Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitvorgabe für die Geltendmachung von Besoldungsansprüchen nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. gesetzliche Frist. Anspruchsvoraussetzung in Gestalt einer einzuhaltenden Zeitspanne. irreführende Darstellung der Rechtslage in einem verwaltungsinternen Schreiben. Abdruck einer verwaltungsinternen Äußerung in einem Mitteilungsblatt eines Berufsverbandes ohne Zutun des Dienstherrn. kein Vertrauensschutz des Beamten
Leitsatz (amtlich)
Der Zeitraum, innerhalb dessen Beamte mit drei und mehr Kindern nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99 ihren Anspruch auf zusätzliche Besoldung geltend zu machen hatten, ist keine gesetzliche Frist, bei deren Versäumung Wiedereinsetzung gewährt werden kann (wie Urteile vom heutigen Tage – BVerwG 2 C 5.06 und BVerwG 2 C 6.06).
Der Dienstherr verletzt seine Pflicht, Informationen und Belehrungen seiner Beamten über die Rechtslage unmissverständlich und eindeutig zu formulieren, nicht dadurch, dass er eine verwaltungsinterne, nur zur Unterrichtung der Behörden bestimmte Verlautbarung, die dem Beamten ohne Zutun des Dienstherrn zur Kenntnis gelangt ist (hier: durch Abdruck in dem Mitteilungsblatt eines Berufsverbandes), missverständlich und mehrdeutig abfasst.
Normenkette
BBVAnpG 99 Art. 9 § 1 Abs. 1; BayVwVfG Art. 32
Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 24.10.2005; Aktenzeichen 3 B 03.3367) |
VG Augsburg (Urteil vom 06.11.2003; Aktenzeichen 2 K 02.843) |
Tenor
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Oktober 2005 wird aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. November 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Der Kläger, Beamter des Beklagten im gehobenen Dienst, ist Vater dreier zwischen 1975 und 1982 geborener Kinder. Mit Schreiben vom 16. April 2002 beantragte er, der Beklagte möge ihm für die Zeit von 1990 bis 1998 die in Art. 9 § 1 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1999) – BBVAnpG 99 – vorgesehenen kinderbezogenen Gehaltsbestandteile nachzahlen. Er gab an, er habe den nach Abs. 1 Satz 2 dieser Bestimmung notwendigen Antrag auf die zusätzlichen Besoldungsleistungen nicht, wie nach der Vorschrift erforderlich, zwischen dem 1. Januar 1988 und dem 31. Dezember 1998 gestellt, weil er durch die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 21. Dezember 1990 davon abgehalten worden sei. In diesem an die Staatskanzlei, die anderen Ministerien und an Körperschaften des öffentlichen Rechts adressierten Schreiben hatte das Staatsministerium der Finanzen über die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 – (BVerfGE 81, 363) und vom 29. Mai 1990 – 1 BvL 20/84, 26/84, 4/86 – (BVerfGE 82, 60) informiert. Es heißt dort u.a.:
“Die Besoldungsrechtslage nach dem 31.01.1981 war nicht entscheidungserheblich. Es wurde dem Gesetzgeber aber in dem Beschluss nahe gelegt, dass die Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung vorgelegten Vorschriften nicht ohne Folgen für spätere Regelungen bleiben kann. Hierbei geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass eine allgemeine Korrektur der für verfassungswidrig erklärten Regelung nur für den Zeitraum in Betracht kommt, der mit dem Haushaltsjahr beginnt, in dem durch die verfassungsgerichtliche Entscheidung die Verfassungswidrigkeit festgestellt worden ist, d.h. ab dem Jahr 1990.
Insoweit müssen weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden.”
Diesen Erlass druckte der Bayerische Beamtenbund in seiner Verbandszeitschrift “BBB-Nachrichten” im Rahmen eines Artikels mit der Überschrift “Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Familienlastenausgleich und die Folgen” vollständig ab.
