Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger zu 1 a und 1 b als Gesamtschuldner, die Kläger zu 2.1 und 2.2 als Gesamtschuldner und der Kläger zu 3 tragen die Kosten des Verfahrens entsprechend ihrem Anteil am Gesamtstreitwert.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 2. Februar 2001 für den Neubau der Bundesautobahn A 20 in dem Abschnitt zwischen der Landesgrenze Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern bis zur Anschlussstelle Schönberg (B 104). Die BAB A 20 („Ostsee-Autobahn”) ist eines der 17 Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Der Autobahnneubau beginnt am Autobahnkreuz A 1/A 20 südwestlich von Lübeck und endet am Autobahnkreuz A 20/A 11 südlich von Prenzlau. Ziel der Planung ist die Schaffung einer leistungsfähigen Verkehrsverbindung zwischen den Ober- und Mittelzentren Mecklenburg-Vorpommerns mit Schleswig-Holstein und Brandenburg zur überregionalen Raumerschließung sowie zur besseren Einbindung Norddeutschlands in das transeuropäische Verkehrswegenetz. Der Küstenraum von Lübeck über Rostock und Greifswald bis nach Stettin und die Mittelzentren Wismar, Güstrow, Demmin und Anklam in Mecklenburg-Vorpommern sollen miteinander verbunden werden. Neben der Aufnahme der regionalen Verkehrsströme soll die BAB A 20 auch der Entlastung des bestehenden Straßennetzes und zahlreicher Ortsdurchfahrten dienen.

Der hier streitbefangene Abschnitt soll die Teilstrecken der BAB A 20 in Schleswig-Holstein mit den in Mecklenburg-Vorpommern bereits in Betrieb befindlichen Abschnitten Schönberg – Rostock verbinden. Er dient dem Lückenschluss und soll die durchgehende Befahrbarkeit der BAB A 20 von Lübeck bis Rostock herstellen. Die Länder Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben die Planfeststellungsverfahren für die an der Landesgrenze aufeinander treffenden Teilstrecken der BAB A 20 jeweils für ihr Gebiet, jedoch weitgehend parallel durchgeführt. Der Abschnitt in Mecklenburg-Vorpommern von der Landesgrenze am Ostufer der Wakenitz bis zur Anschlussstelle Schönberg hat eine Länge von 14,3 km. Der Planfeststellungsbeschluss für diesen Abschnitt setzt sich aus den Unterlagen für zwei Unterabschnitte (Planungseinheiten) zusammen: Von der Landesgrenze bis zur Anschlussstelle Lüdersdorf (bezeichnet als Planungsabschnitt 2 b) und von der Anschlussstelle Lüdersdorf (L 02) bis zur Anschlussstelle Schönberg (B 104) (bezeichnet als Planungsabschnitt VKE 2811).

Die BAB A 20 durchschneidet südöstlich von Lübeck die Wakenitzniederung, die auf schleswig-holsteinischer Seite Teil des Naturschutzgebietes „Wakenitz” und des Naturparks „Lauenburgische Seen”, auf der Seite Mecklenburg-Vorpommerns Teil des geplanten Naturschutzgebietes „Wakenitzniederung und Herrenburger Binnendüne” ist. Die Wakenitzniederung wird durch eine die Landesgrenze übergreifende, insgesamt 294,5 km lange Talraumbrücke gequert, die in der Mitte durch einen 3 m breiten Lichtschlitz geteilt ist und über eine lichte Weite von 6 m über dem durchschnittlichen Wasserspiegel der Wakenitz verfügt. Der westliche Brückenkopf liegt in Schleswig-Holstein, der östliche in Mecklenburg-Vorpommern. Die Brücke ist aus Immissionsschutzgründen und zur Minderung der Kollisionsgefahr für Vögel mit bis zu maximal 4 m hohen Emissionsschutzwänden ausgestattet. Die Trasse der A 20 verläuft in diesem Bereich ca. 500 m nördlich des nächstgelegenen Teils des Vogelschutzgebietes „Schaalsee” in Mecklenburg-Vorpommern. Die nördliche Grenze des von Mecklenburg-Vorpommern ausgewiesenen Naturschutzgebietes „Kammerbruch” liegt etwa 1000 m von der Autobahntrasse entfernt.

Die Kläger führen landwirtschaftliche Betriebe, deren Nutzflächen vorwiegend oder ausschließlich aus Pachtflächen bestehen. Sie setzen sich gegen die Inanspruchnahme von Teilflächen des Pachtlandes für den Straßenbau und für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Wehr. Die Kläger zu 1 betreiben den landwirtschaftlichen Betrieb „Hof …” im Haupterwerb. Sie sind u.a. Pächter landeseigener Flurstücke in der Gemarkung …, die trassenfern nördlich des Abschnitts VKE 2811 liegen. Sie werden für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen beansprucht. Der Marktfruchtbetrieb verfügt über 850 ha Landwirtschaftsfläche. Für das Bauvorhaben werden 25,9599 ha (einschließlich Restflächen 28,5829 ha) entzogen. Die Kläger zu 2 betreiben im Nebenerwerb einen landwirtschaftlichen Betrieb auf einer Nutzfläche von ca. 51,5 ha. Der Grünlandbetrieb mit Milchviehhaltung und Mast wird nach Bioland-Vorschriften und nach „ökologischen” Maßstäben geführt. Zwei Flurstücke werden für das Brückenbauwerk der BAB A 20 in der Wakenitzniederung sowie für trassennahe Ausgleichsmaßnahmen, ein Flurstück der Gemarkung … wird für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen beansprucht. Der Kläger zu 3 bewirtschaftet einen Marktfruchtbetrieb auf Pachtflächen von insgesamt 122 ha. Für das Bauvorhaben selbst sowie landschaftspflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden Flurstücke der Gemarkungen … und … beansprucht. Insgesamt werden ca. 29 v.H. der landwirtschaftlichen Nutzfläche dauerhaft entzogen. Nach einem Gutachten, das die Anhörungsbehörde eingeholt hat, wird der Betrieb durch das Bauvorhaben in seiner Existenz gefährdet. Die Kläger erhoben im Verwaltungsverfahren Einwendungen, denen der Planfeststellungsbeschluss teilweise abhalf und die er im Übrigen zurückwies.

