Entscheidungsstichwort (Thema)
Fleischuntersuchung. Fleischuntersuchungsgebühren. Gemeinschaftsgebühr. EG-Pauschale. Trichinen. Untersuchung auf Trichinen
Leitsatz (amtlich)
“Gemeinschaftsgebühr” im Sinne der Richtlinie 85/73/EWG über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch meint “gemeinschaftsrechtlich geregelte Gebühr”, also eine Gebühr auf der Grundlage der Richtlinie; die Mitgliedstaaten dürfen für die von der Richtlinie erfassten Amtshandlungen weder auf die Erhebung einer Gebühr verzichten (Erhebungspflicht) noch neben der Gemeinschaftsgebühr zusätzliche nationale Gebühren erheben (Überschreitungsverbot).
Die Gemeinschaftsgebühr muss nicht als Pauschalgebühr erhoben werden. Nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie können die Mitgliedstaaten zur Deckung höherer Kosten auch eine spezifische Gebühr erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt.
Zusätzliche Anforderungen enthält die Vorschrift nicht. Namentlich enthält sie kein Verbot einer Berechnung von Teilgebühren für abtrennbare Untersuchungsteile, etwa für die Untersuchung von frischem Schweinefleisch auf Trichinen.
Normenkette
Richtlinie 85/73/EWG Art. 1, 5 Anhang A Kapitel I Nr. 4; FlHG § 24; AGFlHG Schl.-H. §§ 1-3, 4 Abs. 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 10.02.2006; Aktenzeichen 3 LB 3/05) |
VG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 18.12.2003; Aktenzeichen 1 A 33/03) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Die Klägerin betreibt in N… eine Schlachterei. Das in ihren Räumen geschlachtete Fleisch unterliegt der Fleischuntersuchung, die von Bediensteten des Veterinäramts des beklagten Kreises wahrgenommen wird. Der Beklagte zog die Klägerin mit den angefochtenen fünf Bescheiden zu Gebühren für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen von Hausschweinen an fünf Schlachttagen in den Jahren 1998 bis 2002 in Gesamthöhe von 9 633,63 € heran, darunter für Untersuchungen auf Trichinen in Gesamthöhe von 628,73 €.
Die Klägerin legte jeweils Widerspruch ein. Nachdem hierüber nicht entschieden wurde, hat sie am 17. Oktober 2002 Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung der Bescheide, soweit darin höhere Gebühren als die sog. EG-Pauschale festgesetzt wurden, sowie Rückzahlung des bereits bezahlten Differenzbetrages nebst Rechtshängigkeitszinsen verlangt hat. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, nur zur Zahlung der EG-Pauschale verpflichtet zu sein. Die Mitgliedstaaten seien zwar zur Festsetzung höherer Gebühren ermächtigt, doch habe Deutschland hiervon nicht wirksam Gebrauch gemacht. Zum einen hätten nicht sämtliche Länder höhere Gebühren beschlossen, einige – wie Schleswig-Holstein – auch nur rückwirkend, was unzulässig sei. Zum zweiten gebe das Schleswig-Holsteinische Landesrecht nur einen Gebührenrahmen vor, den die Exekutive ausfüllen dürfe, was mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung unvereinbar sei und zudem dem Ziel des Europarechts zuwiderlaufe, die Gebührenbelastung der Schlachtbetriebe zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen zu vereinheitlichen. Zum dritten erlaube das Gemeinschaftsrecht lediglich die Anhebung der EG-Pauschale, nicht jedoch die Erhebung konkreter Gebühren, keinesfalls die Erhebung gesonderter Gebühren für einzelne Untersuchungen wie die auf Trichinen.
Mit Urteil vom 18. Dezember 2003 hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Sie sei nur zulässig, soweit sich die Klägerin gegen die gesonderte Erhebung von Gebühren für Untersuchungen auf Trichinen zur Wehr setze, also hinsichtlich eines Betrages von 628,73 €. Insoweit sei die Klage aber unbegründet. Die Gebühren seien nach dem Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetz zum Fleischhygiene- und zum Geflügelfleischhygienegesetz, nach dem Verwaltungskostengesetz, nach der Landesverordnung über Verwaltungsgebühren in Angelegenheiten der Veterinärverwaltung und nach dem Gebührenverzeichnis des beklagten Kreises rechnerisch richtig festgesetzt worden, was auch die Klägerin nicht in Abrede stelle. Dieses Regelwerk sei nicht wegen Verstoßes gegen Bundes- oder Europarecht nichtig, sondern gültiges Recht. Europäisches Gemeinschaftsrecht habe nicht die Gebührenhöhe, sondern lediglich die Regeln der Gebührenbemessung harmonisiert, den Mitgliedstaaten aber anheimgestellt, auf dieser Grundlage kostendeckende konkrete Gebühren auf nationaler, kommunaler oder betrieblicher Ebene festzulegen. Der Bundesgesetzgeber habe diese Befugnis an die Länder weitergereicht, das Land Schleswig-Holstein hiervon Gebrauch gemacht. Dabei gebe das Land für die einzelnen Gebührentatbestände Gebührenrahmen vor, die auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte unter Berücksichtigung auch betrieblicher Besonderheiten auszufüllen seien. Dagegen könnten Bedenken nicht erhoben werden. Frei von Beanstandung sei auch die Erhebung gesonderter Gebühren für Untersuchungen auf Trichinen, solange dieser Aufwand nicht schon in die allgemeine Untersuchungsgebühr eingeflossen sei und das europarechtliche Bemessungssystem beachtet werde. Unzulässig sei lediglich die Erhebung einer solchen gesonderten Gebühr neben einer Pauschalgebühr, nicht jedoch im Rahmen konkret berechneter Gebühren. Dass das Landesrecht teilweise rückwirkend erlassen worden sei, verletze kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin, die bereits seit 1990 mit der Erhebung kostendeckender Gebühren habe rechnen müssen. Schließlich hielten auch die vom beklagten Kreis festgelegten Gebührensätze der Überprüfung stand; ihre Behauptung, diese überstiegen die tatsächlich entstandenen Kosten, habe die Klägerin nicht substanziiert.
