Entscheidungsstichwort (Thema)
Rundfunkgebühr, Bereithalten eines Empfangsgeräts als staatsvertraglicher Anknüpfungspunkt für Rundfunkgebührenpflicht. Grundversorgung und klassischer Rundfunkauftrag. privater Rundfunk, Defizite an gegenständlicher Breite und thematischer Vielfalt. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers hinsichtlich Rundfunkfinanzierung. Landesmedienanstalten und staatsfreie Aufsichtstätigkeit. Finanzierung der Landesmedienanstalten
Leitsatz (amtlich)
Die Anknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht an das Bereithalten eines Empfangsgeräts und die Verwendung eines zusätzlichen Anteils an der einheitlichen Rundfunkgebühr in Höhe von 2 v.H. für die Finanzierung der staatsfern organisierten Zulassungs- und Aufsichtsfunktionen der Landesmedienanstalten sind bundesverfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; RStV 1991 § 11 Abs. 1-2, § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 29.10.1997; Aktenzeichen 4 A 4017/94) |
VG Minden (Entscheidung vom 20.06.1994; Aktenzeichen 9 K 3855/93) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist mit einem Fernsehgerät Rundfunkteilnehmer und wendet sich gegen mehrere Gebührenbescheide, durch die er zu rückständigen Rundfunkgebühren herangezogen wurde.
Im Juli 1988 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß aufgrund der seit Januar 1988 geltenden Rundfunkgebührenerhöhung die vierteljährlichen Überweisungen von 48,75 DM auf nunmehr 49,80 DM umzustellen seien. Der Kläger entgegnete daraufhin, daß die Rundfunkgebühr ihm gegenüber bisher nicht ordnungsgemäß festgesetzt worden sei. Im übrigen verweigere er den Anteil, der zur Finanzierung der beigeladenen Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen (LfR) verwandt werde. Seine Zahlungen sollten nur dem Rundfunkanteil gelten. Einer Verrechnung auf die alte „Schuld” widerspreche er.
Durch Veranlagungsbescheid vom 5. Mai 1992 setzte der beklagte Westdeutsche Rundfunk (WDR) die rückständigen Rundfunkgebühren für die Zeit von Januar bis März 1992 auf 58,30 DM fest. Einen Zahlungseingang in Höhe von 48,75 DM verrechnete er in Höhe von 18,10 DM auf den Zeitraum ab Januar 1992. Zugleich setzte er einen Säumniszuschlag in Höhe von 5,00 DM fest. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit weiteren Bescheiden vom 3. Februar 1993 und 2. Juli 1993 setzte der Beklagte die rückständigen Rundfunkgebühren für die Zeiträume von Oktober bis Dezember 1992 und Januar bis März 1993 auf je 76,40 DM fest. Hierin war jeweils ein Säumniszuschlag von 5,00 DM enthalten. Auch gegen diese Veranlagungsbescheide legte der Kläger Widerspruch ein.
Durch Widerspruchsbescheid vom 13. August 1993 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Aufhebung der drei Heranziehungsbescheide begehrt. Zur Begründung hat er sich darauf berufen, daß die an den Besitz eines Rundfunk- oder Fernsehempfangsgerätes anknüpfende Gebührenerhebung zugunsten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, deren Programme er nicht empfangen wolle, insgesamt rechtswidrig sei. Zumindest aber sei der Gebührenanteil für die LfR rechtswidrig. Zu ihr stehe er in keinem Leistungsaustauschverhältnis. Die Finanzierung der von ihr ausgeübten Kontroll- und Aufsichtsfunktionen gegenüber dem privaten Rundfunk sei auch staatlicher Natur. Soweit der Staat nicht von den Beaufsichtigten Gebühren erhebe, sei er gehalten, diese staatliche Aufsicht aus Steuermitteln zu finanzieren.
Mit Urteil vom 20. Juni 1994 hat das Verwaltungsgericht Minden die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 29. Oktober 1997 die von ihm zugelassene Berufung zurückgewiesen und die Revision gemäß § 48 RuFStV 1996 wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Der Kläger hat Revision eingelegt, ohne schriftsätzlich einen Antrag zu stellen. In mündlicher Verhandlung hat er beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 1997 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 20. Juni 1994, dieses soweit die Klage abgewiesen worden ist, sowie die Veranlagungsbescheide vom 5. Mai 1992, 3. Februar 1993 und 2. Juli 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 13. August 1993 aufzuheben.