Die Kläger tragen zur Begründung ihrer Klage vor:

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leide an Verfahrensfehlern. Er verletze auch materielles Recht. Dem Vorhaben fehle die Planrechtfertigung. Die Abschnittsbildung sei fehlerhaft. Es sei nicht gerechtfertigt, das planfestgestellte Vorhaben in zwei Unterabschnitte aufzuteilen. Die Teilstrecke 2 b habe keine selbstständige Verkehrsfunktion. Das Vorhaben sei mit den Vorschriften des europäischen Vogelschutzrechts nicht vereinbar. Die Wakenitzniederung weise die Merkmale eines faktischen Vogelschutzgebiets auf. Sie sei auch ein potenzielles Schutzgebiet nach der Europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Der Planfeststellungsbeschluss sei ferner abwägungsfehlerhaft. Die Nordumfahrung Lübecks sei vorzugswürdig. In der Wakenitzniederung sei der Tunnelvariante der Vorzug einzuräumen. Der Planfeststellungsbeschluss genüge auch nicht den strikten Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Die Ausgleichsbilanz sei fehlerhaft. Zerschneidungseffekte und Barrierewirkungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Die Kläger machen ferner geltend: Die Inanspruchnahme ihrer Pachtflächen zu Ausgleichs- und Ersatzzwecken im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung treffe sie unverhältnismäßig stark. Im Fall der Kläger zu 1 und 2 sei eine Gefährdung der Betriebsexistenz nicht auszuschließen. Im Fall des Klägers zu 3 sei die Existenzgefährdung gutachterlich erwiesen. Die Inanspruchnahme und Zerschneidung landwirtschaftlicher Nutzflächen führe jedenfalls zu Betriebserschwernissen. Das Bauvorhaben selbst bringe Entwässerungsprobleme für die landwirtschaftliche Nutzung mit sich. Die Kläger zu 1 verweisen auf Flächen, die ihrer Ansicht nach besser zu Ausgleichszwecken (Aufforstung) geeignet seien. Die Kläger zu 2 sehen die Anerkennung ihres Betriebes als „Bioland-Betrieb” gefährdet. Sie wenden sich ferner gegen die verkehrsbedingten Lärmbelastungen ihres Wohnhauses an der Hauptstraße in …

Die Kläger zu 1 beantragen,

  1. den Planfeststellungsbeschluss vom 2. Februar 2001 aufzuheben,
  2. hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, Mängel des Planfeststellungsbeschlusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren zu beheben.

Die Kläger zu 2 beantragen,

  1. den Planfeststellungsbeschluss vom 2. Februar 2001 aufzuheben,
  2. hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, Mängel des Planfeststellungsbeschlusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren zu beheben,
  3. weiter hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, Schallschutz zu gewähren, soweit ohne diesen die Verkehrslärmbelastungen auf dem klägerischen Grundstück …straße … in … infolge des Baus der BAB A 20 mit Anschlussstelle an der L 02 erhöht werden und dabei Immissionswerte erreichen, die tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) überschreiten.

Der Kläger zu 3 beantragt,

  1. den Planfeststellungsbeschluss vom 2. Februar 2001 aufzuheben,
  2. hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, Mängel des Planfeststellungsbeschlusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren zu beheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er tritt dem Klagevorbringen in allen Punkten und im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses, der die Einwendungen der Kläger zurückweist, entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen Vorschriften des zwingenden Rechts; er ist auch nicht abwägungsfehlerhaft.

Das Bundesverwaltungsgericht ist erstinstanzlich zuständig (vgl. § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 5 VerkPBG).

Die Klage ist zulässig. Pächter, die sich wie die Kläger dagegen zur Wehr setzen, dass ihre Pachtgrundstücke auf der Grundlage des Bundesfernstraßengesetzes für ein Straßenbauvorhaben unter Einschluss der damit verbundenen naturschutzrechtlichen Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen in Anspruch genommen werden, sind klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 1. September 1997 – BVerwG 4 A 36.96 – (BVerwGE 105, 178 ≪180≫) aus der Eigentumsqualität schuldrechtlicher Pachtansprüche sowie aus der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses für ein etwaiges sich anschließendes Enteignungsverfahren abgeleitet. Die Enteignungsermächtigung des § 19 Abs. 1 Satz 1 FStrG erstreckt sich auch auf die Flächen, auf denen nach den Vorschriften des Naturschutzrechts Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen durchzuführen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1996 – BVerwG 4 A 29.95 – Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 8).

A. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an formellen Mängeln. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

1. Fehl geht die Rüge, dass im Linienbestimmungsverfahren keine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden hat. Allerdings sieht § 15 Abs. 1 Satz 1 UVPG für den Regelfall vor, dass im Rahmen der Linienbestimmung die Umweltverträglichkeit, wenn auch nur nach dem jeweiligen Planungsstand des Vorhabens, geprüft wird. Nach § 2 Abs. 2 VerkPBG findet diese Vorschrift im Geltungsbereich dieses Gesetzes indes nur mit der Maßgabe Anwendung, dass die Einbeziehung der Öffentlichkeit im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren stattfindet. Diese Regelung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nach Art. 6 Abs. 3 UVP-RL bestimmen die Mitgliedstaaten u.a., in welcher Weise die Öffentlichkeit angehört werden soll. Um sicherzustellen, dass der mit der UVP-Richtlinie verfolgte Zweck erreicht wird, muss die Öffentlichkeit so frühzeitig beteiligt werden, dass das Ergebnis dieses Verfahrensschrittes bei der Bewertung der Umweltauswirkungen und der Entscheidung über den Zulassungsantrag berücksichtigt werden kann. Diesem Erfordernis wird genügt, wenn die Öffentlichkeit nach Maßgabe des § 9 UVPG im Rahmen der im Planfeststellungsverfahren obligatorischen Anhörung einbezogen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 1997 – BVerwG 4 VR 17.96 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 127). Einen früheren Zeitpunkt zu bestimmen, ist den Mitgliedstaaten unbenommen, von Gemeinschaftsrechts wegen aber nicht zwingend geboten.

