Entscheidungsstichwort (Thema)
Planfeststellungsverfahren. Flughafenbau. Einwendungen. Erörterung der Einwendungen. Anhörungstermin. Zuständigkeit des Landes Brandenburg. Durchführung des Anhörungstermins in Berlin. Störung des Anhörungstermins. Ordnungsverstoß. Ausschluss eines Teilnehmers von der Erörterung. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Ausschluss der selbständigen Anfechtbarkeit von Verfahrenshandlungen. erledigte Verfahrenshandlung. Territorialprinzip
Leitsatz (amtlich)
1. Eine ursprünglich vollstreckbare, dann jedoch erledigte Verfahrenshandlung kann gemäß § 44 a Satz 1 VwGO in der Regel nicht selbständig mit einer Klage angegriffen werden. Die Ausnahme nach § 44 a Satz 2 VwGO findet insoweit keine Anwendung.
2. Der im Bundesstaatsprinzip begründete Grundsatz, dass ein Bundesland in seiner Verwaltungshoheit auf sein eigenes Gebiet beschränkt ist, ist durch § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftVG für das luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich durchbrochen. Unter den in § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftVG genannten Voraussetzungen ist die Anhörungsbehörde befugt, den Erörterungstermin auch auf dem Gebiet des benachbarten Landes abzuhalten und dort sitzungspolizeiliche Maßnahmen zu ergreifen.
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 1; LuftVG § 10 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, Abs. 8 S. 2; VwGO §§ 44a, 113 Abs. 1 S. 4; VwVfGBbg § 73 Abs. 6 S. 6, § 68 Abs. 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm der Bundesländer Berlin und Brandenburg sieht die Planung und den Ausbau des Flughafens Schönefeld zu einem internationalen Verkehrsflughafen vor. Das dazu eingeleitete Planfeststellungsverfahren wird nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Luftverkehrsgesetzes – LuftVG – vom Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg als Planfeststellungsbehörde geführt. Anhörungsbehörde ist nach brandenburgischem Landesrecht das Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwesen.
In diesem Zusammenhang wurde der Termin zur Erörterung mit den Einwendern und Betroffenen – von Besonderheiten abgesehen – in der Zeit vom 31. Mai bis zum 28. September 2001 in der Rathenau-Halle in Berlin-Oberschöneweide durchgeführt. Der Kläger gehörte aufgrund seiner rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen zum Kreis der teilnahmeberechtigten Personen und nahm an zahlreichen Verhandlungstagen an der Erörterung teil.
Am 28. Juni 2001 begann die Erörterung des Tagesordnungspunktes „Lärmimmissionen”. Das Thema wurde bis zum 9. Juli sowie am 24. und 25. September 2001 behandelt. Am 28. Juni standen lärmphysikalische und medizinische Fragen im Vordergrund. Gegen 17.00 Uhr machte Rechtsanwalt Dr. G. für einen der Vorhabenträger (Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH) Ausführungen zu Entschädigungsfragen für die Verlärmung von Außenwohnbereichen. Dazu war ihm vom Verhandlungsleiter das Wort erteilt worden. Ausweislich der Niederschrift über den Erörterungstermin ergab sich der folgende Ablauf, wobei die Wortbeiträge mit ihrem wesentlichen Inhalt im Protokoll wiedergegeben sind:
TdV Flughafen:
Herr Dr. G. ergänzt, dass die Außenbereichsproblematik dem Vorhabenträger nicht verborgen geblieben ist. Deswegen wurden die Karten ermittelt und die 65 dB(A)-Zone ausgewiesen. Welche Konsequenzen daraus gezogen werden, ist Sache der Planfeststellungsbehörde. Auch die Entschädigungen sind durch die Planfeststellungsbehörde zu regeln. Herr Dr. G. erklärt, dass es Bereiche gibt, die vor Lärm nicht geschützt werden können. Dies sind die Außenbereiche. Herr Dr. G. weist daraufhin, dass die Entschädigung eine Möglichkeit ist, diesem zu begegnen.
Lautstarke Zwischenrufe von Herrn P. (Kläger), deren Inhalt dem Tonband nicht zu entnehmen ist.
Verhandlungsleiter:
„Entschuldigen Sie Herr P., ich finde es unerhört, dass Sie hier dazwischen reden. Es ist ein gutes demokratisches Recht, dass wir jeden zu Wort kommen lassen und ihn nicht unterbrechen.”
Herr P. äußert lautstark: „Ich habe ihn ergänzt.” Der weitere Inhalt ist nicht verständlich.
Verhandlungsleiter:
„Herr P., ich erteile Ihnen hiermit einen Verweis nach § 68. Es ist einfach unerhört, die Verhandlung so zu unterbrechen. Jeder hat hier die Möglichkeit zu sprechen.”
Herr P. schreit in den Saal: „Ich habe nicht unterbrochen, ich habe ergänzt, Herr L. Als dritte Möglichkeit.”
Verhandlungsleiter:
„Herr P., das ist das letzte Mal, dass ich Sie zur Ordnung rufe. Ich weise darauf hin, dass ich jemanden auch von der Verhandlung ausschließen kann, und ich behalte mir das für ein weiteres Verhalten dieser Art vor.”
Lautstarke Zwischenrufe von Herrn P., deren Inhalt dem Tonband nicht zu entnehmen ist.
Verhandlungsleiter:
„Herr P., ich habe Sie davon unterrichtet, dass es mir möglich ist, auch Personen von der Verhandlung auszuschließen, die sie in dieser Weise stören, und das behalte ich mir in dieser Weise auch vor. Ich finde es unerhört, Herrschaften hier in dieser Weise zu unterbrechen.”
Herr P. erwidert in großer Lautstärke: „Ich habe ihn nicht unterbrochen, ich habe ihn ergänzt, Herr L.”