Mit Beschluss vom 8. September 2004 hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die Berufung zugelassen, soweit die Klage die Gebühren für Trichinenuntersuchungen betrifft. Mit Urteil vom 10. Februar 2006 hat es die Berufung zurückgewiesen. Hierzu hat es auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil zustimmend Bezug genommen. Der dort vertretenen Rechtsauffassung, dass gesonderte Gebühren für Trichinenuntersuchungen nach Gemeinschaftsrecht zwar nicht neben einer pauschalen Gebühr, wohl aber bei konkreter Gebührenberechnung erhoben werden dürften, sei auch gegenüber der abweichenden Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu folgen. Die im Berufungsverfahren erhobenen Einwände der Klägerin gegen die Kostenermittlung und die Gebührenkalkulation des Beklagten griffen nicht durch.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Das europäische Gemeinschaftsrecht sehe eine Pauschalgebühr vor, durch die sämtliche Kosten der Fleischuntersuchung abgegolten seien. Durch die Erhebung europaweit einheitlicher Gebühren solle Wettbewerbsverzerrungen entgegengewirkt werden. Damit sei es nicht vereinbar, neben der allgemeinen Fleischuntersuchungsgebühr noch gesonderte Gebühren für einzelne Untersuchungsteile zu erheben. Das habe der Europäische Gerichtshof entschieden, dem sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen habe. Über die EG-Pauschalgebühr hinauszugehen, sei auch deshalb ausgeschlossen, weil Deutschland die einschlägige EG-Richtlinie nicht ordnungsgemäß und vollständig umgesetzt habe. Die Umsetzung sei nicht ordnungsgemäß, weil sie erst nach Außerkrafttreten der umzusetzenden Richtlinie und rückwirkend erfolgt sei; ferner soweit nationales Recht gesonderte Gebühren für Trichinenuntersuchungen ausweise; und sie sei nicht vollständig, weil sie nicht für sämtliche gebührenfähigen Tatbestände auch Gebühren vorsehe. Außerdem unterlaufe der Beklagte die vom Gemeinschaftsrecht beabsichtigte Vereinheitlichung und verstoße zudem gegen das gemeinschaftsrechtliche Transparenzgebot, indem er seiner Gebührenkalkulation Lohnkosten nach Maßgabe seines Tarifvertrages und nicht die Zeit- und Vergütungswerte der Protokollerklärung des Agrarrates und des Rates der EG vom 24. Januar 1989 zugrunde gelegt habe. Im Übrigen seien die vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsgrundlagen zwischenzeitlich außer Kraft getreten.
Der Beklagte tritt der Revision entgegen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsurteil steht mit Bundes- und mit europäischem Gemeinschaftsrecht im Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
1. a) Die angefochtenen Gebührenbescheide beruhen auf dem schleswig-holsteinischen Ausführungsgesetz zu § 24 des Fleischhygienegesetzes und zu § 26 des Geflügelfleischhygienegesetzes – AGFlHG – vom 12. Januar 1998 (GVOBl S. 2). Nach dessen § 1 Nr. 1 werden für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz und den zu dessen Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften von den Kreisen und kreisfreien Städten kostendeckende Gebühren erhoben.
Nach § 2 des Gesetzes ergeben sich die gebührenpflichtigen Tatbestände aus der Landesverordnung über Verwaltungsgebühren in Angelegenheiten der Veterinärverwaltung – VetVwGebV – vom 21. August 1974 (GVOBl S. 315) in der jeweils gültigen Fassung. Diese Verordnung findet hier in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Januar 1998 (GVOBl S. 76) Anwendung. Deren Tarifstelle 1 führt als gebührenpflichtige Tatbestände “Untersuchungen und Kontrollen nach dem Fleischhygiene- und Geflügelfleischhygienerecht” an, darunter 1.1 “Schlachttieruntersuchung, Fleischuntersuchung, Hygienekontrollen”. Die Unterziffer 1.1.3 nennt “Hausschwein, Wildschwein” – die Vorgängerverordnung hatte ausdrücklich hinzugefügt: “ohne Trichinenschau” (GOVBl 1974 S. 316) –, die Unterziffer 1.1.11 “Untersuchung auf Trichinen”.
Nach § 3 AGFlHG ist die Höhe der Gebührensätze der Tarifstelle 1 der Landesverordnung auf den Stand der tatsächlichen Kosten festzusetzen. Nach § 4 Abs. 1 Halbs. 1 AGFlHG werden die Gebührensätze für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung einschließlich der Rückstandsuntersuchungen, der Untersuchung auf Trichinen sowie der Hygienekontrollen bemessen je Tier, unterschieden nach Tierart. § 4 Abs. 2 AGFlHG bestimmt, welche Kosten in die Gebührenbemessung einzustellen sind. Die Tarifstellen der genannten Landesverordnung nennen bei jeder Position einen Gebührenrahmen je Tier. Mit Dienstanweisung vom 25. Februar 1998 hat der Landrat des Beklagten die Gebührensätze für Fleischuntersuchungen und -kontrollen im Gebiet des Kreises festgelegt. Für die Klägerin, die in ihrem sog. EG-Schlachtbetrieb mehr als 1 500 Schlachtungen pro Monat im Wege der Bandschlachtung vornimmt, sieht die Dienstanweisung gestaffelte Gebühren je nach Zahl der geschlachteten Tiere bei einem bestimmten Schlachttempo vor, gesondert für “Tarifstelle 1.1.3.2. – Schlachttier- und Fleischuntersuchung” und “Tarifstelle 1.1.11 – Untersuchungen auf Trichinen”.
