Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückübertragung. Rückerstattung. Wiedergutmachung rassischer Verfolgung. NS-Vermögensunrecht. Vermögensverfall. Restitutionsausschluß. Widmung zum Gemeingebrauch. komplexer Wohnungsbau. Ersatzgrundstück
Leitsatz (amtlich)
Vermögensrechtliche Ansprüche von NS-Verfolgten sind durch die Vorschrift des § 1 Abs. 6 VermG konstitutiv begründet worden.
Der Restitutionsausschluß des § 5 VermG gilt auch für vermögensrechtliche Ansprüche aus § 1 Abs. 6 VermG. Dies ist verfassungsrechtlich und völkerrechtlich unbedenklich.
Die Beschränkung des § 9 Satz 1 VermG (Übereignung eines Ersatzgrundstücks) auf den Ausschlußtatbestand des redlichen Erwerbs (§ 4 Abs. 2 VermG) ist mit Art. 14 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14; VermG § 1 Abs. 6, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 9 S. 1
Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 22.11.1993; Aktenzeichen 31 A 19.93) |
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. November 1993 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger beansprucht nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz – VermG) die Rückübertragung des früheren Grundstücks K.straße 4 in Berlin-Mitte. Seine Rechtsvorgängerin, Frau S., hatte Deutschland im Jahre 1940 verlassen, um den nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen zu entgehen, denen sie als Jüdin ausgesetzt war. Das Frau S. gehörende, vor der kriegsbedingten Zerstörung mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaute 155 qm große Grundstück wurde 1942 von der Gestapo beschlagnahmt. Nach 1945 wurde es auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 124 staatlich verwaltet und im Jahr 1968 nach dem Aufbaugesetz der DDR in Anspruch genommen und ohne Festsetzung einer Entschädigung in Volkseigentum überführt. Anschließend wurde es mit benachbarten Grundstücksflächen zu neuen Flurstücken verschmolzen, auf denen mehrere Wohnhäuser errichtet wurden. Die Fläche des früheren Grundstücks K.straße 4 wird von einem Parkplatz, der Ausfahrt einer Tiefgarage und einem Spielplatz eingenommen.
Der Beklagte lehnte durch Bescheid vom 24. Juni 1992 den von Frau S. gestellten Rückübertragungsantrag mit folgender Begründung ab: Zwar habe Frau S. das Eigentum durch eine nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahme im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG, nämlich durch die 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 (RGBl I S. 722), verloren. Eine Rückübertragung sei aber mit Blick auf die heutige Nutzung des früheren Grundstücks gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. b VermG ausgeschlossen. Dieser Ausschlußtatbestand gelte auch für Vermögensverluste aus der NS-Zeit. NS-Verfolgte könnten insoweit nur eine Entschädigung beanspruchen.
Zur Begründung seiner nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage brachte der Kläger vor: Im Rahmen der von § 1 Abs. 6 VermG angeordneten „entsprechenden” Anwendung des Vermögensgesetzes auf NS-Verfolgungsmaßnahmen hätten die Ausschlußtatbestände der §§ 4 und 5 VermG außer Betracht zu bleiben. Mit der durch Art. 8 des Einigungsvertrages erfolgten Überleitung des Bundesrückerstattungsgesetzes und des Bundesentschädigungsgesetzes sei notwendig auch das von diesen Gesetzen vorausgesetzte alliierte Rückerstattungsrecht auf das Gebiet der ehemaligen DDR und den Ostteil Berlins übergeleitet worden. Dazu habe sich die Bundesrepublik Deutschland durch die Vereinbarung mit der Französischen Republik, den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland vom 27./28. September 1990 (BGBl II S. 1386) verpflichtet. Zu den tragenden Prinzipien des alliierten Rückerstattungsrechts gehöre aber die uneingeschränkte Rückgabe der noch vorhandenen Vermögenswerte, sofern nicht eng begrenzte, hier nicht gegebene Ausnahmen bestünden. Im übrigen seien die Vermögensentziehungen auf der Grundlage der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz nichtig gewesen mit der Folge, daß durch den Ausschluß der Rückübertragung nach § 5 VermG unter Verstoß gegen Art. 14 Abs. 3 GG in eine immer noch bestehende Eigentumsposition des Verfolgten eingegriffen werde. Die Rechtsansicht der Behörden verstoße auch gegen den Grundsatz, daß entzogenes jüdisches Vermögen nicht dem Staat zufallen dürfe. Hilfsweise habe er, der Kläger, in entsprechender Anwendung von § 9 Satz 1 VermG einen Anspruch auf Übertragung eines möglichst gleichwertigen Ersatzgrundstücks in Berlin.