Verhandlungsleiter:
„Herr P. ich verweise Sie des Saales, mache von meinem Recht nach § 68 und von dem Hausrecht Gebrauch und schließe Sie von der weiteren Erörterung aus. Und bis Herr P. den Saal verlassen hat, ist die Verhandlung unterbrochen.”
17.28 Uhr Unterbrechung der Verhandlung aus o.g. Gründen.
Verhandlungsleiter:
„Ich stelle fest, dass Herr P. nach wie vor im Saale ist. Herr P., ich hatte Sie des Saales verwiesen und das zweifach begründet. Ich habe mich auf mein Hausrecht berufen in diesem Zusammenhang und auch auf das Ordnungsrecht nach § 68 des Brandenburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfGBbg). Ich weise Sie darauf hin, dass auch die Möglichkeit besteht, Sie hier des Saales mit Hilfe der Polizei zu verweisen. Es lohnt sich aber nicht kurz vor sechs zu unterbrechen. Deshalb stelle ich fest, dass eine ordnungsgemäße Verhandlung dieses Punktes hier heute nicht mehr möglich ist. Ich weise Sie darauf hin, dass wir bei ähnlichen Störungen von unserem Recht Gebrauch machen werden, und beende die Sitzung für heute und wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.”
Die Verhandlung wird um 17.50 Uhr unterbrochen und am 29.06.2001 um 10.00 Uhr fortgesetzt.
Am 29. Juni 2001 (einem Freitag) begehrte der Kläger erneut Einlass in den Erörterungsraum, der ihm aufgrund des am Vortag ausgesprochenen Ausschlusses von der Verhandlung in der Weise verwehrt wurde, dass ihm die Mitarbeiter bei der Einlasskontrolle keinen Tagesausweis ausstellten. Der Zutritt ohne Zugangsberechtigung wurde dem Kläger von den Mitarbeitern des von dem Beklagten beauftragten Sicherheitsdienstes verwehrt. Der Kläger wandte sich daraufhin an den im Eingangsbereich der Rathenau-Halle anwesenden Berliner Polizeibeamten Polizeihauptkommissar L., der ihm schriftlich bestätigte, dass er (also der Kläger) das vom Verhandlungsleiter am Vortage verhängte Zutrittsverbot als rechtswidrig ansehe und dagegen sofortigen Widerspruch einlege. Am selben Tage stellte der Kläger den Antrag auf Wiederzulassung zur mündlichen Verhandlung im Erörterungstermin, da ein Anlass für weitere Störungen nicht erkennbar sei und damit Wiederholungsgefahr nicht bestehe. Dem Kläger blieb der Zutritt zum Erörterungstermin zunächst versperrt. Mit Bescheiden der Anhörungsbehörde vom 3. Juli 2001 (Dienstag) wurden der Widerspruch zurückgewiesen und der Kläger mit Wirkung vom 5. Juli 2001 wieder zur Erörterung zugelassen. Zu diesem Zeitpunkt war der Tagesordnungspunkt „Lärmimmissionen” noch nicht abgeschlossen. Der Kläger ergriff zu diesem Thema am 9. Juli ab 16.41 Uhr und am 24. September 2001 ab 16.58 Uhr das Wort.
Gegen die Maßnahmen des Verhandlungsleiters richtet sich die am 3. August 2001 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangene Klage. Zum tatsächlichen Hergang am 28. und 29. Juni 2001 trägt der Kläger Folgendes vor:
Zum Tagesordnungspunkt „Lärmimmissionen” hätten Einwender und Betroffene am 28. Juni 2001 vorgebracht, dass sie beim Ausbau des Flughafens sich nicht mehr in ihren Gärten unterhalten könnten und im Wesentlichen darauf angewiesen seien, durch Schallschutzfenster und -türen sowie Klimaanlagen geschützt zukünftig nur noch in geschlossenen Wohnräumen zu leben. Rechtsanwalt Dr. G. habe dazu sinngemäß erklärt, dies sei nicht das Problem der antragstellenden Gesellschaft, obgleich dieser die Problematik nicht verborgen geblieben sei. Dafür gebe es die kartographische Darstellung der 65 dB(A)-Zone, innerhalb derer dann eben von der Möglichkeit der Entschädigung Gebrauch gemacht werden müsse. Er – der Kläger – habe sich durch diese seiner Meinung nach schnoddrig vorgetragenen Versuche, sich von der Verantwortung frei zu reden und durch die Rechtsauffassung, man könne ja, wenn alle Lärmschutzmaßnahmen nichts fruchteten, jeweils Entschädigungen gewähren, so provoziert gefühlt, dass er dazwischen gerufen habe: „Sie haben noch eine dritte Möglichkeit: Sie gehen mit ihrem Flughafen woanders hin!” Seine anschließenden Zwischenrufe hätten lediglich dem Ziel gedient, den Verhandlungsleiter darauf aufmerksam zu machen, dass er die Ausführungen von Rechtsanwalt Dr. G. nicht unterbrochen, sondern ergänzt habe. Diesen Hinweis habe der Verhandlungsleiter übergangen oder missverstanden, wodurch die Stimmung unter den Zuhörern im Saal eskaliert sei. In den sich anschließenden lautstarken Auseinandersetzungen sei dem Leiter des Erörterungstermins die Verhandlungsleitung völlig entglitten.
Bei Wiederaufnahme des Erörterungstermins am 29. Juni 2001 vormittags sei es ihm, so behauptet der Kläger weiter, nicht gelungen, den Zugang zum Saal zu erreichen. Die Berliner Polizei habe ein Einschreiten zu seinen Gunsten abgelehnt. Die Einlegung des Widerspruchs gegen die Maßnahmen vom Vortag sei von der Verhandlungsleitung übergangen worden. Im Übrigen hätten ihm Bedienstete des vom Beklagten eingesetzten privaten Sicherheitsdienstes durch den Einsatz körperlicher Gewalt den Zugang zur Rathenau-Halle verwehrt. Dabei sei es zeitweise zu tumultartigen Szenen gekommen.
