Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzvermögen. kommunales Finanzvermögen. Kleingartenwesen. Vereinshaus. öffentlich zugängliche Gaststätte. Mischnutzung. Nutzung
Leitsatz (amtlich)
Die von einer Gemeinde ermöglichte Nutzung eines Anwesens als Vereinshaus eines Kleingartenvereins dient einem Zweck, der eine Zuordnung als kommunales Finanzvermögen rechtfertigt.
Diente das Vereinshaus zugleich als öffentlich zugängliche Gaststätte, so hängt die Zuordnung davon ab, welcher Nutzungsanteil überwog. Bei einer gemischt genutzten Gaststätte kommt es insoweit vor allem darauf an, ob die Gäste, Konsumenten oder Käufer in ihrer Mehrzahl einen Vereinsbezug aufwiesen oder nicht.
Normenkette
EV Art. 22 Abs. 1 S. 1 i.V.m; VZOG § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 4
Verfahrensgang
VG Leipzig (Entscheidung vom 11.04.2000; Aktenzeichen 2 K 908/97) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 11. April 2000 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Zuordnung eines in Leipzig gelegenen Grundstücks.
Als Eigentümer des streitbefangenen Grundstücks war seit 1934 ein Kleingartenverein im Grundbuch eingetragen. 1972 bzw. 1973 ging das Grundstück in „Eigentum des Volkes” über; Rechtsträger wurde der VEB Gebäudewirtschaft Leipzig.
Das annähernd 1 700 qm große Grundstück liegt innerhalb einer Kleingartenanlage und ist seit 1934 mit einem Vereinshaus bebaut. In dem Gebäude befinden sich eine Gaststätte mit Kegelbahn einschließlich diverser Nebenräume sowie eine Wohnung. Die Gaststätte war zum 3. Oktober 1990 durch den Kleingartenverein an einen privaten Pächter vermietet. In dem Vereinshaus befanden sich neben den Gaststättenräumen die Büroräume des Vereinsvorstandes nebst Nebenräumen, eine Wohnung sowie Abstellräume des Vereins. Im Vereinshaus fanden 1989/1990 sowohl vereinsinterne Veranstaltungen (Mitgliederversammlungen, Vorstandssitzungen u.a.) wie auch gemischte und vereinsfremde Veranstaltungen (Sommer- und Wohngebietsfest, Veranstaltungen anderer Vereine, Familienfeiern u.a.) statt. Der Pachtzins in Höhe von 320 DM/Monat wurde vom Verein zur Erhaltung des Vereinshauses und der Vereinsanlagen vereinnahmt.
Mit Bescheid vom 21. Mai 1997 ordnete die Beklagte das Grundstück der Beigeladenen zu und lehnte den Zuordnungsantrag der Klägerin ab. Es handele sich weder um kommunales Verwaltungs- noch um kommunales Finanzvermögen, weil der Betrieb einer Gaststätte zur erwerbswirtschaftlichen Betätigung gehöre.
Im Klageverfahren hat die klagende Stadt geltend gemacht, die Nutzung des Grundstücks als Vereinsheim eines Kleingartenvereins erfülle den Zuordnungstatbestand des Art. 22 Abs. 1 EV (Finanzvermögen). Sie hat beantragt, den Bescheid aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das streitgegenständliche Grundstück ihr zuzuordnen.