2. Kein Verfahrensfehler liegt darin, dass der Beklagte die Umweltverträglichkeitsuntersuchung zur Linienbestimmung nicht im Planfeststellungsverfahren ausgelegt hat. Die mit der öffentlich bekannt gemachten Auslegung der Antragsunterlagen vom Gesetz gewollte Information der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne einer ausreichenden „Anstoßwirkung” (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 – BVerwG 4 C 29.94 – BVerwGE 102, 331) ist hier erfüllt worden. Für das Bauvorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach §§ 2 und 3 UVPG i.V.m. Nr. 8 der Anlage zu 3 UVPG durchgeführt worden. Die erstellte Umweltverträglichkeitsstudie wurde öffentlich ausgelegt. Sie enthält eine allgemein verständliche zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Bauvorhabens. Die ausgelegte Umweltverträglichkeitsprüfung unterrichtete die Betroffenen hinlänglich über das Vorhaben und seine Auswirkungen auf ihre Rechte und Interessen. Sie ermöglichte es ihnen, sachkundige Einwendungen zu erheben. Damit sind die gesetzlichen Anforderungen an das Anhörungsverfahren (vgl. auch § 9 Abs. 1 UVPG) erfüllt.

B. Der Einwand der fehlenden Planrechtfertigung ist unbegründet. Die BAB A 20 ist in dem Bedarfsplan, der dem Fernstraßenausbaugesetz als Anlage beigefügt ist, als „vordringlicher Bedarf” zeichnerisch dargestellt. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG entspricht sie damit den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Das bedeutet, dass nach der Wertung des Gesetzgebers unter Bedarfsgesichtspunkten eine Planrechtfertigung vorhanden ist. Die Kläger zeigen nicht auf, inwiefern diese gesetzgeberische Entscheidung Vorgaben zuwider laufen könnte, die sich aus dem Verfassungsrecht ergeben (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 – BVerwG 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339). Mit dem Argument, die Planfeststellungsbehörde habe den Verkehrsbedarf zu hoch veranschlagt, ist die gesetzliche Bedarfsfeststellung nicht in Frage zu stellen. Der vom Gesetzgeber festgestellte Verkehrsbedarf erhält im Übrigen zusätzliches Gewicht dadurch, dass mit der BAB A 20 eine Straßenverbindung geschaffen werden soll, der über die Grenzen Deutschlands hinaus erhöhte Bedeutung beigemessen wird. Die BAB A 20 ist Bestandteil des transeuropäischen Straßennetzes, das dazu dient, „den ungehinderten Zugang zu den Regionen zu gewährleisten und den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt im gesamten Gebiet der Gemeinschaft zu stärken” (vgl. die Entscheidung des Rates 93/629/EWG vom 29. Oktober 1993 zur Schaffung eines transeuropäischen Straßennetzes – ABl EG Nr. L 305/11). Soweit die Kläger die Verkehrsprognose des Beklagten im Einzelnen angreifen und den gewählten Prognosehorizont des Jahres 2010 kritisieren, sind ihre Einwendungen zurückzuweisen. Hierzu verweist der erkennende Senat auf das den Prozessbevollmächtigten der Kläger bekannte Urteil des Senats vom 31. Januar 2002 in der Rechtssache BVerwG 4 A 24.01 (UA S. 10 ff.).

C. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss widerspricht auch nicht Vorschriften des europäischen Naturschutzrechts, deren Verletzung die Kläger geltend machen.

1. Das Vorhaben verletzt nicht Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten – Vogelschutzrichtlinie (VRL). Der vom Vorhaben in Anspruch genommene Raum der Wakenitzniederung weist keine Merkmale eines faktischen Vogelschutzgebiets auf. Er unterliegt daher nicht dem Beeinträchtigungs- und dem Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL. Das Verbot gilt in Gebieten, die nach den Kriterien der Vogelschutz-Richtlinie förmlich unter Vogelschutz hätten gestellt werden müssen, aber nicht als Vogelschutzgebiet ausgewiesen worden sind, trotz Art. 7 FFH-RL fort (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 – C 374/98 – Slg. 2000, I-10837 Rn. 42 ff.). Die in Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL geregelten Voraussetzungen, unter denen die Mitgliedstaaten zur Ausweisung von Vogelschutzgebieten verpflichtet sind, sind indes hier nicht erfüllt.

1.1 Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung der im Anhang I aufgeführten Vogelarten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem die Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Art. 4 Abs. 2 VRL ergänzt diese Bestimmung dahin, dass die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem die Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten treffen. Dabei ist dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung beizumessen.