b) Das Berufungsgericht hat entschieden, dass die angefochtenen Bescheide in den genannten Vorschriften des Landesgesetzes und der Landesverordnung eine hinreichende Grundlage finden. Es hat ferner festgestellt, dass die Gebührensätze einwandfrei ermittelt und festgelegt wurden. Vor allem hat es festgestellt, dass bei der Ermittlung der Gebührensätze nur tatsächliche Kosten berücksichtigt worden sind, dass also keine Kostenüberdeckung vorliegt, was schon nach § 3 des Landesgesetzes unzulässig wäre. Kosten wurden auch nicht doppelt abgegolten; die Gebühr der Tarifstelle 1.1.3.2 (allgemeine Fleischuntersuchung beim Hausschwein) enthält mit anderen Worten keine Kostenbestandteile, die erst durch die gesonderte Trichinenuntersuchung entstehen, und umgekehrt gilt die Gebühr der Tarifstelle 1.1.11 (Untersuchung auf Trichinen) ausschließlich Kosten dieser gesonderten Trichinenuntersuchung ab. Gegen diese Feststellungen des Berufungsgerichts bringt die Revision keine Einwände vor.
3. Eine Verletzung von Bundesrecht ist nicht ersichtlich.
a) Dem Land Schleswig-Holstein stand die Kompetenz zur Regelung der Gebühren für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz zu.
Allerdings unterliegt das Recht der Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung und der Sicherung der Ernährung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 GG der konkurrierenden Gesetzgebung. Der Bund hat von seiner Kompetenz durch den Erlass des Fleischbeschau- bzw. Fleischhygienegesetzes jedoch mit Blick auf die Erhebung von Fleischuntersuchungsgebühren nicht abschließend Gebrauch gemacht. Vielmehr sieht § 24 Abs. 1 des Fleischhygienegesetzes (FlHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 1993 (BGBl I S. 1189), geändert durch § 33 des Geflügelfleischhygienegesetzes vom 17. Juli 1996 (BGBl I S. 991), von Bundesrechts wegen lediglich vor, dass für die Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften kostendeckende Gebühren erhoben werden; hinsichtlich der kostenpflichtigen Tatbestände und der Bemessung der Gebühren belässt § 24 Abs. 2 FlHG es demgegenüber bei der Gesetzgebungsbefugnis der Länder und fügt als Einschränkung lediglich die Bindung der Länder an das Gemeinschaftsrecht hinzu (Urteile vom 29. August 1996 – BVerwG 3 C 7.95 – BVerwGE 102, 39 ≪40 f.≫ und vom 27. April 2000 – BVerwG 1 C 7.99 – BVerwGE 111, 143 ≪147 f.≫; vgl. auch Beschluss vom 26. April 2001 – BVerwG 3 BN 1.01 – LRE 41, 115).
Die Klägerin verweist demgegenüber darauf, dass das Fleischhygienegesetz durch Art. 7 Nr. 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts vom 1. September 2005 (BGBl I S. 2617) aufgehoben wurde. Das genannte Neuordnungsgesetz ist jedoch ausweislich seines Art. 9 erst am 7. September 2005 in Kraft getreten; damit ergibt sich aus dem materiellen Recht (vgl. Urteil vom 3. November 1986 – BVerwG 9 C 254.86 – BVerwGE 78, 243 ≪244≫ m.w.N.), dass das Fleischhygienegesetz für Sachverhalte vor diesem Zeitpunkt weiter Gültigkeit beansprucht (vgl. auch Art. 2 § 1 Satz 1 Nr. 4 LFNeuOG). Im Übrigen hat die ersatzlose Aufhebung des § 24 FlHG die Regelungsbefugnis der Länder nicht beseitigt, sondern umgekehrt bekräftigt (Art. 72 Abs. 1 GG).
b) Die Klägerin sieht auch darin einen Verstoß gegen Bundesrecht, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung das Ausführungsgesetz des Landes zugrunde gelegt habe, obwohl dieses rückwirkend in Kraft gesetzt worden sei, ohne dass es hierfür eine hinlängliche Rechtfertigung gebe. Auch damit dringt sie nicht durch. Richtig ist, dass das am 22. Januar 1998 verkündete Landesgesetz hinsichtlich Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz rückwirkend zum 1. Dezember 1990 in Kraft getreten ist (§ 5 Abs. 2 Alt. 1 AGFlHG). Ein schützenswertes Vertrauen von Gebührenschuldnern konnte dadurch aber schon deshalb nicht verletzt werden, weil die Anwendung des Gesetzes auf vor seiner Verkündung liegende Tatbestände zu keinen höheren Kostenfestsetzungen führen durfte als nach dem zuvor geltenden Recht (§ 5 Abs. 1 AGFlHG). Im Übrigen würde eine etwaige Nichtigkeit des § 5 Abs. 2 Satz 1 AGFlHG lediglich dazu führen, dass das Gesetz auch für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz am Tage nach seiner Verkündung, also am 23. Januar 1998 (vgl. § 5 Abs. 2 Alt. 2 AGFlHG), allenfalls vierzehn Tage nach seiner Verkündung, also am 6. Februar 1998 (Art. 39 Abs. 3 Verfassung von Schleswig-Holstein; vgl. § 5 Abs. 2 Alt. 2 AGFlHG) in Kraft getreten wäre. Auch dann bietet es für die angefochtenen Bescheide eine zureichende Rechtsgrundlage, deren ältester vom 9. Dezember 1998 datiert.
