Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Weiterversicherungsanspruch. Zusatzversicherung für Professurvertreter. Ausgestaltung von Professurvertretungen. Gleichheitsgrundsatz. unterschiedlicher Prüfungsmaßstab. Gesetzesvorbehalt. öffentliches Dienstverhältnis eigener Art. gleiches Entgelt. Fürsorgepflicht. Verfahrensmangel. Aufklärungsgrundsatz. Auslegung von Verwaltungsakten. Zurückverweisung wegen Aufklärungsmangel
Leitsatz (amtlich)
Übernimmt der Dienstherr bei Angestellten des öffentlichen Dienstes, die zur Übernahme einer als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis gestalteten Professurvertretung beurlaubt wurden, in ständiger Praxis während der Vertretungszeit die Beiträge für die Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, ist es eine sachwidrige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er die Übernahme dieser Beiträge einem Professurvertreter nur deshalb vorenthält, weil dieser nicht bereits vor der Übernahme der Vertretung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zusatzversichert war.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5; VwGO § 86 Abs. 1, § 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, Abs. 4, 7 S. 1; HochschulG NW § 39 Abs. 2; HochschulG NW a.F. § 49 Abs. 3; Universitätsgesetz NRW a.F. § 52 Abs. 4; Satzung der VBL a.F. § 26 Abs. 1; BAT § 46
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen 21 A 1001/06) |
VG Köln (Entscheidung vom 18.01.2006; Aktenzeichen 3 K 9913/02) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. November 2007 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Rz. 1
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zwecks Erwerbs einer zusätzlichen Altersversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu versichern war.
Rz. 2
Der Kläger war bis Oktober 1990 als unbesoldeter Privatdozent an der Universität Hamburg tätig. Von November 1990 bis zum Ende des Sommersemesters 1999 war er mit der Vertretung einer Professur an der Universität Köln beauftragt. Die Professurvertretungen wurden in Anlehnung an die Besoldungsgruppe C3/C4 vergütet. Ein Klageverfahren, mit dem der Kläger einen Beschäftigungsanspruch über September 1999 hinaus verfolgte, blieb erfolglos.
Rz. 3
Die Vertretungsaufträge erteilte zunächst das Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, ab Wintersemester 1993/94 die Universität. Von Mitte November bis Ende Dezember 1990 war der Kläger zur Zusatzversorgung bei der Beigeladenen angemeldet, sodann wurde er abgemeldet. In seinem Erlass vom 29. Oktober 1992, der sich auf einen Bericht vom 4. Oktober 1988 und einen Erlass vom 9. Februar 1989 bezog, ordnete das Ministerium an, dass für alle Professurvertreter, die bereits vor der Übernahme der Vertretung bei der Beigeladenen versichert waren, eine Versicherungspflicht zur Beigeladenen begründet werde. Die bisherige Regelung, Professurvertreter unabhängig von ihrer früheren Rechtsstellung als Beamte oder Angestellte von der Zusatzversorgung auszuschließen, habe zu einer nicht beabsichtigten Härte bei den Professurvertretern geführt, die nicht als Beamte, sondern als Angestellte beurlaubt worden seien. Mit Begleitschreiben zur Beauftragung vom 17. Februar 1993 teilte das Ministerium der Universität mit, gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der Beigeladenen sei der Kläger für die Zeit der Professurvertretung bei der Beigeladenen versicherungspflichtig. Dieses Begleitschreiben wurde dem Kläger von der Universität im Sommer 1993 ausgehändigt. In einem unmittelbar an den Kläger gerichteten Schreiben des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 23. März 1993 hieß es, die Zusatzversicherung komme nur für Professurvertreter in Frage, die aus einem zur Beigeladenen bereits versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis heraus beurlaubt worden seien. Für den dort zuvor nicht versicherten Kläger könne daher keine Umlage abgeführt werden.
Rz. 4
Die Beauftragungen des Klägers erhielten ab Sommersemester 1995 jeweils den Hinweis auf den Runderlass des Ministeriums vom 13. November 1994, der der Beauftragung vom 15. Februar 1995 in Kopie beigefügt war. Der Runderlass führt im Einzelnen auf, welche beamtenrechtlichen Vorschriften auf Professurvertreter entsprechend Anwendung finden.