Zur Begründung macht er geltend: Mit der technischen Möglichkeit, das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu codieren, sei die allgemeine Rechtfertigung für die Rundfunkgebühr entfallen. Außerdem könnten mit einem Fernsehgerät heutzutage mehr als 20 kostenlose (Voll-)Programme empfangen werden. Ferner gebe es das sog. Pay-TV. Die Gewährleistung einer „Grundversorgung” durch die öffentlich-rechtlichen Programme sei daher nicht mehr notwendig. Nach alledem sei es im Hinblick auf Art. 5 GG bedenklich, wenn Empfänger frei zugänglicher Informationsquellen gezwungen würden, kostenpflichtig weitere zu abonnieren, die sie gar nicht haben wollten. Soweit der zweiprozentige Anteil der Landesmedienanstalten an der einheitlichen Rundfunkgebühr in Rede stehe, überzeuge der vom Berufungsgericht angestellte Vergleich mit dem sog. „Kabelgroschen” nicht. Während jener der Finanzierung von Programmen diene, werde mit dem strittigen Anteil eine Aufsichtsbehörde finanziert. Aufsichtsfunktion und Programmgestaltung ließen sich nicht zu einer gebührenfinanzierten „Gesamtveranstaltung Rundfunk” zusammenmixen. Nach allgemeinen Grundsätzen bestehe für jede Art Schuld ein Leistungsbestimmungsrecht des Schuldners; dies müsse entgegen dem Berufungsgericht auch für Rundfunkgebührenschulden gelten.
Der Beklagte und die Beigeladene halten die Revision für unzulässig und verteidigen ansonsten das angefochtene Urteil.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er hält die Revision für nicht begründet.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Die gegen die Zulässigkeit der Revision erhobenen Bedenken greifen nicht durch.
a) Zwar trifft es zu, daß die Revisionsschrift noch keinen ausdrücklichen Antrag enthalten hat. Dies macht die Revision jedoch nicht unzulässig. Die Revision hat sich in erster Linie, und zwar dies von Anfang an, allgemein gegen die Erhebung von Rundfunk- und Fernsehgebühren als solche gewendet. Dieser generelle Einwand war auch schon Gegenstand des Berufungsvorbringens und hatte sich insbesondere auch im Berufungsantrag widergespiegelt. Es konnte daher kein berechtigter Zweifel entstehen, daß der Kläger mit seiner Revision die angefochtenen Urteile hat aufgehoben wissen und sein Berufungsbegehren uneingeschränkt hat weiterverfolgen wollen, so wie er dies später auch beantragt hat.
b) Die Voraussetzungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO an den Inhalt einer Revisionsbegründung sind noch als erfüllt anzusehen. Der Kläger hat seine Revision unter anderem damit begründet, daß die Gebührenerhebung „vor dem Hintergrund der freiheitlichen Grundordnung und der Regelung des Art 5 GG” als unzulässig anzusehen sei. Dem läßt sich nach dem gesamten Begründungszusammenhang mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen, daß er sowohl eine Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine solche des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) rügen will.
c) Die Revision begegnet auch unter dem Gesichtspunkt der Revisibilität keinen durchgreifenden Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Senats sind zwar entgegen der extensiven Auslegung des Berufungsgerichts die Vorschriften des Rundfunkgebührenstaatsvertrags nicht nach § 48 des Rundfunkstaatsvertrages – RStV – in der seit dem 1. Januar 1997 gültigen Fassung (GV. NW. 1996 S. 484) revisibel (Urteil vom 8. Oktober 1997 – BVerwG 6 C 10.96 – NJW 1998, 1578; Beschluß vom 10. Oktober 1997 – BVerwG 6 B 32.97 –, Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 29 S. 14 f.; Urteil vom 11. März 1998 – BVerwG 6 C 12.97 – a.a.O. Nr. 30 S. 19). Dadurch wird jedoch die Zulässigkeit der einmal zugelassenen Revision nicht in Frage gestellt (§ 132 Abs. 3 VwGO). Wenn es allein auf die Anwendung und Auslegung der im Gebührenstaatsvertrag enthaltenen Vorschriften ankäme, wäre daher die Revision mangels Revisibilität der Auslegung dieser Vorschriften durch das Berufungsgericht allenfalls unbegründet. Darüber hinaus greift aber die Revision das Berufungsurteil – wie soeben dargelegt – auch damit an, daß die maßgeblichen Vorschriften des Rundfunkgebührenstaatsvertrags gegen höherrangiges Bundesrecht verstießen. Diese Angriffe bleiben vom Revisionsgericht zu prüfen. Die Irrevisibilität der Vorschriften des Rundfunkgebührenstaatsvertrags führt hier also lediglich zu einer Einschränkung des Umfangs der revisionsgerichtlichen Überprüfung. Probleme der Anwendung und Auslegung der Finanzierungsbestimmungen, die im Rundfunkstaatsvertrag in seiner revisiblen, ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung selbst enthalten sind, stellen sich hier aus zeitlichen und sachlichen Gründen nicht.