c) Ein Verstoß gegen Bundesrecht kann auch nicht darin gesehen werden, dass das Ausführungsgesetz und die Gebührenverordnung des Landes lediglich einen Gebührenrahmen vorgeben und die Festsetzung der konkreten Gebührensätze den Veterinärverwaltungen in den kreisfreien Städten und Kreisen überlassen (Urteil vom 27. April 2000 a.a.O. S. 149 f.; Beschlüsse vom 21. Juni 2002 – BVerwG 3 BN 9.01 – und vom 27. Juni 2002 – BVerwG 3 BN 4.01 –).
4. Das schleswig-holsteinische Gebührenrecht ist auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar.
a) Die angefochtenen Gebührenbescheide betreffen Amtshandlungen zwischen dem 9. Dezember 1998 und dem 23. Juli 2002. Gebühren für Fleischuntersuchungen in dieser Zeitspanne betrifft die Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch (ABl EG Nr. L 32 S. 14) in der Fassung der Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 (ABl EG Nr. L 162 S. 1). Diese Richtlinie wurde zwar durch Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (ABl EG Nr. L 165 S. 1) mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufgehoben. Das gilt jedoch nur für die Zukunft; es lässt die Gültigkeit und Anwendbarkeit der Richtlinie 85/73/EWG bei Sachverhalten vor dem 1. Januar 2008 unberührt.
Nach Art. 1 der Richtlinie 85/73/EWG tragen die Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Anhangs A dafür Sorge, dass für die Kosten, die durch die Untersuchungen und Kontrollen der Erzeugnisse im Sinne des vorgenannten Anhangs entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr erhoben wird. “Gemeinschaftsgebühr” meint “gemeinschaftsrechtlich geregelte Gebühr”, also eine Gebühr auf der Grundlage der Richtlinie 85/73/EWG; die Mitgliedstaaten dürfen für diese Amtshandlungen weder auf die Erhebung einer Gebühr verzichten (Erhebungspflicht) noch neben der Gemeinschaftsgebühr zusätzliche nationale Gebühren erheben (Überschreitungsverbot, Art. 5 Abs. 4 UAbs. 1 der Richtlinie).
Zu den Amtshandlungen, die von der Gemeinschaftsgebühr erfasst werden, gehört auch die Untersuchung auf Trichinen bei frischem Fleisch von Schweinen (EuGH, Urteil vom 30. Mai 2002 – Rs. C-284/00 und C-288/00, Stratmann und Fleischversorgung Neuss – Slg. I-4611, 4632 ≪Rn. 46 ff.≫). Art. 1 der Richtlinie 85/73/EWG erfasst Untersuchungen und Kontrollen der Erzeugnisse im Sinne des Anhangs A, dessen Kapitel I seinerseits unter anderem auf die Richtlinie 64/433/EWG verweist. Die Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch (ABl EG Nr. 121 S. 2012) in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl EG Nr. L 268 S. 69) legt die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von zum Verzehr bestimmtem frischem Fleisch von Haustieren fest. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Abschnitt A Buchstabe d der Richtlinie 64/433/EWG sorgt jeder Mitgliedstaat dafür, dass Tierkörper usw. nach Anhang I Kapitel VIII einer Fleischuntersuchung durch einen amtlichen Tierarzt unterzogen worden sind. Nach Anhang I Kapitel VIII Ziff. 42 Buchstabe A Nr. 3 hat der amtliche Tierarzt auch eine systematische Untersuchung auf Trichinen bei frischem Fleisch von Schweinen vorzunehmen, das Skelettmuskulatur (willkürliche Muskeln) einschließt. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a (iii) der Richtlinie 64/433/EWG sorgen die Mitgliedstaaten ferner dafür, dass der amtliche Tierarzt das Fleisch von Tieren, die von Trichinose befallen waren, für genussuntauglich erklärt.
b) Anhang A Kapitel I der Richtlinie 85/73/EWG regelt die Gebühr nach Artikel 1 näher. Nummer 1 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten – unbeschadet ihrer Befugnis zur Abweichung nach Maßgabe der Nummern 4 und 5 – für Untersuchungskosten im Zusammenhang mit Schlachttätigkeiten bestimmte Pauschalbeträge erheben, die nach Tierarten sowie nach Schlachtgewicht differenziert sind. Diesen Pauschalbeträgen liegen durchschnittliche Kosten – bezogen auf die Kostentatbestände des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 85/73/EWG – in der gesamten (damaligen) Gemeinschaft zugrunde. Nummern 4 und 5 gestatten den Mitgliedstaaten, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von den Pauschalbeträgen abzuweichen. Nach Nummer 5 können die Mitgliedstaaten geringere Gebühren erheben, nach Nummer 4 höhere Gebühren. Dabei gestattet Nummer 4 Buchstabe a, zur Deckung höherer Kosten die gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträge für bestimmte Betriebe anzuheben, und Nummer 4 Buchstabe b erlaubt, zur Deckung höherer Kosten eine spezifische Gebühr zu erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt.
Im Land Schleswig-Holstein werden für Untersuchungskosten im Zusammenhang mit Schlachttätigkeiten nicht die Pauschalbeträge nach Anhang A Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie 85/73/EWG erhoben. Vielmehr werden Gebühren nach dem Stand der tatsächlichen Kosten berechnet (§ 3 AGFlHG). Das stützt sich auf Anhang A Kapitel I Nummer 4 Buchstabe b der Richtlinie 85/73/EWG.