Zur rechtlichen Einordnung des Sachverhalts vertritt der Kläger die Auffassung, es seien die Anordnung, Rechtsanwalt Dr. G. nicht zu unterbrechen, der erteilte Verweis, die Androhung des Ausschlusses aus dem Erörterungstermin, die Anordnung des Ausschlusses aus dem Termin, das ausdrückliche Verbot, sich in der Halle aufzuhalten, das Gebot, den Saal zu verlassen, die Verweigerung des Einlasses am 29. Juni und die Einwirkung mittels körperlicher Gewalt am selben Tage im Eingangsbereich der Rathenau-Halle zu unterscheiden. Bis auf die Verweigerung des Einlasses am 29. Juni, die sich als schlicht hoheitliches Verhalten darstelle, seien die Maßnahmen sämtlich als selbständig anfechtbare Verwaltungsakte zu qualifizieren. Die Einwirkung mittels körperlicher Gewalt am 29. Juni müsse der Verhandlungsleitung als Vollzugsanordnung mit Verwaltungsaktcharakter zugerechnet werden. Der Ausschluss von der weiteren Erörterung der Einwendungen entfalte eine fortdauernde Beschwer. Insoweit sei keine Erledigung eingetreten, weil durch den zwischenzeitlichen Ausschluss vom Erörterungstermin Themen verloren gegangen seien. Erst nach Aufhebung der genannten Maßnahme bestehe ein Anspruch auf Wiederholung der Erörterung zu diesen Aspekten. Im Hinblick auf alle sonstigen Maßnahmen bestehe kein Rechtsschutzinteresse mehr an einer Aufhebung, sondern nur noch ein Feststellungsinteresse. Dieses sei gegeben, da die Maßnahmen in jedem Fall diskriminierend seien und im Übrigen Wiederholungsgefahr gegeben sei. Im Übrigen bestehe die Absicht, Schadenersatz zu verlangen, weil bewilligter Urlaub nicht zweckentsprechend habe verbraucht werden können. Der Kläger meint, § 44 a Abs. 1 VwGO stehe der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Die Vorschrift erfasse im Wesentlichen Prozesshandlungen des Gerichts entsprechende Verfahrenshandlungen der Behörde. Es handele sich dabei um verfahrensleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Äußerungsfrist bzw. Vorlagefrist, Beweisbeschlüsse sowie Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen und von Befangenheitsanträgen. Die hier streitgegenständlichen sitzungspolizeilichen Maßnahmen seien dagegen von § 44 a VwGO nicht erfasst.
Zur Begründetheit der Klage ist der Kläger der Auffassung, die angefochtenen Maßnahmen seien aus mehreren Gesichtspunkten rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit ergebe sich zunächst aus einem Verstoß gegen das Territorialitätsprinzip. Die Ausübung brandenburgischer Hoheitsgewalt auf dem Gebiet des Landes Berlin sei rechtswidrig.
Weiterhin weist der Kläger unter Berufung auf ein Privatgutachten daraufhin, dass für die vom brandenburgischen Leiter des Erörterungstermins verfügten Freiheitseingriffe eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich gewesen wäre. Fehle es daran, so sei die Ausübung fremder Hoheitsgewalt rechtswidrig und nichtig. Der brandenburgische Verhandlungsleiter habe im Übrigen seine Anordnungen nicht auf das Hausrecht stützen können.
Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Maßnahmen ergebe sich zusätzlich auch aus der Zwangsanwendung durch private Sicherheitskräfte. Darin liege die unzulässige Privatisierung einer öffentlichen Aufgabe sowie ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip.
Der Kläger meint im Übrigen, die angegriffenen Vollstreckungsmaßnahmen seien auch deshalb rechtswidrig, weil es generell an einer Anordnung des Sofortvollzuges für die zu vollstreckenden Maßnahmen gefehlt habe. Mit der Einlegung des Widerspruchs sei jeweils die aufschiebende Wirkung eingetreten. Der Verhandlungsleiter habe weder geltend gemacht, dass eine seiner Anordnungen mit Sofortvollzug ausgestattet sei, noch habe er einen Sofortvollzug angeordnet.
Schließlich seien der Ausschluss aus dem Erörterungstermin und die sonstigen Maßnahmen auch deswegen rechtswidrig, weil sie eine völlig inadäquate Reaktion der Verhandlungsleitung auf ein an sich konstruktives Verhalten des Klägers darstellten. Der Kläger trägt dazu vor, er habe einen sachlichen Beitrag zur Erörterung leisten wollen. Dies habe der Verhandlungsleiter fehlinterpretiert. Das führe zur Unverhältnismäßigkeit der angefochtenen Maßnahmen. Es gelte schon für die vorbereitenden Anordnungen, in jedem Fall und erst recht aber für den Ausschluss vom Erörterungstermin. Nach Aufhebung der Ausschlussverfügung bzw. der Feststellung der Rechtswidrigkeit der anderen Maßnahmen werde er die Beseitigung der Folgen des rechtswidrigen Handelns beantragen. Der Beklagte müsse dazu verurteilt werden, die „verloren gegangenen” Einwendungsthemen mit ihm – dem Kläger – nachzuerörtern.
