Entscheidungsstichwort (Thema)
Kernforschungsanlage. Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter. Objektsicherungsdienst. Werkschutz. Bewaffnung. Reizstoffsprühgeräte. Betriebsrat, Mitbestimmung. Mitwirkung. Ordnung des Betriebs. Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb. Beteiligtenfähigkeit des Betriebsrats. Klagebefugnis des Betriebsrats gegen atomaufsichtliche Anordnung
Leitsatz (amtlich)
Der Betriebsrat eines Forschungszentrums, in dem eine kerntechnische Anlage betrieben wird, kann durch eine von der Atomaufsichtsbehörde erlassene Anordnung, den Objektsicherungsdienst (Werkschutz) mit Reizstoffsprühgeräten (Gaspistolen) auszurüsten, nicht in seinen Rechten verletzt sein und ist deshalb gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zur Anfechtung der Anordnung nicht befugt.
Normenkette
Atomgesetz (AtG) § 1 Nr. 2; Atomgesetz (AtG) § 7 Abs. 2 Nr. 5; Atomgesetz (AtG) § 17 Abs. 1 Nr. 3; Atomgesetz (AtG) § 19 Abs. 3; Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) § 2 Abs. 1, § 74 Abs. 1, §§ 76, 87; VwGO § 42 Abs. 2, § 61 Nr. 2
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 16.11.1990; Aktenzeichen 21 AK 24/89) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 1990 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
I.
Der klagende Betriebsrat des beigeladenen Forschungszentrums wendet sich gegen eine atomaufsichtliche Anordnung des beklagten Ministeriums. Darin wird dem Forschungszentrum aufgegeben, die Angehörigen des Objektsicherungsdienstes, die an den Zugängen zum oder im äußeren Sicherungsbereich 01 der Kernforschungsanlage Dienst tun und die Anlage gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter (§ 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG) schützen sollen, außer mit Handfeuerwaffen auch mit Reizstoffsprühgeräten auszurüsten. Zur Begründung der Anordnung ist angeführt, daß mit der zusätzlichen Ausrüstung mögliche Angreifer im Nahbereich vorübergehend angriffsunfähig gemacht werden könnten, so daß – dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend – von der Schußwaffe nur im äußersten Notfall Gebrauch gemacht zu werden brauche.
Nachdem der Kläger von der Anordnung erfahren und die Beigeladene vergeblich aufgefordert hatte, Rechtsmittel einzulegen, erhob er selbst Klage mit dem Antrag, die Anordnung aufzuheben. Zur Begründung hat er im wesentlichen vorgetragen: Mit der Neuregelung der Bewaffnung des Objektsicherungsdienstes greife der Beklagte in seine, des Klägers, Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte als Betriebsrat ein. Der Betriebsrat dürfe vor allem deshalb nicht übergangen werden, weil die Frage der Bewaffnung des Objektsicherungsdienstes im Jahre 1983 nach Anrufung der Einigungsstelle durch Betriebsvereinbarung abschließend geregelt worden sei. Die Anordnung greife zudem in das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ein. Die Ausrüstung des Objektsicherungsdienstes mit Reizstoffsprühgeräten betreffe eine Frage der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb, so daß sie der Mitbestimmung des Betriebsrats unterlegen hätte, würde sie der Beigeladene als Arbeitgeber angeordnet haben. Auch die Aufsichtsbehörde müsse das Betriebsverfassungsgesetz beachten. Werde durch eine Anordnung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats außer Kraft gesetzt, müsse sich jedenfalls der Betriebsrat durch eine verwaltungsgerichtliche Klage dagegen zur Wehr setzen können. Anderenfalls bestehe die Gefahr, daß Arbeitgeber und Behörde sich abstimmten, um den Betriebsrat in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten auszuschalten. Er sei außerdem nach § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) anzuhören gewesen. Schließlich seien durch die Anordnung auch