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 22. November 1993 (VIZ 1994, 353 = ZOV 1994, 210) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das streitbefangene Grundstück sei zwar Gegenstand einer Verfolgungsmaßnahme im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG gewesen; es könne aber gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. b und c VermG nicht zurückgegeben werden, weil es zwischenzeitlich teils dem Gemeingebrauch gewidmet, teils im komplexen Wohnungsbau verwendet worden sei. Entgegen der Ansicht des Klägers sei § 5 VermG auch in Fällen wie dem vorliegenden anwendbar. Eine vom Vermögensgesetz abweichende Behandlung der Ansprüche von Opfern des NS-Regimes komme nur bei einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in Betracht, etwa im Fall des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG. Außerdem trage allein die Anwendung der Ausschlußtatbestände der §§ 4 und 5 VermG den tatsächlichen Gegebenheiten im Beitrittsgebiet mit ihren in vier Jahrzehnten erfolgten gesellschaftspolitischen und vermögensrechtlichen Umwälzungen Rechnung. Derartige Veränderungen habe es bei Erlaß des alliierten Rückerstattungsrechts in den westlichen Besatzungszonen nach 1945 noch nicht gegeben. Auch nach der mit den ehemaligen Westalliierten getroffenen Vereinbarung vom 27./28. September 1990 dürften die besonderen Verhältnisse im Beitrittsgebiet berücksichtigt werden. Die Vorschriften über den Restitutionsausschluß führten nicht zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in das Eigentum, weil das Vermögensgesetz die Rückübertragungsansprüche erstmals begründet habe. Der Hilfsantrag des Klägers könne gleichfalls keinen Erfolg haben, weil die Vorschrift des § 9 Satz 1 VermG nur den Restitutionssausschluß wegen redlichen Erwerbs (§ 4 Abs. 2 VermG) erfasse und angesichts ihres eindeutigen Wortlauts nicht erweiternd auf die Fälle des § 5 VermG ausgedehnt werden könne. Die in § 9 Satz 1 VermG enthaltene Begrenzung sei auch nicht willkürlich, weil der Vermögenswert in den Fällen des § 5 VermG anders als beim Ausschlußtatbestand des redlichen Erwerbs nicht mehr in seiner ursprünglichen Gestalt vorhanden sei.
Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision trägt der Kläger ergänzend vor: Die Anwendung der §§ 4 und 5 VermG auf Restitutionsansprüche von NS-Verfolgten verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 und 3 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs seien Entziehungsmaßnahmen der hier in Rede stehenden Art wegen Verstoßes gegen grundlegende Prinzipien der Gerechtigkeit und gegen die Eigentumsgarantie und den Gleichheitsgrundsatz nichtig gewesen. Die unverändert fortbestehenden Vermögensrechte dürften mithin nur unter den vom Vermögensgesetz nicht erfüllten Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG entzogen werden. Die durch staatliche Stellen der DDR vorgenommene Überbauung des streitbefangenen Grundstücks sei zivilrechtlich als verbotene Eigenmacht unzulässig gewesen. Zumindest müsse der Hilfsantrag auf Übereignung eines gleichwertigen Ersatzgrundstücks bei der aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotenen entsprechenden Anwendung des § 9 Satz 1 VermG Erfolg haben. Sofern nach § 9 Satz 2 VermG nur eine Entschädigung in Betracht kommen sollte, müsse die im NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz vom 27. September 1994 (BGBl I S. 2624, 2632) vorgesehene Entschädigung als unvereinbar mit den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG angesehen werden.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Oberbundesanwalt vertritt die Auffassung, daß die Ausschlußtatbestände der §§ 4 und 5 VermG auch die vermögensrechtlichen Ansprüche von NS-Verfolgten beträfen. Ferner meint er, daß die Vorschrift des § 9 Satz 1 VermG einer entsprechenden Anwendung auf den Resitutionsausschluß nach § 5 VermG nicht zugänglich sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen revisibles Recht die Klage mit dem Haupt- und dem Hilfsantrag abgewiesen.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückübertragung des früheren Grundstücks K.straße 4 in Berlin-Mitte. Das Grundstück ist zwar der Rechtsvorgängerin des Klägers durch eine NS-Verfolgungsmaßnahme im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz – VermG) entzogen worden (dazu a). Die Restitution ist aber gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. b und c VermG ausgeschlossen (dazu b). Die vom Vermögensgesetz vorgeschriebene Anwendung dieser Vorschrift auf NS-Verfolgungsmaßnahmen ist verfassungsrechtlich (dazu c) und völkerrechtlich (dazu d) unbedenklich.
