Entscheidungsstichwort (Thema)
Straßenbauvorhaben. Planfeststellung. gerichtliche Überprüfung. erstinstanzliche Zuständigkeit des BVerwG. Planfeststellungsbehörde. Regelung der Behördenzuständigkeit durch Runderlass. Planungsschranken. Wasserschutzgebiet. faktisches Vogelschutzgebiet. potenzielles FFH-Gebiet. Auswahlermessen. Abwägungsgebot. Naturschutzbelange. naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung des § 5 Abs. 1 VerkPBG, wonach das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über die im § 1 VerkPBG genannten Vorhaben entscheidet, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Nach niedersächsischem Recht unterliegt die Bestimmung der Behördenzuständigkeiten keinem Gesetzesvorbehalt.
Die Annahme, dass ein bestimmter Landschaftsraum ein faktisches Vogelschutzgebiet oder ein potenzielles FFH-Gebiet ist, braucht sich in der Regel dann nicht aufzudrängen, wenn weder das aktuelle IBA-Verzeichnis noch Äußerungen der EU-Kommission Anhaltspunkte dafür bieten, dass die in der Vogelschutzrichtlinie bzw. der FFH-Richtlinie aufgeführten Eignungsmerkmale erfüllt sind.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 95; NdsVerf Art. 41, 56 Abs. 2; VerkPBG § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 11; FStrG § 17 Abs. 1 S. 2; VRL Art. 4 Abs. 1 S. 4, Abs. 4 S. 1; FFH-RL Art. 4 Abs. 1; NWG §§ 92-93; NNatschG §§ 10-12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Klageverfahrens entsprechend ihrem jeweiligen Anteil am Gesamtstreitwert. Die Kläger zu 8 und 9 sowie zu 10 und 11 tragen den auf sie entfallenden Kostenanteil jeweils als Gesamtschuldner.
Tatbestand
I.
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 21. Oktober 2002 für den Neubau der Autobahn A 38 von der Anschlussstelle der Bundesstraße B 27 bis zur Landesgrenze Niedersachsen/Thüringen. Die Klägerin zu 1 ist in der Nachbarschaft der geplanten Trasse Eigentümerin eines Wohngrundstücks. Die Kläger zu 6 bis 11 sind Eigentümer überwiegend landwirtschaftlich genutzter Grundstücke, von denen Teilflächen für die Straßenbaumaßnahme oder für naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen unmittelbar in Anspruch genommen werden.
Die A 38 dient mit einer Länge von 183 km als Verbindung zwischen der A 7 im Raum Göttingen und der A 14 im Raum Leipzig. Sie gehört zu den “Verkehrsprojekten Deutsche Einheit” und ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als vordringlicher Bedarf dargestellt. Das planfestgestellte Teilstück hat eine Länge von rund 7 km. Es kreuzt die Leineniederung, die im Trassenbereich als Überschwemmungsgebiet festgesetzt ist, auf ca. 1 000 m in Dammlage. Als Leinequerung sind eine dreifeldrige Brücke mit einer lichten Weite von 47,10 m und zwei Stützpfeilerreihen von je 1,20 m Breite sowie einer lichten Höhe von 4,50 m vorgesehen. Als weitere Durchlassöffnung ist eine Flutbrücke mit einer lichten Weite von 40 m geplant. Östlich der Leineniederung schließt sich auf einer Streckenlänge von ca. 3 km, bei der ein Höhenunterschied von 150 m zu überwinden ist, der Anstieg zum Heidkopf an, der mit einem 1 700 m langen Tunnel unterfahren wird.
Die Kläger erhoben im Anhörungsverfahren Einwendungen, die im Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 2002 zurückgewiesen wurden. Sie machen im Klagewege geltend: Das Bundesverwaltungsgericht sei nicht zuständig. Seine für Streitigkeiten über die Zulässigkeit bestimmter Infrastrukturvorhaben begründete Sonderzuständigkeit sei verfassungswidrig. Sie verstoße insbesondere gegen den Gleichheitssatz. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Er leide an einem schweren formellen Fehler. Die Beklagte sei auf der Grundlage einer im Wege eines Runderlasses getroffenen Zuständigkeitsregelung als Anhörungs- und als Planfeststellungsbehörde tätig geworden. Dies widerspreche dem insoweit in der Niedersächsischen Verfassung verankerten Gesetzesvorbehalt. Das Planvorhaben ermangele der Planrechtfertigung. Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht den Anforderungen des Abwägungsgebots, da insbesondere die Alternativenprüfung Defizite aufweise. Die Beklagte habe den wasserrechtlichen Belangen nicht in der rechtlich gebotenen Weise Rechnung getragen. Sie verkenne das Gewicht der Hochwassergefahren, die durch den Eingriff in das festgesetzte Überschwemmungsgebiet drohten. Es dürfe nicht allein die Leine in den Blick genommen werden. Zu berücksichtigen seien auch die zahlreichen Bachläufe, die für zusätzlichen Zufluss sorgten. Auch die Naturschutzbelange seien zu kurz gekommen. Die Trasse durchschneide ein potenzielles FFH-Gebiet mit prioritären Lebensraumtypen. Der Oberlauf der Leine gehöre zu den FFH-Gebietsvorschlägen des NABU. Er sei durch das Vorhandensein von Auenwäldern sowie Vorkommen der Groppe und des Flussneunauges gekennzeichnet. Sowohl in der südlichen Leineaue mit den Nebentälern als auch im Bereich des Heidkopfes seien zahlreiche Fledermausarten nachweisbar. Der floristische und faunistische Wert des Gesamtraumes werde dadurch dokumentiert, dass im Trassenumfeld inzwischen auf hessischer und auf thüringischer Seite FFH-Gebiete nachgemeldet worden seien (“Rhöneberg bei Marzhausen” und “Leinetalhänge von Heiligenstadt bis Arenshausen und Waldgebiet nordwestlich Rustenfelde”). Die Kalk- und Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation, die zu diesen Meldungen maßgeblich beigetragen hätten, seien auch im niedersächsischen Trassenbereich anzutreffen. Die geplante Autobahn durchschneide ein faktisches Vogelschutzgebiet. Das Land Niedersachsen habe zwar das “Untere Eichsfeld”, das bis auf gut 6 km an die Trasse heranreiche, als Vogelschutzgebiet gemeldet. Tatsächlich umfasse der für den Vogelschutz relevante Bereich aber auch den Raum, der für den Autobahnbau in Anspruch genommen werden solle. Das gelte insbesondere für das Schwarzstorchvorkommen, für das die Feuchtbereiche im niedersächsischen und im thüringischen Planungsabschnitt als Nahrungshabitat dienten. Von Bedeutung sei das Gebiet aber auch für den Rotmilan, den Schwarzspecht, den Wespenbussard, den Eisvogel, die Wasseramsel und den Wachtelkönig. Hiervon abgesehen habe die Beklagte verkannt, dass das Autobahnvorhaben geeignet sei, die Schwarzstorchpopulation im gemeldeten Vogelschutzgebiet “Unteres Eichsfeld” erheblich zu beeinträchtigen. Jedenfalls werde ein ökologisch hochsensibler Bereich betroffen, der durch das Vorhandensein förmlich ausgewiesener Naturschutz- bzw. Landschaftsschutzgebiete und gesetzlich geschützter Biotope gekennzeichnet sei. Charakteristisch hierfür sei das Vorkommen seltener Tierarten, wie etwa Schwarzstorch, Wachtelkönig, Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr oder Wildkatze. Die Beklagte sei den Erfordernissen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nicht gerecht geworden. Die Ausgleichsbilanz sei unzureichend. Defizite seien insbesondere bei der Kompensation der Beeinträchtigungen des Lebensraumes der Wildkatze zu verzeichnen. Die eingriffsrechtlich vorgeschriebene Abwägung sei unterblieben. Sowohl aus wasser- als auch aus naturschutzrechtlichen Gründen hätte sich als vorzugswürdige Lösung eine Aufständerung im Bereich der Leineniederung aufdrängen müssen.
Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 2002 aufzuheben,
hilfsweise für den Fall, dass kein abschließendes Urteil ergeht,
im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes anzuordnen, dass die Arbeiten am streitgegenständlichen Abschnitt bis zum Abschluss des Verfahrens eingestellt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Klagebegehren insbesondere unter Hinweis auf die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses und die von ihr eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 2002 gerichtete Klage ist zulässig.
1.1.1 Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes – VerkPBG –, das in seiner Ursprungsfassung vom 16. Dezember 1991 (BGBl I S. 2174) stammt. Danach entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 1 des Gesetzes betreffen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VerkPBG gilt das Gesetz nicht bloß für die Planung von Verkehrswegen in den neuen Ländern und in Berlin, sondern u.a. auch für die Planung von Bundesfernstraßen zwischen den neuen Ländern und den nächsten Knotenpunkten des Hauptfernverkehrsnetzes des übrigen Bundesgebietes. Nach § 1 Abs. 2 bestimmt der Bundesminister für Verkehr durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Fernverkehrswege zwischen den in Absatz 1 Satz 1 genannten Ländern und den nächsten Knotenpunkten des Hauptfernverkehrsnetzes des übrigen Bundesgebietes im Einzelnen. Von dieser Ermächtigung hat er in der Fernverkehrswegebestimmungsverordnung vom 3. Juni 1992 (BGBl I S. 1014) Gebrauch gemacht. Nach § 2 Nr. 17 dieser Verordnung erstreckt sich der Anwendungsbereich des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes auch auf die A 38 (seinerzeit noch als “A 82” bezeichnet) “zwischen der Landesgrenze Thüringen und der A 7 bei Friedland”. Nach der Ursprungsfassung des § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG galt die Zuständigkeitsbestimmung des § 5 Abs. 1 VerkPBG als Bestandteil der “besonderen Vorschriften” des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes für Bundesfernstraßen bis zum 31. Dezember 1995. Diese Regelung wurde ergänzt durch § 11 VerkPBG. Nach Absatz 2 Satz 1 dieser Bestimmung waren Planungen für Verkehrswege, für die ein Verfahren nach den Vorschriften des Gesetzes begonnen worden war, auch nach dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG genannten Zeitpunkt nach den Vorschriften des Gesetzes zu Ende zu führen. Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 konkretisierte dies dahin, dass die Planung bei Planfeststellungsverfahren mit dem Antrag auf Einleitung der Planfeststellung bei der Anhörungsbehörde als begonnen galt. Durch die beiden Änderungsgesetze vom 15. Dezember 1995 (BGBl I S. 1840) und vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2659) wurde die Geltungsdauer der “besonderen Vorschriften” des Gesetzes zunächst bis zum 31. Dezember 1999 und danach bis zum 31. Dezember 2004 – auch mit Wirkung für das streitgegenständliche Bauvorhaben, für das der Antrag auf Einleitung der Planfeststellung am 14. August 2001 gestellt wurde – ausgedehnt. Diese Verlängerungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich.
