Entscheidungsstichwort (Thema)
Subsidiarität der Feststellungsklage. Feststellungsklage. Feststellungsinteresse. Amtshaftungsansprüche. Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff. Verpachtung. Apotheke. Erbfall. Verpachtungsberechtigung. Apotheker. Ehegatte, erbberechtigter
Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren auf Erteilung der Betriebserlaubnis an den Pächter einer Apotheke ist dem Verpächter keine Rechtsposition eingeräumt; er hat insbesondere keinen Anspruch auf Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis an den Pächter.
Das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung kann mit dem Hinweis auf die Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, begründet werden, wenn der Kläger mit seiner Feststellungsklage zunächst primären Rechtsschutz erstreiten wollte, sich dieses Begehren aber nach Klageerhebung erledigt und er sich nunmehr nur noch auf die Geltendmachung von Ausgleichs- und Ersatzansprüchen verwiesen sieht.
§ 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG ist dahin auszulegen, daß jede dem Erben erteilte Apothekenbetriebserlaubnis – gleichgültig, auf welche Apotheke sie sich bezieht und ob sie vor oder nach dem Erbfall erteilt worden ist – die Verpachtungsberechtigung an der ererbten Apotheke ausschließt.
§ 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG ist verfassüngsgemäß.
Normenkette
GG Art. 3, 12 Abs. 1, Art. 14; ApG § 9 Abs. 1; VwGO § 43
Verfahrensgang
OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 29.08.1990; Aktenzeichen 10 L 139/89) |
VG Schleswig-Holstein (Urteil vom 05.08.1987; Aktenzeichen 9 A 127/86 (91)) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 29. August 1990 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit der Verpachtung einer Apotheke.
Der Kläger war Erlaubnisinhaber der L. -Apotheke in gemieteten Räumen und seine Ehefrau Erlaubnisinhaberin der St. … -Apotheke im eigenen Hause, beide in …. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Tode seiner Ehefrau am 6. Dezember 1985 verpachtete der Kläger als Alleinerbe die St. … -Apotheke mit Vertrag vom 16. Oktober 1986 an die Apothekerin N. für die Zeit vom 1. Dezember 1986 bis zum 30. November 1991. Den Antrag der Apothekerin auf Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 18. November 1986 mit der Begründung ab, der vorgelegte Pachtvertrag sei, wie sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG ergebe, unwirksam. Der Kläger besitze eine eigene Apothekenbetriebserlaubnis und sei daher nicht verpachtungsberechtigt. Der Bescheid blieb unangefochten.
Nunmehr verkaufte der Kläger mit Vertrag vom 20. November 1986 die St. … -Apotheke an die Apothekerin N.
In § 1 Abs. 3 Satz 2 des Vertrages heißt es: „Weiterhin ist auflösende Bedingung dieses Kaufvertrages, daß im Rahmen einer Gerichtsentscheidung festgestellt wird, daß der Verkäufer berechtigt gewesen wäre, den Apothekenbetrieb zu verpachten.” Außerdem behielt sich der Kläger in dem Kaufvertrag ein Rückkaufsrecht vor. Der Beklagte erteilte daraufhin der Apothekerin N die Betriebserlaubnis.
Am 4. Dezember 1986 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und beantragt,
festzustellen, daß der Beklagte dem Antrag der Apothekerin N. auf Erteilung einer Apothekenbetriebserlaubnis für die St. … -Apotheke zu Unrecht nicht stattgegeben hat;
hilfsweise,
festzustellen, daß der Kläger berechtigt ist, die St. … -Apotheke zu verpachten.
Zur Begründung hat er vorgetragen: Er werde durch den Bescheid vom 18. November 1986 in seinen Rechten verletzt. Sein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung ergebe sich aus der im Kaufvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung. Er selbst wie auch die Apothekerin N. seien gehindert gewesen, den Bescheid vom 18. November 1986 anzufechten, weil dann die St. … -Apotheke mit Ablauf des 6. Dezember 1986 hätte stillgelegt werden müssen. Aus der Verwendung des Wortes „erhält” in § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG ergebe sich eindeutig, daß der Gesetzgeber nur den Fall im Auge gehabt habe, daß der erbberechtigte Ehegatte nach dem Tode des Erblassers eine Betriebserlaubnis für eine andere Apotheke erhalte. Müßte der Kläger auf seine eigene Betriebserlaubnis verzichten, um die verwaiste Apotheke verpachten zu können, wäre dies ein verfassungswidriger Eingriff des Gesetzgebers in das Eigentum. Nicht der Mehrbesitz, sondern der Mehrbetrieb von Apotheken sei standespolitisch nicht gewollt.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat zur Begründung vorgetragen: Die Betriebserlaubnis sei nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 ApG zu versagen gewesen, weil die Apothekerin N. wegen der Nichtigkeit des Pachtvertrages nicht über die vorgeschriebenen Räume verfüge. Nur die Auslegung, daß ein Verpachtungsrecht nicht entstehe, solange der überlebende Ehegatte über eine Apothekenbetriebserlaubnis für eine andere Apotheke verfüge, werde dem Sinn der Vorschrift gerecht, das Leitbild vom Apotheker in seiner Apotheke sicherzustellen.