Die Klägerin meint, in Deutschland dürften mehr als die gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträge nicht erhoben werden. Die Richtlinie 85/73/EWG sei in Deutschland nicht fristgerecht und nicht vollständig umgesetzt worden, weshalb ihre Bestimmungen über die EG-Pauschale unmittelbar anwendbar seien und Schutzwirkungen zugunsten der Gebührenschuldner entfalteten. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Richtlinie ist durch § 24 Abs. 2 FlHG, der in seiner ursprünglichen Fassung als § 23 Abs. 2 durch Art. 1 Ziff. 20 des Gesetzes zur Änderung des Fleischbeschaugesetzes vom 13. April 1986 (BGBl I S. 398) eingefügt wurde (vgl. hierzu Urteile vom 29. August 1996 a.a.O. ≪40 f.≫ und vom 27. April 2000 a.a.O. ≪152 f.≫), sowie für Schleswig-Holstein spätestens durch das Ausführungsgesetz zu § 24 des Fleischhygienegesetzes und zu § 26 des Geflügelfleischhygienegesetzes vom 12. Januar 1998 (GVBl S. 2) umgesetzt worden. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass nationales Recht die Umsetzung einer Richtlinie des Gemeinschaftsrechts den Ländern bzw. den Kommunalkörperschaften überlassen darf und dass dies auch für die Umsetzung der Richtlinie 85/73/EWG gilt (EuGH, Urteile vom 10. November 1992 – Rs. C-156/91, Hansa Fleisch Ernst Mundt – Slg. I-5567, 5589 ≪Rn. 22 ff.≫ und vom 9. September 1999 – Rs. C-374/97, Feyrer – Slg. I-5153, 5167 ≪Rn. 33 ff.≫; BVerwG, Beschlüsse vom 26. April 2001 – BVerwG 3 BN 1.01 – LRE 41, 115, vom 21. Juni 2002 – BVerwG 3 BN 9.01 – und vom 27. Juni 2002 – BVerwG 3 BN 4.01 –). Damit steht zugleich fest, dass jede hiernach zur Rechtsetzung befugte Gebietskörperschaft der Bundesrepublik Deutschland das Gemeinschaftsrecht für ihren jeweiligen Hoheitsbereich umsetzt und dass die Wirksamkeit dieser Umsetzungsakte nicht davon abhängig ist, dass die Umsetzung auch in allen anderen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland bereits erfolgt ist (Beschlüsse vom 9. Oktober 2006 – BVerwG 3 B 75.06 und BVerwG 3 B 76.06 –). Der Wirksamkeit der Umsetzung stand weder entgegen, wenn sie erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist erfolgt sein sollte, noch wurde sie wieder beseitigt, wenn spätere Änderungen der Richtlinie, welche den vorliegenden Rechtsstreit nicht betreffen, ihrerseits nicht oder nicht fristgerecht umgesetzt worden sein sollten (vgl. EuGH, Urteil vom 8. März 2001 – Rs. C-316/99, Kommission/Deutschland – Slg. I-2037, 2045). Die Ansicht der Klägerin, Verzögerungen oder Lücken in der Umsetzung einer Richtlinie des Gemeinschaftsrechts machten die Umsetzung insgesamt unbeachtlich, entbehrt jeder Grundlage.
c) Die schleswig-holsteinische Regelung kann auf Anhang A Kapitel I Nummer 4 Buchstabe b der Richtlinie 85/73/EWG gestützt werden. Wie erwähnt, können die Mitgliedstaaten nach dieser Vorschrift zur Deckung höherer Kosten eine Gebühr erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Mit Recht hebt die Klägerin hervor, dass auch durch die nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b erhöhte Gebühr nur die Kosten gedeckt werden dürfen, die in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie bezeichnet sind. Das ergibt sich daraus, dass auch die so erhöhte Gebühr eine Gemeinschaftsgebühr ist. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie werden die Gemeinschaftsgebühren in der Weise festgelegt, dass sie folgende Kosten decken, die die zuständige Behörde bei der Durchführung der Kontrollen und Untersuchungen zu tragen hat: Löhne und Sozialabgaben der Untersuchungsstelle sowie die durch die Durchführung der Untersuchungen und Kontrollen entstehenden Verwaltungskosten, denen noch die Kosten der Fortbildung des Untersuchungspersonals hinzugerechnet werden können. Dieser Umfang der maßgeblichen Kosten wird in Schleswig-Holstein nicht überschritten (vgl. § 4 Abs. 2 AGFlHG).