Der Kläger beantragt,
die Regelungen des Brandenburgischen Landesamtes für Bauen, Verkehr und Straßenwesen vom 28.06.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Bauen, Verkehr und Straßenwesen vom 03.07.2001 aufzuheben, soweit sie die Anordnung des dauerhaften Ausschlusses des Klägers vom Erörterungstermin und des Hausverbotes des Klägers betreffen, sowie im Übrigen festzustellen,
- dass die Aufforderung der Verhandlungsleitung gegenüber dem Kläger, den Rechtsanwalt der antragstellenden Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS) nicht zu unterbrechen, nichtig, hilfsweise rechtswidrig ist;
- dass der Verweis der Verhandlungsleitung gegenüber dem Kläger nichtig, hilfsweise rechtswidrig ist;
- dass die Androhung einer Verweisung aus dem Saal und die Ausschlussandrohung durch die Verhandlungsleitung nichtig, hilfsweise rechtswidrig sind;
- dass die Verweisung des Klägers aus dem Saal von der Verhandlungsleitung nichtig, hilfsweise rechtswidrig ist;
- dass die Anordnung der Verhandlungsleitung, den Kläger durch unmittelbare Zwangsmaßnahmen des Wachdienstes am Zutritt zum Saal zu hindern, nichtig, hilfsweise rechtswidrig ist;
- dass die Verhinderung des Zutritts am 29.06.2001 durch private Sicherungskräfte rechtswidrig war;
- hilfsweise festzustellen, dass sämtliche Maßnahmen des Landesamtes für Bauen, Verkehr und Straßenwesen gegenüber dem Kläger vom 28.06.2001 und vom 29.06.2001 nichtig, hilfsweise rechtswidrig sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angefochtenen Verwaltungsmaßnahmen und trägt zum tatsächlichen Hergang vor, der Kläger habe am 28. Juni 2001 nachmittags ab etwa 17.00 Uhr den Gang des Erörterungstermins massiv gestört. Er habe damit zugleich gegen die zuvor niedergelegten Regelungen für den Ablauf des Erörterungstermins verstoßen. Deshalb seien die gegen ihn verhängten Maßnahmen zu Recht ergriffen worden. Am 29. Juni 2001 hätten Mitarbeiter des beauftragten privaten Sicherheitsdienstes dem Kläger lediglich den Eingang verstellt. Aktive Maßnahmen seien nicht ergriffen worden. Der Kläger habe im Übrigen nach seiner Wiederzulassung ab dem 5. Juli hinreichend Gelegenheit erhalten und auch genommen, seine Einwendungen zu dem Thema „Lärmimmissionen” mit den Trägern des Vorhabens und der Anhörungsbehörde zu erörtern. Von „verloren gegangenen” Einwendungsthemen könne deshalb keine Rede sein.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, der angekündigte Anfechtungsantrag sei nicht zulässig. Zwar stellten sowohl der Ausschluss von der weiteren Erörterung als auch der Verweis aus dem Saal Verwaltungsakte dar; jedoch hätten sich die Maßnahmen bereits vor Klageerhebung erledigt. Mit der Wiederzulassung zur Verhandlung sei die ursprünglich bestehende Beschwer weggefallen. Ein Anwesenheitsrecht bei der Erörterung „fremder” Angelegenheiten bestehe nicht.
Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage hinsichtlich der erledigten Verwaltungsakte und eine Feststellungsklage hinsichtlich der übrigen angefochtenen Maßnahmen sei unzulässig. Es fehle jeweils an einem Feststellungsinteresse. Der Erörterungstermin mit den Einwendern und Betroffenen sei am 28. September 2001 beendet worden. Anschließend seien nur noch ausnahmsweise Einzelerörterungen durchgeführt worden, die nunmehr ebenfalls abgeschlossen seien. Danach bestehe keine Wiederholungsgefahr mehr. Ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation müsse verneint werden. In den vom Kläger gerügten Maßnahmen liege keine Diskriminierung, die eine Rehabilitation auch nur im Ansatz erforderlich machen könne. Schließlich ergebe sich auch unter dem Gesichtspunkt eines Grundrechtseingriffs kein Feststellungsinteresse.
Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Der Ausschluss von der weiteren Erörterung stelle eine sitzungspolizeiliche Maßnahme im Sinne des § 68 Abs. 3 VwVfGBbg dar. Diese sei rechtmäßig. Die Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensrechts des Landes Brandenburg ergebe sich aus der bundesgesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftVG. Mit der darin enthaltenen bundesgesetzlichen Zuständigkeitszuweisung sei indirekt auch die Anwendbarkeit des Verfahrensrechts des für die Planfeststellung zuständigen Landes geregelt worden. Die nach § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftVG für die Planfeststellung zuständige Behörde führe das Verwaltungsverfahren aufgrund des eigenen Landesverwaltungsverfahrensrechts unter Berücksichtigung der im Luftverkehrsgesetz geregelten besonderen Verfahrensvorschriften durch. Dies gelte auch für das Anhörungsverfahren auf Berliner Hoheitsgebiet. Im Übrigen ergebe sich für die Länder Berlin und Brandenburg eine besondere Konstellation auch aus der Zusammenarbeit für eine gemeinsame Landesplanung. Selbst wenn man der Ansicht wäre, dass die Durchführung der Erörterung auf dem Hoheitsgebiet des Landes Berlin der Zustimmung des Landes Berlin bedurft habe, soweit von den Maßnahmen des Verhandlungsleiters der Freiheitsstatus der Erörterungsteilnehmer betroffen worden sei, führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Ausschlusses des Klägers. Denn unter dem 14. Juni 2001 habe der Senator für Stadtentwicklung des Landes Berlin seine Zustimmung zu der Verfahrensweise der brandenburgischen Anhörungsbehörde bezüglich der Durchführung des Erörterungstermins auf Berliner Landesgebiet erteilt. Darin habe der Senator hilfsweise auf die Besprechung zwischen den Ministerien für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg, dem Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwesen sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin vom 5. Dezember 2000 hingewiesen, in der die Frage, ob Bedenken wegen der Erörterung auf Berliner Hoheitsgebiet bestünden, verneint worden sei.