Das Verwaltungsgericht hat die Apothekerin N. zum Rechtsstreit beigeladen und der Klage mit Urteil vom 5. August 1987 im Hauptantrag stattgegeben. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Das Feststellungsinteresse folge aus der auflösenden Bedingung des Kaufvertrags. Der Kläger habe keine Verpflichtungsklage zur Erteilung einer Betriebserlaubnis an die Apothekerin N. erheben können, weil es um eine antragsabhängige Begünstigung gehe. Der Beklagte habe zu Unrecht die Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis versagt. Der Pachtvertrag habe nicht gegen § 9 Abs. 1 ApG verstoßen, weil der Ausnahmefall des § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG vorgelegen habe. Einer Auslegung, daß eine Verpachtung ausgeschlossen sein solle, wenn der überlebende erbberechtigte Ehegatte bereits vor dem Erbfall eine Apothekenbetriebserlaubnis habe, stehe aber Art. 14 GG entgegen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Er hat noch vorgetragen: Ein generelles Verpachtungsverbot sei sowohl mit Art. 12 GG als auch mit Art. 14 GG vereinbar, denn jede Verpachtung führe zu einer im Grunde unerwünschten Lockerung zwischen der Apotheke und dem Verpächter als Inhaber. Dem Kläger werde damit nicht einmal ein wirtschaftlicher Nachteil zugemutet. Beim Verkauf wie auch bei der Verpachtung werde für die Firma und ihren „good will” ein Entgelt erzielt.
Der Beklagte hat beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat das angefochtene Urteil verteidigt.
Nachdem der Kläger bezüglich der St. … -Apotheke das Rückkaufsrecht ausgeübt und die L. -Apotheke an die Apothekerin N. verkauft sowie die Apothekenräume nebst Teileinrichtung an sie vermietet hatte, hat ihm der Beklagte am 2. Oktober 1989 die Betriebserlaubnis für die St. … -Apotheke und der Apothekerin N. die Betriebserlaubnis für die L. -Apotheke erteilt.
Der Kläger hat noch vorgetragen: Sein Feststellungsinteresse sei nicht entfallen. Er habe Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten, weil der Beklagte der Apothekerin N. die Betriebserlaubnis für die St. … -Apotheke versagt habe. Es sei auch nicht ausgeschlossen, daß er bei einem Erfolg des Prozesses die L. -Apotheke wieder übernehmen und die St. … -Apotheke an die Apothekerin N. verpachten werde. Seine langfristige mietvertragliche Bindung an die Räume der L. -Apotheke seien ein Indiz für sein Feststellungsinteresse.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß mit dem Rückkauf der St. … -Apotheke das Feststellungsinteresse für die Klage entfallen sei.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Beiladung der Apothekerin N. durch Beschluß in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 1990 aufgehoben und durch Urteil vom 29. August 1990 das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Der Hauptantrag sei unzulässig, weil dem Kläger ein Feststellungsinteresse fehle. Ein Amtshaftungsprozeß wäre mangels Verschuldens des Beklagten offensichtlich aussichtslos. Der Hilfsantrag sei zulässig, aber unbegründet. Unter Berücksichtigung der eingetretenen Rechtsänderüngen sei der Hilfsantrag dahin zu verstehen, daß der Kläger die Feststellung begehre, neben der von ihm selbst betriebenen Apotheke eine weitere ihm gehörende Apotheke verpachten, zu dürfen. Dafür komme nach der gegenwärtigen Rechtslage nur die L. -Apotheke in Betracht. Der Kläger habe die Möglichkeit, den mit der Apothekerin N. geschlossenen Überlassungsvertrag aufzulösen und in ein Pachtverhältnis umzuwandeln, vorausgesetzt, daß ihn § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG daran nicht hindere. Der Feststellungsantrag habe jedoch keinen Erfolg, weil der Kläger bei Eintritt des Erbfalls bereits eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 2 ApG besessen habe. Der vorliegende Fall werde zwar von § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG nicht erfaßt; auf ihn sei aber diese Vorschrift entsprechend anzuwenden. Die in § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG zugelassene Verpachtung beruhe auf dem Gedanken des Schutzes der Familie. Auf eine Existenzsicherung sei der Erbe nicht angewiesen, der bereits vor dem Erbfall eine Apothekenbetriebserlaubnis erhalten habe. Die Beschränkung in der Berufsausübung rechtfertige sich aus der Grundentscheidung des Apothekengesetzes, die nicht nur durch einen Mehrbesitz von Apotheken, sondern auch durch eine uneingeschränkte Verpachtung von Apotheken gefährdet sei. Auch Art. 14 GG werde durch § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG nicht verletzt.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Er trägt vor:
Das Berufungsgericht habe das Feststellungsinteresse für den Hauptantrag zu Unrecht verneint, weil dem Kläger auch ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff zustehe. Das Feststellungsinteresse bezüglich des Hilfsantrages beziehe sich auch auf die St. … -Apotheke, denn die prozeßbedingte Transaktion habe dazu geführt, daß der Kläger ausnahmsweise sein Recht aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG nicht verloren habe. Das Berufungsurteil verletze § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG. Die Erlaubnis im letzten Halbsatz der Vorschrift beziehe sich auf die Apotheke, die der verstorbene Ehegatte innegehabt habe. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liege keine Regelungslücke vor. Die Privilegierung der Hinterbliebenen sei nicht von einer Versorgungsbedürftigkeit abhängig. Eine Erweiterung des Verpachtungsverbotes über den Wortlaut des Apothekengesetzes hinaus müsse am Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG scheitern; auch der Gleichheitsgrundsatz wäre verletzt, denn es wäre kein Grund, einen hinterbliebenen Apothekeninhaber schlechter zu behandeln als Hinterbliebene anderer Berufsgruppen.