Die von der EG-Pauschale abweichende Gebührenbemessung erfolgt zur Deckung höherer Kosten. Bezugsraum ist insofern der jeweilige Mitgliedstaat (Beschluss vom 12. März 1997 – BVerwG 3 NB 3.94 – Buchholz 418.5 Nr. 17). Es steht fest, dass die maßgeblichen Kosten in Deutschland über den durchschnittlichen Kosten in der Gemeinschaft in ihrem damaligen Bestand – vor der Osterweiterung – liegen. Außerdem weichen die Werte für Deutschland auch hinsichtlich der weiteren in Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung 88/408/EWG des Rates vom 15. Juni 1988 (ABl Nr. L 194 S. 24) erstmals genannten Parameter – Struktur der Betriebe, Verhältnis zwischen Tierärzten und Fleischbeschauern – vom Gemeinschaftsdurchschnitt ab. Dies ergibt sich aus der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 24. Oktober 1997 (BAnz S. 13298). Dass für Schleswig-Holstein Besonderes gälte, wurde von den Beteiligten nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
Schließlich muss der Mitgliedstaat mit seinen besonderen Gebühren die entstehenden Kosten in dem jeweiligen Bemessungs- und Erhebungsgebiet, hier also im Gebiet des Beklagten (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 1999, a.a.O. ≪Rn. 33 ff.≫), insgesamt decken; er darf sie jedenfalls nicht über-, wohl auch nicht unterschreiten (vgl. EuGH ebd. ≪Rn. 27≫; BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2001 – BVerwG 3 C 1.01 – Buchholz 316 § 60 VwVfG Nr. 6 S. 8 = NVwZ 2002, 486). Die in Schleswig-Holstein vom Beklagten für sein Gebiet erhobenen Gebühren werden auch diesen Anforderungen gerecht. Der Festlegung der Gebührensätze liegt jeweils eine Kalkulation zugrunde, die sämtliche abgeltungsfähigen Kosten – nach Kostenart wie nach Kostenhöhe – einstellt. Eine Doppelabgeltung findet nicht statt; durch die gesonderte Gebührenbemessung für die Untersuchung auf Trichinen einerseits und durch die Fleischuntersuchung im Übrigen andererseits werden nur die hierdurch jeweils verursachten Kosten erfasst, ohne dass es Überschneidungen gäbe. Dies haben das Verwaltungsgericht und das Berufungsgericht ausführlich dargelegt; Verfahrensrügen hiergegen hat die Klägerin nicht erhoben.
d) Zusätzliche Anforderungen enthält die Vorschrift nicht.
Die Klägerin möchte Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie 85/73/EWG das Verbot der Berechnung von Teilgebühren für abtrennbare Untersuchungsteile – hier für die Untersuchung von frischem Schweinefleisch auf Trichinen – entnehmen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
Dass Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie von “einer” Gebühr spricht, gibt dafür nichts her. Wie der Blick auf die englische Sprachfassung zeigt, ist “ein” kein Zahlwort, sondern ein unbestimmter Artikel (“a” statt “one”). Selbst wenn es ein Zahlwort wäre und deshalb nur eine Gebühr erhoben werden dürfte, wäre allein damit noch nichts über die Ermittlung und Bemessung dieser Gebühr gesagt. Es bliebe auch dann möglich, die Gebühr im Wege der Addition mehrerer Teilbeträge (Teilgebühren) zu ermitteln. Davon geht die Richtlinie sogar selbst aus, wenn sie die Mitgliedstaaten in Art. 5 Abs. 3 dazu ermächtigt, einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren zu erheben, sofern die erhobene ”Gesamtgebühr” die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet.
Richtig ist, dass der gemeinschaftsdurchschnittliche Pauschalbetrag je Tier nach Anhang A Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie 85/73/EWG nur nach Tierarten und nach Gewichtsklassen differenziert, aber eine zusätzliche Differenzierung – etwa nach Untersuchungsteilen – nicht zulässt, und dass auch die abweichende Gebührenbemessung nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe a nur im Wege der Anhebung dieser Pauschalbeträge zulässig ist. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass auch die abweichende Gebührenbemessung nach Nr. 4 Buchstabe b nur durch Anhebung dieser gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträge erfolgen und dass deshalb bei der Gebührenbemessung nur in ihrem Rahmen differenziert werden dürfte. In Nr. 4 Buchstabe b ist in deutlichem Unterschied zu Nr. 1 gerade nicht von “Pauschalbeträgen”, sondern von “Gebühr” – in der Vorgängerfassung des Anhangs Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Änderungsrichtlinie 93/118/EG des Rates vom 22. Dezember 1993 (ABl EG Nr. L 340 S. 15) sogar von “spezifischer Gebühr” – die Rede. Damit wird hier gerade keine Pauschalierung verlangt, schon gar keine Pauschalierung mit der Reichweite der Nr. 1.
Eine allgemeine Festlegung nur auf derartige Pauschalbeträge ergibt sich auch nicht aus Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 85/73/EWG. Dort sind ersichtlich nur die im Anhang A Kapitel I Nr. 1 (und Nr. 2 Buchstabe a) “vorgesehenen durchschnittlichen Pauschalbeträge” gemeint. Auch die Protokollerklärung des Agrarrates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Entscheidung des Rates vom 15. Juni 1988 über die Beiträge der für die Untersuchung und Hygienekontrollen von frischem Fleisch zu erhebenden Gebühren gemäß der Richtlinie 85/73/EWG (88/408/EWG) vom 24. Januar 1989 (BAnz. 1989, 901) enthält Grundsätze und Methoden nur für die Berechnung der gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträge. Sie sind auf eine pauschalierende Gebührenbemessung zugeschnitten und können deshalb allenfalls noch für eine abweichende Gebührenbemessung im Wege der Anhebung der gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschale nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe a Anhaltspunkte liefern, nicht aber auch für eine Abweichung im Wege der Erhebung einer spezifischen Gebühr nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b.