Rz. 5
Den 1999 gestellten Antrag auf Nachversicherung bei der Beigeladenen lehnte der Beklagte ab. Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, ein Anspruch auf Verschaffung einer Zusatzversorgung ergebe sich nicht aus § 26 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der Beigeladenen. Diese Vorschrift eröffne allein die rechtliche Möglichkeit, arbeitsvertraglich die Voraussetzungen für eine Zusatzversicherung zu schaffen, begründe jedoch keinen entsprechenden Rechtsanspruch. Da sich der Kläger als Professurvertreter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis sui generis befunden habe, sei allein dieses Verhältnis maßgeblich. Für eine Nachversicherungspflicht bestehe auch keine sonstige Rechtsgrundlage. Die Beauftragungsbescheide trügen zwar ab Sommersemester 1995 den Zusatz, dass der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der Beigeladenen versicherungspflichtig sei; aus dem in Bezug genommenen Erlass vom 13. November 1994 ergebe sich jedoch, dass Voraussetzung für die Verschaffung einer Zusatzversorgung die Beurlaubung aus einem vorherigen Beschäftigungsverhältnis sei. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass seit Wintersemester 1997/98 der Hinweis auf den Erlass nicht mehr enthalten gewesen sei. Das an die Universität gerichtete Begleitschreiben des Ministeriums vom 17. Februar 1993 enthalte auch keine Zusicherung gegenüber dem Kläger. Durch die kurze Anmeldung bei der Beigeladenen habe zudem kein dauerhafter Vertrauensschutz entstehen können.
Rz. 6
Der Beklagte sei auch nicht nach Art. 3 Abs. 1 GG gehalten, den Kläger so zu stellen wie die anderen Personen, denen er auch während ihrer Professurvertretung die Zusatzversorgung weiter finanziere. Dieser Personenkreis wäre ohne die Zusatzversicherung schlechter gestellt als vorher. Im Vergleich zu dieser Gruppe bestünden sachlich begründete Unterschiede zur Situation des Klägers. Akademische Lehrer wie der Kläger, die vor ihrer ersten Beauftragung als Professurvertreter nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hätten, erlitten keinen Versorgungsnachteil. Da ihnen gegenüber keine beamtenrechtliche Fürsorgepflicht bestehe, sei eine Gleichbehandlung mit beamteten Professurvertretern nicht geboten.
Rz. 7
Es habe keine Notwendigkeit bestanden, den im Erlass vom 29. Oktober 1992 erwähnten Bericht vom 4. Oktober 1988 und den Erlass vom 9. Februar 1989 beizuziehen. Durch den Erlass sei bereits deutlich geworden, dass der Beklagte damit von der früheren Praxis abgewichen sei, für Professurvertreter generell keine Beiträge zur Zusatzversicherung zu leisten.
Rz. 8
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts und beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. November 2007 und des Verwaltungsgerichts Köln vom 18. Januar 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Rektors der Universität Köln vom 20. Dezember 1999 zu verpflichten, dem Kläger die Zusatzversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu verschaffen,
hilfsweise:
den Beklagten zu verpflichten, den Kläger in versorgungsrechtlicher Hinsicht so zu stellen, wie er stehen würde, wenn ihn der Beklagte bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder als Pflichtmitglied versichert hätte.
Rz. 9
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 10
Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Ob es sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht beurteilen. Die Sache wird deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Rz. 11
1. Die formelle Rüge eines Verstoßes gegen den Aufklärungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat ausweislich der Sitzungsniederschrift des Berufungsgerichts keinen Beweisantrag gestellt, um die von ihm für bedeutsam gehaltenen Umstände näher aufzuklären, die zu dem vom Berufungsgericht zitierten Erlass vom 29. Oktober 1992 und zum Begleitschreiben vom 17. Februar 1993 geführt haben. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (Beschlüsse vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 und vom 30. Januar 2003 – BVerwG 1 B 169.02 – Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 67). Den vom Kläger behaupteten Umständen nachzugehen musste sich dem Berufungsgericht auch nicht aufdrängen. Nach dem von ihm vertretenen und deshalb für die Bestimmung der erforderlichen Tatsachenermittlung maßgeblichen Rechtsstandpunkt (vgl. Urteil vom 14. Januar 1988 – BVerwG 11 C 11.96 – BVerwGE 106, 115 ≪119≫ = Buchholz 451.171 § 7 ATG Nr. 5 S. 58) stellte sich nur die Frage, ob sich aus dem Erlass vom 29. Oktober 1992 ein Anspruch des Klägers ableiten könnte. Dies war aber nicht der Fall, weil mit dem Erlass nur zugunsten der bereits zusatzversicherten Angestellten von der seinerzeitigen Praxis abgewichen wurde, Professurvertreter nicht weiter zu versichern.