2. Die Gebührenbescheide der Beklagten haben ihre Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags – RGebStV 1991 –; dieser Staatsvertrag ist seinerseits als dessen Art. 4 ein Teil des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschland – RStV 1991 – vom 31. August 1991 (GV. NW. 1991 S. 408). Nach § 2 Abs. 2 RGebStV 1991 hat jeder Rundfunkteilnehmer für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgeräts jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Die Regelung rechtfertigt nach Auffassung des Berufungsgerichts die Heranziehung des Klägers in voller Höhe der Gebührenforderung. Weder diese Auslegung irrevisiblen Rechts noch der staatsvertragliche Gebührentatbestand als solcher verletzten Bundesverfassungsrecht.
a) Die Gebührenerhebung als solche verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 GG bzw. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).
aa) Die an das Bereithalten von Empfangsgeräten anknüpfende Rundfunkgebühr ist nach § 11 Abs. 1, Halbs. 2 RStV 1991 die vorrangige Finanzierungsquelle für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ob es sich bei der Rundfunkgebühr um eine „Gebühr” im klassischen Sinne, um eine „Gebühr mit Beitragscharakter” oder aber schlicht um einen „Beitrag” im eigentlichen Sinne handelt, ist umstritten und bedarf auch hier keiner Klärung. Die Einordnung ist eine Frage des Landesrechts. Denn die Gesetzgebungskompetenz für den Rundfunk einschließlich der Rundfunkfinanzierung liegt gemäß Art. 70 Abs. 1 GG bei den Ländern. Für die Überprüfung der Abgabe auf ihre Vereinbarkeit mit Bundesverfassungsrecht ist ihre Einordnung unerheblich. Aus der Sicht des Bundesrechts ist allein entscheidend, daß die Art der Finanzierung einerseits (rundfunkrechtlich; vgl. BVerfGE 90, 60, 87 ff.) den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 GG an eine funktionsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und andererseits (abgabenrechtlich) rechtsstaatlichen Anforderungen einschließlich des aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebots der Gleichheit aller Bürger vor den öffentlichen Lasten genügt (vgl. BVerfGE 90, 60, 105 f.). Beides ist der Fall (nachstehend bb)).
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete und für das Abgabenrecht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausprägende Äquivalenzprinzip ist hingegen nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – anders als das Berufungsgericht meint und entgegen dem Urteil vom 26. Februar 1988 – BVerwG 7 C 34.87 – BVerwGE 79, 90 – für die Überprüfung der gesetzlichen Abgrenzung des Kreises der Gebührenpflichtigen nicht heranzuziehen. Als Überprüfungsmaßstab maßgeblich ist insoweit nur Art. 3 Abs. 1 GG. Er wird lediglich durch die Verpflichtung der Rundfunkanstalten ergänzt, sich im Rahmen des rechtlich umgrenzten Rundfunkauftrags zu halten und den aus den Programmentscheidungen abgeleiteten Finanzbedarf zutreffend und in Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu ermitteln (vgl. BVerfGE 90, 60, 102 f.). Die Einhaltung dieser Verpflichtung unterliegt ihrerseits einer besonderen externen Kontrolle. Um diese Fragen wird aber im vorliegenden Verfahren nicht gestritten. Anhaltspunkte für einen Verstoß sind insoweit nicht ansatzweise dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Insoweit bedarf es daher keiner weitergehenden Überprüfung.
bb) Das Bundesverfassungsgericht hat die Erhebung einer an das Bereithalten von Empfangsgeräten anknüpfenden Rundfunkgebühr wiederholt unter Gesichtspunkten der Rundfunkverfassung geprüft und insoweit als gerechtfertigt angesehen. Zuletzt hat es in seinem Urteil vom 22. Februar 1994 – 1 BvL 30/88 – BVerfGE 90, 60, 90 f. hierzu ausgeführt: „Die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung ist … die Gebührenfinanzierung (vgl. BVerfGE 73, 118, 158; 87, 181, 199). Sie erlaubt es ihm, unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen ein Programm anzubieten, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht. In der ungeschmälerten Erfüllung dieser Funktion und in der Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen im dualen System findet die Gebührenfinanzierung ihre Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 73, 118, 158). Da die derzeitigen Defizite des privaten Rundfunks an gegenständlicher Breite und thematischer Vielfalt nur hingenommen werden können, soweit und solange der öffentlich-rechtliche Rundfunk in vollem Umfang funktionstüchtig bleibt, ist es auch weiterhin gerechtfertigt, die Gebührenpflicht ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten der Empfänger allein an den Teilnehmerstatus zu knüpfen, der durch die Bereithaltung eines Empfangsgeräts begründet wird (vgl. BVerfGE 87, 181, 201).”