Mit Urteil vom 11. April 2000 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Klägerin könne das Grundstück weder nach Art. 21 Abs. 1 noch nach Art. 22 Abs. 1 EV beanspruchen, denn es handele sich dabei weder um kommunales Verwaltungs- noch um kommunales Finanzvermögen. Dies folge daraus, dass das Grundstück am 3. Oktober 1990 vorrangig erwerbswirtschaftlich genutzt worden sei und somit nicht Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung gedient habe. Der streitbefangene Vermögensgegenstand werde maßgeblich durch das aufstehende Gebäude, das zum überwiegenden Teil als Gaststätte genutzt werde, geprägt. Allerdings seien Kleingartenanlagen grundsätzlich dem kommunalen Finanzvermögen zuzuordnen. Bei der Zuordnung des streitbefangenen Grundstücks komme es auf die tatsächliche Nutzung zum Stichtag 3. Oktober 1990 an. Die erwerbswirtschaftliche Zweckbestimmung des Vereinshauses werde nicht dadurch infrage gestellt, dass der Kleingartenverein einzelne Räume des aufstehenden Gebäudes für seine Zwecke genutzt habe. Es überwiege die Nutzung des Vereinshauses durch den privaten Pächter zum Betrieb einer Gaststätte. Unerheblich sei, dass der vom Gastwirt zu zahlende Pachtzins ausschließlich dem Kleingartenverein und nicht der Klägerin zugute gekommen sei. Soweit das Vereinshaus für andere als der Gastwirtschaft dienende Zwecke benutzt worden sei, sei davon auszugehen, dass derartige Nutzungen vergleichsweise selten und nicht vorrangig waren. Dem stehe nicht entgegen, dass das Vereinshaus regelmäßig auch durch den Kleingartenverein mit benutzt worden sei und dass es zu den Aufgaben der Klägerin gehöre, Kleingartenvereine zu fördern.
Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Revisionsbegründung der Klägerin ist am 13. Oktober 2000 – einen Tag nach Fristablauf – beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen. Die Klägerin hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung ein Versehen der zuverlässigen und richtig angewiesenen Sekretärin bei der Postabsendung glaubhaft gemacht.
Die Revision begründet die Klägerin wie folgt:
Für die Zuordnung als kommunales Finanzvermögen komme es nicht allein auf die Nutzung, sondern auch auf die von der Kommune getroffene Zweckbestimmung an. Eine erwerbswirtschaftliche Nutzung des Vermögenswertes sei unschädlich, wenn sie im Hinblick auf die Zweckbestimmung als nachrangig zu betrachten sei. Die Zurverfügungstellung des streitgegenständlichen Flurstückes an den Kleingartenverein habe dem kommunalen Zweck „Vereinsförderung” gedient. Der Förderung des betreffenden Vereins durch die Kommune diene es auch, dass diesem mit dem Betrieb einer Gartengaststätte eine Einnahmequelle zur Finanzierung seiner Vereinsarbeit eröffnet werde. Daher sei die teilweise erwerbswirtschaftliche Nutzung des Vereinsheims gegenüber der von der Klägerin verfolgten Zweckbestimmung als nachrangig zu betrachten.
Die Beklagte und die Beigeladene haben sich zur Sache nicht geäußert, sondern sich darauf beschränkt, dem Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zu widersprechen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist zulässig und begründet. Der Klägerin ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (1.). Das angefochtene Urteil verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat Gesichtspunkte außer Acht gelassen, auf die es bei der Bewertung der überwiegenden Nutzung eines Vermögensgegenstandes ankommt (2.). Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.
1. Voraussetzung für die Gewährung der Wiedereinsetzung ist nach § 60 Abs. 1 VwGO, dass die Nichteinhaltung der Frist unverschuldet war. Dies ist hier der Fall. Die für die Fristwahrung verantwortliche Leiterin des städtischen Rechtsamts hat die ihr insoweit obliegende Sorgfaltspflicht hinreichend beachtet. Nachdem der Schriftsatzentwurf erst einen Tag vor Fristablauf bei ihr eingegangen war, ist sie der von ihr erkannten Gefahr einer Fristversäumung in sachgerechter Weise begegnet, indem sie den Vorgang in einer ins Auge fallenden Weise als eilbedürftig kennzeichnete und der Sekretärin mit einer entsprechenden mündlichen Weisung übergab. Hätte sich die als zuverlässig geltende Sekretärin weisungsgemäß verhalten, wovon die Amtsleiterin ausgehen durfte, wäre die Frist gewahrt worden. Letzterer kann auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie die Sekretärin nicht zu einer Übermittlung per Fax angehalten hat. Für die Fristversäumung ist nämlich nicht die Wahl eines falschen Übermittlungsmediums ursächlich, sondern eine Unachtsamkeit der Sekretärin, die bei einer anders lautenden Weisung genau so hätte passieren können.