a) Der Kläger ist Rechtsnachfolger einer Berechtigten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG. Frau S. hielt sich bei Inkrafttreten der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 (RGBl I S. 722) im Ausland auf und verlor deshalb als Jüdin gemäß § 2 der Verordnung die deutsche Staatsbürgerschaft. Mit dem Verlust der Staatsbürgerschaft war die entschädigungslose Entziehung des gesamten Vermögens zugunsten des Reiches verbunden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung). Diese Konfiskation war eine Maßnahme der Verfolgung aus rassischen Gründen im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG.
Der Anwendung des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG steht nicht entgegen, daß der durch die 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 angeordnete Vermögensfall als unwirksam anzusehen ist und die Rechtsvorgängerin des Klägers deshalb seinerzeit das Eigentum an dem Grundstück zivilrechtlich nicht verloren hatte. Diese Verordnung ist wegen Widerspruchs gegen fundamentale Grundsätze der Gerechtigkeit von Anfang an nichtig gewesen (vgl. BVerfGE 23, 98 ≪106≫). Die Nichtigkeit betrifft die Ausbürgerung ebenso wie die Konfiskation des Vermögens (vgl. BGHZ 16, 350 ≪353 f.≫; für die Verfallserklärung aufgrund § 2 des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933 ≪RGBl I S. 480≫ BVerwG, Urteil vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 5.94 –, zur Veröffentlichung in BVerwGE bestimmt). Das Vermögensgesetz will aber auch und gerade derartige Vermögensentziehungen des NS-Staates wiedergutmachen. Deshalb knüpft es an den Geltungsanspruch der jeweiligen Rechtsordnung an und erfaßt auch solche Vermögenswerte, die dem Rechtsinhaber ungeachtet etwaiger Rechtsmängel zumindest faktisch entzogen worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 1995 – BVerG 7 C 5.94 –; Urteil vom 30. Juni 1994 – BVerwG 7 C 24.93 – NJW 1994, 2713; Beschluß vom 21. November 1994 – BVerwG 7 B 91.94 – NJW 1995, 608; Beschluß vom 10. März 1994 – BVerwG 4 B 46.94 – DÖV 1994, 611).
b) Als Rechtsnachfolger der Berechtigten kann der Kläger die Rückübertragung des entzogenen Grundstücks verlangen, soweit dies nicht nach dem Vermögensgesetz ausgeschlossen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VermG). Ohne Rechtsverstoß haben der Beklagte und das Verwaltungsgericht den Ausschlußtatbestand des § 5 Abs. 1 Buchst. b und c VermG bejaht. Diese Vorschrift ist auch auf vermögensrechtliche Ansprüche anzuwenden, denen Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG zugrunde liegen.
aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG ist eine Rückübertragung entzogener Vermögenswerte ausgeschlossen, wenn dies von der Natur der Sache her nicht mehr möglich ist. In Konkretisierung dieses Ausschlußgrundes bestimmt § 5 Abs. 1 VermG, daß eine Rückübertragung von Eigentumsrechten an Grundstücken und Gebäuden insbesondere auch dann als unmöglich anzusehen und deshalb ausgeschlossen ist, wenn die Grundstücke und Gebäude nach der Entziehungsmaßnahme bestimmte rechtliche oder tatsächliche Veränderungen in ihrer Nutzung erfahren haben, die in den Buchst. a – d näher gekennzeichnet sind.