Auch im Rahmen der Überprüfung am Maßstab des aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebots der Gleichheit aller Bürger vor den öffentlichen Lasten hat das Bundesverfassungsgericht die Anknüpfung der Gebührenerhebung für unbedenklich gehalten. Die Differenzierung, daß die Rundfunkgebühr von denjenigen Personen zu entrichten ist, die ein Empfangsgerät bereithalten, während Personen ohne Empfangsgerät nicht in Anspruch genommen werden, beruht nach dem Urteil vom 22. Februar 1994 auf sachlichen Gründen. Entscheidend sei, daß die Rundfunkgebühr der Finanzierung von Rundfunkveranstaltungen diene. Unter Gleichheitsgesichtspunkten sei es deswegen nicht zu beanstanden, „daß dazu herangezogen wird, wer sich durch Bereithaltung eines Empfangsgeräts die Nutzungsmöglichkeit verschafft hat” (vgl. BVerfGE 90, 60, 106).
Diese Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung des Grundgesetzes hat der Senat seiner Entscheidung im vorliegenden Verfahren zugrunde zu legen. Sie läßt sich dahin zusammenfassen, daß eine Erhebung von Rundfunkgebühren, die nach Maßgabe landesgesetzlicher Festsetzung schon allein an das Bereithalten eines Empfangsgeräts anknüpft, mit Bundesverfassungsrecht vereinbar ist,
- soweit sie ihrer Höhe nach unbedenklich ist, weil sie sich darauf beschränkt sicherzustellen, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Rahmen der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit seine Funktion der Grundversorgung im dualen System ungeschmälert erfüllen kann,
- und solange einerseits der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion ungeschmälert erfüllt, unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen ein Programm anzubieten, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht,
- sowie andererseits die „derzeitigen Defizite des privaten Rundfunks an gegenständlicher Breite und thematischer Vielfalt” fortbestehen.
cc) Hiervon ausgehend ist den Angriffen der Revision nicht zu folgen:
(1) Darauf, daß technisch die Möglichkeit besteht, Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu codieren, so daß sie über Kabel nur noch vermittels einer gebührenrechtlich zu erfassenden Bereithaltung von Decodern zu empfangen wären, kommt es nicht an. Im hier strittigen Gebührenzeitraum (1992/93) hat eine solche Codierung schon rein tatsächlich nicht stattgefunden. Der Gesetzgeber hat daran auch in rechtlicher Hinsicht nicht angeknüpft. Er mußte dies nicht und durfte dies nicht einmal. Den Anknüpfungspunkt für die Gebühren derart einzuschränken, verbietet sich nach Bundesverfassungsrecht, weil bei einer Verweisung auf derart technisch eingeschränkte Empfangsmöglichkeiten sich die besondere Funktion, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im dualen System notwendig obliegt, nicht sicherstellen ließe. Wesensmerkmal der ihm aufgetragenen Grundversorgung ist nämlich, inhaltlich alle Bevölkerungsgruppen in sämtlichen Regionen ansprechen und erreichen zu können, was wiederum bedingt, „technisch für alle empfangbar” zu sein (BVerfGE 74, 297, 325 f.; 87, 181, 199). Diese Aussage beschränkt sich nicht auf die terrestrische Übertragungstechnik (BVerfGE 83, 238, 299). Aus ihr folgt ohne weiteres, daß die Empfangbarkeit – über welche Verbreitungstechnik auch immer – ohne erheblichen wirtschaftlichen oder technischen Aufwand gewährleistet sein muß. Eine Verweisung auf eine codierte Verbreitung würde der Universalität dieses Auftrags zuwiderlaufen. Darüber hinaus müßte die Verknüpfung von Codierung und Gebührenerhebung im Ergebnis eine Verdrängung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf das Pay-TV nach sich ziehen. Das wiederum würde letztlich auch seine Bestands- und Entwicklungsgarantie in Frage stellen. Es bestünde eine ähnliche Gefährdung, wie sie das Bundesverfassungsgericht für den Fall sieht, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk überwiegend auf Werbeeinnahmen verwiesen würde (vgl. BVerfGE 83, 238, 311).