die Rechte der Angehörigen des Objektsicherungsdienstes verletzt, die er zu vertreten habe. Die Anordnung sei weder erforderlich noch geeignet, den Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter zu gewährleisten. Der 01-Bereich sei technisch ausreichend gesichert. Die zusätzliche Ausrüstung verunsichere zudem die Mitarbeiter des Objektsicherungsdienstes, weil sie in einer Gefahrensituation zunächst überlegen und entscheiden müßten, von welcher Waffe sie Gebrauch machen dürften; auch würden sie beim Einsatz von Reizstoffsprühgeräten selbst gefährdet.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Kläger habe als Interessenvertretung der Arbeitnehmer des Betriebs aufgrund innerbetrieblicher Organstellung nur Rechte gegenüber anderen Organen der Betriebsverfassung – regelmäßig dem Arbeitgeber –, nicht jedoch gegenüber Außenstehenden, insbesondere nicht gegenüber Behörden, die aufsichtliche Anordnungen gegenüber dem Arbeitgeber als Anlagenbetreiber träfen. Wo durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verwaltungsakt Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers ausgeschlossen seien, sei für eine Mitbestimmung des Betriebsrats kein Raum. Auch die Betriebsvereinbarung von 1983 gehe über das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht hinaus. Schließlich könne der Kläger nicht die Rechte der Arbeitnehmer im Objektsicherungsdienst geltend machen. Es fehle ihm insoweit die Prozeßführungsbefugnis.
Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. Zur weiteren Begründung seiner Klage führt er im wesentlichen aus: Die Entwicklung zur Hochtechnologie und deren Folgen für die betriebliche Arbeitswelt einerseits sowie die Wandlungen im Staatsverständnis andererseits erforderten mehr denn je, Interessenkonflikte durch einvernehmliche Regelungen zu lösen; Risiken der Technik sei so am wirksamsten zu begegnen. Die Mitwirkung des Betriebsrats mit dem Ziel, Konsens herzustellen, sei wesentlich für die innerbetriebliche Akzeptanz betrieblicher Regelungen und damit auch für deren Wirksamkeit. Das Verfahren der betrieblichen Mitbestimmung nach § 87 BetrVG sei deshalb analog anzuwenden, wenn eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme durch die Aufsichtsbehörde angeordnet werden solle. Die Behörde habe sich zunächst um die Zustimmung des Betriebsrats zu bemühen und müsse notfalls die Einigungsstelle anrufen. Zwar sei sie bei ablehnender Stellungnahme von Betriebsrat und Einigungsstelle nicht gehindert, die von ihr für erforderlich gehaltene Maßnahme anzuordnen. Sie müsse die Anordnung aber außer an den Arbeitgeber auch an den Betriebsrat richten; denn es handele sich um eine Maßnahme, die nur gemeinsam von Arbeitgeber und Betriebsrat geregelt werden könne. Der Betriebsrat müsse folglich gegen eine verfahrensrechtlich oder materiellrechtlich fehlerhafte Anordnung das Klägerecht haben. Es sei verfassungsrechtlich nicht haltbar, daß der Betriebsrat einerseits sein Mitbestimmungsrecht vor den Arbeitsgerichten nicht durchsetzen könne, weil – nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts – dem Arbeitgeber im Falle einer durch Verwaltungsakt angeordneten betrieblichen Maßnahme kein Entscheidungsfreiraum mehr zustehe, innerhalb dessen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zum Zuge kommen könne, und daß ihm andererseits der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten mit der Begründung verwehrt werde, er habe nur Rechte gegenüber dem Arbeitgeber. Die Möglichkeit einer arbeitsgerichtlichen Klage gegen den Arbeitgeber mit dem Ziel, diesen zur Anfechtung der behördlichen Anordnung im Verwaltungsrechtsweg zu veranlassen, entspreche schon im Hinblick auf die Frist für die Anfechtungsklage nicht dem Gebot effektiven Rechtsschutzes.