Es kann offenbleiben, ob im hier zu entscheidenden Fall bereits der allgemeine Ausschlußgrund des § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG greift, weil das entzogene Grundstück nicht mehr vorhanden ist, sondern mit anderen Grundstücken zu einem neuen Flurstück zusammengefaßt wurde. Jedenfalls hat das Verwaltungsgericht zu Recht den Ausschlußgrund der Widmung zum Gemeingebrauch (§ 5 Abs. 1 Buchst. b VermG) bejaht, soweit es um die von dem Parkplatz und dem Spielplatz eingenommene Fläche des früheren Grundstücks geht, während für die der Wohnanlage K.-L.-Straße zugeordnete Grünfläche der Auschlußgrund einer Verwendung im komplexen Wohnungsbau (§ 5 Abs. 1 Buchst. c VermG) zutrifft. Auch der Kläger wendet sich nicht gegen diese vom Verwaltungsgericht vorgenommene Einordnung der heutigen Nutzung.
bb) Zu Unrecht meint der Kläger, die Vorschrift des § 5 VermG gelte nicht für vermögensrechtliche Ansprüche, die auf § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG gestützt sind. Die Revision schließt aus der dort angeordneten „entsprechenden” Anwendung des Vermögensgesetzes, daß dieses Gesetz Ansprüche von NS-Verfolgten nicht erst begründe, sondern das Bestehen solcher Ansprüche auf der Grundlage anderer Normen, insbesondere der alliierten Rückerstattungsgesetze, voraussetze. § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG habe nur die Bedeutung, bestimmte Vorschriften des Vermögensgesetzes, etwa solche verfahrensrechtlichen Inhalts, in entsprechender Anwendung ergänzend heranzuziehen. Für jede Vorschrift des Vermögensgesetzes müsse deshalb geprüft werden, ob sie nach ihrem Regelungsgegenstand den Besonderheiten der vermögensrechtlichen Ansprüche NS-Verfolgter gerecht werde; beim Ausschlußtatbestand des § 5 VermG sei dies nicht der Fall.
Diese Rechtsansicht ist mit dem Vermögensgesetz nicht vereinbar. Ungeachtet des in der Tat mißverständlich formulierten Wortlauts begründet § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG erstmals Rückübertragungsansprüche für Bürger und Vereinigungen, denen durch NS-Verfolgungsmaßnahmen auf dem Gebiet der späteren DDR und des sowjetischen Sektors von Berlin Vermögen entzogen wurde. Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 5.94 – entschieden hat, ist Zweck des Vermögensgesetzes, soweit es um Vermögensverluste in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 geht, die Wiedergutmachung von Unrechtsmaßnahmen des NS-Staates, zu der sich der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland mit Blick auf den Rechts- und Sozialstaatsgedanken des Grundgesetzes verpflichtet hat (vgl. auch BVerfGE 84, 90 ≪126≫). Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß es in der sowjetischen Besatzungszone bzw. in der DDR sowie im sowjetischen Sektor Berlins bis zum Erlaß des Vermögensgesetzes keine Wiedergutmachungsgesetzgebung gegeben hat, die den in den westlichen Besatzungszonen und Sektoren Berlins und später in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Wiedergutmachungsgesetzen gleichwertig gewesen wäre. Insbesondere gab es keine generelle Rückerstattung noch vorhandener Vermögenswerte. Deshalb konnte das noch als Gesetz der DDR am 29. September 1990 in Kraft getretene Vermögensgesetz mit seinem § 1 Abs. 6 VermG auch nicht an bereits bestehende Rückübertragungsansprüche anknüpfen, sondern hat solche konstitutiv begründet.
Mit der Übernahme des Vermögensgesetzes durch den Einigungsvertrag – EV – in die gesamtdeutsche Rechtsordnung hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Durch Art. 8 EV in Verbindung mit Anlage I zu diesem Vertrag ist zwar das bundeseinheitlich geltende sog. sekundäre Wiedergutmachungsrecht, also das Bundesrückerstattungsgesetz und das Bundesentschädigungsgesetz, auf das Beitrittsgebiet erstreckt worden. Dagegen wurde das sog. primäre Wiedergutmachungsrecht, d.h. die alliierten Rückerstattungsgesetze, nicht auf das Gebiet der ehemaligen DDR ausgedehnt. Das ergibt sich daraus, daß die Überleitungsvorschrift des Art. 8 EV partikulares Bundesrecht nicht erfaßt. Die alliierten Rückerstattungsvorschriften (vgl. Gesetz Nr. 59 der Militärregierung Deutschland – amerikanisches Kontrollgebiet – vom 10. November 1947 – REG ≪AmZ≫; Gesetz Nr. 59 der Militärregierung Deutschland – britisches Kontrollgebiet – vom 12. Mai 1949 – REG ≪BrZ≫; Verordnung Nr. 120 des französischen Oberbefehlshabers in Deutschland vom 10. November 1947; Anordnung BK/O ≪49≫ 180 der Alliierten Kommandantur Berlin – REAO – vom 26. Juli 1949) galten aber nach Maßgabe des mit den Westalliierten geschlossenen Überleitungsvertrages vom 26. Mai 1952 (BGBl II 1955, S. 213) nur für den Bereich der jeweiligen früheren Besatzungszone bzw. der Westsektoren Berlins weiter. Einer Überleitung dieser Rechtsvorschriften bedurfte es im übrigen nicht, weil das Vermögensgesetz mit seinem § 1 Abs. 6 die Aufgabe der Rückerstattung im Beitrittsgebiet übernommen hatte.