Rechtsgrundlage für den Ausschluss von der Erörterung sei § 68 Abs. 3 VwVfGBbg. Die Rechtsvoraussetzungen dieser Vorschrift lägen vor, die Anordnung des Ausschlusses sei auch nicht ermessensfehlerhaft gewesen. Der Ausschluss habe zur Sicherstellung einer ungestörten Teilnahme aller Teilnahmeberechtigten an dem Erörterungstermin gedient. Im Übrigen habe der Ausschluss des Klägers von der weiteren Erörterung auch auf das dem Beklagten zustehende Hausrecht gestützt werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsstreitakte und den vom Beklagten überreichten Verwaltungsvorgang Bezug genommen. Die genannten Akten haben dem Senat vorgelegen und sind – soweit wesentlich – zum Inhalt der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
A. Sie ist unzulässig. Einer Entscheidung in der Sache steht § 44 a Satz 1 VwGO entgegen. Nach dieser Vorschrift können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Regelung sind gegeben. Eine der in Satz 2 des § 44 a VwGO vorgesehenen Ausnahmen liegt nicht vor.
1. Mit seiner Klage macht der Kläger einen „Rechtsbehelf” im Sinne von § 44 a VwGO geltend. Darunter fallen nicht allein Widerspruch und Anfechtungsklage. Im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, die Sachentscheidung nicht durch Rechtsstreitigkeiten über Verfahrenshandlungen zu verzögern oder zu erschweren (Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks 7/910, S. 97 f.) sind auch Verpflichtungs-, Feststellungs- und Leistungsklagen zu den ausgeschlossenen Rechtsbehelfen zu zählen (so die stRspr des BVerwG: Urteil vom 12. April 1978 – BVerwG 8 C 7.77 – ≪Buchholz 310 § 44 a Nr. 1≫; Beschluss vom 17. Mai 1989 – BVerwG 5 CB 6.89 – ≪Buchholz 310 § 44 a Nr. 5≫; Beschluss vom 21. März 1997 – BVerwG 11 VR 2.97 – ≪Buchholz 310 § 44 a Nr. 7≫). § 44 a VwGO erfasst deshalb das Anfechtungs- und Feststellungsbegehren des Klägers.
2. Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen behördliche „Verfahrenshandlungen”. Im Einzelnen handelt es sich um die am 28. Juni gegen Ende der Erörterungen an den Kläger ergangene Aufforderung, Rechtsanwalt Dr. G. nicht zu unterbrechen, den dem Kläger im Anschluss daran erteilten Verweis, die Androhung eines Ausschlusses von der Erörterung, den Ausschluss vom Erörterungstermin sowie die am 29. Juni vormittags erfolgte Verhinderung eines Zugangs des Klägers zum Fortgang der Erörterungen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die genannten Maßnahmen nicht noch weitergehend rechtlich zu differenzieren. Insbesondere ist nicht beim Ausschluss vom Erörterungstermin zwischen einer sitzungspolizeilichen Anordnung und einem Hausverbot zu unterscheiden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat der Sitzungsleiter diese Maßnahme nämlich lediglich auf beide ihm zustehenden Befugnisse stützen wollen. Soweit der Klageantrag zu 1 darauf abzielt, insoweit zwei verschiedene Verwaltungsakte anzufechten, geht er von vornherein ins Leere.
3. Von den damit in Rede stehenden Anordnungen, die den Gegenstand der Klage bilden, kann nur dem Ausschluss aus dem Erörterungstermin die rechtliche Qualität einer vollstreckungsfähigen Verfahrenshandlung zukommen. Alle anderen Maßnahmen unterfielen hingegen von vornherein dem Bereich „einfacher” (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. April 1978, a.a.O.) Verfahrenshandlungen, die ein schlichtes Verwaltungshandeln darstellen. Dies liegt für die Verweigerung des Einlasses am 29. Juni als eine Form rein tatsächlichen Verhaltens auf der Hand und ergibt sich auch für die drei Anordnungen des Verhandlungsleiters, die dem Ausschluss am 28. Juni vorausgingen. Die für alle Fälle erteilte Anordnung des Verhandlungsleiters, Personen ohne Tagungsausweis den Zutritt zur Rathenau-Halle zu verweigern, führte auch nicht dazu, dass gegenüber dem Kläger, als er am 29. Juni Einlass in den Saal begehrte, eine neue „Anordnung der Verhandlungsleitung” erging, die vollstreckungsfähig gewesen wäre. Mit der Einlassverweigerung wurde seinerzeit lediglich der am Vortag ausgesprochene Ausschluss vom Erörterungstermin gegenüber dem Kläger vollzogen.
4. Damit lag nur in dem am 28. Juni angeordneten Ausschluss des Klägers von der Erörterung eine vollstreckbare Verfahrenshandlung im Sinne von § 44 a Satz 2 VwGO. Gleichwohl ist die in dieser Regelung vorgesehene Ausnahme von dem Grundsatz des § 44 a Satz 1 VwGO nicht anwendbar. Der Ausschluss des Klägers hatte sich nämlich bei Klageerhebung am 3. August 2001 bereits in der Sache erledigt und war damit gegenstandslos geworden. Er konnte folglich bereits in diesem Zeitpunkt nicht mehr vollstreckt werden, obwohl ihm zunächst die Qualität einer vollstreckbaren Verfahrenshandlung im Sinne des § 44 a Satz 2 VwGO zukam. In einem solchen Fall greift § 44 a Satz 2 VwGO nicht ein.