1.1.1 Aus diesen Regelungen folgt nicht, dass sämtliche Landschaftsräume unter Schutz gestellt werden müssen, in denen vom Aussterben oder sonst bedrohte Vogelarten vorkommen. Vielmehr haben die Mitgliedstaaten die Gebiete auszuwählen, die im Verhältnis zu anderen Landschaftsteilen am besten die Gewähr für die Verwirklichung der Richtlinienziele bieten. Die Richtung gibt insbesondere Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VRL vor. Schutzmaßnahmen sind danach zu ergreifen, soweit sie erforderlich sind, um das Überleben und die Vermehrung der im Anhang I aufgeführten Vogelarten und der in Art. 4 Abs. 2 VRL angesprochenen Zugvogelarten sicherzustellen. Die Auswahlentscheidung hat sich ausschließlich an diesen ornithologischen Erhaltungszielen zu orientieren (vgl. EuGH, Urteile vom 2. August 1993 – C 355/90 – Slg. 1993, I-4221 Rn. 26, vom 11. Juli 1996 – C 44/95 – Slg. 1996, I-3805 Rn. 26 und vom 19. Mai 1998 – C 3/96 – Slg. 1998, I-3031 Rn. 59). Eine Abwägung mit anderen Belangen findet nicht statt. Die in Art. 2 VRL erwähnten Gründe wirtschaftlicher oder freizeitbedingter Art haben bei der Auswahl außer Betracht zu bleiben (vgl. EuGH, Urteile vom 2. August 1993 – C 355/90 – a.a.O. Rn. 19 und vom 11. Juli 1996 – C 44/95 – a.a.O. Rn. 31). Denn Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL ist das Ergebnis einer bereits vom Gemeinschaftsgesetzgeber getroffenen Abwägungsentscheidung, die keiner weiteren Relativierung zugänglich ist (vgl. EuGH, Urteile vom 8. Juli 1987 – 247/85 – und – 262/85 – Slg. 1987, 3029 und 3073).

Für Art. 4 Abs. 2 VRL gilt Entsprechendes. Unter Schutz zu stellen sind die Landschaftsräume, die sich nach ihrer Anzahl und Fläche am ehesten zur Arterhaltung eignen. Welche Gebiete hierzu zählen, legt das Gemeinschaftsrecht nicht im Einzelnen fest. Jeder Mitgliedstaat muss das Seine zum Schutz der Lebensräume beitragen, die sich auf seinem Hoheitsgebiet befinden. Entscheidend ist die ornithologische Wertigkeit, die nach quantitativen und nach qualitativen Kriterien zu bestimmen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993 – C 355/90 – a.a.O. Rn. 27 bis 29). Je mehr der im Anhang I aufgeführten oder in Art. 4 Abs. 2 VRL genannten Vogelarten in einem Gebiet in einer erheblichen Anzahl von Exemplaren vorkommen, desto höher ist der Wert als Lebensraum einzuschätzen. Je bedrohter, seltener oder empfindlicher die Arten sind, desto größere Bedeutung ist dem Gebiet beizumessen, das die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweist. Nur Lebensräume und Habitate, die unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung in dem betreffenden Mitgliedstaat beitragen, gehören zum Kreis der im Sinne des Art. 4 VRL geeignetsten Gebiete.

1.1.2 Die Mitgliedstaaten können die Kriterien für die vom Gemeinschaftsrecht geforderte Auswahl festlegen. Machen sie von dieser Möglichkeit, wie die Bundesrepublik Deutschland, keinen Gebrauch, so kommt als Entscheidungshilfe die sog. IBA-Liste in Betracht, die unter der Bezeichnung „Important Bird Areas in Europe” erstmals im Jahre 1989 erschienen und im Jahre 2000 neu gefasst worden ist. In dem IBA-Katalog 2000 sind neben den Gebieten, die aufgrund von Vorschriften des nationalen und des europäischen Gemeinschaftsrechts oder aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen unter Schutz stehen, auch alle Gebiete erfasst, die keiner Schutzregelung unterliegen, aus ornithologischer Sicht aber ebenfalls als schutzwürdig zu qualifizieren sind. Der EuGH wertet die IBA-Liste 1989 als ein für die Gebietsauswahl geeignetes wissenschaftliches Erkenntnismittel (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 – C 3/96 – a.a.O. Rn. 68 ff.). Für die Fassung 2000, deren Zweck sich darin erschöpft, das ursprüngliche Inventar dem derzeitigen Entwicklungsstand anzupassen, gilt nichts Abweichendes.

1.2. Vor diesem rechtlichen Hintergrund drängt sich die Schutzwürdigkeit der von dem Autobahnbau betroffenen Wakenitzniederung auf dem Gebiet des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht auf.

1.2.1 Als für den Vogelschutz in Deutschland bedeutsames Gebiet ist im IBA-Verzeichnis 2000 Nr. 027 der „Naturpark Lauenburgische Seen samt Schaalseegebiet” („Lauenburgische Seen Nature Park and Schaalsee area”) auf dem Gebiet des Landes Schleswig-Holstein aufgeführt (S. 283). Seine Größe wird mit 50 000 ha angegeben. Der auf diese Weise umschriebene Landschaftsraum umfasst auch den Bereich der Wakenitz. Daraus lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Wakenitzniederung auf der schleswig-holsteinischen Seite und im Anschluss daran auch auf mecklenburgischem Gebiet zwingend unter Schutz zu stellen ist. Die Wakenitz weist nicht die Merkmale auf, die es auf der Grundlage der IBA-Daten nahe legen, Anordnungen zum Schutz der Vogelwelt zu treffen. Aus IBA-Sicht ist der unter der Nr. 027 erfasste Naturraum geeignet, einen wirksamen Beitrag zum Fortbestand und zur Fortpflanzung des Haubentauchers, der Saatgans, der Bläßgans, der Graugans, der Reiherente und des Kranichs zu leisten. Außerdem wird das Gebiet auch deshalb als ornithologisch wertvoll eingestuft, weil es mehr als 20 000 Enten und Gänsen (wildfowl = Anatidae, S. 15) als Winterrastplatz dient. Die Kläger machen selbst nicht geltend, dass die Wakenitzniederung für diese Vogelarten eine nennenswerte Rolle spielt.