Er beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 29. August 1990 aufzuheben und festzustellen, daß der Kläger nach dem Tode seiner Ehefrau und vor der Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis an ihn berechtigt war, die St. … -Apotheke zu verpachten.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor: Dem Feststellungsantrag fehle das Feststellungsinteresse. Für einen enteignungsgleichen Eingriff genüge ein bloßes rechtswidriges Unterlassen nicht. Gegen das Feststellungsinteresse spreche auch, daß der Kläger nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, den gegen die Apothekerin N. ergangenen Bescheid anzufechten. Der anwaltlich vertretene Kläger habe seinen Antrag eindeutig auf die St. … -Apotheke beschränkt, worüber das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 88 VwGO hinweggegangen sei. Im Ergebnis seien allerdings die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts richtig. Eine Ungleichbehandlung des hinterbliebenen Apothekeninhabers, der von seiner Frau eine weitere Apotheke erbe, gegenüber sonstigen hinterbliebenen Ehegatten liege nicht vor, da diese keine andere Apotheke betrieben.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren. Er hält das Berufungsurteil für richtig.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht der Feststellungsklage im Ergebnis den Erfolg versagt.
Der in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat formulierte Klageantrag festzustellen, daß der Kläger seinerzeit – nach dem Tode seiner Ehefrau und vor der Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis an ihn – berechtigt war, die ererbte St. … -Apotheke zu verpachten, ist keine Klageänderung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – BVerwG 3 C 25.84 – Buchholz 451.74 § 8 Nr. 7). Mit dieser Formulierung stellt er klar, daß er an seinem ursprünglichen Klagebegehren, seine Verpachtungsberechtigung bezüglich der St. … -Apotheke nach dem Erbfall festzustellen, festhält, auf eine gerichtliche Klärung der neuen Rechtslage aber – nämlich nach Ausübung des Rückkaufsrechts und nach Erteilung der Betriebserlaubnis für die St. … -Apotheke an ihn – keinen Wert legt.
Wenn das Berufungsgericht meint, den im Berufungsurteil im Wortlaut wiedergegebenen Hilfsantrag – „festzustellen, daß der Kläger berechtigt ist, die St. … -Apotheke zu verpachten” – dahin auslegen zu können, daß nicht die St. … -Apotheke, sondern die L. -Apotheke gemeint sei, so liegt darin zwar ein Verstoß gegen § 88 VwGO, der aber eine Entscheidung des Senats in der Sache selbst nicht hindert, weil die im Berufungsurteil festgestellten Tatsachen ausreichen, die Sach- und Rechtslage bezüglich der St. … -Apotheke für die Vergangenheit abschließend zu beurteilen.
Die Verpachtungsberechtigung bezüglich einer bestimmten Apotheke in einer bestimmten Situation – nämlich hier nach Erbfall – kann Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO sein; sie ist Teil des Rechtsverhältnisses, das zwischen dem Inhaber der Apotheke und dem Staat besteht; daß dieser Teil nach der Erteilung der Betriebserlaubnis für die St. … -Apotheke an den Kläger nunmehr der Vergangenheit angehört, steht seiner Feststellung nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1955 – BVerwG II C 27.54 – BVerwGE 2, 229, 230; Urteil vom 10. Mai 1984 – BVerwG 3 C 68.82 – Buchholz 310 § 42 Nr. 123).
Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags scheitert nicht an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO, denn der Kläger hätte seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage nicht verfolgen können. Weder das Apothekengesetz noch eine sonstige rechtliche Bestimmung sehen ein Verfahren vor, das die Anerkennung oder Zuerkennung der Verpachtungsberechtigung bezüglich einer Apotheke zum Gegenstand hat. Der Pachtvertrag über eine Apotheke bedarf – anders als noch nach dem Gesetz über die Verpachtung und Verwaltung öffentlicher Apotheken vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1445) – keiner behördlichen Genehmigung. Die Verpachtungsberechtigung wird lediglich im Verfahren auf Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis an den Pächter geprüft. Diese Prüfung herbeizuführen ist aber allein der Pächter in der Lage. Nur er bedarf der Erlaubnis (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ApG); nur er kann sie beantragen (Schiedermair/Pieck, Kommentar zum Apothekengesetz, 3. Aufl. 1981, RdNr. 85 zu § 9). In diesem Verfahren ist dem Verpächter keine Rechtsposition eingeräumt; er hat insbesondere keinen Anspruch auf Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis an den Pächter. Das läßt sich aus dem persönlichen Bezug der Erlaubnis (vgl. § 2 Abs. 1 ApG) und den mit ihr verbundenen Pflichten des Erlaubnisinhabers (§ 7 Satz 1 ApG) mühelos erkennen. Kann der Kläger seine Berechtigung zur Verpachtung nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage gegen die Behörde klären lassen, so kann ihm auch nicht die Bestandskraft des Bescheides entgegengehalten werden, mit dem der Beklagte der Apothekerin N. die beantragte Apothekenbetriebserlaubnis für die St. … -Apotheke im Hinblick auf den seiner Meinung nach gesetzwidrigen und damit nichtigen Pachtvertrag abgelehnt hatte.