(2) Vergeblich versucht die Revision, die zu II. 2. a) bb) genannten Voraussetzungen für eine an das Bereithalten eines Empfangsgerätes anknüpfende Gebührenerhebung in Frage zu stellen. Sie meint, die Gewährleistung einer „Grundversorgung” durch die öffentlich-rechtlichen Programme sei nicht mehr notwendig. Mit dem Hinweis darauf, daß heute zahlreiche kostenlose (Voll-)Programme des Privatfunks empfangen werden könnten, es daneben auch noch das sog. Pay-TV gebe, läßt sich dies jedoch nicht begründen. Die Zahl der empfangbaren privaten Vollprogramme besagt nichts darüber, ob eine Grundversorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erforderlich ist. Der Begriff „Vollprogramm” ist inhaltlich nicht hinreichend aussagekräftig, um die Annahme einer Grundversorgung zu rechtfertigen. Die Begriffsbildung orientiert sich nicht am „klassischen Rundfunkauftrag”. Dieser aber ist es, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als ein Minimum „zumindest” – BVerfGE 74, 297, 326) der unerläßlichen Grundversorgung zuzurechnen ist (vgl. ferner BVerfGE 73, 118, 157 f.; 87, 181, 199). Der klassische Auftrag des Rundfunks umfaßt „nicht nur seine Rolle für die Meinungs- und politische Willensbildung, Unterhaltung und über laufende Berichterstattung hinausgehende Information, sondern auch seine kulturelle Verantwortung” (BVerfGE 73, 118, 158; 74, 297, 326); zur Information im Sinne dieses Auftrags, der im Rundfunksystem insgesamt erfüllt werden muß, gehört „die gegenständlich uneingeschränkte Information über alle Lebensbereiche unter Zugrundelegung publizistischer Kriterien” (BVerfGE 97, 228, 257). Wegen seiner für das demokratische Gemeinwesen integrativen Funktion hat sich die Wahrnehmung des Grundversorgungsauftrags nicht nur an den Interessen der Mehrheit oder denen der für die Werbewirtschaft interessanten Konsumenten zu orientieren. Er bezieht sich vielmehr auf a l l e Bevölkerungsgruppen und Altersklassen, also auch und gerade auf diejenigen, deren Interessen von den privaten Medien sonst eher vernachlässigt werden.
Dafür, daß in dieser umfassenden Hinsicht die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar 1994 noch zugrunde gelegten „derzeitigen Defizite des privaten Rundfunks an gegenständlicher Breite und thematischer Vielfalt” 1992/1993 nicht mehr bestanden haben sollen, geben die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nichts her. Auch die Revision hat dafür nichts dargetan; insbesondere hat sie insoweit auch keine Verfahrensrügen erhoben. Überdies handelt es sich hier nicht um eine reine Tatsachenfrage. Die Defizite haben strukturelle Ursachen, die in der gegenwärtig-konkreten Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung begründet und weiterhin wirksam sind. Ihre Wirksamkeit läßt sich ohne grundlegende Änderung der Sach- und Rechtslage auch künftig nicht ausschließen. Das Bundesverfassungsgericht hat sie vor allem darin gesehen, daß die privaten Anbieter nahezu ausschließlich auf die Einnahmen aus Wirtschaftswerbung angewiesen sind. Diese könnten nur dann ergiebiger fließen, wenn die privaten Programme hinreichend hohe Einschaltquoten erzielten. Die Anbieter stünden deshalb vor der wirtschaftlichen Notwendigkeit, möglichst massenattraktive, unter dem Gesichtspunkt der Maximierung der Zuschauer- und Hörerzahlen erfolgreiche Programme zu möglichst niedrigen Kosten zu verbreiten. Sendungen, die nur für eine geringere Zahl von Teilnehmern von Interesse seien und die oft – wie namentlich anspruchsvolle kulturelle Sendungen – einen hohen Kostenaufwand erforderten, würden in der Regel zurücktreten, wenn nicht gänzlich fehlen, obwohl erst mit ihnen die ganze Breite umfassender Information zu erreichen sei, ohne die es keine „Meinungsbildung” im Sinne der Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geben könne (BVerfGE 73, 118, 155 f.).
Den Ursachen dieser Defizite haben die Landesgesetzgeber mit Billigung des Bundesverfassungsgerichts in einer Weise Rechnung getragen, daß „die werbefinanzierten privaten Programme weniger strengen Anforderungen unterliegen als die öffentlich-rechtlichen” (BVerfGE 90, 60, 90; vgl. § 23 Abs. 2 RStV 1991 = § 41 Abs. 2 RStV 1996). Dieses geringere Maß an Bindungen (vgl. im einzelnen BVerfGE 83, 238, 297) bringt einerseits den Privaten etwas größere Freiheiten, setzt andererseits aber im dualen System die funktionsgerechte Aufgabenerfüllung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk voraus (BVerfGE a.a.O. unter Hinweis auf BVerfGE 73, 118, 158 f.; 74, 297, 325; 83, 238, 297). Im Umkehrschluß folgt daraus, daß so lange, wie die abgeschwächten Bindungen der Privaten staatsvertraglich festgeschrieben sind, die besondere Grundversorgungsaufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht entfällt. Denn schon strukturell ist dann nicht gewährleistet, daß der klassische Rundfunkauftrag von der Gesamtheit der privaten Veranstalter in vollem Umfang erfüllt wird; ermangelt es aber einer solchen Gewährleistung, muß es beim Grundversorgungsauftrag für den öffentlichen Rundfunk verbleiben (vgl. BVerfGE 83, 238, 299).