Den Ausgangspunkt für die Schaffung von Sonderrecht “zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin” bildete die Einsicht, dass insoweit im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ein dringender Handlungsbedarf bestand. Es herrschte Einigkeit darüber, dass sich die Verkehrswege in den neuen Ländern weithin in einem desolaten Zustand befanden. Das Autobahnnetz war seit 1945 weitgehend unverändert geblieben. Es befand sich ebenso wie die übrigen Fernstraßen in einem Erhaltungszustand, der den Belastungen des nach der Vereinigung gestiegenen Verkehrs nicht gewachsen war und erst recht nicht den Anforderungen des zukünftigen Verkehrsbedarfs entsprach. Die Einbindung in das europäische Verkehrsnetz war unzulänglich und genügte nicht dem europäischen Standard. Der Gesetzgeber sah sich zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags, bundesweit gleiche Lebensverhältnisse zu gewährleisten, vor die Aufgabe gestellt, in den neuen Ländern so schnell wie möglich eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur aufzubauen und das so zu bildende Verkehrsnetz an das der alten Länder anzubinden. Mit einem Bündel von Netzerweiterungs- und -ausbaumaßnahmen verfolgte er das Ziel, einen Beitrag zum Abbau von Investitionshemmnissen zu leisten und die Voraussetzungen für die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen und die Bereitstellung von Arbeitsplätzen in den neuen Ländern zu schaffen. Besondere Bedeutung für das Zusammenwachsen der alten und der neuen Länder maß er der Verwirklichung der Vorhaben bei, die im Vorgriff auf den Bedarfsplan 1993 bereits im Februar 1991 unter Einschluss des Baus der Bundesautobahn A 38 in den Katalog der 17 “Verkehrsprojekte Deutsche Einheit” aufgenommen worden waren.
Der Gesetzgeber kam zu der Erkenntnis, dass das seinerzeit geltende Recht zur Bewältigung der mit der deutschen Wiedervereinigung verbundenen Verkehrsprobleme nur bedingt geeignet war. Nach seiner Einschätzung war zur Beseitigung der infrastrukturellen Ungleichgewichte rasche Abhilfe nötig. Sein vorrangiges Anliegen war es, mit Hilfe des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes das mehrstufig angelegte Verwaltungsverfahren insbesondere auf der Ebene des Planfeststellungsverfahrens zu straffen. Gleichzeitig diente die Gesetzesinitiative dazu, auch das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu verkürzen und auf eine Instanz zu beschränken. Zwar war seit dem am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Vierten Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 17. Dezember 1990 (BGBl I S. 2809) der Rechtsschutz bei Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Verkehrswegen auch nach allgemeinem Recht auf eine Tatsacheninstanz begrenzt, da § 48 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 bis 9 VwGO insoweit die Oberverwaltungsgerichte zur Entscheidung im ersten Rechtszug für zuständig erklärte. Mit § 5 Abs. 1 VerkPBG trug der Gesetzgeber jedoch der Sondersituation Rechnung, dass die Oberverwaltungsgerichte in den neuen Bundesländern, die sich seinerzeit noch in der Aufbauphase befanden und sich nicht auf eine gefestigte Spruchpraxis stützen konnten, mit der Aufgabe, Großverfahren im Bereich der Verkehrswegeplanung zügig abzuwickeln, überfordert gewesen wären. Außerdem ließ er sich auch bei der Verlagerung der erstinstanzlichen Zuständigkeit auf das Bundesverwaltungsgericht mit Rücksicht auf den mit dieser Maßnahme verbundenen Ausschluss von Revision und Nichtzulassungsbeschwerde von der Erwartung größtmöglicher Beschleunigung leiten (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung: BTDrucks 12/1092).
Die Gründe, die den Gesetzgeber 1991 veranlasst hatten, für Infrastrukturvorhaben im Beitrittsgebiet sowie zwischen den neuen und den alten Ländern ein zeitlich und örtlich beschränktes Sonderrecht zu schaffen, wogen auch im Jahre 1999, obwohl sich inzwischen einige Randbedingungen geändert hatten, noch schwer genug, um eine weitere Verlängerung der Geltungsdauer des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes zu rechtfertigen. Etlicher Regelungen der ursprünglichen Fassung bedurfte es freilich nicht mehr, da die wichtigsten verwaltungsverfahrensrechtlichen Beschleunigungsinstrumente als Folge des Planungsvereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1993 (BGBl I S. 2123) in das gesamtdeutsche Verkehrswegeplanungsrecht Eingang gefunden hatten. Auch der Aufbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den neuen Bundesländern war so weit fortgeschritten, dass die dortigen Oberverwaltungsgerichte zunehmend für die Bewältigung von Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Fachplanungsrechts gerüstet erschienen. Ein Beschleunigungsbedarf bestand indes insofern weiterhin, als sich die ursprünglich gehegte Erwartung, die wichtigsten der zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West unabdingbaren Verkehrsinfrastrukturvorhaben jedenfalls bis Ende 1999 auf den Weg bringen zu können, als irrig erwies. Insbesondere bei den “Verkehrsprojekten Deutsche Einheit”, die das Kernstück der für das Zusammenwachsen der alten und der neuen Länder wichtigen Infrastrukturinvestitionen bildeten, zeigte sich, dass nicht zuletzt im Bereich des Fernstraßenbaus beträchtliche Teile des Bauprogramms noch nicht umgesetzt waren (vgl. den Entwurf des Bundesrates und die Stellungnahme der Bundesregierung, BTDrucks 14/1517). Von sieben Autobahnprojekten mit etwa 2 000 km Länge waren im Zuge der A 14, A 20, A 38 und A 71 rund 120 km Strecke neu- und im Zuge der A 2, A 4, A 9 und A 10 rund 540 km ausgebaut worden. Weitere rund 445 km waren Ende des Jahres 1998 im Bau. Auch die Verwirklichung zahlreicher anderer für die neuen Länder bedeutsamer Verkehrsinfrastrukturvorhaben stand zu diesem Zeitpunkt aus. Wie dem Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BTDrucks 14/1876) zu entnehmen ist, hatten Ende 1999 insgesamt 183 der geplanten Verkehrsprojekte noch nicht auf den Weg gebracht werden können. Dies erklärte der Bundesrat im Zusammenhang mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses (BTDrucks 14/2326) zum einen “mit der großen Zahl und Schwierigkeit der notwendigen Bauvorhaben” und zum anderen damit, dass “die zur Planung und Realisierung erforderlichen Mittel nicht immer zur Verfügung gestellt werden” konnten. Verschiedene beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Verfahren, in denen Planfeststellungsbeschlüsse für Abschnitte der “Verkehrsprojekte Deutsche Einheit” und sonstige Straßenbauvorhaben den Prüfungsgegenstand bilden, bestätigen, dass die betreffenden Planfeststellungsverfahren erst unter der Geltung des Zweiten Änderungsgesetzes vom 22. Dezember 1999 eingeleitet wurden.
Vor dem Hintergrund dieser Entstehungsgeschichte und Entwicklung greifen die verfassungsrechtlichen Bedenken, die die Kläger gegen das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz in seiner jetzigen Fassung erheben, nicht durch.
1.1.2 Die gesetzliche Regelung verstößt nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Diese Vorschrift garantiert den Zugang zu Gericht, gewährt aber keinen Anspruch auf einen Instanzenzug (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 1995 – 1 BvF 2/86 u.a. – BVerfGE 92, 365 ≪410≫; Beschlüsse vom 12. Juli 1983 – 1 BvR 1470/82 – BVerfGE 65, 76 ≪90≫ und vom 7. Juli 1992 – 2 BvR 1631, 1728/90 – BVerfGE 87, 48 ≪61≫). Von daher begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass nach § 5 Abs. 1 VerkPBG nur das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz angerufen werden kann. Durch die Zuständigkeitsverlagerung wird auch die Wirksamkeit der Rechtsschutzgewährung nicht in Frage gestellt (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfG, Beschlüsse vom 29. Oktober 1975 – 2 BvR 630/73 – BVerfGE 40, 272 ≪275≫, vom 20. April 1982 – 2 BvL 26/81 – BVerfGE 60, 253 ≪296/297≫ und vom 17. April 1991 – 1 BvR 419/81 u.a. – BVerfGE 84, 34 ≪49≫).
1.1.3 Art. 95 Abs. 1 GG steht der in § 5 Abs. 1 VerkPBG getroffenen Zuständigkeitsbestimmung ebenfalls nicht entgegen. Die Stellung des Bundesverwaltungsgerichts als oberstes Bundesgericht verwehrte es dem Gesetzgeber nicht, eine “vereinigungsbedingte Sonderregelung für einen Übergangszeitraum” zu schaffen (vgl. BTDrucks 14/1517 S. 2).
Die in Art. 95 Abs. 1 GG gewählte Bezeichnung deutet zwar darauf hin, dass die obersten Gerichtshöfe in einem Instanzenzug stehen und innerhalb des jeweiligen Gerichtszweiges die Funktion des höchsten Rechtsmittelgerichts erfüllen. Die Aufteilung der Rechtsprechung zwischen den Verwaltungsgerichten der Länder und dem Bundesverwaltungsgericht, die das Grundgesetz als Regel vorgibt, schließt Ausnahmen indes nicht aus. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich als Rechtsmittelgericht letzter Instanz errichtet worden ist, darf ihm eine erstinstanzliche Zuständigkeit eingeräumt werden, sofern sich hierfür sachlich einleuchtende Gründe anführen lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 1995 – 1 BvF 2/86 u.a. – a.a.O. ≪410≫; Beschluss vom 10. Juni 1958 – 2 BvF 1/56 – BVerfGE 8, 174 ≪181≫). Der Gesetzgeber trägt der verfassungsrechtlichen Regel – Ausnahme – Struktur in der Verwaltungsgerichtsordnung dadurch Rechnung, dass er in § 49 die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts als Rechtsmittelgericht regelt und in § 50 Abs. 1 einzelne Fälle aufzählt, in denen das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz und damit zugleich auch als Tatsachengericht entscheidet. Insoweit handelt es sich um Tatbestände, für die ein unmittelbarer Anknüpfungspunkt in einem bestimmten Bundesland fehlt oder die dem Bundesverwaltungsgericht wegen ihrer besonderen Bedeutung zur Entscheidung vorbehalten sind. Die in § 50 Abs. 1 VwGO getroffene Regelung steht der Übertragung weiterer Zuständigkeiten durch den Bundesgesetzgeber nicht im Wege.