Der Kläger hat auch das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung dieses Rechtsverhältnisses, denn er will den Beklagten wegen der gescheiterten Verpachtung der St. … -Apotheke auf Ersatz in Anspruch nehmen. Es mag zwar sein, daß Amtshaftungsansprüche – wie das Berufungsgericht meint – wegen fehlenden Verschuldens des Beklagten nicht in Betracht kommen; daß aber auch ein Ersatzanspruch aus enteignungsgleichem Eingriff ebenso aussichtslos erscheint, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen; jedenfalls ist dies nicht offensichtlich. Würde sich herausstellen, daß das Gesetz die Verpachtungsberechtigung des Klägers nicht einschränkt, so hätte der Kläger durch das in einem Bescheid zum Ausdruck gekommene rechtswidrige Verhalten des Beklagten möglicherweise eine Einbuße an seinem Eigentum erlitten, die auszugleichen wäre (vgl. im einzelnen: Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 4. Aufl., 1991, § 24 S. 200 ff.).
Die Begründung des Feststellungsinteresses mit dem Hinweis auf die Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, wird im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage von der Rechtsprechung generell für ausreichend gehalten. Will nämlich jemand wegen eines rechtswidrigen ihn belastenden oder ihm versagten begünstigenden Verwaltungsaktes Ersatzansprüche gegen die öffentliche Hand geltend machen, so kann er nicht sofort die ordentlichen Gerichte anrufen, sondern muß zunächst versuchen, im Wege des Primärrechtsschutzes die Belastung durch Klage bei den Verwaltungsgerichten zu beseitigen. Erst wenn diese unmittelbare Belastung nicht mehr fortbesteht, sei es, daß der belastende Verwaltungsakt vom Verwaltungsgericht aufgehoben worden ist, sei es, daß er sich auf sonstige Weise erledigt hat, können im Wege des sekundären Rechtsschutzes Ersatzansprüche, bei den ordentlichen Gerichten mit Aussicht auf Erfolg eingeklagt werden (vgl. BVerfG, Beschluß vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300, 324). Erledigt sich der belastende Verwaltungsakt während des Verwaltungsprozesses, dann sieht die Rechtsprechung ein schutzwürdiges Interesse des Klägers darin, ihm die Früchte des bisherigen – notwendigen – Prozessierens zu erhalten; der bisherige Aufwand soll nicht vertan sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1989 – BVerwG 8 C 30.87 – BVerwGE 81, 226 = Buchholz 310 § 73 Nr. 30).
Für die anhängige Feststellungsklage gilt wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles nichts anderes. Zwar weist der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in dem eben genannten Urteil vom 20. Januar 1989 darauf hin, daß die Absicht, eine Amtshaftungsklage zu erheben, kein schutzwürdiges Interesse an einer verwaltungsgerichtlichen Klage mit dem Ziel begründet, die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes festzustellen, wenn sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat. In der Tat ist in einem solchen Falle dem Kläger der Weg zu den ordentlichen Gerichten sogleich eröffnet, einer vorgängigen verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es nicht. Anders ist die Lage aber im vorliegenden Falle: Hier hat eine Erledigung vor Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage nicht stattgefunden, vielmehr dauerte die – angeblich rechtswidrige – Beeinträchtigung des Eigentums an der Apotheke durch das Bestreiten der Verpachtungsberechtigung weiter an, so daß der Kläger jedenfalls nicht ausschließen konnte, bei einem sofortigen Beschreiten des ordentlichen Rechtsweges mit dem Einwand konfrontiert zu werden, nicht das Notwendige zur Abwendung des sich durch Zeitdauer vergrößernden Schadens getan zu haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1984 – III ZR 216/82 – BGHZ 90, 17, 31 ff.), – und sei es auch durch eine verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage. Dem Kläger ging es mit seiner Feststellungsklage um den primären Rechtsschutz; er wollte die Verpachtung erreichen, die er vor den ordentlichen Gerichten nicht erstreiten kann. Erst mit der Erledigung dieses Begehrens durch die Übernahme der St. … -Apotheke sieht er sich auf die Geltendmachung von Ausgleichs- und Ersatzansprüchen beschränkt.
Die Feststellungsklage ist aber unbegründet, weil der Kläger nicht berechtigt war, die St. … -Apotheke zu verpachten. Als Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung kommt nur § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG in Betracht, der sich aber auf den Kläger als nicht anwendbar erweist. Nach dieser Vorschrift ist die Verpachtung einer Apotheke zulässig „durch den überlebenden erbberechtigten Ehegatten bis zu dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung, sofern er nicht selbst eine Erlaubnis gemäß § 1 erhält”.