Auch Sinn und Zweck der Richtlinie stehen einer nach Untersuchungsteilen differenzierenden Kosten- und Gebührenkalkulation nicht entgegen, solange nur die tatsächlichen Kosten erfasst und auch nicht unter-, jedenfalls aber nicht überschritten werden. Die Harmonisierung des Rechts der Fleischuntersuchungsgebühren soll verhindern, dass Unterschiede bei der Finanzierung der Gebühren den Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fleischerzeugnisse beeinträchtigen (Erwägungsgrund 5 zur Richtlinie 85/73/EWG vom 29. Januar 1985, ABl EG Nr. L 32 S. 14; vgl. EuGH, Urteile vom 9. September 1999 a.a.O. ≪Rn. 40≫, und vom 30. Mai 2002 a.a.O. ≪Rn. 57≫). Dabei sollte die Harmonisierung gerade nicht so weit gehen, dass in sämtlichen Mitgliedstaaten dieselben Gebühren erhoben werden (EuGH, Urteil vom 9. September 1999 a.a.O. ≪Rn. 40≫); das wird schon durch die Möglichkeit eines jeden Mitgliedstaates belegt, die gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträge zu unter- oder zu überschreiten. Vielmehr sollte sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten die Kosten der Fleischuntersuchung überhaupt im Wege der Gebühren auf die Erzeuger abwälzen und nicht als “indirekte Subvention” auf sich behalten. Das belegt Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 85/73/EWG in ihrer heutigen Fassung. Hiernach ist dem Mitgliedstaat die direkte oder indirekte Erstattung der Gebühren im Sinne dieser Richtlinie untersagt. Außerdem sollten die jeweils erhobenen Gebühren vergleichbar sein, indem gemeinschaftsrechtlich die Gebührentatbestände und die hierbei gebührenfähigen Kostenpositionen festgelegt wurden; für weitere Tatbestände (Ausnahme: Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2) und weitere Kostenpositionen dürfen Gebühren nicht erhoben werden (Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1). Alles dies besagt nichts zu der Frage, inwieweit innerhalb der hiernach gebührenpflichtigen Tatbestände und der hiernach einzustellenden Kostenpositionen die Gebühren differenzierend oder umgekehrt pauschalierend zu bemessen sind.
Hinzu kommt schließlich, dass ein Verbot der differenzierenden Gebührenbemessung bei Schweinen, jedenfalls bei solchen Tieren, die in Deutschland geschlachtet werden, zu keinen niedrigeren oder höheren Gebühren führen würde. Auswirkungen ergäben sich nur bei frischem Fleisch, das aus Drittstaaten eingeführt und in Deutschland nur einer isolierten Trichinenuntersuchung unterzogen wird. Um derartige Fälle geht es hier aber nicht. Das ergibt sich aus Folgendem: Die Trichinenuntersuchung ist eine gesonderte Untersuchung, die zu der allgemeinen Schlachttier- und Fleischuntersuchung hinzutritt. Eine Trichinenuntersuchung ist aber – außer bei Pferden – nur bei Schweinen vorgeschrieben, und sie ist bei sämtlichen Schweinen vorgeschrieben, die in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft geschlachtet werden. Eine Inkongruenz besteht daher nur bei frischem Fleisch von Schweinen, das aus Drittländern eingeführt wird; dieses Fleisch muss entweder einer isolierten Trichinenuntersuchung oder aber einer Kältebehandlung unterzogen werden, was aber regelmäßig bereits im Drittstaat, nur hilfsweise im Mitgliedstaat erfolgt (Richtlinie 77/96/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 über die Untersuchung von frischem Schweinefleisch auf Trichinen bei der Einfuhr aus Drittländern, ABl EG Nr. L 26 S. 67; vgl. Art. 6 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 64/433/EWG sowie EuGH, Urteil vom 30. Mai 2002 a.a.O. ≪Rn. 48≫). Bei Schlachtungen in Deutschland entstehen damit Kosten für Trichinenuntersuchungen außer bei Pferden nur bei Schweinen, aber auch bei sämtlichen Schweinen. Die Frage von Differenzierung oder Nivellierung stellt sich damit gar nicht. Ob die Kosten der allgemeinen Schlachttier- und Fleischuntersuchung einerseits und die Kosten der zusätzlichen Trichinenuntersuchung andererseits differenzierend in zwei Teilgebühren geltend gemacht oder aber nivellierend in einer gemeinsamen Pauschale für die Tierart Schweine zusammengefasst werden, macht für die Höhe der Gebührenbelastung insofern keinen Unterschied. Ein Unterschied ergibt sich erst durch Unterschiede in der Staffelung; hiergegen aber sind Bedenken nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich.
e) Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich nichts anderes.
Im Urteil “Feyrer” (vom 9. September 1999 – Rs. C-374/97 – Slg. I-5153, 5167 ≪Rn. 27, vgl. auch Rn. 30 ff.≫) hat der Europäische Gerichtshof zu der im wesentlichen wortgleichen Vorgängerfassung des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie 85/73/EWG entschieden, dass die den Mitgliedstaaten hierdurch eröffnete Möglichkeit zur Erhebung einer spezifischen Gebühr, die die tatsächlichen Kosten deckt, eine Befugnis ist, “von der sie unter der einzigen Voraussetzung, dass die Gebühr die tatsächlichen Kosten nicht überschreitet”, allgemein nach ihrem Ermessen Gebrauch machen können. Das hat der Gerichtshof zwar im Kontext der Frage ausgesprochen, ob der Richtlinie unmittelbare Wirkung zukomme, wenn sie nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzt sei. Es handelt sich gleichwohl um eine allgemeine Aussage zu der auch vorliegend entscheidungserheblichen Vorschrift.