Der Wiedereinsetzung steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin den vom Senat für ausschlaggebend erachteten Vermerk der Amtsleiterin vom 11. Oktober 2000 am 16. November 2000 und damit möglicherweise erst nach Ablauf der Antragsfrist des § 60 Abs. 2 VwGO vorgelegt hat. Diese Vorlage kann nämlich jedenfalls als ein Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen zur Ergänzung des vorausgegangenen Vorbringens gewertet werden, das auch noch nach Ablauf der genannten Frist zulässig ist (vgl. Beschluss vom 27. Juli 1982 – BVerwG 7 B 84.81 – Buchholz 310 § 60 Nr. 126).
2. Rechtsgrundlage für das auf Zuordnung des streitgegenständlichen Grundstücks gerichtete Begehren der klagenden Stadt ist Art. 22 Abs. 1 Satz 1 (letzter Halbsatz) EV i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 sowie Abs. 4 VZOG. Danach stünde der Klägerin das Grundstück zu, wenn es zu ihrem kommunalen Finanzvermögen i.S. von Art. 22 Abs. 1 EV zu zählen wäre.
Kommunales Finanzvermögen umfasst nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts solche Vermögensgegenstände, die für öffentliche Zwecke und Aufgaben, die nach der Rechtsordnung des Grundgesetzes von den Kommunen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG wahrgenommen werden, am 3. Oktober 1990 tatsächlich genutzt wurden oder für eine solche Nutzung konkret vorgesehen waren, ohne dass ihre Zweckbestimmung öffentlich-rechtlich gesichert war (vgl. Urteile vom 24. März 1994 – BVerwG 7 C 21.93 – BVerwGE 95, 295, 300 = Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 2 S. 5 und vom 15. Dezember 1994 – BVerwG 7 C 57.93 – BVerwGE 97, 240, 241 f. = Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 7 S. 15 f.).
2.1 Die Überlassung des streitbefangenen Anwesens durch die Klägerin diente der Förderung des Kleingartenwesens und damit einer die Zuordnung zum kommunalen Finanzvermögen rechtfertigenden Zweckbestimmung. Es gehört seit Jahrzehnten zu den anerkannten Aufgaben der Gemeinden, ausreichendes Gelände für Kleingärten bereitzustellen (BVerfGE 52, 1, 36 f.; 87, 114, 150). Eines Rückgriffs auf die Selbstverwaltungsaufgabe „allgemeine Förderung des Vereinswesens” bedarf es daher nicht.
2.2 Ebenso eindeutig ist es andererseits, dass der Betrieb einer (öffentlichen) Gaststätte die Zuordnung des betreffenden Grundstücks als kommunales Finanzvermögen nicht zu rechtfertigen vermag. Hierzu hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 15. Dezember 1994 (– BVerwG 7 C 57.93 – BVerwGE 97, 240, 243 f.) Folgendes ausgeführt:
„Der Betrieb einer Gaststätte ist keine im Interesse des wirtschaftlichen und kulturellen Wohls der Gemeindeeinwohner zu erbringende kommunale Aufgabe, sondern gehört zur erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden. Eine solche erwerbswirtschaftliche Betätigung liegt außerhalb des Bereichs kommunaler Daseinsvorsorge. Daß die Gaststätte auch für kommunale Veranstaltungen und als Ort der Begegnung für Bürger und Vereine genutzt wird, führt zu keiner anderen Beurteilung. Eine solche Mitbenutzung von Gaststättenräumen, die übrigens für eine Vielzahl privater Gaststätten insbesondere in kleinen Gemeinden ohne öffentlichen Versammlungssaal typisch ist, stellt die erwerbswirtschaftliche Zweckbestimmung der Gaststätte nicht in Frage.”
Der erkennende Senat schließt sich dieser Bewertung an.