Der Kläger kann sich auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG nicht berufen, denn er hatte während des gesamten hier zur Beurteilung stehenden Zeitraums – also vom Tode seiner Ehefrau und bis zur Erteilung der Betriebserlaubnis für die St. Apotheke an ihn – bereits eine „Erlaubnis gemäß § 1”, nämlich die für die L. -Apotheke. Schon der Wortlaut dieser Vorschrift ergibt, daß jede derartige Erlaubnis genügt, die Verpachtungsberechtigung auszuschließen, gleichgültig auf welche Apotheke sie sich bezieht. Während in § 9 Abs. 1 Nr. 1 ApG von dem Besitze „der” Erlaubnis – also einer bestimmten, nämlich der für die zu verpachtende Apotheke – die Rede ist, verwendet § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG in diesem Zusammenhang den unbestimmten Artikel und spricht von „einer” Erlaubnis gemäß § 1. Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG, so wie sie sich aus seiner systematischen Stellung und seinem Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des Gesetzes ergeben, führen ferner zu der Auslegung, daß schon das schlichte Innehaben „einer Erlaubnis gemäß § 1” im Zeitpunkt der Verpachtung die Verpachtung hindert, gleichgültig, ob sie vor oder nach dem Erbfall erteilt worden ist.
Die systematische Stellung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG läßt ihren Ausnahmecharakter erkennen. Grundsätzlich ist die Verpachtung einer Apotheke nach dem Apothekengesetz unzulässig; das wird im Einleitungshalbsatz des § 9 Abs. 1 ApG klar ausgesprochen, indem die Verpachtung „nur” in den einzeln aufgezählten Fällen für zulässig erklärt ist, sonst also nicht. Die Aufzählung in § 9 Abs. 1 ApG ist allerdings wegen der Übergangsbestimmungen (§§ 26 ff. ApG) nicht ganz vollständig. Für das neue Recht aber bleibt es dabei, daß „nur” dann eine Verpachtung erfolgen darf, wenn der Verpächter zum Personenkreis des § 9 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 ApG gehört.
Der Aufbau und die Struktur der Nummer 3 des § 9 Abs. 1 ApG ergibt insoweit nichts anderes. Die durch sie vorgenommene Umschreibung und damit Beschränkung des. Kreises der verpachtungsberechtigten Apothekeninhaber wird im. letzten Halbsatz der Nummer 3 ihrerseits eingeschränkt, ohne daß sich deshalbsagen ließe, daß dieser Halbsatz seinerseits eine „Ausnahme” darstellt. Er ist – wie die übrigen Begriffe des § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG – lediglich ein Element zur begrifflichen Abgrenzung der Verpachtungsberechtigten und gibt zusammen mit den übrigen Begriffen eine einheitliche Umschreibung dieses Personenkreises. Das heißt,: Es läßt sich zwar feststellen, daß das Verpachtungsverbot und die Bestimmung des Kreises derjenigen, die – vom Verbot nicht betroffen – verpachtungsberechtigt sind, im Regel-Ausnahme-Verhältnis stehen; es läßt sich aber nicht sagen, daß die syntaktischen Teile der Vorschrift, die der Abgrenzung des Kreises der Verpachtungsberechtigten selbst dienen – also die Nennung des „überlebenden erbberechtigten Ehegatten bis zu dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung” einerseits und der Vorbehalt „sofern er nicht selbst eine Erlaubnis gemäß § 1 erhält” andererseits –, ihrerseits auch wieder im Verhältnis der Regel – nämlich Kreis der Verpachtungsberechtigten – zur Ausnahme – Kreis der Erlaubnisinhaber – zueinander stünden. Ob dieser syntaktische Aufbau der Vorschrift für die Beweislastverteilung von Bedeutung ist, kann offenbleiben, denn sie spielt im vorliegenden Fall keine Rolle.
Die Beschränkung der Verpachtungsberechtigung auf Ausnahmefälle entspricht dem Leitbild des Gesetzgebers vom „Apotheker in seiner Apotheke” (vgl. BVerfG, Urteil vom 13. Februar 1964 – 1 BvL 17/61, 1 BvR 494/60, 128/61 – BVerfGE 17, 232, 240). Das Bundesverfassungsgericht entfaltet den Gedanken vom „Apotheker in seiner Apotheke” an jener Stelle dahin, daß der Gesetzgeber die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe im Dienste der Volksgesundheit am besten dann für gewährleistet halte, wenn die allseitige Verantwortung für den Betrieb der Apotheke in einer Hand liege, wenn der Apotheker auch Eigentümer der Apotheke und auf den Betrieb einer Apotheke beschränkt sei.
Dieses Leitbild des Gesetzgebers, vom „Apotheker in seiner Apotheke” hat vor allem in § 7 ApG seinen Niederschlag gefunden, wonach die Erlaubnis zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung verpflichtet, und in § 3 Nr. 5 ApG, wonach die Erteilung einer – neuen – Erlaubnis eine bereits erteilte Erlaubnis zum Erlöschen bringt. Mit diesen Regelungen verhindert das Apothekengesetz das Innehaben zweier Erlaubnisse und damit auch das Leiten zweier Apotheken. Das Leitbild kommt auch in weiteren Vorschriften zum Ausdruck, so etwa in § 8 ApG, der Beteiligungen an einer Apotheke grundsätzlich verbietet.