Rz. 12
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht befunden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zusatzversorgung nicht bereits nach § 26 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beigeladenen (a.F.) in Verbindung mit § 46 BAT zusteht. Die Pflichtversicherung bei der Beigeladenen setzt eine entsprechende arbeitsvertragliche Regelung voraus. Die Verpflichtung des öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers, den Arbeitnehmer bei der Beigeladenen zu versichern, muss sich direkt oder indirekt aus einem Arbeitsvertrag ergeben. Für Tarifangestellte ergibt sie sich aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit der Bezugnahme auf den Tarifvertrag, der die Pflichtversicherung vorsieht. Nach § 1 Abs. 2 der für den Kläger maßgeblichen 31. Änderung des Tarifvertrags zum Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 18. Oktober 1973 (GMBl 1973 S. 542) galt der Bundes-Angestellten-tarifvertrag nicht für Hochschullehrer. Der Ausschluss erfasst auch Professurvertreter (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2000 – 14 Sa 16/00 – juris Rn. 18; LAG Nürnberg, Urteil vom 31. Januar 2001 – 4 Sa 931/99 – juris Rn. 59 ff.).
Rz. 13
3. In den wiederholten Beauftragungsschreiben, bei denen es sich um bestandskräftige Verwaltungsakte handelt, hat das Berufungsgericht zu Recht weder eine Zusicherung gesehen, dem Kläger eine Zusatzversorgung zu verschaffen, noch hat es die Schreiben für geeignet gehalten, ein darauf gerichtetes Vertrauen des Klägers zu begründen. Abgesehen davon, dass die Ermittlung des Inhalts eines Verwaltungsaktes und dessen Auslegung der Tatsachenfeststellung zuzurechnen ist und deshalb revisionsgerichtlicher Prüfung nur dann unterliegt, wenn entsprechende Verfahrensrügen erhoben worden sind, sind die Feststellungen des Berufungsgerichts auch in der Sache nicht zu beanstanden.
Rz. 14
4. Gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt es jedoch, dem Kläger die Zusatzversicherung allein mit der Begründung zu verweigern, er sei vor Beginn der Professurvertretungen nicht in einem Angestelltenverhältnis mit Anspruch auf Zusatzversicherung tätig gewesen. Mit dieser Auslegung verletzt das Berufungsgericht den durch Art. 3 Abs. 1 GG geschützten Grundsatz, dass der öffentlich-rechtliche Dienstherr für gleiche Arbeit gleiches Entgelt zu zahlen hat (vgl. zum gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Entgeltgleichheit zuletzt EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 – C-300/06 – NJW 2008, 499 ≪500≫; BVerfG, Beschluss vom 27. November 1997 – 1 BvL 12/91 – BVerfGE 97, 35 ≪44 f.≫; BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 – BVerwG 2 C 128.07 – Buchholz 240 § 48 BBesG Nr. 12 Rn. 16 und vom 26. März 2008 – BVerwG 2 C 12.08 – ZBR 2009, 306 ≪307≫).
Rz. 15
a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2009 – 1 BvR 1164/07 – DVBl 2009, 1510 = juris Rn. 78). Der allgemeine Gleichheitssatz bindet auch die Verwaltung, wenn sie wie hier ohne Steuerung durch normative Vorgaben tätig wird. Insbesondere begrenzt er das der Verwaltung eröffnete Ermessen (BVerfG, Beschlüsse vom 16. Februar 1965 – 1 BvL 15/62 – BVerfGE 18, 353 ≪363≫ und vom 26. Februar 1985 – 2 BvR 1145/83 – BVerfGE 69, 161 ≪169≫; stRspr).