Die Beurteilung, ob eine Umgestaltung der bestehenden Strukturen die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags nach dem Stand der Entwicklung gefährden würde, unterliegt einer Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. Die gesetzgeberische Einschätzung über die nach dem Gesamtangebot fortbestehende Notwendigkeit einer Grundversorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk läßt sich nur korrigieren, wenn sie sich als offensichtlich fehlsam herausstellt. Die weiteren gestalterischen Konsequenzen aus dieser seiner Einschätzung zu ziehen, fällt wiederum in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Diese endet im dualen System erst dort, „wo entweder der öffentlich-rechtliche Rundfunk an der Erfüllung seiner Versorgungsaufgabe gehindert oder der private Rundfunk Bedingungen unterworfen wäre, die ihn erheblich erschwerten oder gar unmöglich machten” (BVerfGE 83, 238, 311). Dafür, daß der Gesetzgeber eine der beiden genannten Grenzen überschritten hätte, sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.
dd) Eine Verletzung der individuellen (negativen) Informationsfreiheit des Klägers (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) liegt ebenfalls fern. Auf ihn wird ein Zwang, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anzusehen oder anzuhören, nicht ausgeübt. Der Kläger muß sie nicht einschalten. Die „Gebühr” wird nur dafür erhoben, daß er sich mit der Bereithaltung des Empfangsgeräts die Möglichkeit verschafft hat, die Programmleistung in Anspruch nehmen zu können. Soweit er geltend macht, daß er private Programme den öffentlich-rechtlichen Programmen generell vorzieht, rechtfertigt dies keine andere Würdigung. Der Kläger übersieht insoweit, daß nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im dualen Fernsehsystem der private Rundfunk in seiner gegenwärtigen Form aus Gründen des Verfassungsrechts überhaupt nur bestehen kann, wenn die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch in finanzieller Hinsicht sichergestellt ist. Angesichts dieser Verknüpfung ist ihm der Zugriff auf das eine ohne die gleichzeitige Möglichkeit des Zugriffs auf das andere nicht eröffnet.
ee) Für die hier strittigen Erhebungszeiträume 1992/93 verbleibt es daher dabei, daß allein das V e r f a h r e n der Gebührenfestsetzung, wie es seinerzeit im Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland von 1991 geregelt war, den Anforderungen prozeduralen Grundrechtsschutzes nicht in vollem Umfang genügte (BVerfGE 90, 60, 96 f., 98 ff.). Insoweit aber hat schon das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 22. Februar 1994 den Ländern eine Übergangsfrist eingeräumt, in der sie für eine verfassungsmäßige Regelung zu sorgen hatten. Bis dahin verblieb es bei der Anwendbarkeit der bisherigen Regelung. Das gilt auch hier.
b) Die Erhebung des zweiprozentigen Anteils an der einheitlichen Rundfunkgebühr zugunsten der Landesmedienanstalten (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RStV 1991) ist bundesverfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch sie verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 GG oder dem Rechtsstaatsprinzip.
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Tätigkeit der beigeladenen Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen (LfR) der vom Bundesverfassungsgericht für erforderlich gehaltenen externen Aufsicht über die Einhaltung der wesentlichen Voraussetzungen der Meinungsvielfalt durch die privaten Veranstalter von Rundfunk- und Fernsehprogrammen entspricht und es sich bei dieser Tätigkeit nicht um eine Staatsaufsicht handelt. Die LfR ist zwar eine öffentlich-rechtliche Anstalt (§ 51 des Rundfunkgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – LRG NW – in der hier für den strittigen Gebührenzeitraum noch maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 11. Januar 1988, GV. NW. S. 6); sie erfüllt auch öffentlich-rechtliche Aufgaben und übt öffentlich-rechtliche Befugnisse aus, insbesondere trifft sie die nach den Vorschriften des Rundfunkgesetzes erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen (§ 52 Abs. 1 LRG NW). Sie ist jedoch entsprechend den Anforderungen der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu einer im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG freiheitlich verfaßten Rundfunkordnung nicht als eine „begrenzte Staatsaufsicht” (so noch BVerfGE 57, 295, 326), sondern als staatsferne externe Kontrolle organisiert. Das Erfordernis einer staatsfern oder staatsfreien Organisation gilt nicht nur für die Rundfunkräte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (vgl. BVerfGE 60, 53, 64 ff.), sondern auch für diese externe Kontrolle der privaten Veranstalter. Das Bundesverfassungsgericht hat das Organisationskonzept auch dieser Kontrolle am Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks gemessen. Dabei hat es eine dem Staat gegenüber rechtlich verselbständigte, von ihm unabhängige, d.h. seinem Einfluß nicht unterlegene Organisationseinheit genügen lassen. Auch wenn ein derart verfaßtes Kollegialorgan nicht in die Organisation der (privaten) Veranstalter integriert sei, nehme ihm dies nicht den Charakter eines staatsfreien Gremiums (BVerfGE 73, 118, 164 f.). Dem ist zu folgen.