Die Bezirksfinanzdirektion Augsburg wertete den Antrag des Klägers als Widerspruch und wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2002 zurück. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat das erstinstanzliche Urteil geändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger für sein am 5. Juli 1982 geborenes Kind amtsangemessene kinderbezogene Gehaltsbestandteile für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1998 in Höhe von 8 456,99 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen. Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt: Es sei unschädlich, dass der Kläger den Antrag auf familiengerechte höhere Besoldung nicht innerhalb des in Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 genannten Zeitraums gestellt habe. Ihm müsse Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Die Zeitspanne 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1998 sei eine gesetzliche Frist im Sinne des Art. 32 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes. Es sei glaubhaft, dass die Verwaltungsvorschrift bei dem Kläger die Vorstellung erweckt habe, er brauche weder einen Antrag zu stellen noch Widerspruch einzulegen, um die zusätzliche Besoldung für die Vergangenheit zu erhalten. Denn aus der Sicht eines objektiven Dritten sei die Verwaltungsvorschrift dahin zu verstehen, dass der Besoldungsgesetzgeber das verfassungswidrige Besoldungsrecht für die Zeit ab der verfassungsgerichtlichen Entscheidung, also ab 1990, korrigieren werde und jeder Beamte, ohne einen Antrag zu stellen oder Widerspruch einzulegen, in den Genuss des geänderten Rechts kommen werde. Der Kläger sei bis zum Erhalt des Ablehnungsbescheides vom 14. Juni 2002 der Meinung gewesen, er gehöre zu den ohne Antragstellung oder Widerspruchseinlegung anspruchsberechtigten Personen. Auch wenn der Erlass vom 21. Dezember 1990 nur an Verwaltungsbehörden und öffentlich-rechtliche Körperschaften gerichtet gewesen sei, habe es sich aus der Sicht des einzelnen Beamten um eine authentische Äußerung des für Besoldungsfragen zuständigen Ministers seines Dienstherrn gehandelt, auf die er habe vertrauen können. Wenn der Beklagte dies nicht wollte, hätte er das in dem Erlass zum Ausdruck bringen müssen. Die Beweislast für die Ursächlichkeit der Publizierung des Erlasses für den Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung seiner Besoldungsansprüche trage der Beklagte.
Mit der Beantragung der höheren Bezüge am 16. April 2002 habe der Kläger konkludent auch den Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist gestellt. Der Wiedereinsetzungsantrag sei nicht verspätet. Die unrichtige Information durch den Dienstherrn sei als höhere Gewalt im Sinne des Art. 32 Abs. 3 letzter Halbsatz des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes zu werten, die dem Kläger einen rechtzeitigen Antrag unmöglich gemacht habe.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und stellt den Antrag,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Oktober 2005 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. November 2003 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die erhöhten amtsangemessenen familienbezogenen Gehaltsbestandteile für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Januar 1998. Weder die Voraussetzungen eines Anspruchs nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1999 – Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1999 vom 19. November 1999 (BGBl I S. 2198) – BBVAnpG 99 – noch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen einer unrichtigen Belehrung des Klägers sind erfüllt.
Nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BBVAnpG 99 erhalten Kläger und Widerspruchsführer, die ihren in der Vergangenheit nicht erfüllten Anspruch auf amtsangemessene Besoldung auch hinsichtlich des dritten Kindes und weiterer Kinder in der Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1998 geltend gemacht haben, ohne dass darüber schon abschließend entschieden worden ist, Erhöhungsbeträge nach Satz 1 der Vorschrift vom 1. Januar des Haushaltsjahrs an, in dem das Vorverfahren begonnen hat. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber der vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 – (BVerfGE 81, 363) erhobenen und mit Beschluss vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91, 5, 6, 7, 8, 9, 10/96, 3, 4, 5, 6/97 – (BVerfGE 99, 300) bekräftigten Forderung Rechnung getragen, die Besoldung der Beamten mit mehreren Kindern seit 1988 zu verbessern. Ein Anspruch des Klägers aus Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 und Satz 3 BBVAnpG 99 scheitert daran, dass der Kläger nicht innerhalb des Zeitraums 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1998 die zusätzliche Besoldung gefordert hat.
Der Kläger konnte nach dem 31. Dezember 1998 seine Ansprüche nicht mehr rechtswirksam geltend machen; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht.
Nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 23. Dezember 1976 (GVBl S. 544) – BayVwVfG –, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 24. Dezember 2002 (GVBl S. 975), ist demjenigen, der ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die in Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BBVAnpG 99 genannte Zeitspanne ist keine gesetzliche Frist im Sinne des Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Fristen im Sinne dieser Bestimmung sind Zeiträume, die den Verfahrensbeteiligten für die Vornahme von Verfahrenshandlungen kraft Gesetzes eingeräumt sind. Die Statuierung einer Frist begründet für die Verfahrensbeteiligten die Obliegenheit, zur Vermeidung eines Rechtsnachteils vor Ablauf der Frist tätig zu werden. Wenn der Verfahrensbeteiligte dieser Obliegenheit schuldlos nicht genügt, kann ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Die Obliegenheit zur Vornahme einer Verfahrenshandlung innerhalb eines bestimmten Zeitraums kann hingegen nicht durch ein Gesetz begründet werden, das erst nach dem Verstreichen des festgelegten Zeitraums erlassen worden ist. In einem solchen Fall waren die Verfahrensbeteiligten während des fraglichen Zeitraums nicht durch das Recht aufgerufen, zwecks Vermeidung rechtlicher Nachteile tätig zu werden. Ein später ergangenes Gesetz, selbst wenn es sich Rückwirkung beilegen würde, kann diese Wirkung nicht haben. Das damalige Unterlassen des Verfahrensbeteiligten bleibt deshalb auch der – für die Entscheidung über die Gewährung von Wiedereinsetzung erforderlichen – Einstufung als schuldhaft oder schuldlos unzugänglich.
Die Geltendmachung des Anspruchs auf zusätzliche Besoldung innerhalb der Zeitspanne 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1998 ist vielmehr ein dem materiellen Recht zuzuordnendes Tatbestandsmerkmal des Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99. Diese Rechtsauffassung liegt dem Urteil des Senats vom 28. Juni 2001 – BVerwG 2 C 48.00 – (BVerwGE 114, 350), in dem das Zeitmoment in Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99 als “Anspruchsvoraussetzung” bezeichnet ist (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 352), sowie dem Urteil des Senats vom 3. März 2005 – BVerwG 2 C 13.04 – (Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 32 S. 9) zugrunde, wonach der Antrag auf Erhöhung des Familienzuschlags eine “materiellrechtliche Willenserklärung” darstellt.
Ist eine Zeitspanne, in der eine bestimmte Handlung vorgenommen werden muss, als ein Tatbestandsmerkmal einer materiellrechtlichen Anspruchsnorm statuiert, besteht bei Nichterfüllung dieses Merkmals der Anspruch nicht, es sei denn, das materielle Recht erklärt dies in bestimmten Fällen für unerheblich oder die Berufung auf die fehlende Einhaltung des Zeitraums widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. u.a. Urteile vom 28. Juni 1965 – BVerwG 8 C 334.63 – BVerwGE 21, 258 ≪261≫, vom 3. Juni 1988 – BVerwG 8 C 79.86 – Buchholz 448.7 Art. 4 KDVNG Nr. 2 und vom 22. Oktober 1993 – BVerwG 6 C 10.92 – Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 111). Keiner dieser beiden Ausnahmetatbestände ist gegeben.
Sinn und Zweck der Regelung des Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 und Satz 3 BBVAnpG 99 ist es, den vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verfassungsverstoß der unzureichenden Besoldung kinderreicher Beamter rückwirkend zugunsten derjenigen Beamten zu beheben, die ihren Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah geltend gemacht haben. Eine rückwirkende Beseitigung der Verfassungswidrigkeit zugunsten aller betroffenen Beamten hatte das Bundesverfassungsgericht gerade nicht für erforderlich erklärt. Der Besoldungsgesetzgeber wollte den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nachkommen, aber nicht darüber hinausgehen. Dementsprechend ist in der amtlichen Begründung zu Art. 9 § 1 BBVAnpG 99 (Drucks. 14/1088 S. 11) ausgeführt:
“Die nachträgliche Verbesserung der kinderbezogenen Anteile im Familienzuschlag für dritte und weitere Kinder ist auf die Kläger der Ausgangsverfahren und diejenigen Bezügeempfänger begrenzt, die ihre Ansprüche auf höhere Besoldung durch Einlegen eines Widerspruchs oder Erhebung einer Klage gerichtlich geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes schon abschließend entschieden worden ist. Eine generelle rückwirkende Regelung hat das Bundesverfassungsgericht nicht angeordnet.”