Zugunsten der Kläger kann unterstellt werden, dass die Eisvogelpopulation, die in der Aufzählung unter der Nr. 027 im IBA-Verzeichnis 2000 nicht ausdrücklich als eine für das Gebiet charakteristische Art genannt wird, mit ursächlich dafür war, die Wakenitzniederung als Teil des „Naturparks Lauenburgische Seen samt Schaalseegebiet” in die IBA-Liste aufzunehmen. Weder der Eisvogel noch sonstige Vogelarten lassen sich indes als Beleg dafür ins Feld führen, dass die Wakenitz unabhängig von dem im IBA-Verzeichnis aufgeführten Vogelbestand über ein Arteninventar verfügt, das es rechtfertigt, diesen Raum anhand der IBA-Kriterien als ein Gebiet einzustufen, das die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL erfüllt. Die Kläger weisen zwar darauf hin, dass sich die Wakenitz durch eine große Artendiversität auszeichnet. Etliche der von ihnen genannten Vogelarten sind jedoch von vornherein ungeeignet, als ein den Landschaftsraum prägendes Element nennenswert zu Buche zu schlagen. Dies trifft insbesondere für die Arten zu, für die eingestandenermaßen seit Jahren Nachweise fehlen. Hierzu zählen die Sperbergrasmücke, die Zwergdommel und der Ziegenmelker.

Die Kläger messen dem Umstand, dass diese Arten in der Wakenitz nicht mehr vorkommen, deshalb keine entscheidende Bedeutung bei, weil ihnen eine Wiederbesiedlung aussichtsreich erscheint (vgl. Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein – LANU –, gutachterliche Stellungnahme vom 4. März 1998, S. 15). Dem kann nicht gefolgt werden. Zwar gehört es nach Art. 3 VRL zu den Schutzzielen des Gemeinschaftsgesetzgebers, Lebensräume nicht nur zu erhalten, sondern auch wiederherzustellen. Das kann aber nicht bedeuten, dass Schutzgebiete auch dort eingerichtet werden müssen, wo bedrohte Vogelarten nicht mehr nachweisbar sind, die Hoffnung auf Rückkehr aber noch besteht. Von welchen Erwägungen sich die Mitgliedstaaten im Rahmen des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL leiten zu lassen haben, ergibt sich vornehmlich aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 VRL. Bloße Entwicklungspotenziale können in diesem Zusammenhang keine ausschlaggebende Rolle spielen.

Ein Teil der weiteren von den Klägern erwähnten Vogelarten gibt der Wakenitz schon deshalb kein im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL besonderes Gepräge, weil sie diesen Raum nicht als Habitat, sondern nur als gelegentliches Nahrungsrevier nutzen. Das gilt für den Rot- und den Schwarzmilan ebenso wie für die Kornweihe und den Weißstorch (vgl. LEGUAN, Februar 1998, S. 38 bis 42).

1.2.2 Erhöhte Aufmerksamkeit verdienen allenfalls der Wachtelkönig, der Neuntöter, der Eisvogel sowie die Heidelerche und der Brachpieper.

Nach dem Landschaftspflegerischen Begleitplan der Teilstrecke 2 b (Unterlage 12.2, S. 228 ff.) und dem vorliegenden Gutachtenmaterial liegt ein Brutnachweis für den Wachtelkönig (Wiesenralle) in dem von der planfestgestellten Trasse betroffenen Bereich der Wakenitzniederung auf mecklenburgischem Gebiet nicht vor. Der Landschaftspflegerische Begleitplan verzeichnet lediglich zwei Rufplätze ohne Brutnachweis oder Brutverdacht im Kammerbruch und im Zentralbereich des Naturparks Schaalsee. Im Rahmen der Kartierung von LEGUAN (Februar 1998, S. 22 ff.) wurde eine Brutverdachtsfläche im Bereich des Kammerbruchs ermittelt. Spätere Untersuchungen ergaben keine weiteren Aufschlüsse, die sich als Bestätigung werten lassen könnten (vgl. Kaule, Beurteilung der Wakenitzniederung, vom 25. März 1999, Teil B, S. 10). Der Wachtelkönig ist zwar besonders schutzwürdig, da er zu der Gruppe der 35 Vogelarten gehört, die weltweit vom Aussterben bedroht sind (vgl. IBA 2000, S. 13). Die Wakenitz drängt sich jedoch nicht als besonderes Schutzgebiet für diese Vogelart auf. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat andere Gebiete unter Schutz gestellt, die sich für diesen Zweck besser eignen. Dem Lebensraumschutz des Wachtelkönigs dienen u.a. die Vogelschutzgebiete Trebeltal (51 – 100 Brutpaare), Mecklenburgische Schweiz (36 Brutpaare), Peenetal (64 Brutpaare), Vorpommersche Boddenlandschaft (7 Brutpaare) und Schaalsee (6 – 10 Brutpaare). Gemessen hieran ist die Wakenitz für den Wachtelkönig von allenfalls zweitrangiger Bedeutung.