Für § 5 Abs. 1 VerkPBG lassen sich sachliche Gründe ins Feld führen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann das Interesse an einer raschen Streitklärung es rechtfertigen, die erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu begründen. Nach der deutschen Wiedervereinigung gehörte es zu den vordringlichsten Zielen, die Lebensverhältnisse in den alten und den neuen Bundesländern einander anzugleichen. Hierzu bedurfte es aus arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Gründen schnell greifender öffentlicher Anschubinvestitionen. Entgegen den in der Anfangsphase geäußerten Hoffnungen erwies sich der Angleichungsprozess indes selbst im Jahre 1999 noch längst nicht als abgeschlossen. Der Gesetzgeber durfte § 5 Abs. 1 VerkPBG zu diesem Zeitpunkt noch als geeignetes Mittel ansehen, um im Zuge der Verwirklichung der zum “Aufbau Ost” unabdingbaren Verkehrsinfrastrukturvorhaben Verzögerungen durch Rechtsmittel jedweder Art vorzubeugen.
1.1.4 Auch unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigt das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz in seiner jetzigen Fassung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Soweit Art. 95 Abs. 1 GG dem nicht entgegensteht, hat es der Gesetzgeber in der Hand, den Rechtsweg so zu gestalten, dass er für einzelne Fallgruppen das Bundesverwaltungsgericht für zuständig erklärt. Entscheidet er sich für eine Abweichung von der sonst üblichen Zuständigkeitsverteilung, so lässt sich dies noch nicht als Verstoß gegen den Gleichheitssatz werten (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1980 – 1 PBvU 1/79 – BVerfGE 54, 277 ≪292/293≫ und vom 12. Juli 1983 – 1 BvR 1470/82 – a.a.O. ≪91≫). § 5 Abs. 1 VerkPBG führt zwar zu einer Verkürzung des gerichtlichen Instanzenzuges, von einer erheblichen Schlechterstellung der hiervon Betroffenen kann gleichwohl keine Rede sein. Die Änderung beschränkt sich auf den Fortfall einer eigenständigen Revisionsinstanz, während unverändert wie nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 bis 9 VwGO (nur) eine Tatsacheninstanz zur Verfügung steht. Diese Instanz in Gestalt des Bundesverwaltungsgerichts hat in gleicher Weise wie sonst die Oberverwaltungsgerichte die verkehrswegerechtlichen Zulassungsentscheidungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu überprüfen. Der Gleichheitssatz ist umso strikter, je mehr er den einzelnen als Person betrifft, und umso mehr für gesetzgeberische Gestaltungen offen, als allgemeiner Regelung zugängliche Lebensverhältnisse geordnet werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. April 1997 – 2 BvL 77/92 – BVerfGE 96, 1 ≪6≫ und vom 30. September 1998 – 2 BvR 1818/91 – BVerfGE 99, 88 ≪94≫). Die Konzentration auf das Bundesverwaltungsgericht als einzige gerichtliche Kontrollinstanz wirkt sich nicht nachteilig auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten aus. Angesichts der Gleichwertigkeit der Rechtsschutzgewährung könnte Art. 3 Abs. 1 GG nur dann als verletzt angesehen werden, wenn sich für die gesetzliche Differenzierung kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund anführen ließe (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. März 2002 – 2 BvL 17/99 – BVerfGE 105, 73 ≪110≫; Beschluss vom 17. Oktober 1990 – 1 BvR 283/85 – BVerfGE 83, 1 ≪23≫). Der Gesetzgeber leistete im Jahre 1999 mit der nochmaligen Verlängerung der Geltungsdauer des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes nicht einer Zweiteilung des Rechtsschutzes Vorschub, die schon seinerzeit gleichheitswidrige Züge aufwies. Er trug mit dem Instrumentarium eines örtlich und zeitlich beschränkten Sonderplanungsrechts den vereinigungsbedingten Herausforderungen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur Rechnung, die jedenfalls bis Ende 1999 noch nicht vollständig bewältigt waren.
1.1.5 Ob sich über das Jahr 2004 hinaus Gründe dafür anführen lassen, § 5 Abs. 1 VerkPBG auf sämtliche Vorhaben im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG anzuwenden, die auch am 31. Dezember 2004 noch nicht das Planfeststellungsstadium erreicht haben werden, hat der Senat nicht zu entscheiden. Die Sonderregelung der erst- und letztinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts war Teil eines Maßnahmenbündels, das dem schnellen Aufbau einer ausreichenden Infrastruktur im Beitrittsgebiet diente. Ob die Sondersituation, die einen unterschiedlichen Instanzenzug rechtfertigte, fortbesteht, “wird sorgfältig zu prüfen sein” (so die Bundesregierung in ihrem Erfahrungsbericht zum Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 2. Januar 2004, BTDrucks 15/2311 S. 13).
1.2 Fehl geht im Übrigen die Kritik, die die Kläger über die von ihnen geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken hinaus aus europarechtlicher Sicht am Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz üben. Wenn der Gesetzgeber es unterlassen hat, die Vogelschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie in diesem Gesetz zu berücksichtigen, dann lässt dies nicht auf einen rechtlichen Mangel schließen. Das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz erschöpft sich in Regelungen des Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens. Welchen materiellrechtlichen Anforderungen Planvorhaben im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG genügen müssen, richtet sich unverändert nach dem jeweils einschlägigen Fachplanungsrecht. Diesem Recht ist es vorbehalten zu bestimmen, ob das europäische Naturschutzrecht als Teil des Entscheidungsprogramms zu beachten ist oder nicht (vgl. § 33 Abs. 5, §§ 34 und 35 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG; jetzt: § 34b Abs. 5 und § 34c NNatSchG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung naturschutzrechtlicher Vorschriften vom 27. Januar 2003 – Nds. GVBl S. 39).
2. Die gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 2002 gerichtete Klage ist unbegründet.
2.1.1 Die angefochtene Planungsentscheidung leidet nicht an dem formellen Fehler, der ihm nach Ansicht der Kläger anhaftet. Der Planfeststellungsbeschluss ist von der hierfür zuständigen Behörde erlassen worden. Die beklagte Bezirksregierung leitet ihre Zuständigkeit aus der Nr. 1.3.1 Buchst. j des Runderlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vom 8. August 2002 (Nds. MBl S. 660) ab. Diese Zuständigkeitsbestimmung genügt den rechtlichen Anforderungen. Einer gesetzlichen Regelung bedurfte es entgegen der Auffassung der Kläger nicht.
Aus Art. 20 Abs. 3 GG ergibt sich zwar, dass alle Fragen, die wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte sind, einer gesetzlichen Regelung bedürfen (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 – 1 BvR 1640/97 – BVerfGE 98, 218 ≪251≫ m.w.N.). Hieraus lässt sich aber kein allgemeiner institutionell – organisatorischer Vorbehalt des Inhalts ableiten, dass Zuständigkeitsregelungen in Gesetzesform erlassen werden müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 1975 – 2 BvR 883/73 u.a. – BVerfGE 40, 237 ≪248 ff.≫). Sowohl die Bildung und die Auflösung von Behörden als auch die Zuweisung von Zuständigkeiten auf diese Behörden sind ohne gesetzliche Grundlage möglich, soweit durch die Verfassung oder durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Das niedersächsische Recht kennt für den Bereich der Bundesfernstraßenplanung keinen derartigen Gesetzesvorbehalt.
Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwalten nach Art. 90 Abs. 2 GG die Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes. Sie nehmen die Auftragsverwaltung aus eigener und selbständiger Verwaltungskompetenz wahr (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. April 1977 – BVerwG 4 C 3.74 – BVerwGE 52, 226 und vom 28. August 2003 – BVerwG 4 C 9.02 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Soweit nicht der Bundesgesetzgeber mit Zustimmung des Bundesrates eine Regelung trifft, ist es nach Art. 85 Abs. 1 GG grundsätzlich ihre Sache, im Rahmen ihrer Organisationsgewalt die zuständigen Behörden zu bestimmen. Nach § 17 Abs. 5 FStrG stellt die oberste Landesstraßenbaubehörde den Plan für den Bau oder die Änderung einer Bundesfernstraße fest. Diese Regelung wird indes durch § 22 Abs. 4 FStrG ergänzt, wonach die Länder die zuständigen Behörden festlegen und die Zuständigkeiten delegieren könnten. Das niedersächsische Landesorganisationsrecht verlangt hierfür keine Gesetzesform. Es lässt eine Kompetenzzuweisung durch Runderlass zu.