Dieses Verständnis des Vermögensgesetzes wird dadurch bestätigt, daß der Gesetzgeber besondere Regelungen geschaffen hat, soweit er Besonderheiten der angestrebten Wiedergutmachung von NS-Vermögensunrecht berücksichtigt wissen wollte. Das zeigt sich vor allem an den durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257) eingefügten Änderungen, etwa § 1 Abs. 6 Satz 2 (Verfolgungsvermutung), § 1 Abs. 8 Buchst. a (Verhältnis zu nochmaligen Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage), § 2 Abs. 1 (Rechtsstellung jüdischer Verfolgtenorganisationen) und § 22 InVorG (Einschränkung des Investitionsvorrangs bei Grundstücken der Liste C). Der Gesetzgeber wollte zwar eine möglichst weitgehende Anlehnung an die alliierten Rückerstattungsregelungen, aber gerade nicht deren generelle Übernahme (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes, BTDrucks 12/2480, S. 36 sowie den Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 12/2944, S. 49 f.).
Fehlt es an Spezialregelungen für vermögensrechtliche Ansprüche NS-Verfolgter, gelten also die allgemeinen Bestimmungen des Vermögensgesetzes. Die in § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG vorgeschriebene „entsprechende” Anwendung bedeutet lediglich, daß wegen der Ausrichtung des Vermögensgesetzes auf die für die DDR kennzeichnenden Entziehungstatbestände keine zu enge Anlehnung an den Text einzelner Bestimmungen erfolgen soll, wenn die betreffenden Vorschriften die Besonderheiten verfolgungsbedingter Vermögensverluste nicht berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 5.94 –). Dagegen können über eine entsprechende Anwendung nicht die grundlegenden Strukturen des Vermögensgesetzes in Frage gestellt werden, indem für jede Vorschrift einzeln geprüft wird, ob sie überhaupt Geltung beanspruchen kann oder nicht. Eine solche auch für Ansprüche nach § 1 Abs. 6 VermG uneingeschränkt anzuwendende Vorschrift ist § 5 VermG. Dies wird nunmehr durch das NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz vom 27. September 1994 (BGBl I S. 2624, 2632) bestätigt, das in seinem § 1 Abs. 1 u.a. auf den Ausschlußtatbestand des § 4 Abs. 1 VermG und damit auch des § 5 VermG Bezug nimmt. Die Regelungen des § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 VermG stehen im übrigen auch nicht in prinzipiellem Widerspruch zu den Grundsätzen des alliierten Rückerstattungsrechts. Auch dieses hat der Erkenntnis Rechnung getragen, daß bei rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit der Herausgabe oder bei Entgegenstehen bedeutsamer öffentlicher oder privater Interessen das Prinzip der Rückgabe in Natur nicht uneingeschränkt durchgeführt werden konnte. Dies zeigen beispielhaft die Art. 15 ff. REAO über die „Begrenzung der Rückerstattung”, die für bestimmte Sachverhalte lediglich eine Entschädigung gewähren (vgl. etwa Art. 15 Nr. 1 – nach der Entziehung erfolgende Enteignung zu einem rechtsstaatlich legitimen Zweck –, Art. 23 Nr. 1 – wesentliche Veränderung unter gleichzeitiger erheblicher Wertsteigerung – und Art. 23 Nr. 2 – nicht mehr abtrennbare Verbindung mit einer anderen Sache –).
c) Der durch § 5 VermG angeordnete Ausschluß der Rückübertragung von Vermögenswerten ist auch insoweit verfassungsrechtlich unbedenklich, als er Entziehungsmaßnahmen im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG betrifft.