2.3 Die Entscheidung des Falles hängt somit davon ab, ob das Anwesen maßgeblich dem einen oder dem anderen Zweck gedient hat. Gemäß der eingangs angeführten Definition des kommunalen Finanzvermögens ist der Zweck ausschlaggebend, zu dem der Vermögensgegenstand zur fraglichen Zeittatsächlich genutzt wurde oder dem zu dienen er konkret vorgesehen war.
2.3.1 Die Klägerin meint, für die Bejahung einer kommunalen Nutzung reiche es aus, dass das Objekt für den einschlägigen Zweck (hier: die Verwendung im Kleingartenwesen) zur Verfügung gestellt worden sei. Danach wäre eine Zweckverfehlung oder spätere Zweckentfremdung als unschädlich anzusehen. Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen. Sie ist mit dem präzisen Erfordernis „tatsächliche Nutzung” ebenso wenig vereinbar wie mit der Stichtagsvoraussetzung „3. Oktober 1990”. Jedenfalls dann, wenn die tatsächliche zur beabsichtigten Nutzung im Widerstreit steht, kann es nur auf erstere ankommen. Der Einwand, sie habe das Anwesen dem Kleingartenverein als Vereinsheim zur Verfügung gestellt, würde der Klägerin also nichts nützen, wenn von einer erwerbswirtschaftlichen Nutzung am Stichtag auszugehen sein sollte.
2.3.2 Der etwaige erwerbswirtschaftliche Charakter der Nutzung entfällt auch nicht dadurch, dass das Nutzungsentgelt (hier: der Pachtzins) der Förderung einer kommunalen Selbstverwaltungsaufgabe (hier: dem Kleingartenwesen) zugute kommt. Die entweder auf Gewinnerzielung oder auf die Wahrnehmung von Aufgaben im Gemeininteresse gerichteten Betätigungen würden ihre Unterscheidbarkeit und damit ihre zuordnungsbestimmende Funktion einbüßen, wenn der Charakter der Aufgabe (auch) durch die Erlösverwendung bestimmt würde, denn unter dieser Voraussetzung könnte auch der Betrieb einer Spielbank oder eines Einkaufszentrums zur kommunalen Aufgabe erklärt werden. Solche Einrichtungen gehören allerdings zum (allgemeinen) Finanzvermögen i.S. von Art. 22 EV, denn für dieses ist kennzeichnend, dass es öffentliche Zwecke nur mittelbar durch seinen Vermögenswert oder durch seine Erträgnisse fördert (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 – BVerwG 7 C 58.94 – BVerwGE 98, 273, 274). Der Begriff des sog. kommunalen Finanzvermögens i.S. von Art. 22 Abs. 1 EV ist in dieser Hinsicht enger. Die hierfür unerlässliche kommunale Selbstverwaltungsaufgabe muss mit Hilfe des betreffenden Vermögensgegenstandes vielmehrunmittelbar verwirklicht werden. Wegen der Verknüpfung des Vermögensgegenstandes mit einem bestimmten kommunalen Nutzungszweck steht das kommunale Finanzvermögen dem Verwaltungsvermögen nahe, das „unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben” gedient haben muss (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV). Vom kommunalen Verwaltungsvermögen unterscheidet sich das kommunale Finanzvermögennur dadurch, dass die zweckentsprechende Verwendung des Vermögens am Stichtag nicht öffentlich-rechtlich gesichert ist (Urteil vom 15. Dezember 1994 – BVerwG 7 C 57.93 – BVerwGE 97, 240, 242).
2.4 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist im vorliegenden Fall von einergemischten Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks auszugehen. Danach diente das Anwesen teilweise der Wahrnehmung einer kommunalen Selbstverwaltungsaufgabe, zu einem anderen Teil erwerbswirtschaftlichen Zwecken. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, bei solcher Sachlage komme es für die Zuordnung darauf an, welche Nutzung die überwiegende war, hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.