Nach Art. 56 Abs. 2 der niedersächsischen Verfassung vom 19. Mai 1993 bedürfen der allgemeine Aufbau und die räumliche Gliederung der allgemeinen Landesverwaltung eines Gesetzes. Diese Regelung bleibt deutlich hinter den organisationsrechtlichen Anforderungen anderer Landesverfassungen zurück. Nach Art. 77 Satz 1 der nordrhein-westfälischen Verfassung erfolgt die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung und die Regelung der Zuständigkeiten durch Gesetz. Ähnliche Formulierungen enthalten z.B. Art. 70 Abs. 1 Satz 1 der baden-württembergischen, Art. 77 Abs. 1 Satz 1 der bayerischen und Art. 83 Abs. 1 der sächsischen Verfassung. Das für diese Verfassungen charakteristische Erfordernis, neben dem Aufbau und der räumlichen Gliederung auch die Behördenzuständigkeiten durch Gesetz zu regeln, fehlt in Niedersachsen. Bei der Beratung der inhaltsgleichen Vorgängernorm des Art. 43 Abs. 2 der vorläufigen niedersächsischen Verfassung wurde eine solche erweiterte Fassung zwar diskutiert und zunächst auch befürwortet, später aber als zu weitgehend verworfen. Der Verfassungsausschuss beschränkte sich in bewusster Abkehr von Art. 77 der nordrhein-westfälischen Verfassung, der ihm im Übrigen als Modell diente, auf eine Formulierung, durch die sichergestellt wird, dass die Bildung, die räumliche Gliederung und die grundsätzliche Aufgabenstellung der staatlichen Behörden dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben, es dagegen für die Zuweisung einzelner Wahrnehmungszuständigkeiten mit Organisationsakten der Exekutive sein Bewenden haben darf (vgl. die Darstellung von Nedden, Geltung des Gesetzesvorbehalts für die Festlegung behördlicher Zuständigkeiten? VR 1985, 369). Der im Siebten Abschnitt unter dem Titel “Die Verwaltung” formulierte Gesetzesvorbehalt des Art. 56 Abs. 2 NdsVerf wird freilich durch das im Vierten Abschnitt unter der Überschrift “Die Gesetzgebung” in Art. 41 NdsVerf enthaltene “Erfordernis” ergänzt, allgemein verbindliche Vorschriften der Staatsgewalt, durch die Rechte oder Pflichten begründet, geändert oder aufgehoben werden, in “Gesetzesform” zu erlassen. Diese Regelung erstreckt sich jedoch entgegen der Auffassung der Kläger nicht auf die Verteilung der Zuständigkeiten unter den verschiedenen Behörden des Landes. Die Bestimmung der für die Planfeststellung von Bundesfernstraßen zuständigen Behörde ist keine “allgemein verbindliche Vorschrift” im Sinne dieser Verfassungsnorm. Dadurch, dass die Bezirksregierungen für zuständig erklärt werden, werden keine Rechte oder Pflichten im Sinne des Art. 41 NdsVerf begründet. Derartige Wirkungen erzeugt erst der Planfeststellungsbeschluss, der insoweit seine notwendige gesetzliche Grundlage in § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG i.V.m. § 75 VwVfG findet. Art. 41 NdsVerf stimmt der Sache nach mit Art. 32 der vorläufigen niedersächsischen Verfassung überein. Wie weit dieser landesverfassungsrechtliche Gesetzesvorbehalt reichte, war Gegenstand lebhafter Diskussionen. Er wurde indes von der niedersächsischen Staatspraxis nicht so verstanden, dass er sich auch auf organisatorische Regelungen und Zuständigkeiten erstreckte. Nicht zuletzt die Entstehungsgeschichte der Vorschrift (Begründung zu Art. 30 des Entwurfs) wurde als Hinweis darauf gewertet, dass die Entscheidung über materielle Rechte und Pflichten, nicht aber die Entscheidungszuständigkeit der gesetzlichen Form bedarf (vgl. Elster, in: Korte/Rebe/Elster, Verfassung und Verwaltung des Landes Niedersachsen, 1986 S. 324; Neumann, Kommentar zur vorläufigen niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl. 1987, Art. 32 Rn. 4; Groschupf, Die Entwicklung der Verfassung und Verwaltung in Niedersachsen von 1956 bis 1979, JöR (N.F.) Bd. 28 S. 423; offen gelassen vom OVG Lüneburg, Urteil vom 12. März 1971, OVGE 27, 395). An dieser Einschätzung hat sich unter der Geltung der Verfassung vom 19. Mai 1993 nichts geändert (Hagebölling, Kommentar zur niedersächsischen Verfassung, 1996, Art. 41 Anm. 1; ebenso wenig bietet die Kommentierung des Art. 41 von Neumann in der 3. Aufl. 2000 Anhaltspunkte, die auf einen Wandel hindeuten). Der von den Klägern erwähnte Umstand, dass für zahlreiche Sachbereiche gesetzliche Zuständigkeitsregelungen vorhanden sind, nötigt zu keiner abweichenden Beurteilung. Der Gesetzgeber wird durch die Verfassung nicht daran gehindert, Zuständigkeitsfragen zu regeln. Daraus lässt sich indes nicht im Umkehrschluss folgern, dass er von der ihm insoweit nicht streitig gemachten Normsetzungsbefugnis durchgängig Gebrauch machen muss. Ihm bleibt es freigestellt, ob er die Aufgabe, im Bereich des Straßenbaus Planfeststellungsverfahren durchzuführen, bestimmten Behörden durch Gesetz überträgt oder, wie hier geschehen, der Regelung durch ministerielle Verwaltungsanordnung überlässt.
2.1.2 Ebenfalls unschädlich ist, dass die beklagte Bezirksregierung nicht bloß den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 2002 erlassen hat, sondern auf der Grundlage der Nr. 1.3.1 Buchst. g des Runderlasses vom 8. August 2002 (a.a.O.) auch als Anhörungsbehörde tätig geworden ist. Dem Verwaltungsverfahrensrecht lässt sich nicht entnehmen, dass im fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren für die Anhörung der Beteiligten und für die Planfeststellung verschiedene Behörden zu bestimmen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. August 1971 – BVerwG 4 C 22.69 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 15 und vom 5. Dezember 1980 – BVerwG 4 C 28.77 – DVBl 1981, 403). Soweit in § 73 VwVfG von der Anhörungsbehörde und in § 74 VwVfG von der Planfeststellungsbehörde die Rede ist (vgl. zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG), weist der Gesetzgeber lediglich auf die insoweit unterschiedlichen Funktionen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens hin. Eine Trennung von Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde mag zwar geeignet sein, zur Erhöhung der Akzeptanz beizutragen, sie ist aber weder verfassungsrechtlich noch einfachgesetzlich geboten.
2.2 Der Planungsfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 2002 lässt sich auch materiellrechtlich nicht beanstanden.
Dahinstehen kann, wieweit die geltend gemachten Mängel außer von den mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen (vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 18. März 1983 – BVerwG 4 C 80.79 – BVerwGE 67, 74) auch von den übrigen Klägern im Klagewege gerügt werden können. Jedenfalls gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss an den aufgelisteten Fehlern leidet.
2.2.1 Ohne Erfolg stellen die Kläger die Planrechtfertigung in Frage. Die A 38 ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes – FStrAbG – i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. November 1993 (BGBl I S. 1878) dem Gesetz als Anlage beigefügt ist, als vordringlicher Bedarf ausgewiesen. Nach § 1 Abs. 2 FStrAbG entspricht sie damit den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Das bedeutet, dass nach der gesetzgeberischen Wertung unter Bedarfsgesichtspunkten eine Planrechtfertigung vorhanden ist. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 – BVerwG 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339). Ein Verfassungsverstoß lässt sich nicht daraus herleiten, dass sich die Verkehrsprognosen, an denen sich der Gesetzgeber bei der Bedarfsfeststellung orientiert hat, nach der Einschätzung der Kläger als überholt erwiesen haben. Der Bedarfsplan wird nicht automatisch gegenstandslos, wenn sich die Annahmen, die ihm zugrunde liegen, in der Folgezeit nicht bestätigen. Wie aus § 4 Satz 2 FStrAbG erhellt, ist es dem Gesetzgeber vorbehalten, die Bedarfsfeststellung gegebenenfalls an veränderte Verhältnisse anzupassen. Diese Regelung schließt es, solange eine solche Anpassungsentscheidung aussteht, im Regelfall aus, sich über den Bedarfsplan hinwegzusetzen. Zweifel daran, ob die gesetzliche Regelung weiterhin Geltung beansprucht, sind allenfalls dann angebracht, wenn sich die Verhältnisse in der Zwischenzeit so grundlegend gewandelt haben, dass sich die ursprüngliche Bedarfsentscheidung nicht mehr rechtfertigen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Juni 1997 – BVerwG 4 C 3.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 131 und vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140). Die Kläger gehen von einem solchen Sachverhalt aus. Die Beklagte sieht die Annahmen, die der Bedarfsfeststellung zugrunde liegen, dagegen durch Verkehrserhebungen vollauf bestätigt, die im Jahre 1999 durchgeführt worden sind und im Jahre 2000 Eingang in eine aktualisierte Verkehrsuntersuchung gefunden haben. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse ist das Vorbringen der Kläger nicht geeignet, die Prognosebasis ernsthaft zu erschüttern.
Auch unter Finanzierungsgesichtspunkten bietet das Planvorhaben keinen Anlass zu rechtlichen Bedenken. Richtig ist, dass eine Planung, die sich mangels Finanzierbarkeit nicht realisieren lässt, rechtswidrig ist. Die Kläger lassen indes außer Acht, welche Folgerungen sich daraus ergeben, dass die A 38 zu den Vorhaben gehört, für die nach dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ein “vordringlicher Bedarf” besteht. Diese Einstufung unterstreicht nicht bloß die Dringlichkeit der Planung. Ihr kommt auch Bedeutung für die Finanzierbarkeit zu. Die Aufnahme in den Bedarfsplan lässt sich als Anzeichen dafür werten, dass die Finanzierung gesichert ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – BVerwG 4 A 12.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 154). Die Kläger zeigen keine Umstände auf, die geeignet sind, diese Indizwirkung zu erschüttern. Ihre Angaben belegen eher das Gegenteil. Sie beklagen, dass seit der Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes an der Verwirklichung des Bauvorhabens mit Hochdruck gearbeitet wird. Auf der Grundlage dieser Beobachtungen drängt sich der Eindruck, dass die Planung vor dem finanziellen Aus steht, nicht auf.
2.2.2 Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen zwingendes Recht.
2.2.2.1 Er genügt den Anforderungen des Wasserrechts. Nach den Planunterlagen ist beabsichtigt, die in diesem Bereich als Überschwemmungsgebiet festgesetzte Leineniederung auf einem Damm zu queren. Dieses Konzept läuft entgegen der Ansicht der Kläger den wasserrechtlichen Vorgaben nicht zuwider. Wie aus den §§ 92 und 93 NWG zu ersehen ist, erzeugt die förmliche Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets für den betroffenen Bereich nicht die Wirkungen eines Planungsverbots. Der Planungsträger hat allerdings die Vorkehrungen zu treffen, die nötig sind, um das Gebiet als solches in seiner Funktion als natürliche Rückhaltefläche zu erhalten (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 15. Mai 2003, BauR 2003, 1524). Die Kläger äußern die Befürchtung, dass sich der Dammbau im Falle von Hochwasserereignissen in doppelter Hinsicht negativ auswirkt. Im Bereich des Oberlaufs ist nach ihrer Einschätzung mit einem Rückstau bis in die bewohnten Teile von Niedergandern hinein zu rechnen. Aber auch im Bereich des Unterlaufs sind nach ihrer Ansicht wegen des veränderten Abflussverhaltens schädliche Folgen vorhersehbar. Die Beklagte hat die Frage, welchen Einfluss das Planvorhaben auf das Hochwasserabflussgeschehen hat, untersuchen lassen. Die Sachverständigen der H.… GmbH kommen in ihrem Gutachten vom 26. Juli 2001 zu dem Ergebnis, das nennenswerte nachteilige Veränderungen in keiner der von den Klägern bezeichneten Richtungen zu erwarten sind. Nach Ansicht der Kläger beruht diese Aussage freilich auf einer Fehleinschätzung des Hochwasservorkommnisses vom 4. Juni 1981. Bei diesem Ereignis wurde in dem fraglichen Abschnitt eine Abflussspitze von 133 m3/sec festgestellt. Die Kläger halten den Sachverständigen der H.… vor, diesem Geschehnis die Qualität eines Jahrhunderthochwassers (HQ(100)) beigemessen zu haben, obwohl Spitzenabflüsse in dieser Größenordnung im Einzugsgebiet der Leine nach ihrer Einschätzung keinen Seltenheitswert haben. Sie weisen darauf hin, dass Klimaveränderungen häufigere und heftigere Hochwasservorkommnisse erwarten lassen. Außerdem vermissen sie im Gutachten vom 26. Juli 2001 Ausführungen zu den erhöhten Risiken, die sich daraus ergeben, dass schon in den vergangenen Jahren in dem fraglichen Bereich Retentionsraum verloren gegangen ist und sich der Rückstau durch Treibgut, das die Brückendurchlässe blockiert, massiv verstärken kann.