Nach den organisatorischen Regelungen trifft diese Bewertung auch für die LfR zu. Ihr steht nicht nur das Selbstverwaltungsrecht zu, sie trifft ihre Maßnahmen und Entscheidungen auch allein „im Interesse der Allgemeinheit” (§ 52 Abs. 1 LRG NW). Den rundfunkrechtlichen Anforderungen an Staatsferne genügen insbesondere die Zusammensetzung (§ 55 LRG NW) und Rechtsstellung der 41 Mitglieder zählende Rundfunkkommission als dem Organ, das als Kontrollgremium der privaten Rundfunkanbieter handelt (vgl. speziell zu § 55 LRG NW: BVerfGE 83, 238, 332 f., 335 f.). Die Kommission ist pluralistisch zusammengesetzt (§ 55 Abs. 2 bis 5 LRG NW) und vor einem unzulässigen Staatseinfluß durch Inkompatibilitätsregelungen (§ 53 LRG NW), durch die ausschließliche Bindung an das Interesse der Allgemeinheit (§ 55 Abs. 12 Satz 2 LRG NW) und die Entbindung von Aufträgen jedweder Art sowie durch ein Behinderungs- und Benachteiligungsverbot geschützt (§ 55 Abs. 13 Satz 1 LRG NW). Ihre Tätigkeit ist damit insgesamt zwar der öffentlichen Verwaltung, nicht aber der Staatsverwaltung – auch nicht der mittelbaren Staatsverwaltung – zuzurechnen. Vielmehr handelt es sich um eine staatsfern und pluralistisch organisierte, gleichwohl aber grundrechtsverpflichtete öffentliche Verwaltung (vgl. zur Bayerischen Landesmedienanstalt auch BVerfGE 97, 298, 314).
bb) Von dieser Bewertung ausgehend ist die in Rede stehende Finanzierung über Teilnehmergebühren, neben der auch noch geringe Verwaltungsgebühren erhoben wurden, im Lichte der Rundfunkfreiheit nicht zu beanstanden. Auf welche Weise der Landesgesetzgeber die Finanzierung der staatsfern organisierten LfR sicherstellt, liegt – wie auch die Form der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – in seinem Gestaltungsermessen. Finanzierungsregelungen für staatsferne Einrichtungen des Rundfunks fallen jedenfalls als Annex der Kompetenz zur Regelung der Rundfunkordnung in die Zuständigkeit der Länder, und zwar auch soweit die damit aufgebrachten Mittel nicht im organisatorischen Zusammenhang der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verwendet werden (vgl. BVerfGE 90, 60, 105 f.). Wie bei der Festlegung der Rundfunkordnung in ihrer Gesamtheit und der Sicherstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks endet die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auch hinsichtlich der Finanzierung der staatsfernen externen Aufsicht durch die Landesmedienanstalten erst dort, wo die Funktion des Rundfunks in seiner Gesamtheit, nämlich der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu dienen, gefährdet wird (BVerfGE 83, 238, 310). Im dualen System ergeben sich auch insoweit keine anderen Grenzen als diejenigen, die oben (II. 2. a), cc) a.E.) unter Hinweis auf BVerfGE 83, 238, 311) für die (Gebühren-)Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgezeigt worden sind.
Im Rahmen dieser Gestaltungsfreiheit hielt sich auch die Entscheidung, mit der Finanzierung der Landesmedienanstalt den Staatshaushalt nicht sowie die beaufsichtigten privaten Rundfunkveranstalter nur in geringem Maße zu belasten und die Hauptfinanzierungslasten den Rundfunkteilnehmern aufzuerlegen. Soweit der Gesetzgeber einerseits Gefährdungen für die Staatsferne der Aufsicht durch eine Finanzierung aus dem Staatshaushalt gesehen hat, er andererseits die Meinungsvielfalt bei einer alleinigen Finanzierung durch Heranziehung der privaten Veranstalter nicht als ausreichend gewährleistet angesehen und diese Einschätzung zur Grundlage seiner gestalterischen Entscheidung gemacht hat, fiel die Bewertung dieser Gefährdungsmomente in seine Einschätzungsprärogative. Die Einschätzung läßt sich keineswegs als offensichtlich fehlerhaft widerlegen. Durfte er aber von ihr ausgehen, so war es ihm unter Gleichheitsgesichtspunkten auch nicht verwehrt, im Interesse einer Optimierung der Rundfunkordnung auch oder gar überwiegend die Rundfunkteilnehmer mit der Finanzierung der LfR zu belasten.
In abgabenrechtlicher Hinsicht gilt nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn man den Anteil für die Landesmedienanstalten als Sonderabgabe qualifizieren wollte (vgl. zu deren Merkmalen: BVerfGE 67, 256, 275; 81, 156, 186 f.). In dieser Hinsicht hat das Bundesverfassungsgericht den bundesverfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angelegt, derartige Abgaben dürften als zusätzliche Belastungen Einzelner nur erhoben werden, wenn sie sich auf einen Zurechnungsgrund stützen ließen, der vor den Grundsätzen der bundesstaatlichen Finanzverfassung und vor dem Gebot der Gleichheit aller Bürger vor den öffentlichen Lasten Bestand habe (BVerfGE 90, 60, 105 f.). Beides ist hier zu bejahen. Die Kompetenz des Landesgesetzgebers ist gegeben. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG läßt sich nicht feststellen.