Geht man von den in den genannten gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gelangenden Zielvorstellungen aus, so wird deutlich, daß das Apothekengesetz nicht nur die Leitung mehrerer Apotheken durch einen einzigen Apotheker verbietet, sondern wegen der erstrebten Eigenverantwortlichkeit des Apothekers schon den Mehrbesitz von Apotheken in einer Hand zu vermeiden sucht und deshalb auch die Verpachtung einer Apotheke unter enge Voraussetzungen stellt sowie weiteren Beschränkungen unterwirft. Daß es um die Eigenverantwortlichkeit des Apothekeninhabers geht und von daher auch die Vorschriften über die Verpachtung interpretiert werden müssen, zeigt § 9 Abs. 2 ApG, wonach der Pächter einer „Erlaubnis nach § 1” – also mit allen Rechten und Pflichten – bedarf, wohingegen für die Dauer der Verpachtung auf die Erlaubnis des Verpächters § 7 Satz 1 ApG – die Verpflichtung zur persönlichen Leitung – keine Anwendung findet (§ 9 Abs. 3 ApG). Daß die Verpachtungsberechtigung als Zugeständnis aufgefaßt wird, zeigt auch § 9 Abs. 2 Satz 2 ApG, wonach der Pachtvertrag die berufliche Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit des pachtenden Apothekers nicht beeinträchtigen darf. Vor allem aber sieht das Apothekengesetz vor, daß das Pachtverhältnis beendet wird, sobald das unabweisbare Bedürfnis für seine Begründung nicht mehr gegeben ist. Die Erlaubnis des Pächters ist – d.h. also ohne Rücksicht auf die Verhältnisse des Einzelfalles – zu widerrufen, sobald die Verpachtungsberechtigung des Verpächters weggefallen ist (§ 9 Abs. 4 ApG). Beim Tod des Verpächters vor Ablauf der Pachtzeit kann.„zur Vermeidung unbilliger Härten für den Pächter” zugelassen werden, daß das Pachtverhältnis für die Dauer von höchstens zwölf Monaten fortgesetzt wird (§ 9 Abs. 1 a ApG).
Wird § 9 Abs. 1 ApG insgesamt in den Blick genommen, so zeigt sich, daß die Voraussetzungen einer Verpachtung so gestaltet worden sind, daß regelmäßig ein Mehrbesitz an Apotheken nicht entstehen kann. Dort, wo der Gesetzgeber mit dem Vorliegen einer Erlaubnis rechnen muß, nämlich bei der Verpachtung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ApG durch Apotheker, die zur Führung ihrer Apotheke nicht mehr in der Lage sind, greift § 3 Nr. 5 ApG ein: wird dem Apotheker, der seine Apotheke verpachtet hat, für eine andere Apotheke eine Erlaubnis erteilt, so erlischt seine Erlaubnis für die verpachtete Apotheke (vgl. § 9 Abs. 3 i.V.m. § 3 Nr. 5 ApG) mit der Folge, daß dem Pächter wegen nachträglichen Wegfalls einer der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 ApG die Erlaubnis zu widerrufen ist (§ 9 Abs. 4 ApG). Hat er allerdings die Verpachtung erst vorgenommen, nachdem ihm wegen Gebrechlichkeit die Erlaubnis oder die Approbation widerrufen war, bedarf er zwar zur Verpachtung keiner Erlaubnis; er erhält dann aber auch keine weitere mehr, weil er die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr erfüllt. Daraus ergibt sich, daß ein Mehrbesitz von Apotheken – von den Überleitungsfällen des § 26 ApG abgesehen – durch die Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ApG nicht ermöglicht wird.
Auch die Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ApG kann nicht zum Einfallstor für den fortdauernden Mehrbesitz von Apotheken werden. Danach dürfen nach dem Tode eines Erlaubnisinhabers seine erbberechtigten Kinder bis zu dem Zeitpunkt, in dem das jüngste der Kinder das 23. Lebensjahr vollendet, die Apotheke verpachten; ergreift eines dieser Kinder vor Vollendung des 23. Lebensjahres den Apothekerberuf, so kann die Frist auf Antrag verlängert werden, bis es in seiner Person die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis erfüllen kann. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, daß vor Vollendung des 23. Lebensjahres die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis kaum gegeben sein werden. Die zeitliche Limitierung der Verpachtungsberechtigung schließt zumindest de facto fortdauernden Mehrbesitz an Apotheken aus. Die auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 ApG gegründete Verpachtungsberechtigung ist allerdings nicht davon abhängig, ob eines der erbenden Kinder seinerseits bereits eine Erlaubnis für eine andere Apotheke hat oder erhält, denn die Versorgung des Jüngsten ist nicht dadurch gesichert, daß eines seiner älteren Geschwister bereits Apotheker mit eigener Apotheke ist. Damit kommt ein weiterer Grundsatz zum Ausdruck, von dem sich der Gesetzgeber bei der Regelung der Verpachtung leiten ließ: der Versorgungsgedanke. Die Apotheke soll den Unterhaltsberechtigten des Apothekeninhabers als Verpachtungsobjekt und damit als Lebensgrundlage erhalten bleiben, freilich zeitlich nicht unbeschränkt. Der Nebenaspekt der Regelung, der Familie des verstorbenen Erlaubnisinhabers die Chance zu eröffnen, die – eine – Apotheke im Familienbesitz zu halten, bis das jüngste Kind nachgewachsen ist, hat die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ApG ersichtlich nur insoweit beeinflußt, daß die Versorgung selbst nicht zum Tatbestandsmerkmal gemacht worden ist.