Bei Nutzung des beanspruchten Vermögensgegenstandes zu verschiedenen Zwecken ist im Vermögenszuordnungsrecht generell darauf abzustellen, für welche Aufgaben er „überwiegend” bestimmt war bzw. genutzt wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 und 2; Art. 22 Abs. 2 EV), sofern nicht ausnahmsweise eine Realteilung (vgl. Urteil vom 19. November 1998 – BVerwG 3 C 28.97 –) in Betracht kommt. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem auszugsweise zitierten Urteil vom 15. Dezember 1994 (a.a.O. S. 244) ausgeführt, dass der Betrieb einer Gaststätte allenfalls dann als Einrichtung der Daseinsvorsorge gelten könne, wenn die Gemeinde damit „vorrangig und prägend” eine öffentliche Aufgabe erfülle. Auch für die Beigeladene ist der Betrieb einer öffentlichen Gaststätte nicht generell unvereinbar mit der Wahrnehmung einer kommunalen Selbstverwaltungsaufgabe. In ihrer Verwaltungspraxis akzeptiert sie Vermögenszuordnungsbescheide zu Gunsten von Kommunen, wenn Garten- und Spartenlokale neben der vereinsinternen Nutzung auch der Öffentlichkeit zugänglich sind, vorausgesetzt, die vereinsinterne Nutzung überwiegt.
2.5 Die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts lassen nicht erkennen, worauf es seine Annahme gründet, das streitbefangene Anwesen sei überwiegend erwerbswirtschaftlich genutzt worden. Diese Bewertung wird allein durch die Feststellung, das Grundstück werde wesentlich durch das aufstehende, zum überwiegenden Teil als Gaststätte genutzte Gebäude geprägt, nicht hinreichend gedeckt.
Zum einen schließt der Gaststättencharakter des Gebäudes dessen überwiegende Nutzung durch den Kleingärtnerverein nicht aus. Ob die tatsächliche Nutzung überwiegend vereins- oder öffentlichkeitsnützig war, beurteilt sich bei einer Gaststätte ausschlaggebend nach der zahlenmäßigen Zusammensetzung ihrer Nutzer, also der Gäste, Konsumenten oder Käufer. Wäre das in Rede stehende Gasthaus etwa ein bekanntes Feinschmeckerlokal gewesen, das wegen seiner hohen Preise von den Kleingärtnern eher gemieden wurde, so könnte von einer überwiegenden Vereinsnutzung zweifellos keine Rede sein. Das Umgekehrte würde gelten, wenn das Lokal trotz seiner Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit in erster Linie von den Vereinsmitgliedern sowie deren Familien, Bekannten und Nachbarn aufgesucht worden wäre. Dabei kommt auch den ungefähren Umsatzanteilen Bedeutung zu. Das Verwaltungsgericht hat bei den Gaststättennutzern nicht unterschieden zwischen solchen, die im weiteren Sinne dem örtlichen Kleingartenwesen, und solchen, die der allgemeinen Öffentlichkeit zuzurechnen sind. Damit hat es die Bedeutung des Begriffs „überwiegende Nutzung” verkannt. Demzufolge wird das Verwaltungsgericht nunmehr versuchen müssen, wenigstens annäherungsweise die Relation zwischen den Gaststättenbesuchern mit oder ohne Vereinsbezug zu ermitteln. Hierbei liegt es auf der Hand, dass insoweit nicht punktgenau auf den 3. Oktober 1990, sondern auf einen größeren repräsentativen Zeitraum davor abzustellen ist, um ein Zufallsergebnis zu vermeiden.
Zum andern wird das Verwaltungsgericht die Nutzung des nicht unbeträchtlich großen unbebauten Teils des streitbefangenen Grundstücks näher aufzuklären haben. Wäre insoweit eine überwiegende Vereinsnutzung festzustellen, könnte dies je nach Ausgang der Ermittlungen zur Gebäudenutzung den Ausschlag geben für eine ebensolche Bewertung des Gesamtanwesens und somit der Klage zum Erfolg verhelfen.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel, Dr. Brunn
Fundstellen
Haufe-Index 667985 |
BVerwGE, 97 |