Die Klägerin beruft sich demgegenüber auf das Urteil in den Rechtssachen “Stratmann und Fleischversorgung Neuss” (vom 30. Mai 2002 – Rs. C-284/00 und C-288/00 – Slg. I-4611, 4632). Das Urteil betrifft indes nicht die vorliegend strittige Frage. In den zugrunde liegenden Ausgangsfällen hatten die Behörden für die Fleischuntersuchung neben der Pauschalgebühr nach Anhang A Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie 85/73/EWG (bzw. den entsprechenden Vorgängerbestimmungen) zusätzlich spezifische Gebühren für die Untersuchung auf Trichinen (im Fall Stratmann) bzw. für bakteriologische Untersuchungen (im Fall Fleischversorgung Neuss) erhoben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2002 a.a.O. ≪Rn. 29 – 31≫). Das Bundesverwaltungsgericht hatte dementsprechend jeweils gefragt, ob die nach der Richtlinie 85/73/EWG geltende – gegebenenfalls erhöhte – Pauschalgebühr auch die Kosten der Durchführung von Untersuchungen von frischem Schweinefleisch auf Trichinen bzw. die Kosten einer im Einzelfall erforderlichen bakteriologischen Untersuchung erfasst (Beschlüsse vom 27. April 2000 – BVerwG 1 C 8.99 und 1 C 12.99 – Buchholz 418.5 Nr. 20 und 21; EuGH, Urteil vom 30. Mai 2002, a.a.O. ≪Rn. 34, 36≫). Diese Frage hat der Europäische Gerichtshof bejaht. Hierzu hat er darauf hingewiesen, dass die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene Fleischuntersuchung die Untersuchung auf Trichinen sowie erforderlichenfalls bakteriologische Untersuchungen einschließt (Rn. 42 ff.), weshalb Gebühren hierfür auch nur nach Maßgabe der Richtlinie 85/73/EWG erhoben werden dürfen (Rn. 49). Den Mitgliedstaaten sei also durch Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie verboten, neben dieser Gemeinschaftsgebühr für die Untersuchung auf Trichinen sowie für bakteriologische Untersuchungen noch gesonderte “nationale Gebühren” zu erheben (Rn. 53, 55, 58). Alles dies ist zweifelsfrei. Zur Frage, ob ein Mitgliedstaat, der die Gemeinschaftsgebühr statt nach gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträgen nach Anhang A Kapitel I Nr. 1 als spezifische Gebühr auf der Grundlage von Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie 85/73/EWG erheben will, dies wiederum nur im Wege von einheitlichen Pauschalbeträgen je Tier und Tierart tun darf, ergibt sich hieraus nichts.
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof dort beiläufig ausgeführt, “aus Kapitel I Nummer 4 Buchstaben a und b des Anhangs der Richtlinie 85/73 … (ergebe) sich vielmehr, dass jede von einem Mitgliedstaat beschlossene Erhöhung den Pauschalbetrag der Gemeinschaftsgebühr selbst betreffen und als dessen Anhebung erfolgen muss und dass eine spezifische, über die Gemeinschaftsgebühren hinausgehende Gebühr sämtliche tatsächlich entstandenen Kosten abdecken muss” (Urteil vom 30. Mai 2002 a.a.O. ≪Rn. 56≫). Diese Ausführungen haben deshalb Missverständnisse ausgelöst, weil sie die beiden verschiedenen Möglichkeiten, die das Gemeinschaftsrecht in Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstaben a und b den Mitgliedstaaten zur Abweichung von den Pauschalbeträgen nach Anhang A Kapitel I Nr. 1 eröffnet, in einen Satz zusammenfassen. Der Fall der “Erhöhung” der Gemeinschaftsgebühr im Wege der “Anhebung des Pauschalbetrages” betrifft ersichtlich (nur) Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe a, während der Fall der Erhebung einer “spezifischen Gebühr”, die “sämtliche tatsächlich entstandenen Kosten abdecken muss”, (nur) Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie 85/73/EWG betrifft. Dass auch diese “spezifische Gebühr” wiederum eine – zudem einheitliche – Pauschalgebühr sein müsste, hat der Gerichtshof damit nicht gesagt. Eine derartige Aussage wäre zudem durch die Vorlagefragen nicht veranlasst und ergäbe sich auch nicht als Schlussfolgerung aus anderen Erwägungen des Urteils.
5. Zur Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs besteht kein Anlass. Die Revision wirft zwar eine Frage zur Auslegung einer Richtlinie des Gemeinschaftsrechts auf; dies begründet nach Art. 234 Abs. 3 EG im Grundsatz die Vorlagepflicht. Diese Verpflichtung besteht jedoch dann nicht, wenn die Auslegungsfrage vom Europäischen Gerichtshof bereits entschieden worden ist (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – Rs. 283/81, CILFIT – Slg. S. 3415 ≪Rn. 13 f.≫). So liegt der Fall hier. Wie gezeigt, hat der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass ein Mitgliedstaat von der Ausnahmeregelung des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie 85/73/EWG unter der einzigen Voraussetzung Gebrauch machen darf, dass die Gebühr die tatsächlichen Kosten nicht überschreitet (EuGH, Urteile vom 9. September 1999 a.a.O. ≪Rn. 27, vgl. auch Rn. 30 ff.≫ und vom 30. Mai 2002 a.a.O. ≪Rn. 56≫). Die Ungewissheit, wie die Bemerkung in Randnummer 56 des Urteils vom 30. Mai 2002 in den Rechtssachen “Stratmann und Fleischversorgung Neuss” zu verstehen sei, begründet als solche die Vorlagepflicht nicht, zumal sich diese Ungewissheit – wie gezeigt – zweifelsfrei beheben lässt.
Im Übrigen betrifft die Auslegungsfrage auslaufendes Recht. Wie erwähnt, wurde die Richtlinie 85/73/EWG durch Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufgehoben. Das neue Recht kennt keine “spezifischen Gebühren” mehr, sondern nur noch Pauschalgebühren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Kley, van Schewick, Dr. Dette, Liebler, Prof. Dr. Rennert
Fundstellen