Folgt aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ApG, daß der Versorgungsgedanke in bezug auf den Apotheker selbst oder seine Familie die Grundlage der Verpachtungsberechtigung bildet, und zwar ohne dadurch die Möglichkeit zum fortdauernden Mehrbesitz von Apotheken zu eröffnen, so liegt es nahe, diese Grundkonzeption auch in § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG verwirklicht zu sehen. Es ist kein durchgreifender Gesichtspunkt ersichtlich, daß der Gesetzgeber zwar den Mehrbesitz an Apotheken vermeiden, die Begründung dieses Mehrbesitzes durch Erbgang aber zulassen wollte. Die Grundkonzeption des § 9 Abs. 1 ApG kommt in seiner Nummer 3 ohnedies deutlich zum Ausdruck, wie das Abstellen auf die Wiederverheiratung zeigt, was ohne den Versorgungsgedanken sinnlos wäre, und wie auch der Vorbehalt andeutet, „sofern er” – der erbberechtigte Ehegatte – „nicht selbst eine Erlaubnis gemäß § 1 erhält”. Beide Kautelen sind dahin zu verstehen, daß die Verpachtungsberechtigung entfällt, sobald Anzeichen vorliegen, die regelmäßig auf eine Versorgung schließen lassen. Das ist nach der – möglicherweise etwas veralteten – Auffassung des Gesetzgebers dann der Fall, wenn der Ehegatte sich verheiratet hat, aber auch dann, wenn der Ehegatte die zu verpachtende Apotheke selbst betreiben kann. Das letztere ist konsequent, denn wenn die Verpachtung die Versorgung sichern soll, dann muß das Selbstbetreiben der Apotheke erst recht diesen Effekt haben. Auf eine materielle Sicherung der Versorgung wird freilich, was der Kläger durchaus richtig sieht, nicht abgestellt, denn auch ein versorgter Ehegatte – beispielsweise ein Beamter – ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG verpachtungsberechtigt.
Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, den Begriff „erhält” in § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG als schlichtes Innehaben einer Erlaubnis im Zeitpunkt der Verpachtung zu verstehen, denn derjenige Ehegatte, der eine „Erlaubnis gemäß § 1” bereits beim Erbfall – für eine andere Apotheke – hatte, ist ebenso wie derjenige, der sie später „erhält”, jederzeit in der Lage, eine Erlaubnis für die ererbte Apotheke zu erlangen, freilich verbunden mit dem auch im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ApG nach § 3 Nr. 5 ApG automatisch eintretenden Verlust der Erlaubnis, die er bis dahin innehatte.
Daß die Beschränkung der Verpachtungsberechtigung nicht gegen die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG verstößt, ist vom Bundesverfassungsgericht im ersten Apothekenurteil (Urteil vom 11. Juni 1958 – 1 BvR 596/56 – BVerfGE 7, 377, 438) bereits angedeutet und später im Urteil vom 13. Februar 1964 (1 BvL 17/61, 1 BvR 494/60, 128/61 – BVerfGE 17, 232, 246) im Hinblick auf die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ApG klar ausgesprochen worden. Im Falle des § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG kann bezweifelt werden, ob überhaupt die Berufsfreiheit tangiert wird, denn die eigentliche Berufsausübung – das Betreiben der Apotheke – wird von dieser Beschränkung nicht erfaßt.
Aber auch wenn man das Verbot, die zweite Apotheke zu verpachten, als Annexregelung zum Betreiben der ersten Apotheke auffaßt, also von daher einen Zusammenhang mit der Berufsfreiheit herstellt, ist es verfassungsrechtlich unbedenklich. In seinem zweiten Apothekenurteil vom 13. Februar 1964 (1 BvL 17/61, 1 BvR 494/60, 128/61 – BVerfGE 17, 232, 243) billigt das Bundesverfassungsgericht nämlich die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ApG i.V.m. § 3 Nr. 5 ApG ausdrücklich mit dem Argument, daß sonst „die Gefahr einer allmählich sich bildenden Konzentration im Apothekenwesen nicht auszuschließen” sei und der selbständige Apotheker mehr und mehr zurückgedrängt, die Schicht der angestellten Apotheker wachsen würde. „Mit diesen Erwägungen” – so beschließt das Bundesverfassungsgericht seine Argumentation zu diesem Punkte – „erledigt sich zugleich der Einwand, daß den Forderungen der Gesundheitspolitik Genüge getan sei, wenn jede Apotheke von einem approbierten Apotheker geleitet werde, gleichviel ob er Inhaber, Pächter oder Angestellter sei” (a.a.O. S. 244). Ausgehend von dieser Überlegung ist eine Regelung, die die Verpachtung von Apotheken einschränkt und zu ihrem Verkauf nötigt – wie die des § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG – im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht zu beanstanden. Auch der Schutzbereich des Art. 14 GG ist nicht verletzt, denn es handelt sich bei diesem Verpachtungsverbot um eine Bestimmung von Inhalt und Grenzen des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die in ihrem gesundheitspolitischen Ziel, die Zahl der selbständigen Apotheker zu Lasten der Zahl der Pächter zu stärken, auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beruht.