Rz. 16
Professurvertretungen sind öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse eigener Art (vgl. jetzt § 39 Abs. 2 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz – HG) vom 31. Oktober 2006, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Oktober 2009 (GV. NRW. S. 516). Sie sind keine Beamtenverhältnisse; verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen wegen des fehlenden Typenzwangs öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse nicht (Urteil vom 29. August 1975 – BVerwG 7 C 60.72 – BVerwGE 49, 137 ≪142≫). Zudem legten § 49 Abs. 3 HG in der Fassung des Gesetzes vom 14. März 2000 (GV. NRW. S. 190) sowie der für die Beauftragungen des Klägers zunächst maßgebliche § 52 Abs. 4 des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. November 1979 (GV. NRW. S. 926) und des Gesetzes über die Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 3. August 1993 (GV. NRW. S. 532) nicht einmal den öffentlich-rechtlichen Charakter des Rechtsverhältnisses fest, sodass eine auch privatrechtliche Ausgestaltung der Rechtsbeziehung zulässig war (BAG, Urteil vom 13. Juli 2005 – 5 AZR 435/04 – juris Rn. 25 zu § 49 Abs. 3 HG NRW; vgl. auch Urteil vom 25. Februar 2004 – 5 AZR 62/03 – juris Rn. 32; LAG NRW, Urteil vom 8. Juli 2004 – 11 Sa 544/04 – juris Rn. 43 f.; für Thüringen, LAG Thüringen, Urteil vom 27. Januar 2004 – 7 Sa 427/03 – juris Rn. 22). Professurvertretungen werden zudem nur übergangsweise eingerichtet. Sie zielen nicht auf die dauerhafte Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ab, wie dies regelmäßig bei Beamten der Fall ist. Mangels einer dem Beamtenstatus entsprechenden Rechtsstellung von Professurvertretungen kann auch die von Art. 33 Abs. 5 GG umschlossene Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht anspruchsbegründend wirken (ablehnend schon für Beamte auf Widerruf und auf Zeit BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2008 – 2 BvR 1843/06 – NVwZ-RR 2008, 506 = ZBR 2008, 350 m.w.N.).
Rz. 17
b) Die Frage, ob Gleich- oder Ungleichbehandlungen von Personengruppen sachlich gerechtfertigt sind, kann nur aufgrund der Besonderheiten des jeweiligen Sachbereichs und der nach dessen Sachgesetzlichkeiten zu bildenden Vergleichsgruppen beantwortet werden. Danach ist hier von entscheidender Bedeutung, dass die im gleichen Zeitraum an der Universität Köln tätigen Professurvertreter zu unterschiedlichen Bedingungen beschäftigt wurden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts umfasste die Bezahlung der nicht beamteten Professurvertreter, die unmittelbar vor ihrer Beurlaubung als Angestellte im öffentlichen Dienst bei der Beigeladenen versichert waren, eine an die Einstufung der wahrgenommenen Professorenstelle angelehnte Vergütung entsprechend C 3 oder C 4 sowie die Übernahme der an die Beigeladene gezahlten Beiträge für die Weiterführung der Zusatzversorgung. Demgegenüber fiel die dem Kläger gewährte Vergütung seiner Leistung geringer aus, obwohl seine Leistung dieselbe war wie die der aus einem Angestelltenverhältnis beurlaubten Professurvertreter.
Rz. 18
Die Zusatzversicherung, die der Beklagte den zuvor im Angestelltenverhältnis tätigen Professurvertretern gewährt, stellt ein zusätzliches Entgelt für die Dienstleistung dar, weil sie an diese Leistung anknüpft. Bei der Festlegung des Entgelts für die verlangte Leistung hat er den Grundsatz “gleicher Lohn für gleiche Arbeit” zu beachten (vgl. für das öffentliche Dienstrecht: Beschluss vom 11. Dezember 2008 – BVerwG 2 C 121.07 – BVerwGE 132, 299 ≪305≫ = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 5 Rn. 33).
Rz. 19
Zum Entgelt des Professurvertreters gehören neben den als Brutto- oder Nettobetrag ausgezahlten Bezügen auch Nebenleistungen wie etwa Beiträge zu den sozialen Sicherungssystemen. Sofern der Dienstherr solche Leistungen erbringt, darf er ihre Höhe lediglich im Hinblick auf die zu erbringende Arbeitsleistung differenzieren.