Zu Unrecht sieht die Revision in dem Ausschluß der Rückübertragung einen enteignenden, nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG zulässigen Eingriff in das Eigentum von NS-Verfolgten. Dies gilt jedenfalls für die von § 5 VermG erfaßten Sachverhalte, in denen bei Inkrafttreten des Vermögensgesetzes und bei dessen anschließend erfolgter Übernahme in die gesamtdeutsche Rechtsordnung keine durchsetzbaren vermögenswerten Rechtspositionen mehr vorhanden waren, die in den Schutzbereich des Art. 14 GG hätten gelangen können. So verhält es sich bei den Fallgestaltungen, wie sie dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit zugrunde liegen.
Die Revision leitet aus der Nichtigkeit der durch die 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 herbeigeführten Konfiskationen ab, daß der Verfolgte zivilrechtlich Eigentümer der entzogenen Vermögenswerte geblieben sei und das Vermögensgesetz ebenso wie die alliierten Rückerstattungsgesetze das Fortbestehen solcher Eigentumsrechte respektieren müsse. Diese Rechtsansicht ist bereits im Ansatz verfehlt. Die alliierten Rückerstattungsgesetze haben sich ausschließliche Geltung für alle in Betracht kommenden Rückerstattungsansprüche zugemessen, unabhängig von der etwaigen Nichtigkeit der Entziehungsmaßnahme (vgl. etwa Art. 51 Satz 1 REAO; ähnlich Art. 49 Satz 1 REG ≪BrZ≫ und Art. 57 Satz 1 REG ≪AmZ≫). Im ordentlichen Rechtsweg durften Ansprüche auf Herausgabe von Vermögenswerten nur geltend gemacht werden, wenn sie auf nicht verfolgungsbedingte Gründe gestützt waren (vgl. etwa Art. 51 Satz 2 REAO). Auf die Unwirksamkeit der Vermögensentziehung gegründete zivilrechtliche Ansprüche waren selbst dann ausgeschlossen, wenn die Anmeldefristen für die Rückerstattung versäumt waren (vgl. ORG Berlin, RzW 1958, 96; BGHZ 10, 340 ≪343≫; OLG München, RzW 1957, 97). Entscheidend war also, daß die Entziehungsmaßnahme dem Reich zumindest den Schein des Eigentums verschafft und den Vermögensgegenstand dem Verfolgten tatsächlich entzogen hatte.
Von diesen Grundsätzen hat der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs in BGHZ 16, 350 – übrigens unter ausdrücklichem Widerspruch durch das ORG Berlin in RzW 1958, 96 – lediglich für den besonderen Fall eine Ausnahme zugelassen, daß der durch eine nichtige Verfallserklärung entzogene Vermögensgegenstand ohne jede Veränderung der ihn betreffenden tatsächlichen Verhältnisse erhalten geblieben war und der Verfolgte deshalb ohne weiteres auf ihn zugreifen konnte; hier habe sich das Verfolgungsunrecht bereits mit dem Ende des NS-Regimes erledigt, so daß es einer Wiedergutmachung durch Einleitung eines förmlichen Rückerstattungsverfahrens nicht mehr bedurft habe. Eine solche Situation war aber bei entzogenen Vermögensgegenständen, die sich bei Kriegsende auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone befanden, gerade nicht gegeben. Der außerhalb dieses Gebietes lebende NS-Verfolgte hatte keinerlei Möglichkeit, auf sein Vermögen zuzugreifen. Es unterlag vielmehr als Reichsvermögen zunächst der Beschlagnahme durch den SMAD-Befehl Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 und wurde später von den staatlichen Stellen der DDR wie Volkseigentum verwaltet.
In Fällen wie dem vorliegenden kommt noch hinzu, daß der Verfolgte sein allenfalls formal fortbestehendes Eigentum endgültig durch die für den beabsichtigten komplexen Wohnungsbau durchgeführte Enteignung nach dem Aufbaugesetz der DDR vom 6. September 1950 (GBl I S. 965) verloren hat. Im Fall der Rechtsvorgängerin des Klägers geschah dies durch den Inanspruchnahmebescheid des Magistrats von Groß-Berlin vom 4. Juni 1968 und die anschließend erfolgte Eintragung von Volkseigentum in das Grundbuch.