Den Begriff „erhält” in § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG dahin auszulegen, daß das Innehaben irgendeiner Apothekenbetriebserlaubnis im Zeitpunkt der Verpachtung ausreicht, um die Verpachtungsberechtigung auszuschließen, entspricht dem Gleichheitssatz eher als eine Auslegung, die den Begriff „erhält” in § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG rein zeitlich auffaßt, dergestalt daß nur eine nach dem Erbfall erworbene Betriebserlaubnis der Verpachtungsberechtigung entgegensteht. Die Differenzierung entbehrt der sachlichen Rechtfertigung, daß derjenige, der vor dem Erbfall bereits eine Apotheke mit Betriebserlaubnis hatte und dann – wie der Kläger – durch Erbfall eine weitere dazu bekommt, sie behalten und verpachten darf, daß aber derjenige, der erst die ererbte Apotheke bekommt und dann eine weitere erwirbt, eine von beiden veräußern muß, obwohl in beiden Fällen der Erbe – wenn er nur wollte – die ererbte Apotheke betreiben könnte.
Der Gleichheitssatz wird durch das gewonnene Auslegungsergebnis auch nicht dadurch verletzt, daß die Anwendung der einzelnen Nummern des § 9 Abs. 1 ApG einen Mehrbesitz nicht, in jedem Falle zuverlässig ausschließt. So ist es möglich, daß ein noch nicht dreiundzwanzigjähriges Kind seine beiden Elternteile verliert, die jeder für sich eine Apotheke hatten. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ApG hindert nicht die Verpachtung beider Apotheken. Denkbar ist auch, daß eine mit einem Apothekeninhaber verheiratete noch nicht Dreiundzwanzigjährige Witwe wird und zudem von ihren Eltern eine Apotheke erbt. Diese Fälle fallen aber derart aus jeder Typik heraus, daß sie der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz unberücksichtigt lassen durfte. Sie geben im übrigen auch keinen Hinweis darauf, daß der Gesetzgeber die Verhinderung des Mehrbesitzes an Apotheken nicht ernst genommen hätte.
Auch der Vergleich zwischen dem erbenden Apotheker und dem erbenden Nichtapotheker, auf den der Kläger abstellt, vermag einen Verstoß der hier gefundenen Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 ApG gegen den Gleichheitssatz nicht aufzuzeigen. Das Gesetz selbst stellt auf diese Unterscheidung – Apotheker und Nichtapotheker – nicht ab, denn hatte der erbende Apotheker bisher keine Apothekenbetriebserlaubnis, so kann er wie ein Nichtapotheker die ererbte Apotheke verpachten, sein erlernter Beruf hindert ihn daran nicht. Lediglich dann, wenn er bereits eine Apothekenbetriebserlaubnis hat und – sieht man von dem Ausnahmefall des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ApG ab – mithin eine Apotheke betreibt, ist er zur Verpachtung nicht berechtigt. Dann unterscheidet er sich aber auch in einem gravierenden Punkte vom erbenden Nichtapotheker. Würde man ihm nämlich dann noch die Verpachtungsberechtigung zuerkennen, so würde der Gesetzgeber den Grundsatz, Mehrbesitz an Apotheken zu vermeiden, gewollt durchbrechen; denn für diese Fälle würde er Mehrbesitz an Apotheken zulassen, während bei einem Nichtapotheker, der eine Apotheke erbt, nur in völlig atypischen Fällen ein Mehrbesitz an Apotheken eintreten würde, nämlich wenn er bereits zuvor eine Apotheke ererbt hatte. Allgemein dem erbenden Ehegatten die Verpachtungsmöglichkeit – gleichgültig, ob er-Apotheker oder Nichtapotheker ist – zu nehmen, könnte aus Versorgungsgründen zu Härten führen, die jedenfalls in dieser Beziehung bei demjenigen, der bereits eine Apothekenbetriebserlaubnis hat – und sei es auch für eine wenig rentable Apotheke –, nicht auftreten: ihm kann nämlich die Versorgung aus der ererbten Apotheke nicht genommen werden, weil er jederzeit die Betriebserlaubnis für die von ihm bisher geführte Apotheke aufgeben und für die ererbte Apotheke erwerben kann.
Ebensowenig kann aus § 26 ApG ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz hergeleitet werden. Aus dieser Vorschrift ergibt sich allerdings, daß mehrere Erlaubnisse nebeneinander bestehen können und damit Mehrbesitz an Apotheken eintreten kann. Der Gleichheitssatz wird gleichwohl nicht verletzt, weil die Rücksichtnahme auf bereits begründete Rechte – nämlich die nach dem alten Recht erworbenen Konzessionen – sachlich zumindest vertretbar ist.
Schließlich erweist sich das angefochtene Urteil auch nicht deshalb als fehlerhaft, weil das Berufungsgericht die Beiladung der Apothekerin N durch das Verwaltungsgericht aufgehoben hat. Ein Fall der notwendigen Beiladung liegt nicht vor (§ 65 Abs. 2 VwGO); die Apothekerin N. ist an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht beteiligt. Gestritten wird um die Verpachtungsberechtigung des Klägers, nicht aber um die – gesetzlich nicht vorgesehene – Genehmigung des mit der Apothekerin N. geschlossenen Pachtvertrages.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Dickersbach, Sommer, van Schewick, Dr. Pagenkopf, Dr. Borgs-Maciejewski
Fundstellen