anzubieten, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht. In der ungeschmälerten Erfüllung dieser Funktion und in der Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen im dualen System findet die Gebührenfinanzierung ihre Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 73, 118, 158).”
Für ihre Auffassung, diese Art der Bevorzugung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch seine Finanzierung durch Rundfunkgebühren verletze Art. 3 Abs. 1 GG, kann sich die Klägerin auch nicht auf ihr angebliches Konkurrenzverhältnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk berufen. Insbesondere kann insoweit nicht von einem echten “Konkurrenzverhältnis” gesprochen werden, bei dem Raum für die Anwendung des Gleichbehandlungsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG wäre. Zwar spricht auch das Bundesverfassungsgericht von einem “Wettbewerb” des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit privaten Rundfunkveranstaltern, wobei der öffentlich-rechtliche Rundfunk im dualen System dafür zu sorgen habe, “daß ein dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechendes Programm für die gesamte Bevölkerung angeboten wird, das im Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern standhalten kann. Auf die Verwirklichung von Programmen, die für diese Funktion nicht erforderlich sind, hat er von Verfassungs wegen keinen Anspruch. Vielmehr ist die Heranziehung der Rundfunkteilnehmer, die die Mittel für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor allem aufbringen müssen, nur in dem Maße gerechtfertigt, das zur Funktionserfüllung geboten ist (vgl. BVerfGE 87, 181 ≪201≫)” (vgl. BVerfGE 90, 60, 92). Mit diesem Begriff des “Wettbewerbs” meint es jedoch offensichtlich nicht ein Konkurrenzverhältnis zwischen prinzipiell Gleichen, wie es der Klägerin vorschwebt und wie es Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Art. 3 Abs. 1 GG wäre, sondern ein tatsächliches Nebeneinander von Wettbewerbern, die sich – im sog. dualen System – sowohl hinsichtlich ihres Programmauftrages als dann auch – als Konsequenz ihrer unterschiedlichen Funktion – bezüglich ihrer Finanzierung grundlegend voneinander unterscheiden. Danach ist die von der Klägerin beanstandete unterschiedliche Behandlung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk einerseits und Veranstaltern von privatem Rundfunk andererseits, soweit sie lediglich eine Konsequenz der dargelegten unterschiedlichen Finanzierung ist, nicht lediglich vor Art. 3 Abs. 1 GG unbedenklich, sondern durch die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte Rundfunkfreiheit sogar sachlich geboten.
d) Soweit die Klägerin sich schließlich gegen den durch das einschlägige Rundfunkgebührenrecht begründeten “Zwang” wendet, durch die Zahlung von Rundfunkgebühren ihre öffentlich-rechtliche “Konkurrenz” zu finanzieren, und in dieser Verpflichtung eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sieht, ist klarzustellen, daß ihre Gebührenpflicht allein aus § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV folgt, wonach – vorbehaltlich der Regelung des § 5 über mögliche Befreiungen von der Rundfunkgebührenpflicht, deren Voraussetzungen die Klägerin nach Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht erfüllt – “jeder Rundfunkteilnehmer für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für jedes Fernsehgerät jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten (hat)”. Es ist also nicht etwa so, wie die Klägerin es darzustellen versucht, daß das geltende Rundfunkgebührenrecht für sie – unmittelbar – den Zwang begründen würde, ihre “Konkurrenz” in Form des öffentlich-rechtlichen Rundfunks “mitzufinanzieren”. Vielmehr ist ihre Rundfunkgebührenpflicht ausschließlich die Folge ihres eigenen, freien Entschlusses, im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereitzuhalten, um sodann die Programmleistungen der mit ihr konkurrierenden Programmanbieter einschließlich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Anspruch nehmen zu können. Insoweit wird die Klägerin nicht anders behandelt als jeder andere, der Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereithält und daraufhin die vom Rundfunkgebührenstaatsvertrag vorgesehene Rundfunkgebühr zahlen muß. Daß dies im Ergebnis dazu führt, daß sie den mit ihr “konkurrierenden” öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit ihrer Rundfunkgebühr tatsächlich “mitfinanziert”, ist somit nicht die Folge irgendeines ihr von dritter Seite auferlegten Zwanges, sondern eben die Folge ihres eigenen Entschlusses, Rundfunkgeräte für den Empfang von Rundfunksendungen bereitzuhalten. In seinem jüngsten Urteil vom 22. Februar 1994 hat das Bundesverfassungsgericht unter Hinweis auf seine frühere einschlägige Rechtsprechung ausdrücklich betont, daß es im Sinne der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist, eine entsprechende Gebührenpflicht “ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten der Empfänger allein an den Teilnehmerstatus zu knüpfen, der durch die Bereithaltung eines Empfangsgerätes begründet wird” (BVerfGE 90, 60, 90); um so weniger Bedenken bestehen gegen eine Gebührenpflicht der Klägerin, als sie selbst vorträgt, daß sie ihre Empfangsgeräte auch konkret nutzen, also die Programmleistungen der mit ihr konkurrierenden Programmanbieter einschließlich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konkret in Anspruch nehmen will, um ihr eigenes Programm daran auszurichten. Daß die Klägerin etwa durch die Höhe der von ihr konkret zu zahlenden Rundfunkgebühr in ihrer Programmgestaltungsfreiheit beeinträchtigt sein könnte, trägt sie selbst nicht vor; dies läge hier auch fern.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Niehues, Seibert, Albers, Eckertz-Höfer
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Vogelgesang ist verhindert, seine Unterschrift beizufügen.
Niehues
Fundstellen
CR 1999, 49 |
ZUM 1998, 589 |
DVBl. 1998, 400 |
K&R 1998, 121 |
K&R 1998, 174 |
MMR 1998, 223 |