Zahlenmäßig stärker ins Gewicht fällt der Neuntöter, der nach den Angaben der Gutachter in der Wakenitzniederung mit 11 bis 13 Brutpaaren vertreten ist (vgl. LEGUAN, Februar 1998, S. 36/37; Kaule, Beurteilung der Wakenitzniederung, vom 25. März 1999, Teil A, S. 2). Nach den Angaben im Landschaftspflegerischen Begleitplan (a.a.O., S. 230) ist der Neuntöter mit 11 Brutpaaren innerhalb des mecklenburgischen Teils des Untersuchungsgebietes nachgewiesen. Im Bereich der Hecken- und Saumstrukturen im Grenzstreifenkomplex an der Wakenitz tritt der Neuntöter mit insgesamt 8 Brutpaaren auf. Der Neuntöterbestand wird in Deutschland auf 90 000 Brutpaare geschätzt. Davon entfallen auf Mecklenburg-Vorpommern etwa 4 000 – 6 000 Brutpaare. Zum Schutz des Neuntöters hat Mecklenburg-Vorpommern u.a. die folgenden Vogelschutzgebiete ausgewiesen: Mecklenburgische Schweiz (501 – 1 000 Brutpaare), das Peenetal (540 Brutpaare), das Trebeltal (251 – 500 Brutpaare), die Vorpommersche Boddenlandschaft (280 Brutpaare), den Greifswalder Bodden (101 – 250 Brutpaare) und das Mecklenburgische Elbetal (130 Brutpaare). Einem Vergleich mit diesen Vogelschutzgebieten hält die Wakenitzniederung hinsichtlich des zahlenmäßigen Neuntöterbestands nicht stand.

Auch das Eisvogelvorkommen nötigte das Land Mecklenburg-Vorpommern nicht, die Wakenitzniederung zum Vogelschutzgebiet zu erklären. Die Untersuchungen von Clement (Stellungnahme vom 22. April 1998) lassen in diesem Bereich auf einen Bestand von durchschnittlich sieben Brutpaaren schließen. Diese Angaben werden von keiner Seite in Zweifel gezogen (vgl. LANU, Stellungnahme vom 4. März 1998, S. 11; LEGUAN, Februar 1998, S. 40/41; Kaule, Beurteilung der Wakenitzniederung, vom 25. März 1999, Teil A, S. 3). Die Ergebnisse neuerer Beobachtungen lassen sich möglicherweise als Indiz dafür werten, dass die Zahl der Brutpaare steigt (vgl. Koop, Gutachten vom April 2001, S. 6). Dieses Eisvogelvorkommen reicht jedoch nicht aus, um die Wakenitzniederung als faktisches Vogelschutzgebiet einzuordnen. Das Eisvogelvorkommen im Niederungsbereich weist nicht die Merkmale einer eigenständigen Population auf. Es ist vielmehr Teil einer relativ homogen strukturierten länderübergreifenden Population, deren Lebensraum nach Osten bis zum Warnow-Recknitz-Gebiet reicht (vgl. Kaule, Beurteilung der Wakenitzniederung, vom 25. März 1999, Teil A, S. 4 ff.). In diesem größeren Bezugsrahmen erfüllt die Wakenitzniederung (auf holsteinischem und mecklenburgischem Gebiet) lediglich eine Annexfunktion. Die Bestände, die in diesem Teilraum am westlichen Rand des Verbreitungsgebiets nachweisbar sind, fallen nicht nennenswert ins Gewicht. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat in dem Bereich, in dem der Eisvogel seinen Vorkommensschwerpunkt hat, neun Gebiete zu Vogelschutzgebieten erklärt, die das Wakenitztal an Bedeutung weit überragen. Dazu zählen das Peenetal (43 Brutpaare), das Naturreservat Schaalsee (bis zu 50 Brutpaare), der Müritz-Nationalpark (Teil Müritz, 20 Brutpaare), die Mecklenburgische Schweiz (19 Brutpaare) und das Trebeltal (15 Brutpaare). Es deutet also nichts darauf hin, dass der Fortbestand des Eisvogels in Deutschland von den Brutpaaren in der Wakenitzniederung abhängt.

Nach den Angaben im Landschaftspflegerischen Begleitplan (a.a.O., S. 229) ist die Heidelerche mit drei Brutpaaren im Bereich des ehemaligen Grenzstreifens an der Wakenitz in Mecklenburg vertreten. Der Gesamtbestand dieser Vogelart in Mecklenburg-Vorpommern liegt bei etwa 2 000 Brutpaaren, in Deutschland insgesamt bei etwa 25 000 – 35 000 Brutpaaren. Dem Schutz der Heidelerche dienen in Mecklenburg-Vorpommern die Vogelschutzgebiete Mecklenburgisches Elbetal (150 Brutpaare), das Gebiete Nossentiner/Schwinzer Heide (51 – 100 Brutpaare), der Müritz Nationalpark, Teil Müritz (60 Brutpaare), der Ahlbecker Seegrund (30 Brutpaare) sowie der Müritz Nationalpark, Teil Serrahn (20 Brutpaare). Vor diesem Hintergrund gehört die Wakenitzniederung nicht zu den für die Erhaltung der Heidelerche zahlenmäßig geeignetsten Gebiete in Mecklenburg-Vorpommern.

Schließlich rechtfertigt auch das Vorkommen des Brachpiepers in der Wakenitzniederung nicht deren Ausweisung als Vogelschutzgebiet. Im ehemaligen Grenzstreifen auf mecklenburgischem Gebiet ist ein Brutpaar nachgewiesen. Der Bestand an Brutpaaren in Deutschland liegt zwischen 1 600 und 2 700 Paaren. Bereits dieses Zahlenverhältnis ergibt, dass die Bedeutung der Wakenitzniederung für den Brachpieper die Einordnung der Niederung als faktisches Vogelschutzgebiet nicht rechtfertigen kann.

1.2.3 Die Wakenitzniederung lässt sich auch unter dem Blickwinkel des Art. 4 Abs. 2 VRL nicht als faktisches Vogelschutzgebiet einstufen. Sie hat als Vermehrungs-, Überwinterungs- oder Rastplatz für Zugvögel keine so überragende Bedeutung, dass sie zu den in Deutschland geeignetsten Gebieten zu rechnen ist.