Dies ergibt sich zunächst aus der systematischen Stellung der Vorschrift in der Verwaltungsgerichtsordnung. Unabhängig davon, ob § 44 a VwGO als eigenständige negative Sachbescheidungsvoraussetzung oder als einschränkende Sonderregelung zum allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis angesehen wird (vgl. zum Meinungsstand: Stelkens in: Schoch u.a., VwGO, § 44 a Rn. 24), enthält die Vorschrift jedenfalls eine Sachurteilsvoraussetzung, für die in gleicher Weise wie etwa beim Rechtsweg, der Zuständigkeit des Gerichts oder der Klagebefugnis maßgeblich ist, dass ihre tatbestandlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gegeben sind.
Die Entstehungsgeschichte des § 44 a VwGO bestätigt das dargestellte Ergebnis. Eingeführt mit dem Erlass des Verwaltungsverfahrensgesetzes dient die Regelung dem Zweck, dem Grundrechtsschutz durch Verfahren und der Effektivität des Rechtsschutzes dann Vorrang einzuräumen, wenn eine Verfahrenshandlung erlassen worden ist, deren Vollstreckung möglich und vom Betroffenen zu gewärtigen ist. Dabei hat es der Gesetzgeber als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen, auch die selbständige Anfechtbarkeit solcher Verfahrenshandlungen auszuschließen, die vollstreckbar sind oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen. Mit der Ausnahme in § 44 a Satz 2 VwGO soll mithin der Gefahr begegnet werden, dass bei einer vollstreckbaren Verfahrenshandlung bis zur Sachentscheidung ein irreparabler Zustand geschaffen wird (vgl. dazu Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes BTDrucks 7/910, S. 97). Ist dies zu befürchten, soll die mit der selbständigen Klage gegen die Verfahrenshandlung einhergehende Verzögerung oder Erschwerung der Sachentscheidung des anhängigen Verwaltungsverfahrens hingenommen werden.
Diese Gesichtspunkte kommen indessen nicht zur Geltung, wenn es um Verfahrenshandlungen geht, die zwar ursprünglich vollstreckbar waren, mittlerweile jedoch erledigt sind und deswegen keine Beschwer mehr entfalten; denn dann droht nicht die Gefahr, dass wegen des Ausschlusses einer selbständigen Anfechtbarkeit durch die Vollstreckung der Verfahrenshandlung ein Zustand verwirklicht wird, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
So liegt es hier. Wegen des Ausschlusses und der am 3. Juli 2001 mit Wirkung zum 5. Juli 2001 erfolgten Wiederzulassung hat der Kläger an den Erörterungen über drei Tage (am Mittwoch, dem 4. Juli 2001 fanden gemäß der Informationsbroschüre des Beklagten zum Erörterungstermin keine Erörterungen statt) nicht teilnehmen können. Er ist dadurch jedoch nicht gehindert worden, seine Einwendungen zum Thema Lärmimmissionen mit der Verhandlungsleitung und dem Vorhabenträger zu besprechen. Auch tatsächlich hat der Kläger dies genutzt. Er hat nämlich am 9. Juli und am 24. September 2001 Ausführungen zu dem genannten Komplex gemacht. Soweit der Kläger geltend macht, ihm seien durch den Ausschluss am 29. Juni, 2. und 3. Juli 2001 Einwendungsthemen verloren gegangen, ist dies nach den Protokollen über die Erörterungen am 9. Juli/24. September 2001 nicht nachvollziehbar. Danach gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger gehindert gewesen sein könnte, Umstände zum Gegenstand der Verhandlung zu machen, die er zum Thema Lärmimmissionen einwenden wollte. Dass die Erörterung am 24. September 2001 um 18.00 Uhr zu einem Zeitpunkt abgebrochen wurde, als der Kläger sich mit einem Gutachter des Vorhabenträgers in einem Diskurs befand, hat im Übrigen nicht dazu geführt, dass der zu diesem Zeitpunkt nahezu drei Monate zurückliegende Ausschluss den Kläger nachträglich belastet hätte.
5. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet nicht, die Klage gegen ursprünglich vollstreckbare, inzwischen jedoch erledigte Verfahrenshandlungen in verfassungskonformer Auslegung von § 44 a Satz 2 VwGO als zulässig anzusehen. In Hinsicht auf eine erledigte Verfahrenshandlung im Sinne von § 44 a Satz 2 VwGO würde die Rechtsschutzgarantie nur dann eine Korrektur der vorstehenden Auslegung erfordern, wenn die Maßnahme trotz ihrer Erledigung wegen Wiederholungsgefahr oder einer von ihr ausgehenden nachwirkenden Diskriminierung bzw. erheblichen Beeinträchtigung fortwirkenden Klärungsbedarf auslöste. Solche Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor.
Eine Wiederholungsgefahr scheidet aus, weil nichts dafür spricht, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nochmals in eine ähnliche Situation geraten könnte. Der Erörterungstermin ist inzwischen abgeschlossen.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation besteht aus Verfassungsgründen kein Bedürfnis zu einer Ausdehnung des § 44 a Satz 2 VwGO auf erledigte Verfahrenshandlungen. Hat ein Verwaltungsakt außer seiner erledigten belastenden Wirkung zusätzlich einen diskriminierenden, ehrenrührigen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen abträglich ist, so kann das Interesse an einer Beseitigung der eingetretenen Rufminderung eine Fortsetzungsfeststellungsklage rechtfertigen, wenn es nach der Sachlage als schutzwürdig anzuerkennen ist (BVerwGE 61, 164/166). Vorausgesetzt ist allerdings stets, dass im Einzelfall ein berechtigtes Schutzbedürfnis gegenüber rufbeeinträchtigenden Nachwirkungen vorhanden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. August 1990 – BVerwG 1 B 94/90 – NVwZ 1991, S. 270). Werden diese zum berechtigten Interesse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelten Maßstäbe auf die hier zu beurteilende Fragestellung übertragen, so sind die genannten Anforderungen nicht erfüllt. Als reine Ordnungsmaßnahme hatte der Ausschluss keine diskriminierende Wirkung. Wenn dabei der Kläger als „Störer” Adressat einer sitzungspolizeilichen Maßnahme geworden ist, handelte es sich um die Gewährleistung eines ordnungsmäßigen Terminablaufs. Soweit der Kläger subjektiv eine Rufschädigung empfunden haben mag, muss ihm entgegengehalten werden, dass insoweit auf eine objektivierte Sicht abzustellen ist. Diese ergibt keine Anhaltspunkte für eine Ehrverletzung, zumal zusätzlich belastende Umstände wie etwa verbale Entgleisungen oder eine unangemessen scharfe Wortwahl ausweislich des Protokolls über die Veranstaltung am 28. Juni 2001 nicht zu verzeichnen sind. Auch haben weder der Versammlungsleiter noch einer seiner Helfer nach den dem Senat vorliegenden Akten gegen den Kläger eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet.