Der Beklagte verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts. Er sieht die betriebliche Mitbestimmung durch hoheitlich angeordnete Maßnahmen staatlichen Gesetzesvollzugs auch dann nicht als berührt an, wenn diese in den betrieblichen Bereich hineinwirkten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Zwar ist dem Kläger – entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts – nicht schon die Beteiligtenfähigkeit gemäß § 61 Nr. 2 VwGO abzusprechen. Er ist nach dem Betriebverfassungsgesetz (BetrVG) Träger von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten an betrieblichen Angelegenheiten, die er mit der vorliegenden Klage verteidigt.
Der Kläger kann jedoch nicht geltend machen, durch die angefochtene atomaufsichtliche Verfügung in seinen Rechten verletzt zu sein; er ist deshalb gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nicht klagebefugt.
Die Anordnung ist nicht an den Kläger gerichtet, etwa indem sie ihm aufgäbe, der Ausrüstung des Objektsicherungsdienstes mit Reizstoffsprühgeräten zuzustimmen oder sonstwie an der Durchführung der Auflage mitzuwirken. Der Kläger kann aber auch nicht als Dritter von der an die Beigeladene gerichteten Anordnung in seinen Rechten verletzt sein. Das ergibt sich aus folgendem:
Die angefochtene Anordnung ist als hoheitliche Maßnahme der staatlichen Aufsicht über die Sicherheit von kerntechnischen Anlagen auf § 19 Abs. 3 des Atomgesetzes (AtG) gestützt. Ob sie, wie der Kläger meint, richtigerweise auf § 17 Abs. 1 Satz 3 AtG hätte gestützt werden müssen, kann dahingestellt bleiben; denn das hätte auf ihre Rechtmäßigkeit keinen Einfluß.
Die Anordnung zielt darauf, den Schutz der Kernforschungsanlage gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter zu gewährleisten (§ 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG) und damit Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen zu schützen (§ 1 Nr. 2 AtG). Sie regelt Pflichten, die der Beigeladenen als der Betreiberin einer kerntechnischen Anlage zu deren sicherem Betrieb obliegen. Ihre Auswirkungen auf die „Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb” (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) sind nur mittelbarer Art; sie sind nicht Regelungsgegenstand der Anordnung, sondern deren Folge. Der Beklagte hat mit der Anordnung eine „bestehende gesetzliche Regelung” (§ 87 Abs. 1 BetrVG), nämlich § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG über den Schutz einer kerntechnischen Anlage gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter, konkretisiert. Folglich kann offen bleiben, ob die Ausrüstung des Objektsicherungsdienstes mit Reizstoffsprühgeräten, wollte sie der Betreiber einer kerntechnischen Anlage von sich aus einführen, eine Angelegenheit der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG wäre oder die – nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegende – Bestimmung der Arbeitspflichten der Mitarbeiter des Objektsicherungsdienstes beträfe. Die angefochtene Anordnung bezieht sich jedenfalls nicht auf die innerbetrieblichen Rechte und Pflichten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat als der Vertretung der Belegschaft. Sie trifft eine Regelung für den Betrieb und die Bewachung einer gefährlichen Anlage, ohne dabei betriebsverfassungsungsrechtliche Fragen, etwa das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, in die Regelung einbeziehen zu wollen. Der Kläger hat auch nichts dafür vorgetragen, daß der Beklagte die Anordnung aus anderen Gesichtspunkten als solchen der Sicherheitsgewährleistung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG getroffen hätte, etwa mit dem Ziel, den Betriebsrat von der Mitbestimmung an Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb auszuschalten.