Der Revision ist zwar einzuräumen, daß es nicht recht überzeugt, mit dem Berufungsgericht anzunehmen, daß der strittige Anteil der Finanzierung einer „Gesamtveranstaltung Rundfunk” diene. Aufsicht läßt sich schwerlich als Veranstaltung darstellen. Gleichwohl läßt sich die Heranziehung aller, die ein Rundfunkempfangsgerät bereithalten, sachlich rechtfertigen. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit betrifft das gesamte Rundfunksystem, nicht nur den privaten oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk je für sich allein; ausschlaggebend ist, daß das Rundfunksystem in seiner Gesamtheit dem verfassungsrechtlich Gebotenen im Rahmen des Möglichen entspricht (BVerfGE 73, 118, 157). Das kann es nur, wenn es mit seinem „Gesamtangebot” (BVerfGE 57, 195, 325) oder „Gesamtprogrammangebot” (BVerfGE 83, 238, 296 f.) den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genügt und dies auch dauerhaft gewährleistet ist. Gegenstand der Aufsichtstätigkeit der LfR ist zwar im wesentlichen nur der private Rundfunk. Jedoch kommt insbesondere die Verhinderung von Meinungsvormacht einzelner Träger, aber auch die Sicherung des gebotenen Minimums an gegenständlicher Breite und Meinungsvielfalt im Privatfunk mittelbar dem öffentlichrechtlichen Rundfunk bei der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgabe und damit letztlich allen Rundfunkteilnehmern zugute. Von daher ist es unter Gleichheitsgesichtspunkten auch hier nicht zu beanstanden, den Kreis der Abgabepflichtigen in der Weise abzugrenzen, daß unabhängig von den Sehgewohnheiten alle herangezogen werden, die sich durch Bereithaltung eines Empfangsgeräts die Nutzungsmöglichkeit verschafft haben (vgl. BVerfGE 90, 60, 106).
Wollte man hier auch das Äquivalenzprinzip anwenden, ergäbe sich aus den dargelegten Gründen, daß jeder Rundfunkteilnehmer auch Empfänger eines unmittelbaren oder mittelbaren Vorteils ist, der ihm aus der Aufsichtstätigkeit der Landesmedienanstalten erwächst, kein anderes Ergebnis.
3. Soweit die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts angreift, daß die Rundfunkgebühr bereits kraft Gesetzes fällig werde, betrifft dies die Auslegung irrevisiblen Landesrechts. Unter bundesrechtlichen Gesichtspunkten wird sie nicht angegriffen und läßt auch einen Verstoß hiergegen nicht erkennen. Das Berufungsgericht stützt sich auf Art. 4 Abs. 3 RGebStV. Diese Regelung lautet: „Die Rundfunkgebühren sind in der Mitte des Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten”. Wenn das Berufungsgericht darin eine Fälligkeitsregelung sieht, ist dies keineswegs willkürlich.
Ob § 6 der Satzung des Beklagten über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren – anders als § 366 Abs. 1 BGB, § 225 Abs. 1 AO dies vorsehen – ein Leistungsbestimmungsrecht des Schuldners ausschließt, wie das Berufungsgericht meint, ist ebenfalls eine Frage irrevisiblen Rechts. Auch insoweit sind Anhaltspunkte für eine willkürliche Auslegung nicht zu erkennen. Der Wortlaut „Zahlungen werden zunächst auf die Nebenkosten im Zusammenhang mit rückständigen Gebühren und dann auf die jeweils älteste Gebührenschuld verrechnet”) widerspricht dem keineswegs. Ebensowenig läuft das Auslegungsergebnis auf eine Ungleichbehandlung unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG hinaus. Die Besonderheiten eines Massenverfahrens, das in kurzen Abständen wiederkehrende Geldbeträge in verhältnismäßig geringfügiger Höhe zum Gegenstand hat, rechtfertigen eine Sonderregelung über den Ausschluß einer individuellen Leistungsbestimmung. Anderenfalls nämlich wäre der Beklagte gehalten, wegen jeder noch so geringfügigen Schuld alsbald aufwendige Maßnahmen zur Verjährungsunterbrechung einzuleiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Niehues, Albers, Henkel, Eckertz-Höfer, Büge
Fundstellen
NJW 1999, 2454 |
BVerwGE |
BVerwGE, 108 |
NVwZ 1999, 993 |
AfP 1999, 195 |
DÖV 1999, 737 |
JA 1999, 928 |
ZUM 1999, 496 |
DVBl. 1999, 620 |
K&R 1999, 286 |
MMR 1999, 416 |
LL 1999, 813 |