Auch sonst bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 5 VermG. Bei der Regelung der Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Staatsunrechts hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 13, 39 ≪43≫; BVerfGE 84, 90 ≪126≫ m.w.N.). Dabei darf er auch auf die Erfüllung der neuen Aufgaben Bedacht nehmen, die sich aus dem Wiederaufbau in den neuen Bundesländern ergeben (BVerfGE 84, 90 ≪131≫). Mit dem Restitutionsausschluß gemäß § 5 Abs. 1 VermG soll sichergestellt werden, daß bestimmte tatsächliche oder rechtliche Veränderungen in der Nutzung der entzogenen Grundstücke oder Gebäude, die nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten rückgängig gemacht werden könnten, aufrechterhalten bleiben. Wenn der Gesetzgeber aufgrund dieser Sachzwänge das Interesse der NS-Verfolgten an einer Rückgabe in Natur zurücktreten läßt und sie auf eine Entschädigung verweist, bewegt er sich innerhalb des ihm zukommenden Gestaltungsraums. Dies gilt um so mehr, als das Vermögensgesetz 45 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft infolge der in diesen Jahrzehnten eingetretenen rechtlichen und tatsächlichen Entwicklungen eine andere Situation zu bewältigen hatte als die wenige Jahre nach Kriegsende erlassenen alliierten Rückerstattungsgesetze.
d) Zu Unrecht sieht schließlich die Revision in dem Ausschlußtatbestand des § 5 Abs. 1 VermG einen Verstoß gegen die von der Bundesrepublik Deutschland getroffene Vereinbarung mit der Französischen Republik, den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland vom 27./28. September 1990 (BGBl II S. 1386). Abgesehen davon, daß der behauptete Verstoß keine rechtliche Bedeutung für die Gültigkeit dieser Vorschrift hätte, weil der genannte Vertrag weder eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG ist noch gem. Art. 59 Abs. 2 GG in das nationale Recht transformiert wurde, ist die Regelung des § 5 VermG nicht vertragswidrig.
In Nr. 4 Buchst. c Abs. 1 Satz 1 der Vereinbarung bestätigt die Regierung der Bundesrepublik Deutschland, daß die Streichung des Dritten, Vierten und Fünften Teils des Überleitungsvertrages die Fortgeltung der darin festgelegten Grundsätze in bezug auf die innere Rückerstattung, die Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung und die äußeren Restitutionen sowie die Fortgeltung der entsprechenden Bestimmungen des Bundesrückerstattungsgesetzes und des Bundesentschädigungsgesetzes nicht beeinträchtigt. Schon der Wortlaut „Fortgeltung”) macht deutlich, daß sich diese Bestätigung nur auf das Gebiet der alten Bundesrepublik Deutschland bezieht. Für das Beitrittsgebiet hat die Regierung der Bundesrepublik Deutschland in Nr. 4 Buchst. c Abs. 3 Satz 1 der Vereinbarung die Absicht erklärt, das Bundesrückerstattungsgesetz und das Bundesentschädigungsgesetz auf das Gebiet der gegenwärtigen DDR zu erstrecken. Dies ist vor allem durch den Erlaß des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes vom 27. September 1994 geschehen, das in seinem § 2 Satz 1 auf die §§ 16 bis 26 des Bundesrückerstattungsgesetzes verweist. Die alliierten Rückerstattungsgesetze sind dagegen in der Vereinbarung nicht aufgeführt, offenbar deshalb, weil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Inkrafttreten des Vermögensgesetzes mit der in § 1 Abs. 6 enthaltenen Regelung unmittelbar bevorstand.
Eine andere Beurteilung ergäbe sich auch dann nicht, wenn man mit der Revision der Regelung in Nr. 4 Buchst. c Abs. 3 der Vereinbarung eine Verpflichtung zur Erstreckung der alliierten Rückerstattungsgesetze oder zumindest deren wesentlicher Grundsätze auf das Beitrittsgebiet entnehmen wollte. Satz 2 der genannten Bestimmung weist nämlich darauf hin, daß bei der Erstreckung auf das Beitrittsgebiet weitere Bestimmungen erforderlich sind, „die den dortigen Gegebenheiten Rechnung tragen”. Diese Formulierung trägt ersichtlich der Erkenntnis Rechnung, daß die in mehr als vier Jahrzehnten erfolgten politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen eine uneingeschränkte Übertragung der 40 Jahre alten alliierten Rückerstattungsregelungen nicht zulassen. Regelungen wie der Ausschlußtatbestand des § 5 VermG wären dann in Ausfüllung dieses Vorbehaltes ergangen.
2. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend auch den Hilfsantrag des Klägers auf Übertragung eines Ersatzgrundstücks abgewiesen.
Scheidet die Rückübertragung eines Grundstücks aus den Gründen des § 4 Abs. 2 VermG (redlicher Erwerb) aus, so kann nach § 9 Satz 1 VermG (§ 9 Abs. 2 Satz 1 VermG a.F.) die Entschädigung durch Übereignung von Grundstücken mit möglichst vergleichbarem Wert erfolgen. Bei einem Restitutionsausschluß aus den Gründen des § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 VermG greift § 9 Satz 1 VermG also nicht ein. Mit der Regelung des § 9 Satz 1 VermG hat der Gesetzgeber den Eckwert Nr. 3 Buchst. b der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 umgesetzt. Danach sollte in den Fällen eines redlichen Erwerbs von Immobilien durch Bürger der DDR ein sozial verträglicher Ausgleich an die ehemaligen Eigentümer durch Austausch von Grundstücken mit vergleichbarem Wert oder durch Entschädigung hergestellt werden.
Schon angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 9 Satz 1 VermG ist eine von der Revision befürwortete entsprechende Anwendung auf andere Ausschlußtatbestände nicht möglich. Eine solche erweiternde Auslegung würde auch Sinn und Zweck der Vorschrift widersprechen. Diese Regelung ist nicht, wie die Revision anzunehmen scheint, in erster Linie von dem Gedanken getragen, dem früheren Eigentümer in der Art einer Enteignungsentschädigung einen den Vermögensverlust wertmäßig möglichst kompensierenden Ausgleich zu verschaffen. Sie will vielmehr eine besondere Konfliktsituation entschärfen, wie sie typischerweise nur in den Fällen des redlichen Erwerbs auftreten kann. Bürger der DDR durften nach den maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl. beispielhaft § 23 Abs. 1 ZGB) nur die der Befriedigung der individuellen Wohn- und Erholungsbedürfnisse dienenden Gebäude und Grundstücke, im wesentlichen also Eigenheime, rechtsgeschäftlich erwerben. Dementsprechend betrifft die Vorschrift des § 4 Abs. 2 VermG praktisch nur derartige Immobilien, und zwar meist solche, die dem früheren Eigentümer im Zusammenhang mit einem legalen oder illegalen Verlassen der DDR entzogen wurden. Diese Eigenheime stellten sowohl für die früheren wie für die jetzigen Eigentümer eine unentbehrliche Lebensgrundlage dar. Da bei Redlichkeit des Erwerbs der jetzige Eigentümer oder dinglich Nutzungsberechtigte das Eigenheim behalten darf (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG), soll dem früheren Eigentümer die ihm entzogene Lebensgrundlage durch Bereitstellung eines Ersatzgrundstücks wieder verschafft werden können. Offenbar hegten die beiden deutschen Regierungen bei Abfassung der Gemeinsamen Erklärung die Erwartung, daß eine Reihe von geflüchteten oder ausgereisten ehemaligen Bürgern der DDR wieder in die alte Heimat zurückkehren wollte. Aus diesem Grund spricht der Eckwert Nr. 3 Buchst. b auch von einem „Austausch” von Grundstücken.
Zu Unrecht meint die Revision, die Anwendung des § 5 VermG auf Ansprüche nach § 1 Abs. 6 VermG sei verfassungs- und völkerrechlich überhaupt nur haltbar, wenn die Möglichkeit einer Entschädigung durch Übereignung eines Ersatzgrundstücks eingeräumt werde. Aus den oben gemachten Ausführungen ergibt sich, daß der Gesetzgeber weder verfassungsrechtlich noch durch die Vereinbarung mit den ehemaligen Westalliierten verpflichtet ist, eine bestimmte Form der Entschädigung vorzusehen. Insbesondere bedurfte es nicht der Gewährung einer Enteignungsentschädigung gemäß Art. 14 Abs. 3 GG. Schließlich bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbotes (Art. 3 Abs. 1 GG) keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die für die Regelung des § 9 Satz 1 VermG maßgebenden Gründe sind ein sachgerechtes Differenzierungskriterium im Vergleich zu den Ausschlußtatbeständen der § 4 Abs. 1 und § 5 VermG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Franßen, Dr. Paetow, Dr. Bardenhewer, Kley, Herbert
Fundstellen
Haufe-Index 1603349 |
BVerwGE, 261 |
BVerwGE: ja |