Die beklagte Behörde hat in Wahrnehmung ihrer – staatlichen – Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit wie auch gegenüber dem einzelnen Bürger gehandelt, dessen körperliche Unversehrtheit vor den Risiken der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu schützen ist. Diese Verantwortung teilt der Staat nicht mit dem Betriebsrat als der Vertretung der Arbeitnehmerschaft des eine kerntechnische Anlage betreibenden Unternehmens. In der Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Befugnisse kann die atomrechtliche Genehmigungs- oder Aufsichtsbehörde nicht durch das Erfordernis einer betrieblichen Mitbestimmung oder sonstigen Mitwirkung des Betriebsrats beschränkt sein. Das Atomgesetz weist allein der atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde die Aufgabe und Befugnis zu, die gesetzlichen Anforderungen an einen sicheren Betrieb der Anlage zu konkretisieren (Urteil des Senats vom 19. Januar 1989 – BVerwG 7 C 31.87 – BVerwGE 81, 185). Zwar sind in den Lebens- und Gesundheitsschutz des Atomgesetzes auch die im Betrieb Beschäftigten eingeschlossen. Jedoch räumt das Atomgesetz dem Betriebsrat keine Stellung ein, kraft derer er befugt wäre, Arbeitnehmerrechte und -interessen gegenüber der atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde geltend zu machen.
Ein solche Rechtsstellung kommt dem Betriebsrat auch nicht nach dem Betriebsverfassungsgesetz zu. Der Betriebsrat ist ein von den Arbeitnehmern des Betriebs zu wählendes Organ der Betriebsverfassung (§§ 1, 9 BetrVG), das in betrieblichen Angelegenheiten Mitwirkungs- und Mitbestimmungsbefugnisse gegenüber dem Arbeitgeber hat und diese in eigenem Namen ausübt. Betriebsrat und Arbeitgeber sollen vertrauensvoll und in strittigen Fragen mit dem ernsthaften Willen zur Einigung zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammenarbeiten (§§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 1 BetrVG). Arbeitgeber und Betriebsrat können über innerbetriebliche Gegenstände Betriebsvereinbarungen abschließen, die „unmittelbar und zwingend” gelten (§ 77 Abs. 4 BetrVG). Zu den dem Betriebsrat obliegenden allgemeinen Aufgaben gehört es nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, „darüber zu wachen, daß die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden”. Zur Durchführung seiner Aufgaben ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten (§ 80 Abs. 2 BetrVG). § 87 Abs. 1 BetrVG regelt, in welchen „sozialen Angelegenheiten”, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, der Betriebsrat an Entscheidungen des Arbeitgebers mitzubestimmen hat. Dazu gehören unter anderem Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) sowie Regelungen über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Kommt eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zustande, entscheidet gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG die Einigungsstelle (§ 76 BetrvG), die mit vom Arbeitgeber und vom Betriebsrat zu benennenden Vertretern besetzt wird. Nach §§ 90, 91 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht auch bei vom Arbeitgeber geplanten Änderungen der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung.
Aus all dem ergibt sich, daß das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sich nur auf vom Arbeitgeber zu regelnde betriebliche Angelegenheiten bezieht. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält keine Vorschrift, die dem Betriebsrat ausdrücklich gegenüber anderen Personen oder Stellen als dem Arbeitgeber ein Recht auf Mitbestimmung einräumt. Es enthält auch keine Regelung derart, daß der Betriebsrat mitzubestimmen hätte, wenn dem Arbeitgeber von außen, wie hier durch aufsichtsbehördliche Anordnung, verbindlich Regelungen in bezug z.B. auf die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb oder in bezug auf den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer im Betrieb aufgegeben werden. Im Gegenteil: § 87 Abs. 1 BetrVG, der die Mitbestimmung ausdrücklich ausschließt, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht, bestätigt, daß das Mitbestimmungsrecht nur besteht, soweit der Arbeitgeber überhaupt Spielräume in der Gestaltung der in Nrn. 1 bis 12 der Vorschrift genannten Angelegenheiten hat. Den Fall, daß eine Behörde durch hoheitliche Maßnahmen in den Betrieb eingreift und sich dadurch Auswirkungen auf die in § 87 Abs. 1 BetrVG bezeichneten Angelegenheiten ergeben, regelt das Betriebsverfassungsgesetz nicht, weil solche Maßnahmen – wie schon ausgeführt – nicht das betriebliche Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat betreffen. Die Stellung des Betriebsrats z.B. gegenüber den für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden beschränkt sich nach § 89 Abs. 1 und 2 BetrVG auf Unterstützung bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren durch Anregung, Beratung und Auskunft; die Behörden sind lediglich verpflichtet, den Betriebsrat bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen.