Die Wakenitzniederung ist kein Feuchtgebiet im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL. Von der Ramsar-Konvention wird sie nicht erfasst. Sie steht auch nicht zur Aufnahme in das Verzeichnis der international bedeutsamen Feuchtgebiete an (vgl. Mitlacher, Ramsar-Bericht Deutschland, 1997, S. 16, 19/20). Feuchtgebiete zeichnen sich dadurch aus, dass bestimmte Wasservogelpopulationen sie auf ihren Zugwegen als Jahreslebensräume nutzen (vgl. die im Ramsar-Bericht auf S. 91 enthaltene Aufzählung). Die Kläger machen selbst nicht geltend, dass das von ihnen gezeichnete Bild der Wakenitz als Rastplatz durch diese Vogelgruppen beherrscht oder auch nur maßgeblich mitgeprägt wird. LEGUAN (Vogelzuggutachten vom 3. Oktober 2000, S. 5) und Risch (Vogelzuggutachten vom Dezember 1997, S. 6 bis 9) sind sich in der Beurteilung einig, dass die Wakenitz Wasservögeln zwar als Korridor dient, von der großen Masse dieser Vögel aber lediglich überflogen wird. Ergänzend verweist der erkennende Senat hierzu auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 31. Januar 2002 in der Rechtssache BVerwG 4 A 15.01 betreffend die Wakenitzquerung der BAB A 20 auf dem Gebiet des Landes Schleswig-Holstein.

2. Das Planvorhaben scheitert auch nicht an den sich aus der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL) ergebenden Verpflichtungen.

2.1. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat den mecklenburgischen Teil der Wakenitzniederung nicht nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL als Gebiet gemeldet, das für eine Aufnahme in das Netz „Natura 2000” in Betracht kommt. Auch für die Zukunft wird eine Meldung nicht erwogen. Das ist rechtlich bedenkenfrei.

Die Mitgliedstaaten haben bei der Gebietsauswahl allerdings keine freie Hand. Welche Gebiete, in denen natürliche Lebensraumtypen im Sinne des Anhangs I oder einheimische Arten im Sinne des Anhangs II vorkommen, zu melden sind, ist nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL anhand der in Anhang III (Phase 1) festgelegten Kriterien zu bestimmen. Danach kommt es für die Beurteilung der Bedeutung des Gebiets für einen Lebensraumtyp des Anhangs I u.a. auf den Repräsentativitätsgrad, auf die Fläche im Vergleich zur Gesamtfläche des betreffenden Lebensraumtyps im gesamten Hoheitsgebiet des Staates und auf den Erhaltungsgrad bzw. die Wiederherstellungsmöglichkeit an. Für die Beurteilung der Bedeutung für eine der im Anhang II genannten Arten ist u.a. die Populationsgröße und -dichte im Gebiet im Vergleich zu den Populationen im ganzen Land, der Erhaltungsgrad der für die betreffende Art wichtigen Habitatselemente bzw. die Wiederherstellungsmöglichkeit und der Isolierungsgrad der im Gebiet vorkommenden Population im Vergleich zum natürlichen Verbreitungsgebiet der jeweiligen Art maßgebend. Dieser Kriterienkatalog belegt, dass politische oder wirtschaftliche Gesichtspunkte bei der Auswahl ebenso außer Betracht zu bleiben haben wie sonstige Zweckmäßigkeitserwägungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 und vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99BVerwGE 112, 140; Beschluss vom 24. August 2000 – BVerwG 6 B 23.00 – Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 4). Einen Beurteilungsspielraum gesteht die Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der Gebietsauswahl nur insofern zu, als der im Anhang III aufgeführte Kriterienkatalog so formuliert ist, dass er im Einzelfall unterschiedliche fachliche Wertungen zulässt (vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2000 – C 371/98 – Slg. 2000, I-9249 Rn. 14). Erfüllt ein Gebiet aber aus fachwissenschaftlicher Sicht zweifelsfrei die von der Richtlinie vorausgesetzten Merkmale, so gehört es zum Kreis der potenziellen Schutzgebiete, auch wenn der Mitgliedstaat, aus welchen Gründen immer, von einer Meldung absieht (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – a.a.O., vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302 und vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – a.a.O.).

Eine Aufnahme der Wakenitzniederung in die der EU-Kommission übermittelte Liste wäre zwar möglich gewesen; zwingend geboten war sie jedoch nicht. Der Niederungsbereich weist nicht die Merkmale auf, die für ein potenzielles FFH-Gebiet unabdingbar sind. Soweit sich im mecklenburgischen Teil Biotope und Arten im Sinne der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie finden, sind sie weder für sich genommen noch zusammen mit den auf schleswig-holsteinischer Seite vorhandenen Lebensraumtypen und Arten geeignet, dem Gebiet den Stempel der FFH-Relevanz aufzudrücken. Gemessen an den in Anhang III (Phase 1) festgelegten Kriterien ist der Schluss, dass das Gebiet für die Schaffung des kohärenten Netzes „Natura 2000” entbehrlich ist, naturschutzfachlich vertretbar. Der Beklagte konnte aus den Gutachten, die ihm vorlagen, ersehen, dass in der Wakenitz verschiedene natürliche Lebensraumtypen des Anhangs I und einige Arten des Anhangs II vorkommen. Daraus brauchte er aber nicht abzuleiten, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern aus fachlicher Sicht gehalten gewesen wäre, seinen Teil der Niederung als einen für das europäische Netz unverzichtbaren Baustein einzustufen.