Die Einwände der Kläger greifen nicht durch. Es trifft nicht zu, dass die Modellberechnung, die dem Gutachten vom 26. Juli 2001 für das Einzugsgebiet der Leine zugrunde liegt, nur für eine Abflussmenge von 133 m(3)/sec aussagekräftig ist. Das Hochwasser vom 4. Juni 1981, bei dem ein Hochwasserspitzenabfluss in dieser Größenordnung ermittelt wurde, dient den Sachverständigen lediglich als Kalibrierungsmaßstab für das 2-D-Modell. Gegenstand der Prognoserechnungen sind alternativ der Wasserspiegel und die Wassertiefen sowie die Wassergeschwindigkeitsverteilung bei einem Q = 133 m(3)/sec und einem Q = 212 m(3)/sec mit und ohne Autobahndamm und einer Flutbrücke von 25, 30, 35 und 40 m Weite. Die Sachverständigen kommen zu dem Ergebnis, dass das geplante Dammbauwerk die Abflüsse, die sich ohne die A 38 bei 133 m(3)/sec zu 40 % auf das linke Vorland, zu 55 % auf die Leine und zu 5 % auf das rechte Vorland sowie bei einem HQ100 von 212 m(3)/sec zu 51 % auf das linke Vorland, zu 41 % auf die Leine und zu 8 % auf das rechte Vorland verteilen, dann nicht wesentlich beeinflusst, wenn neben der Flussbrücke ein zusätzlicher Durchlass mit einer lichten Weite von 30 m oder mehr geschaffen wird. Auch der durch den Autobahndamm hervorgerufene Rückstau wirft nach ihren Berechnungen keine Probleme auf. Nach ihrer Darstellung vergrößert sich oberhalb des Dammes zwar das Retentionsvolumen. Wegen des steilen Anstiegs des Geländes an den Talrändern kommt es aber zu keiner wesentlichen Erweiterung des Überschwemmungsgebiets. Selbst bei einer auf 25 m reduzierten Flutbrücke reicht der Rückstau nicht bis zu den bebauten Bereichen von Niedergandern. Bietet die Planung nach den Erkenntnissen der Sachverständigen Sicherheit auch bei Hochwasserereignissen mit Spitzenabflüssen von deutlich mehr als 133 m(3)/sec, so ist den Bedenken der Kläger auch unter Berücksichtigung der Folgen etwaiger Klimaveränderungen hinreichend Rechnung getragen. Defizite weist das Gutachten vom 26. Juli 2001 nicht deshalb auf, weil in ihm die Frage der Verstopfung der Dammdurchlässe durch Treibgut nicht angesprochen wird. Die Brückenfelder sind so dimensioniert, dass die Szenarien der Kläger realitätsfremd erscheinen. Auch der Hinweis auf Flächenversiegelungen im Retentionsraum verfängt nicht. Die Beklagte räumt zwar ein, dass in Thüringen im Zusammenhang mit der Erhöhung von Deichen und der Verlegung einer Straße Retentionsräume verloren gegangen sind, sie legt jedoch dar, dass hierfür ein Ausgleich geschaffen worden ist.
2.2.2.2 Auch die landesplanerische Stellungnahme vom 30. September 1994, in der zum Ausdruck gebracht wird, dass eine leistungsfähig ausgebaute B 80 dem Ziel der Bündelung des regionalen Verkehrs zwischen Harz und Thüringer Wald ebenso gut gerecht werden würde, erweist sich entgegen der Annahme der Kläger nicht als Planungshindernis. Sie ist im Sinne des § 3 Nr. 4 ROG den sonstigen Erfordernissen der Raumordnung zuzurechnen, die nach § 4 Abs. 2 ROG bei raumbedeutsamen Planungen zwar zu berücksichtigen sind, im Wege der Abwägung aber überwunden werden können.
2.2.2.3 Das Planvorhaben unterliegt nicht den strengen Regelungen der Vogelschutzrichtlinie – VRL – vom 2. April 1979 (ABlEG Nr. L 103/1). Der Planungsraum weist nicht die Merkmale eines faktischen Vogelschutzgebietes auf, in dem das Beeinträchtigungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL gilt. Er gehört nicht zu den zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebieten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL, für die ein förmlicher Schutz unumgänglich ist. Die Kläger lassen es insoweit unter Berufung auf die Erkenntnisse der Fachgruppe Ornithologie E.… e.V. sowie des Biologen B.… im Wesentlichen mit dem Hinweis bewenden, dass der Planungsraum insbesondere für den Schwarzstorch, den Rotmilan, den Grau- und den Schwarzspecht, den Wespenbussard, den Neuntöter, den Eisvogel, die Wasseramsel und den Wachtelkönig von Bedeutung ist. Die Beklagte stellt in Abrede, dass der fragliche Bereich dem Eisvogel, der Wasseramsel und dem Wachtelkönig überhaupt als Lebensstätte dient, räumt aber ein, dass die übrigen Vogelarten dort vorkommen. Der Umstand allein, dass sich in einem Gebiet bestimmte Vogelarten nachweisen lassen, rechtfertigt indes noch nicht den Schluss, dass eine Schutzgebietsausweisung nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL geboten ist. Nur Lebensräume und Habitate, die für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung in dem betreffenden Mitgliedstaat beitragen, gehören zum Kreis der im Sinne des Art. 4 VRL geeignetsten Gebiete.
Die Beklagte macht auf verschiedene Umstände aufmerksam, die dafür sprechen, dass das Land Niedersachsen nicht verpflichtet ist, den Planungsraum für eine oder mehrere der von den Klägern genannten Vogelarten als Vogelschutzgebiet auszuweisen. Die südliche Leineniederung und das Hügelland, das sich im Osten anschließt, werden weder im IBA-Katalog 2000 noch in den vom Deutschen Rat für Vogelschutz und vom NABU-Naturschutzbund 2002 veröffentlichten “Berichten zum Vogelschutz” als Vogelschutzgebiet aufgeführt. Das aktualisierte IBA-Verzeichnis gibt Aufschluss über die Gebiete, die nach den neuesten Erkenntnissen die IBA-Kriterien erfüllen. Auf das Land Niedersachsen entfallen 125 Gebiete, die auf den Seiten 46 ff. näher bezeichnet werden. Unter der Nr. 120 wird auch das im Jahre 1991 gemeldete “Untere Eichsfeld” aufgeführt, das mit seinem südlichen Rand bis etwa 6 km an die Trasse der A 38 heranreicht und nach den Angaben im Standarddatenbogen vor allem dem Rotmilan, dem Mittelspecht und dem Wanderfalken, daneben aber auch dem Schwarzmilan, dem Wespenbussard, dem Neuntöter, dem Schwarzspecht und der Wachtel als Lebensraum dient. Weitere Gebiete befinden sich in Niedersachsen im Prüfverfahren (vgl. S. 43 der Berichte). Die Leine-Niederung wird in diesem Zusammenhang ebenso wenig erwähnt wie der übrige Trassenbereich. Die IBA-Liste hat zwar keinen Rechtsnormcharakter. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wertet sie aber als ein für die Gebietsauswahl bedeutsames Erkenntnismittel (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 – Rs. C-3/96 – Slg. 1998 I – 3031 Rn. 68 ff.). Auch der Senat geht davon aus, dass sie bei der nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL gebotenen Eignungsbeurteilung als gewichtiges Indiz eine maßgebliche Rolle spielt (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1, vom 31. Januar 2002 – BVerwG 4 A 15.01 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 und vom 14. November 2002 – BVerwG 4 A 15.02 – BVerwGE 117, 149). Welche Gesichtspunkte geeignet sein könnten, dem Planungsraum trotz der Umstände, die gegenteilige Schlüsse nahe legen, die Qualität eines faktischen Vogelschutzgebietes beizumessen, legen die Kläger nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich. Richtig ist allerdings, dass die EU-Kommission in ihrem Aufforderungsschreiben Nr. 2001/5117 für Niedersachsen Defizite bei der Meldung von Vogelschutzgebieten insbesondere für den Rotmilan und für bestimmte Spechtarten feststellt. Als insoweit geeignete Gebiete bezeichnet sie indes nicht die Umgebung der Leineniederung, sondern den Naturpark “Solling-Vogler”, das “Niedersächsische Elbetal”, den “Hildesheimer Wald” und die “Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg”. Die übrigen von den Klägern bezeichneten Vogelarten tauchen in der für das Land Niedersachsen erstellten Defizitliste der EU-Kommission nicht auf. Vielmehr wird bemängelt, dass für eine Reihe von Zugvogelarten Schutzgebiete fehlen. Die Kläger machen indes selbst nicht geltend, dass die Leineaue für Zugvögel von Bedeutung ist. Vor dem Hintergrund der IBA-Dokumentation lässt sich die Einschätzung der EU-Kommission als zusätzliche Bestätigung dafür werten, dass im Planungsraum unter dem Blickwinkel des Vogelschutzes kein Nachmeldebedarf besteht.