Rz. 20
Die den aus einem Angestelltenverhältnis beurlaubten Professurvertretern weitergewährten Beiträge zu einer zusätzlichen Altersversorgung werden zwar mit Rücksicht auf das früher ausgeübte Angestelltenverhältnis gewährt, stellen gleichwohl aber eine Gegenleistung für die als Professurvertreter erbrachten Leistungen dar. Sie zu gewähren oder nicht zu gewähren, kann mithin nur von der Arbeitsleistung des Professurvertreters abhängig gemacht werden. Sofern Professurvertreter wie der Kläger und solche, die aus einem Angestelltenverhältnis beurlaubt sind, dieselbe Leistung erbringen, ist eine unterschiedliche Vergütung dieser Leistung lediglich im Hinblick auf die Art des vorher bestehenden Beschäftigungsverhältnisses nicht gerechtfertigt.
Rz. 21
Da die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs nicht mit dem Bereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts identisch ist, muss der vom Beklagten angeführte Grund für die nachteilige Behandlung des Klägers von solcher Art und solchem Gewicht sein, dass er dies rechtfertigt. Der Kläger war wie die vom Beklagten besser behandelten Professurvertreter im selben Aufgabenbereich tätig und erhielt für eine – bei funktionaler Betrachtung – identische Arbeitsleistung gleichwohl im Ergebnis ein geringeres Entgelt als sie (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1997 – 1 BvL 12/91 – BVerfGE 97, 35 ≪44 f≫ m.w.N.). Der Grund für die schlechtere Behandlung des Klägers lag damit nicht in dem seinerzeit bestehenden Rechtsverhältnis als Professurvertreter, sondern in seiner Erwerbsbiographie, die unmittelbar vor Übernahme der Vertretung kein Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst umfasste. Dieser Grund rechtfertigt das ungleiche Arbeitsentgelt nicht.
Rz. 22
5. Ob andere Gründe vorliegen, die von ihrer Art und ihrem Gewicht die unterschiedliche Behandlung durch den Beklagten und damit die Klageabweisung rechtfertigen, kann vom Senat mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beurteilt werden. Dies hätte etwa die Kenntnis darüber verlangt, ob die Fortzahlung der Zusatzversicherung für die anderen Professurvertreter ausschließlich der Gleichstellung angestellter Professurvertreter mit beamteten Professurvertretern dient und ob ohne die Weiterzahlung geeignete Professurvertreter nicht im gebotenen Umfang hätten rekrutiert werden können, diese mithin jedenfalls auch dem öffentlichen Interesse dient. Ungeklärt ist zudem, ob der Beklagte die Zusatzversorgung lediglich für die in seinem Dienst stehenden angestellten Professurvertreter finanziert oder auch für Bedienstete anderer öffentlicher Arbeitgeber, für die ihn keine irgendwie geartete Fürsorgeverpflichtung trifft. Keine Tatsachenfeststellungen finden sich schließlich dazu, wie es dem Beklagten möglich war, für zuvor bereits zusatzversicherte Professurvertreter eine Zusatzversorgung im Sinne des Erlasses des Ministeriums vom 29. Oktober 1992 zu begründen, obwohl dies nach § 26 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der Beigeladenen (a.F.) einen Arbeitsvertrag verlangt, an dem es bei der Professurvertretung als einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis gerade fehlt. Das Berufungsgericht wird deshalb aufklären müssen, ob daneben noch arbeitsvertragliche Abmachungen bestanden haben oder auf welchem Weg die Beigeladene es dem Beklagten ermöglicht, seine in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis stehenden Professurvertreter gleichwohl zu versichern. Das Berufungsgericht hat diesen Widerspruch zwar erkannt, brauchte ihm aber auf der Grundlage des von ihm vertretenen Rechtsstandpunkts nicht nachzugehen. Nach alledem wird der Frage, ob die Verwaltungspraxis des Beklagten tatsächlich der Erlasslage entsprach, im Rahmen einer erneuten Verhandlung nachzugehen sein; dies betrifft auch den vor dem Erlass des Ministeriums vom 29. Oktober 1992 liegenden Zeitraum. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Benachteiligung des Klägers beim Entgelt nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie an die Tätigkeit als Professurvertreter anknüpft oder wenn es dem Beklagten rechtlich nicht möglich war, den Kläger bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu versichern oder in ähnlicher Weise zu dessen Altersversorgung beizutragen
Unterschriften
Herbert, Groepper, Dr. Heitz, Dr. Burmeister, Dr. Hartung
Fundstellen
ZTR 2010, 324 |
DÖV 2010, 567 |
JZ 2010, 310 |