Der Kläger kann ein Recht auf Mitbestimmung in der Frage der Ausrüstung des Objektsicherungsdienstes auch nicht aus einer – wie er meint – analogen Anwendung des § 87 BetrVG herleiten. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf das Verhältnis zwischen Atombehörde und Betriebsrat ist kein Raum. Eine Gesetzeslücke besteht nicht. Der Gesetzgeber hat sich eindeutig für die Beschränkung der betrieblichen Mitbestimmung auf das Verhältnis Arbeitgeber-/Arbeitnehmerseite entschieden. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn in der von der Behörde zu regelnden Angelegenheit, wie hier über die Ausrüstung des Objektsicherungsdienstes mit Waffen, bereits eine Betriebsvereinbarung besteht. Die Betriebsvereinbarung und ihre Rechtswirkungen beschränken sich auf das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber einerseits sowie Betriebsrat und Belegschaft andererseits. Außenstehende werden nicht gebunden. Auch der Umstand, daß die Einbeziehung des Betriebsrats in die Regelung solcher und ähnlicher Fragen jahrelanger Übung zwischen Betriebsrat und Vorstand der Beigeladenen entspricht, ändert entgegen der Meinung des Klägers an der Rechtslage nichts und könnte übrigens auch nicht die Stellung des Betriebsrats gegenüber der Atomaufsichtsbehörde verändern.
Der Senat verkennt nicht, daß in Betrieben mit riskanten Technologien – wie vor allem in der Nuklearindustrie – wegen der davon für die Gesellschaft ausgehenden Risiken die Mitbestimmung in einem weiten Bereich verdrängt werden kann, so daß der einzelne Arbeitnehmer in einem „durch staatliche Anforderungen gesteuerten Arbeitsverhältnis” steht (Simitis/Rydzy: Von der Mitbestimmung zur staatlichen Administration, Arbeitsbedingungen bei riskanten Technologien, Eine Studie am Beispiel der Nuklearindustrie, Baden-Baden 1984, S. 69). Er übersieht auch nicht, daß die Beteiligung des Betriebsrats an der Regelung innerbetrieblicher Angelegenheiten geeignet sein kann, die Akzeptanz dieser Regelungen bei der Belegschaft des Betriebs und damit die Wirksamkeit des Vollzugs zu erhöhen. Dies mag Anlaß für den Arbeitgeber sein, im Rahmen seiner Anhörung zu beabsichtigen, das Betriebsgeschehen beeinflussenden hoheitlichen Anordnungen (§ 28 Abs. 1 VwVfG) den Betriebsrat in seine Meinungsbildung einzubeziehen und dessen Äußerung gegenüber der Aufsichtsbehörde zur Sprache zu bringen. Es mag auch Anlaß sein, vor dem Erlaß allgemeiner Regelungen zur Sicherheit riskanter Technologien bei den „beteiligten Kreisen” auch Vertreter der Arbeitnehmerschaft zu hören, wie dies Simitis und Rydzy (a.a.O. S. 73) vorschlagen. Es kann aber nicht dazu führen, dem Betriebsrat bei hoheitlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit technischer Anlagen und des Bevölkerungsschutzes entgegen der gesetzlichen Verteilung der Verantwortung ein Mitspracherecht und – daraus folgend – eine Befugnis zur Anfechtung entsprechender Behördenentscheidungen einzuräumen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Franßen, Dr. Gaentzsch, Dr. Paetow, Dr. Bardenhewer, Kley
Fundstellen