Der Beklagte verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, indem er die Zahlung der zusätzlichen Gehaltsbestandteile für die Vergangenheit unter Berufung auf die Nichteinhaltung des gesetzlichen Zeitraums verweigert. Zwar ist es den Behörden unter bestimmten engen Voraussetzungen verwehrt, sich auf das Fehlen einer materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzung in Gestalt eines Zeitmoments zu berufen (vgl. für die Fälle der Versäumung einer materiellrechtlichen Ausschlussfrist Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 28.95 – BVerwGE 101, 39, 45 ff. m.w.N.). Hat die Einhaltung der gesetzlichen Zeitvorgabe für die Behörde aber erhebliche Bedeutung, verstößt sie mit der Berufung auf die Nichterfüllung dieser Anspruchsvoraussetzung selbst dann nicht gegen Treu und Glauben, wenn der durch die Vorschrift Begünstigte die gesetzliche Zeitvorgabe schuldlos nicht eingehalten hat (Urteil vom 8. Februar 1974 – BVerwG 7 C 35.73 – Buchholz 451.551 FFG Nr. 4 S. 19 f.).
Die Erhebung des Anspruchs auf zusätzliche kinderbezogene Besoldungsbestandteile innerhalb des in Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG 99 genannten Zeitraums ist für den Dienstherrn von erheblicher Bedeutung. Durch den gesetzlichen Zeitrahmen wird das Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung konkretisiert, die nach den maßgeblichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts den Kreis derjenigen abgrenzt, die sich auf das Alimentationsdefizit nicht eingerichtet und deshalb Anspruch auf Besoldungsleistungen für die Vergangenheit haben. Damit soll sichergestellt werden, dass der Dienstherr nicht unvorhersehbar im Nachhinein mit nicht oder nur schwer zu bewältigenden Zahlungspflichten belastet wird.
Der Beklagte hat sich dadurch, dass er die in den BBB-Nachrichten abgedruckte Bekanntmachung vom 21. Dezember 1990 nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs missverständlich und irreführend formuliert hat, auch nicht gegenüber dem Kläger schadensersatzpflichtig gemacht. Zwar muss der Dienstherr, wenn er sich entschließt, den Beamten über Gestaltungsmöglichkeiten und Berechtigungen zu informieren, sachlich richtige, unmissverständliche und vollständige Hinweise erteilen, um den Beamten vor nachteiligen Fehlschlüssen aus dieser Unterrichtung zu bewahren. Verletzt der Dienstherr diese Pflicht schuldhaft und ruft die unrichtige oder irreführende Auskunft bei dem Beamten einen Irrtum hervor, der ihn veranlasst, eine rechtserhebliche Handlung zu unterlassen, und erleidet der Beamte dadurch einen Vermögensschaden, hat der Dienstherr diesen Schaden zu ersetzen.
Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits an einer Falschinformation des Klägers durch den Beklagten. Die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts irreführende Erklärung des Beklagten vom 21. Dezember 1990 war keine Erklärung, die dieser gegenüber dem Kläger oder zum Zwecke der Kenntnisnahme durch ihn abgegeben hat. Mit der Bekanntmachung hat das Bayerische Ministerium der Finanzen andere Landesbehörden und Körperschaften über die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 – (a.a.O.) und vom 29. Mai 1990 – 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86 – (a.a.O.) informiert und die eigenen Schlussfolgerungen aus diesen Entscheidungen mitgeteilt. Das Schreiben hatte verwaltungsinternen Charakter; es war vom Staatsministerium der Finanzen nicht zwecks Mitteilung an Empfänger außerhalb der Verwaltung aus der Hand gegeben worden, sondern war von der Redaktion der Verbandszeitschrift des Bayerischen Beamtenbundes und dem Verfasser eines dort veröffentlichten Aufsatzes ohne Zutun des Beklagten veröffentlicht worden. Damit haben die Redaktion bzw. der Verfasser des Aufsatzes, nicht der Beklagte, dem Kläger eine von ihm als maßgebend angesehene Rechtsauffassung zur Kenntnis gebracht. Äußerungen, die nach den Umständen einschließlich der objektiv erkennbaren Absicht der sich äußernden Behörde nur zur Kenntnis anderer Behörden oder öffentlich-rechtlicher Körperschaften bestimmt sind, sind nicht geeignet, bei Außenstehenden, denen die Äußerung zufällig bekannt wird, Vertrauen zu begründen. Indem der Dienstherr seine Rechtsauffassung nur verwaltungsintern verlautbart, gibt er zu erkennen, dass diese Information nicht an die Bediensteten gerichtet ist und sich die Mitarbeiter auch nicht entsprechend der Information verhalten sollen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Albers, Prof. Dawin, Groepper, Dr. Bayer, Dr. Heitz
Fundstellen
ZBR 2007, 301 |
Städtetag 2007, 44 |
GK/Bay 2007, 250 |