Schließlich kann ein Rechtsschutzbedürfnis auch nicht darauf gestützt werden, es seien tief greifende Grundrechtsverletzungen verursacht worden, deren Rechtmäßigkeit gerichtlich geklärt werden müsse. Die dazu insbesondere in Fällen der nachträglichen Überprüfung erledigter polizeilicher Maßnahmen entwickelte Rechtsprechung, (vgl. etwa BVerfGE 96, 27/39 f.; BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 1998 – 1 BvR 831/89 – NVwZ 1999, S. 290/291 f.) kann der Kläger für sich nicht mit Erfolg anführen. Durch den Ausschluss von dem Erörterungstermin für drei Tage ist eine nachhaltige Grundrechtsbeeinträchtigung nicht eingetreten.
B. Zugunsten des Klägers hat der Senat in Erwägung gezogen, ob dessen Klagebegehren, soweit es sich gegen den Ausschluss vom Erörterungstermin richtet, ungeachtet der Ausschlusswirkung des § 44 a VwGO unter dem Aspekt einer Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig sein kann. Das ist jedoch nicht der Fall, weil dem Kläger das berechtigte Interesse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO fehlt. Soweit der Kläger sich insoweit auf die Gesichtspunkte der Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung und des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs beruft, wird dabei auf die Ausführungen zu § 44 a Satz 2 VwGO (oben unter A. 5.) verwiesen. Soweit der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 29. Januar 2002 die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs angekündigt und sein berechtigtes Interesse damit begründet hat, steht dem entgegen, dass die Absicht, eine Amtshaftungsklage zu erheben, kein schutzwürdiges Interesse an einer verwaltungsgerichtlichen Fortsetzungsfeststellungsklage begründet, wenn sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat (BVerwGE 81, 226 ff.). Da der Ausschluss hier mit der am 3. Juli 2001 erfolgten Wiederzulassung mit Wirkung vom 5. Juli 2001 gegenstandslos geworden und die Klage am 3. August 2001 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen ist, liegt die genannte Voraussetzung vor.
C. Abgesehen davon hätte die gegen den Ausschluss vom Erörterungstermin gerichtete Klage auch in der Sache keinen Erfolg haben können, weil diese Anordnung rechtmäßig war (vgl. § 113 Nr. 1 Satz 4 VwGO).
1. Rechtliche Grundlage für die angefochtene Maßnahme war § 68 Abs. 3 Satz 2 VwVfGBbg, der hier nach § 10 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 LuftVG in Verbindung mit § 73 Abs. 6 Satz 6 VwVfGBbg anzuwenden war. Danach kann der Verhandlungsleiter, der für die Ordnung im Erörterungstermin verantwortlich ist, Personen, die seine Anordnungen nicht befolgen, entfernen lassen. Diese Ermächtigung deckt, was die Rechtsfolgenseite angeht, auch den hier streitgegenständlichen Ausschluss des Klägers. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Norm lagen ebenfalls vor. Unstreitig hat der Kläger den mehrfachen Aufforderungen des Verhandlungsleiters, den Vertreter des Vorhabenträgers nicht zu unterbrechen, nicht Folge geleistet. Soweit der Kläger bereits in der Erörterung geltend gemacht hat, er habe nicht den Redebeitrag von Rechtsanwalt Dr. G. unterbrochen, sondern lediglich ergänzt, ändert dies an einem Ordnungsverstoß nichts. Dem Kläger war in der fraglichen Situation das Wort nicht erteilt. Er hätte folglich mit etwaigen Ergänzungen zu Ausführungen anderer Teilnehmer bis zur Worterteilung warten müssen. Folglich waren seine Zwischenrufe Unterbrechungen, selbst wenn es dem Kläger in der Sache um Ergänzungen gegangen sein sollte. Davon abgesehen kann nicht festgestellt werden, dass die Zwischenrufe sachdienliche, konstruktive Hinweise darstellten, die der Verhandlungsleiter hätte aufgreifen sollen. Die Frage der Standorteignung und der Standortalternativen, auf die die Zwischenrufe des Klägers sich bezogen, war nämlich bereits in ausführlicher Weise Gegenstand der Erörterungen an vorangegangenen Tagen gewesen. Im Zusammenhang mit dem Thema Lärmimmissionen waren die Zwischenrufe des Klägers deswegen kaum als sachdienlicher Beitrag, sondern eher als eine – möglicherweise verständliche – Unmutsäußerung zu bewerten. Aus der Sicht des Verhandlungsleiters war es deswegen nicht nahe liegend, die Zwischenrufe als Anregung aufzufassen, das Thema der Standorteignung erneut aufzurufen.
2. Die danach im Ermessen des Versammlungsleiters liegende Ordnungsmaßnahme eines Ausschlusses des Klägers von der weiteren Erörterung ist rechtlich nicht zu beanstanden und insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren.