2.2.2.4 Das Planvorhaben widerspricht auch nicht den Anforderungen des FFH-Rechts. Die Kläger leiten aus dem Umstand, dass sich im Planungsraum verschiedene der in den Anhängen I und II zur FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und Arten nachweisen lassen, die Folgerung ab, dass es sich um ein potenzielles FFH-Gebiet handele. Gestützt insbesondere auf die schriftlichen Stellungnahmen der Umwelt C.… GbR vom 10. November 2002, vom 20. November 2002 und vom 7. Februar 2003 sowie die mündlichen Ausführungen der Diplom-Biologin S.… in der mündlichen Verhandlung gehen sie davon aus, dass sich im Plangebiet die Biotoptypen 3260 (Flüsse der planaren bis montanen Stufe), *91E0 (Auenwälder), *91F0 (Hartholzauenwälder), 8210 und 8220 (Kalk- bzw. Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation), 9110 (Hainsimsen-Buchenwald) und *9180 (Schlucht- und Hangmischwälder) finden. Als Tierarten nennen sie verschiedene Fledermäuse, die Groppe und das Flussneunauge. Sie verkennen indes, dass nicht jeder Lebensraum, in dem sich Lebensraumtypen im Sinne des Anhang I oder Arten im Sinne des Anhang II der FFH-Richtlinie nachweisen lassen, als potenzielles FFH-Gebiet einzustufen ist. Auf der Ebene der mitgliedstaatlichen Gebietsauswahl ist die FFH-Relevanz nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL anhand der im Anhang III Phase 1 festgelegten Merkmale zu beurteilen. Der dort aufgeführte Kriterienkatalog belegt zwar, dass politische oder wirtschaftliche Gesichtspunkte bei der Auswahl ebenso außer Betracht zu bleiben haben wie sonstige Zweckmäßigkeitserwägungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – a.a.O. und vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – a.a.O.). Er schließt einen mitgliedstaatlichen Beurteilungsspielraum gleichwohl nicht aus, denn er ist so konzipiert, dass er im Einzelfall für unterschiedliche fachliche Wertungen offen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2000 – Rs. C-371/98 – Slg. 2000 I – 9249 Rn. 14). Lässt sich die Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Landschaftsraumes in die nationale Gebietsliste aus fachwissenschaftlicher Sicht vertreten, so nimmt die FFH-Richtlinie dieses Ergebnis hin (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 – BVerwG 4 A 15.01 – a.a.O.).
Nach der Einschätzung der Beklagten erfüllt die Leineniederung schon deshalb nicht die Kriterien, die erforderlich sind, um sie dem prioritären Biotyp *91E0 (Auenwälder) zuzuordnen, weil die Flächen, die an den Flusslauf angrenzen, weithin bis an die Uferlinie heran landwirtschaftlich genutzt werden und die lückenhaft vorhandene Ufervegetation mit Rücksicht darauf, dass der Fluss an mehreren Stellen aufgestaut ist, nicht die für eine Auendynamik typischen Merkmale aufweist. Die übrigen von den Klägern genannten Lebensraumtypen haben nach ihrer Wertung nicht genügend Eigengewicht, um eine Gebietsmeldung zu rechtfertigen.
Die Stellungnahmen der EU-Kommission legen entgegen der Auffassung der Kläger keine gegenteiligen Schlüsse nahe. Sie lassen sich eher als Beleg für die Richtigkeit des Standpunkts werten, dass das Planvorhaben aus FFH-rechtlicher Sicht nicht an unüberwindlichen Hindernissen scheitert. Richtig an der Argumentation der Kläger ist, dass die EU-Kommission in ihrer Klageschrift vom 24. Februar 1999 in dem gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren C-71/99 auf Meldedefizite nicht zuletzt für die naturräumliche Einheit “Weser- und Weser-Leine-Bergland” aufmerksam macht. In diesem Zusammenhang nennt sie beispielhaft die Lebensraumtypen 91D0 (S. 12) sowie 3180, 6110, 7220, 6410, 6510, 1308, 8310 und 8210 (S. 13). Mit Ausnahme des Biotoptyps 8210 (Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation) umfasst diese Aufstellung keinen der Lebensraumtypen, die nach der Einschätzung der Kläger dem Planungsraum ihr Gepräge geben. Die Bestandsaufnahme anlässlich des im November 2002 unter Leitung der EU-Kommission in Potsdam abgehaltenen Seminars war geeignet, den durch die Klageschrift der Kommission vermittelten Eindruck noch zu verstärken. Bei dieser Gelegenheit wurde freilich festgestellt, dass das Land Niedersachsen den Meldepflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 1 FFH-RL ergeben, noch nicht vollständig nachgekommen ist. Daraus lassen sich indessen nicht die Folgerungen ableiten, die die Kläger ziehen. Der durch das Bauvorhaben betroffene Landschaftsraum hat vor dem Hintergrund der Defizitliste der EU-Kommission nicht aus Gründen des Fledermausschutzes FFH-Qualität. Ob die Umgebung der Leineniederung die Voraussetzungen dafür bietet, Fledermäusen als Lebensraum zu dienen, ist zwischen den Beteiligten streitig. Während die Kläger insbesondere unter Hinweis auf die Stellungnahme der Diplom-Biologin M.… vom 6. März 2003 darauf aufmerksam machen, dass in diesem Bereich potenzielle Baum- und Gebäudequartiere zur Verfügung stehen, die Fledermausvorkommen “erwarten” lassen, hebt die Beklagte hervor, dass im Umfeld der Leine großräumige Ackerflächen vorherrschen, die Feldermäusen weder Leitstrukturen noch Nahrungshabitate bieten. Wie aus dem Protokoll über das im November 2002 in Potsdam veranstaltete Seminar erhellt, ist das Land Niedersachsen jedoch seinen Meldeverpflichtungen für alle Fledermausarten mit Ausnahme der Bechsteinfledermaus anderweitig nachgekommen. Zu den Fledermauspopulationen, denen der Bereich des Heidkopfes als Lebensstätte dient, gehört freilich auch die Bechsteinfledermaus. Indes ist nicht zu befürchten, dass der Schutz dieser in den niedersächsischen Habitatmeldungen noch nicht ausreichend berücksichtigten Fledermausart im Planungsraum beeinträchtigt wird. Die nachteiligen Auswirkungen halten sich schon deshalb in engen Grenzen, weil der Heidkopf mit einem 1 700 m langen Tunnel unterquert wird.
Die Leineniederung verfügt nicht schon deshalb, weil in ihr nach der Einschätzung der Kläger der prioritäre Lebensraumtyp *91E0 vorkommt, über ein Ausstattungspotential, das ihr FFH-rechtliche Bedeutung verleiht. Die Beklagte stellt entschieden in Abrede, dass sich die Ufervegetation als Auenwald einstufen lässt. Dahinstehen kann, welche Wertung fachlich den Vorzug verdient. Selbst wenn die Betrachtungsweise der Kläger sich als zutreffend erwiese, würde sich hieraus nicht die Verpflichtung des Landes Niedersachsen ableiten lassen, die Leineniederung als FFH-Gebiet zu melden. Denn auch beim Vorhandensein prioritärer Biotope oder Arten gesteht die FFH-Richtlinie mit den für fachliche Wertungen offenen Auswahlkriterien des Anhangs III Phase 1 den Mitgliedstaaten einen Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 – BVerwG 4 A 59.01 – Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 1; Beschluss vom 24. August 2000 – BVerwG 6 B 23.00 – Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 4). Die Kläger zeigen nicht auf, wieso das Land Niedersachsen von seinem Auswahlermessen nur dann sollte sachgerechten Gebrauch machen können, wenn es die Leineniederung zum Schutz des Lebensraumtyps *91E0 als FFH-Gebiet meldet. Die Äußerungen der EU-Kommission weisen in diesem Punkt eindeutig in die entgegengesetzte Richtung. Nach dem Ergebnis der Konferenz von Potsdam hat das Land Niedersachsen für den Lebensraumtyp *91E0 an anderer Stelle hinreichend Vorsorge getroffen. Auch in dem Schreiben vom 3. November 2003 bescheinigt die EU-Kommission dem Land ausdrücklich, zum Schutz des Auenwaldes alles Erforderliche getan zu haben.
In Anknüpfung an die von ihr im Rahmen des Potsdamer Seminars getroffene Feststellung, dass für den Lebensraumtyp 3260 (Flüsse der planaren bis montanen Stufe) noch bundesweit Nachuntersuchungen notwendig sind und die Fischart der Groppe in den deutschen Habitatmeldungen bisher noch unterrepräsentiert ist, lässt die EU-Kommission in ihrer Äußerung vom 3. November 2003 allerdings durchblicken, dass die Leine insoweit möglicherweise FFH-würdig ist. Aber selbst wenn unterstellt wird, dass in der von der EU-Kommission bezeichneten Richtung Nachmeldebedarf
besteht, richtet das FFH-Recht kein unüberwindliches Hindernis auf. Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen potenzielle FFH-Gebiete, die über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – a.a.O. und vom 17. Mai 2002 – BVerwG 4 A 28.01 – BVerwGE 116, 254). Durch die geplante Straßenbaumaßnahme wird die Leine als Lebensraumtyp und als Habitat für die Groppe nicht derart entwertet, dass sie aus dem Kreis der meldefähigen Gebiete ausscheidet. Die allenfalls maßgeblichen Erhaltungsziele werden nicht ernsthaft in Frage gestellt. Die Leine als Gewässer und als Habitat der Groppe wird kaum nennenswert tangiert, da sie mit einer gut 47 m weiten Brücke überspannt wird. Der Bereich des Flussbettes wird nicht unmittelbar in Anspruch genommen. Ausbaumaßnahmen am Gewässer sind nicht geplant. Abgesehen von den zwei Stützpfeilerreihen bleiben die Uferrandstreifen frei von Bebauung. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass es während der Bauphase zu Einträgen kommt, die dazu führen, dass sich die Gewässerqualität im Umfeld der Baustelle verschlechtert. Diese zeitlich und örtlich beschränkten nachteiligen Einwirkungen lassen es jedoch als fern liegende Befürchtung erscheinen, dass der Oberlauf der Leine als Gesamtökosystem spürbar in Mitleidenschaft gezogen wird.
Auch die Nachmeldung von FFH-Gebieten in den benachbarten Bundesländern Hessen und Thüringen lässt das Planvorhaben aus FFH-rechtlicher Sicht nicht in einem neuen Licht erscheinen. Die Trasse der geplanten Autobahn führt im Norden in einem Abstand von etwa 150 m an dem auf hessischer Seite gelegenen potenziellen FFH-Gebiet “Rhöneberg bei Marzhausen” vorbei. Nach der Kurzcharakteristik des Regierungspräsidiums Kassel zeichnet sich das rund 29 ha große Gebiet durch einen “artenreichen Eichen-Hainbuchenwald mit Magerrasen auf der Südseite” sowie “in offenen kleineren Steinbruchbereichen” durch “seltene an die Schuttfluren angepasste Pflanzengesellschaften” aus. Als Haupterhaltungsziele werden der “Erhalt des Eichen-Hainbuchenwaldes”, die “Pflege der Magerrasen durch Beweidung” sowie das “Offenhalten der Schuttfluren” genannt. Wieso der “Rhöneberg” durch die Nachbarschaft der A 38 so nachhaltig beeinträchtigt wird, dass er die Eignung verliert, in die Liste aufgenommen zu werden, die die EU-Kommission nach Art. 4 Abs. 2 FFH-RL zu erstellen hat, lässt sich dem Vorbringen der Kläger nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere für die am Südhang vorhandenen Lebensraumtypen erweist sich das Gefährdungspotenzial des Planvorhabens als gering. Ebenso wenig steht die Nachmeldung des FFH-Gebiets “Leinetalhänge von Heiligenstadt bis Arenshausen und Waldgebiet nordwestlich Rustenfelde” durch den Freistaat Thüringen dem geplanten Autobahnbau hinderlich im Wege. Der Senat hat durch die gleichzeitige Abweisung der Klage in dem Parallelverfahren BVerwG 4 A 4.03 auch unter Würdigung der FFH-Problematik den Weg dafür freigemacht, dass die A 38 im Nachbarabschnitt auf Thüringer Gebiet fortgeführt werden kann.
2.2.2.5 Auch die im Planfeststellungsbeschluss unter 6.1 zugunsten der Kläger zu 8 und 9 getroffenen Lärmschutzregelungen bieten keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen. Die Beschränkung auf Maßnahmen des passiven Schallschutzes steht in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben. § 41 Abs. 1 BImSchG gewährt zwar unter den dort genannten Voraussetzungen grundsätzlich einen Anspruch auf aktiven Lärmschutz. Würden die Kosten der Schutzmaßnahmen außer Verhältnis zu dem erstrebten Schutzzweck stehen, so darf es der Planungsträger jedoch nach § 41 Abs. 2 BImSchG mit Maßnahmen des passiven Schallschutzes bewenden lassen. Ist den Klägern zu 8 und 9 schon in Anwendung der Verkehrslärmschutzverordnung Lärmschutz zu gewähren, so bedarf keiner Erörterung, ob das Grundgesetz oder das Bundes-Immissionsschutzgesetz Lärmschutzmaßnahmen ggf. auch dann gebietet, wenn der nach § 3 der 16. BImSchV i.V.m. der Anlage 1 ermittelte Beurteilungspegel zwar den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert unterschreitet, sich aber bei einer Gesamtbeurteilung der Lärmsituation unter Einbeziehung weiterer Lärmquellen einen Summenpegel ergibt, der (weit) höher liegt (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 9.95 – BVerwGE 101, 1 und vom 17. November 1999 – BVerwG 11 A 4.98 – BVerwGE 110, 81).
2.2.3 Die Abwägungsentscheidung, die die Beklagte in Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG getroffen hat, hält einer rechtlichen Überprüfung ebenfalls stand.
2.2.3.1 Die Beklagte hat die Gesichtspunkte, die für das Planvorhaben sprechen, nicht überbewertet. Der Vorwurf der Kläger, sie messe der A 38 zu Unrecht eine erhebliche Verkehrsbedeutung bei, geht fehl. Die Beklagte stützt sich auf eine im Jahre 2000 abgeschlossene Verkehrsuntersuchung, in der das Planungsbüro der S.… … in Anknüpfung an frühere Untersuchungsergebnisse für den fraglichen Abschnitt ein Verkehrsaufkommen von über 40 000 Kfz/24 h im Jahr 2015 prognostiziert. Ohne Erfolg treten die Kläger dieser Einschätzung mit dem Einwand entgegen, es seien wesentliche Randbedingungen außer Betracht gelassen worden. In die aktualisierte Untersuchung sind neben den neuesten Verkehrserhebungen auch die Erkenntnisse des Ifo-Instituts in München eingeflossen, das im Rahmen der aktuellen Strukturdatenprognosen u.a. Angaben über die Bevölkerungs- und die Wirtschaftsentwicklung macht. Entgegen der Behauptung der Kläger ist bei der prognostischen Bewertung des Verkehrsbedarfs weder unberücksichtigt geblieben, dass für den Ost-West-Verkehr mit der A 2 im Norden und A 4/A 44 im Süden bereits zwei Autobahnen zur Verfügung stehen, noch außer Acht gelassen worden, dass sich die B 243n dafür eignet, einen Teil des zwischen der A 7 und Nordhausen abgewickelten Verkehrs aufzunehmen. Soweit die Kläger gleichwohl Zweifel an der von der Beklagten für das Jahr 2015 prognostizierten Verkehrsmenge von über 40 000 Kfz/24 h äußern, stützen sie sich auf ein im Januar 2003 erstelltes Gutachten, in dem die R.… … GbR zu dem Ergebnis gelangt, dass die A 38 allenfalls über ein Verkehrspotenzial von 60 % des von S.… … ermittelten Prognosewertes verfügt. Dieser Einschätzung ist die Beklagte mit zahlreichen Einwänden entgegengetreten. Dem weiter nachzugehen, erübrigt sich, denn auch ein Verkehrsaufkommen in einer Größenordnung von 25 000 bis 30 000 Kfz/24 h reicht aus, um einen Autobahnbau zu rechtfertigen. Es bedarf nicht des Nachweises, dass das Bauvorhaben dazu bestimmt ist, einem drohenden Verkehrskollaps vorzubeugen. Auch unterhalb dieser Dringlichkeitsstufe dürfen Autobahnen, gemessen an den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG, gebaut werden.
Im Übrigen übersehen die Kläger, dass die Beklagte für den Bau der A 38 nicht bloß den Gesichtspunkt des Verkehrsbedarfs ins Feld führt. Im Planfeststellungsbeschluss wird darauf abgehoben, dass das Bauvorhaben zu den “Verkehrsprojekten Deutsche Einheit” gehört, mit denen im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Auftrag, bundesweit gleiche Lebensverhältnisse zu schaffen, das Ziel verfolgt wird, in den neuen Bundesländern so schnell wie möglich eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur aufzubauen. Ferner wird im Planfeststellungsbeschluss darauf hingewiesen, dass der Autobahnbau dazu dient, insbesondere die durch Struktur- und Beschäftigungsprobleme gekennzeichnete Region Nordthüringen zu stärken, die Verbindung der Oberzentren Göttingen und Halle mit den Mittelzentren Nordhausen, Heiligenstadt und Leinefelde zu verbessern, sowie das vorhandene Straßennetz, insbesondere die B 80, aber auch die niedersächsischen Landesstraßen 566, 568 und 569, zu entlasten. Es begegnet nach der ständigen Rechtsprechung des Senats keinen rechtlichen Bedenken, wenn der Verkehrswegebau als Mittel eingesetzt wird, um regionale Zentren miteinander zu verknüpfen oder die wirtschaftliche Entwicklung in bisher unzureichend erschlossenen Räumen zu fördern (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Juli 1985 – BVerwG 4 C 40.83 – BVerwGE 72, 15, vom 24. November 1989 – BVerwG 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123 und vom 26. März 1998 – BVerwG 4 A 7.97 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 137). Als ebenfalls zulässig hat es der Senat angesehen, darauf abzustellen, dass lokale Verkehrsströme umgelenkt werden und dadurch das nachgeordnete Straßennetz entlastet wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – a.a.O. und vom 17. Mai 2002 – BVerwG 4 A 28.01 – a.a.O.).
2.2.3.2 Die im Planfeststellungsbeschluss zur Trassenwahl angestellten Erwägungen halten sich ebenfalls in dem durch das Abwägungsgebot abgesteckten rechtlichen Rahmen. Die Beklagte ist der Frage nachgegangen, ob es nicht mit einem Ausbau und einer teilweisen Neutrassierung der B 80 als Null-Plus-Variante sein Bewenden haben kann. Von dieser Lösung hat sie mit vertretbaren Argumenten Abstand genommen. Sie stellt nicht in Abrede, dass die Null-Plus-Variante im Vergleich mit der Wahllinie Vorzüge aufweist. Sie hebt hervor, dass sich bei einer Anlehnung an die vorhandene Trasse der B 80 der Umfang der Flächenversiegelungen und der Zerschneidungswirkungen minimieren ließe, stellt dem indes die Nachteile gegenüber, die nach ihrer Einschätzung diese Vorteile bei weitem überwiegen. Sie macht darauf aufmerksam, dass sich die Lärm- und Schadstoffbelastung in dem Siedlungsband entlang der B 80 nur durch eine ortsferne Trasse spürbar senken lässt. Des Weiteren gibt sie zu bedenken, dass der mit dem Planvorhaben erstrebte Bündelungseffekt mit der von den Klägern bevorzugten Null-Plus-Variante nicht annäherungsweise zu erzielen ist. In diesem Zusammenhang legt sie dar, dass die B 80 auch in ausgebautem Zustand nicht geeignet wäre, einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung des übrigen Straßennetzes zu leisten. Gestützt auf das Gutachten der R.… … GbR versuchen die Kläger, den Nachweis zu führen, dass auch die Null-Plus-Variante den Anforderungen des Abwägungsgebots gerecht werden würde. Fehlerhaft ist eine Abwägungsentscheidung indes nicht schon deshalb, weil sich unter Berücksichtigung aller Belange, die für und gegen das Vorhaben sprechen, im Rahmen der planerischen Gestaltungsfreiheit ein anderes Ergebnis ebenfalls hätte rechtfertigen lassen.
2.2.3.3 Ebenso wenig kann es als Verstoß gegen das Abwägungsgebot gewertet werden, dass der Planungsträger sich für ein Planungsmodell entschieden hat, das darauf hinausläuft, die A 38 im Bereich der Leineniederung nicht aufzuständern, sondern in Dammlage zu führen. Die Beklagte räumt ein, dass sich die negativen Auswirkungen des Planvorhabens auf Pflanzen und Tiere sowie auf den Wasserhaushalt mit einer Aufständerung vermindern ließen. Gegen diese Lösung führt sie indes Kostengesichtspunkte ins Feld. Die mit dem Dammbauwerk verbundenen nachteiligen Wirkungen wiegen nach ihrer Einschätzung nicht so schwer, dass sie den erheblichen Kostenmehraufwand für eine Aufständerung rechtfertigen. Die Beklagte geht unter Hinweis auf die Fluss- und die Flutbrücke davon aus, den Nachweis dafür erbracht zu haben, dass durch das planfestgestellte Vorhaben keine zusätzlichen Hochwassergefahren hervorgerufen werden. Sie legt dar, dass das Landschaftsbild in dem betroffenen Raum durch den geplanten Damm weniger beeinträchtigt wird als im Falle einer Aufständerung. Dies leitet sie daraus her, dass planerisch Vorsorge dafür getroffen worden ist, nicht nur die Böschungen, sondern auch die dem Dammkörper vorgelagerten Flächen zu bepflanzen. Sie hebt hervor, dass für die Tierwelt kein unüberwindlicher Sperrriegel geschaffen wird. Die Durchlässe der Fluss- und der Flutbrücke sind so dimensioniert, dass sie von terrestrischen Arten als Querungsstelle genutzt werden können. Für die Avifauna und die Fledermäuse erfüllen die Gehölzpflanzungen auf den Böschungen und den dem Dammfuß vorgelagerten Flächen die Funktion einer Überflughilfe.
Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Beklagte losgelöst von den ökologischen Folgen des Dammbauwerks auch sonst die Bedeutung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege als Abwägungsposten verkannt hat. Der Planungsträger hat sich im Rahmen der landschaftspflegerischen Begleitplanung einen Überblick über die floristische und die faunistische Ausstattung des Planungsraums verschafft. Seine Bestandserhebungen decken sich weitgehend mit den Ermittlungsergebnissen der Kläger. Er führt aus, dass der Planungsraum sein hauptsächliches Gepräge durch größere zusammenhängende Waldflächen, durch die Fließgewässer der Leine, der Molle und des Schleierbachs sowie durch großflächige Ackerschläge erhält. Besonderes Augenmerk schenkt er der Fauna. Er stellt fest, dass die Wälder in der Umgebung des Heidkopf der Wildkatze nicht nur als Habitat dienen, sondern auch als Vernetzungselement bei den großräumigen Wanderungen dieser Art eine bedeutende Rolle spielen. Er geht davon aus, dass im Heidkopf-Gebiet acht und im Bereich der Molle mindestens drei Fledermausarten beheimatet sind und führt in diesem Zusammenhang namentlich die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr an. Er weist darauf hin, eine Vielzahl von Vogelarten kartiert zu haben, und hebt unter den sonstigen von ihm registrierten Tiervorkommen, zu denen auch Heuschrecken, Libellen und Schmetterlinge zählen, insbesondere verschiedene Köcherfliegenarten hervor. Er legt dar, dass einzelne dieser Arten vom Aussterben bedroht sind.
Der Planungsträger lässt es nicht mit dieser Bestandsaufnahme bewenden, sondern benutzt die von ihm ermittelten Daten als Bilanzierungsposten bei der Bewertung der für und gegen das Planvorhaben sprechenden Gesichtspunkte. Er stellt fest, dass der Autobahnbau einen Verlust von Gehölzen und anderen Landschaftsbestandteilen mit z.T. hoher Lebensraumqualität zur Folge hat und nachteilig auf Lebensräume mit besonderer Bedeutung für die Tierwelt einwirkt. In diesem Zusammenhang nennt er insbesondere die Beeinträchtigung von Funktionsbeziehungen und Lärmimmissionen. Als weiteren gewichtigen Umstand führt er die Abwertung des Landschaftsbildes durch Dammlagen an, die im Bereich der Leinequerung eine Höhe von 7 m und beim Anstieg zum Heidkopftunnel stellenweise eine Höhe von gut 13 m erreichen. Wenn die Beklagte gleichwohl der Wahllösung das Wort redet, dann beruht dies auf der Erwägung, dass den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Bereich des Heidkopfs durch den 1 700 m langen Tunnel bestmöglich Rechnung getragen werden kann und im übrigen Plangebiet zwar wertvolle Biotope beeinträchtigt werden, aber kein Lebensraumkomplex zerstört wird, dessen unversehrte Erhaltung unabdingbar erscheint. Die Kläger zeigen nicht auf, wieso der Planungsraum, der im Trassenbereich weder dem Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie noch den Sperren des FFH-Rechts oder sonstiger zwingender Verbotsregelungen unterliegt, gleichwohl so schützenswert ist, dass er einer Tabuzone gleich oder nahe kommt, deren Integrität so schwer zu Buche schlägt, dass sich die Beklagte über sie nicht im Wege der Abwägung hätte hinwegsetzen dürfen.
2.2.4.1 Auch bei der Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ist der Beklagten kein Fehler unterlaufen. Nach Ansicht der Kläger weist das Ausgleichkonzept des Planungsträgers insofern Defizite auf, als weder der Entwertung der Lebensräume der Wildkatze noch der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Erholungseignung angemessen Rechnung getragen wird. Diese Vorwürfe finden sich in den Planunterlagen nicht bestätigt. Im landschaftspflegerischen Begleitplan, der nach § 14 Satz 3 NNatSchG Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses ist, werden die Auswirkungen des Planvorhabens auf den Naturhaushalt und das Landschaftsbild nach Art und Intensität im Einzelnen erläutert und in tabellarischer Form zusammengestellt. Die Eingriffe werden, nach Konfliktbereichen gesondert, unter dem Blickwinkel der Versiegelung, der sonstigen Flächeninanspruchnahme, der Schadstoff- und Lärmimmissionen, der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, der Zerschneidung des Raumes insbesondere für Pflanzen und Tiere sowie der Verinselung bilanziert. Im Anschluss hieran wird Punkt für Punkt dargestellt, in welcher Weise für die einzelnen Beeinträchtigungen ein Ausgleich zu schaffen ist oder, soweit sich Beeinträchtigungen nicht oder unvollständig ausgleichen lassen, Ersatzmaßnahmen zu treffen sind. Das an § 10 NNatSchG ausgerichtete Ausgleichskonzept umfasst u.a. Gehölzpflanzungen, die Entwicklung von Sukzessionsflächen sowie die Renaturierung von Uferstreifen an der Leine. Besonderes Augenmerk schenkt der Planungsträger den Beeinträchtigungen, die das Planvorhaben für die Wildkatze mit sich bringt. Sein Ausgleichskonzept trägt den Bedürfnissen dieser im Anhang IV zur FFH-Richtlinie aufgeführten Tierart auch unter Berücksichtigung der Untersuchungen von R.… hinreichend Rechnung. Danach ist die Erhaltung des Wanderkorridors zwischen Harz und Kaufunger Wald für den Fortbestand der dort vorhandenen Wildkatzenpopulationen von elementarer Bedeutung. R.… macht deutlich, dass die für den Genaustausch notwendigen Migrationsachsen nicht unterbrochen werden dürfen. Die durch eine Autobahn erzeugten Barrierewirkungen hält er nur unter der Voraussetzung für hinnehmbar, dass Querungsmöglichkeiten verbleiben und als Kompensation für die durch Flächenverluste und Zerschneidung hervorgerufenen nachteiligen Folgen mit Hilfe von Pflanzungen die Habitatqualität von Offenlandbereichen verbessert und durch Gehölzstreifen, Hecken und Baumgruppen zusätzlich optische Leitlinien geschaffen werden. Diesen Erfordernissen ist der Planungsträger gerecht geworden. Durch die Untertunnelung des Heidkopfes wird verhindert, dass Wildkatzenpopulationen, die auf einen Austausch angewiesen sind, voneinander getrennt werden. Einem Wechsel zwischen der Harzgegend und dem Hessischen Bergland steht jedenfalls an dieser Stelle nichts im Wege. Weitere landschaftspflegerische Maßnahmen bieten die Gewähr dafür, dass neue Migrationsachsen entstehen. Sie dienen dem Ziel, anstelle der durch das Vorhaben unterbrochenen Netzbeziehungen beiderseits der Trasse an die veränderten Verhältnisse angepasste Habitatstrukturen als neue Bausteine für die großräumige Vernetzung der Lebensräume zu schaffen.
Der Planungsträger geht davon aus, dass einige Eingriffsfolgen trotz der von ihm angeordneten Maßnahmen gar nicht oder nur unvollständig ausgleichbar sind. In diesem Zusammenhang nennt er die Versiegelung von Flächen mit belebtem Oberboden, die Beeinträchtigung von trassennahen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere durch Zerschneidungswirkungen sowie durch Schadstoff- und Lärmimmissionen, die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch massive Dammbauwerke und die Beeinträchtigung von Bereichen mit besonderer Bedeutung für die Naherholung. Für diese nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen sieht der landschaftspflegerische Begleitplan insbesondere in Gestalt von verschiedenen Renaturierungs- und Entwicklungsmaßnahmen Ersatz im Sinne des § 12 NNatSchG vor.
Die Kläger üben Kritik an dem Kompensationsmodell des Planungsträgers. Sie bringen zum Ausdruck, dass sie die behördliche Einschätzung in verschiedenen Punkten nicht teilen. Dieser Dissens lässt sich indes nicht als Beleg dafür werten, dass die angefochtene Planungsentscheidung fehlerhaft ist. Die §§ 7 ff. NNatSchG enthalten keine verbindlichen Bewertungsvorgaben. Sie gebieten nicht, die Eingriffsintensität anhand standardisierter Maßstäbe oder in einem bestimmten schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 – BVerwG 4 A 13.99 – Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 16; Beschluss vom 23. April 1997 – BVerwG 4 NB 13.97 – Buchholz 406.401 § 8a BNatSchG Nr. 4). Es stellt keine Besonderheit der Eingriffsregelung dar, dass das Ergebnis der als gesetzliches Erfordernis unverzichtbaren Bewertung unterschiedlich ausfallen kann, je nachdem, welches Verfahren angewendet wird. Es kommt nicht darauf an, ob sich bei Verwendung anderer Parameter ein höherer Ausgleichsbedarf errechnen ließe. Zu Beanstandungen besteht erst dann Anlass, wenn ein Bewertungsverfahren sich als unzulängliches oder gar als ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Einen solchen Mangel zeigen die Kläger nicht auf.
2.2.4.2 Auch der geltend gemachte Verstoß gegen § 11 NNatSchG liegt nicht vor. Danach ist bei unvermeidbaren und nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes der Eingriff unzulässig, wenn bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft untereinander die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorgehen. Die Kläger halten der Planungsbehörde zu Unrecht vor, die mit Rücksicht auf das aus dem landschaftspflegerischen Begleitplan ersichtliche Ausgleichsdefizit gebotene Abwägungsentscheidung nicht getroffen zu haben. Wie sich dem Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 2002 entnehmen lässt (S. 18), hat die Beklagte § 11 NNatSchG nicht übersehen. Die Zulässigkeit der mit dem Planvorhaben verbundenen Eingriffe leitet sie daraus her, dass die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gegenüber den Belangen der erforderlichen Verbesserung des Straßennetzes zurückzutreten haben. Dieses Abwägungsergebnis hält sie für rechtlich vertretbar, weil sichergestellt ist, dass die Eingriffsfolgen durch Ausgleichsmaßnahmen überwiegend kompensiert werden. Die Kläger legen nicht dar, wieso diese Wertung mit den rechtlichen Vorgaben des § 11 NNatSchG nicht in Einklang stehen sollte.
3. Mit der Abweisung der Klage erweist sich der Hilfsantrag als gegenstandlos.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Paetow, Halama, Prof. Dr. Rojahn, Gatz, Dr. Jannasch
Fundstellen
Haufe-Index 1135616 |
BVerwGE 2004, 87 |
BauR 2004, 957 |
NuR 2004, 373 |
DVBl. 2004, 649 |