Der Verhandlungsleiter muss wegen der Schwierigkeit der ihm zur Durchführung eines Massenverfahrens übertragenen Aufgabe in die Lage versetzt werden, auf Ordnungsverstöße flexibel, aber wirksam und nachhaltig zu reagieren. Das bedingt, dass ihm bei der Auswahl seiner Reaktionen auf Störungen des Versammlungsablaufs ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist.
Die Grenzen dieses Spielraums hat der Verhandlungsleiter hier nicht überschritten. Der Ausschluss des Klägers war zunächst geeignet, den geordneten Ablauf der Erörterungen wieder herzustellen; dazu gehört nämlich, dass immer der spricht, dem vom Verhandlungsleiter das Wort erteilt wurde. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass es nach der Darstellung des Klägers infolge seines Ausschlusses zunächst vorübergehend zu Unmutsäußerungen und Turbulenzen kam, die die Ordnung erst recht störten. Eine an sich geeignete Ordnungsmaßnahme verliert nicht deshalb diese Eigenschaft, weil sie möglicherweise in der aufgeheizten Situation eines kontroversen Erörterungstermins weitere Störungen nach sich zieht. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Maßnahme überzogen und unnötig eskalierend gewesen wäre. Auch das war hier nicht der Fall. Vielmehr kann nicht beanstandet werden, dass der Verhandlungsleiter den Ausschluss des Klägers für erforderlich gehalten hat. Immerhin konnten dessen Einwürfe weder durch die Aufforderung, nicht zu unterbrechen, noch durch einen Verweis noch durch die Androhung des Ausschlusses beendet werden. In dieser Situation war ein im Verhältnis zum Ausschluss des Klägers gleichermaßen geeignetes, aber milderes Mittel zur Wiederherstellung der Ordnung im Erörterungstermin nicht ersichtlich.
Gegen die Erforderlichkeit des eingesetzten Mittels und ihre Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn spricht auch nicht, dass der Ausschluss des Klägers zunächst unbefristet verfügt worden ist. Auch angesichts des aus der Sicht des 28. Juni 2001 noch lange Zeit fortdauernden Erörterungstermins bedurfte es keines ausdrücklichen Vorbehalts einer Entscheidung über die Wiederzulassung des Klägers. Denn die Anordnung des Ausschlusses war bei verständiger Würdigung nicht als „unumkehrbar” zu verstehen. So hat sie insbesondere auch der Kläger nicht aufgefasst, der bereits am Vormittag des 29. Juni 2001 seine Wiederzulassung beantragte. Nachdem diesem Antrag mit Wirkung ab dem 5. Juli 2001 entsprochen worden ist, liefert auch das nachfolgende Verhalten der Behörde keine Anhaltspunkte für die Annahme, es sei beabsichtigt gewesen, den Kläger auf Dauer von der Erörterung fern zu halten.
3. Der Rechtmäßigkeit des vorübergehenden Ausschlusses des Klägers von dem Erörterungstermin steht schließlich auch Verfassungsrecht nicht entgegen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen das für das Verhältnis der Bundesländer untereinander geltende Territorialprinzip geltend macht, folgt der Senat dem nicht.
Unter der Geltung des in Art. 20 Abs. 1 GG festgelegten Bundesstaatsprinzips ist ein Land in seiner Verwaltungshoheit grundsätzlich auf sein eigenes Gebiet beschränkt (BVerfGE 11, 6/19). Die darin liegende Bindung der Verbandskompetenz der Länder an ihr Territorium erfährt jedoch von vornherein Einschränkungen, soweit es um den Vollzug der Bundesgesetze durch die Länder geht. So liegt es bei dem hier zu beurteilenden Fall. Das Luftverkehrsgesetz ordnet in § 10 Abs. 1 Satz 2 und in § 10 Abs. 2 Satz 2 die Durchführung des luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahrens durch das Land Brandenburg auf der Grundlage des brandenburgischen Verwaltungsverfahrensrechts an. Daraus folgt zugleich die bundesrechtliche Übertragung der Kompetenz, hoheitliche Aufgaben auch auf dem Gebiet des Landes Berlin wahrzunehmen, in dem ein kleinerer Teil des für das Vorhaben benötigten Geländes liegt. Sie beinhaltet in erster Linie die Ermächtigung zum Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses, der nach seinem Wirksamwerden hoheitliche Wirkungen auch für das Gebiet des Landes Berlin entfaltet. Diese reichen bis zur Regelung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen (Art. 2 Abs. 1 Satz 1, Art. 14 GG). Das Luftverkehrsgesetz selbst schreibt mithin zum Zwecke seines Vollzuges eine erhebliche Durchbrechung des Territorialitätsprinzips vor. Ist aber eine brandenburgische Behörde befugt, in ihrem Planfeststellungsbeschluss – sogar – enteignungsrechtliche Vorwirkungen für das Gebiet des benachbarten Landes Berlin zu bewirken, so ist die nach brandenburgischem Landesrecht zuständige Anhörungsbehörde – erst recht – nicht gehindert, auf dem Wege zur Bescheidung des Antrages auf einen Planfeststellungsbeschluss den Termin zur Erörterung der Einwendungen auf dem Gebiet des Landes Berlin abzuhalten.
Daraus folgt zugleich, dass dem Beklagten während des Erörterungstermins auf Berliner Landesgebiet die Befugnisse nach § 73 Abs. 6 Satz 6 in Verbindung mit § 68 Abs. 3 VwVfGBbg zustanden.
Da hier nur der Ausschluss des Klägers vom Erörterungstermin beurteilt wird, hat der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen der Beklagte auch Vollstreckungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Landes Berlin durch eigene Bedienstete hätte ausführen dürfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Kipp, Vallendar, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen
Haufe-Index 738237 |
BVerwGE, 373 |
NJ 2002, 492 |
NuR 2002, 407 |
DVBl. 2002, 1118 |
UPR 2002, 274 |