2.1.1 In der Wakenitz ist kein prioritärer Lebensraumtyp vorhanden, der dem Gebiet besondere Bedeutung verleiht.

2.1.1.1 Der Biotoptyp 91 EO (*Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior) kommt im Niederungsbereich nicht vor. Zwar charakterisiert Sturm (Gutachten vom 18. April 1998) die Vegetation entlang der Wakenitz aus pflanzensoziologischer Sicht als einen eng verzahnten Übergangs- bzw. Durchdringungskomplex von Bruch- und Auenwäldern, der sich dem Typus „Auenwälder an Fließgewässern” zuordnen lasse (S. 20/21). Auch Dierßen (Stellungnahme vom 15. August 1995) neigt dazu, die „Erlen-Eschen-Wälder” im Uferbereich im Gegensatz zu den von ihm als „Erlen-Birken-Bruchwälder” bezeichneten uferferneren Waldabschnitten als Auenwälder zu qualifizieren. Das LANU (Stellungnahme vom 4. März 1998) äußert sich insoweit eher zurückhaltend. Es bezeichnet es als „fraglich”, ob die Ufervegetation die Merkmale eines Auenwaldes aufweist (S. 21). Eindeutig ist dagegen die gutachtliche Würdigung von LEGUAN (Gutachten zu den Feuchtwaldbeständen, Februar 1999). Danach sind die Wälder, die die Kläger als Auenwälder bezeichnen, als Bruchwälder einzustufen. Die Abgrenzung nimmt das Planungsbüro anhand von hydrologischen, pedologischen und pflanzensoziologischen Kriterien vor: Danach unterscheiden sich Auenwälder von Bruchwäldern unter hydrologischen Gesichtspunkten dadurch, dass sie in regelmäßiger Wiederkehr überflutet werden, und unter pedologischen Aspekten dadurch, dass sie nicht ausschließlich oder überwiegend auf Niedermoor oder sonstigen organischen Materialien, sondern auf mineralischen Sedimentationsböden stocken (S. 11 – 16). Die Wakenitz erfüllt nach den Angaben von LEGUAN diese Voraussetzungen schon deshalb nicht, weil sie bereits seit dem 13. Jahrhundert, als sie auf 4 m über NN angestaut wurde, keine Auendynamik mehr aufweist. Diese Analyse wird durch die Stellungnahme des LANU vom 4. März 1998 (S. 24) erhärtet, in der bestätigt wird, dass die seit langem aufgestaute Wakenitz nicht den Anforderungen genügt, die nach der FFH-Richtlinie an ein Fließgewässer mit natürlicher bzw. naturnaher Dynamik zu stellen sind.

Die gutachterlichen Äußerungen von Härdtle/Sturm zur Schutzwürdigkeit der Wälder der Wakenitzniederung gemäß der FFH-Richtlinie rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Sie beschränken sich auf den Hinweis, dass während der Vegetationsperiode sehr wohl Wasserspiegelschwankungen zu verzeichnen sind. Aus Aufzeichnungen des Wasserwirtschaftsamts in Lübeck sollen sich insoweit „regelmäßig auftretende Amplituden von ca. 14 bis 60 cm” ergeben. Für die rechtliche Einordnung als „Auenwald” im Sinne der Code-Nummer 91 EO genügt indes nicht bereits der Nachweis von Pegelveränderungen. Wie sich aus dem Vorspann des Anhangs I der FFH-Richtlinie ergibt, ist als Orientierungshilfe für die Interpretation der Typen natürlicher Lebensräume das „Interpretationshandbuch der Lebensräume der Europäischen Union” („Interpretation Manual of European Union Habitats”) heranzuziehen. Dort wird der Lebensraumtyp 91 EO u.a. wie folgt umschrieben: „All types occur on heavy soils (generally rich in alluvial deposits) periodically inundated by the annual rise of the river (or brook) level, but otherwise well-drained an aerated during low-water.” In Anknüpfung hieran stellt auch das Bundesamt für Naturschutz in seinem Handbuch zur Umsetzung der FFH-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie auf die „regelmäßige Überflutung in der Aue” ab. Für eine solche vom Wechsel der Jahreszeiten abhängige Überflutungsdynamik bieten die gutachterlichen Äußerungen von Härdtle/Sturm keine Anhaltspunkte. Auch die übrigen Quellen geben für diese Annahme nichts her. Die pedologischen Befunde bieten ebenfalls keinen Anlass, die Einschätzung des LEGUAN-Planungsbüros in Frage zu stellen. Im „Interpretation Manual” ist von „heavy soils, generally rich in alluvial deposits” die Rede. Im Handbuch des Bundesamts für Naturschutz werden als überwiegender Standort „autochtone oder allochtone Auenböden” genannt. Anhand dieser Erläuterungen ist davon auszugehen, dass Auenböden, die aus Flussablagerungen entstanden sind, für Auenwaldvorkommen ein wesentliches Anzeichen sind, andere Bodentypen als Standort allerdings nicht von vornherein ausscheiden. Das Bundesamt für Naturschutz nennt insoweit „Hanggleye und vergleyte Auenböden”. Auch wenn Auensedimente nicht vorherrschen müssen, dürfen sie als prägendes Element nach den insoweit maßgeblichen Vorgaben des „Interpretation Manual” jedoch nicht gänzlich fehlen. Von dieser Erkenntnis hat sich LEGUAN im Gutachten zu den Feuchtwaldbeständen zutreffend leiten lassen. Nach seiner Einschätzung tendiert der Anteil der Auenböden in der Wakenitzniederung gegen Null.

2.1.1.2 Auch der prioritäre Lebensraumtyp 91 DO (*Moorwälder) rechtfertigt es nicht, die Wakenitzniederung als potenzielles FFH-Gebiet einzustufen. Zwar ist dieser Typ im Niederungsbereich nachweisbar, jedoch beschränkt sich das Vorkommen auf Restbestände, die so kleinflächig sind, dass es sich nach der fachlichen Einschätzung von LEGUAN (vgl. Gutachten vom Februar 1998, S. 27/28 sowie Gutachten vom Februar 1999, S. 19) verbietet, sie überhaupt noch als „Wald” zu bezeichnen. Kaule (Beurteilung vom 25. März 1999) hält das Moorwaldvorkommen in der Wakenitzniederung für so unbedeutend, dass es ihm keiner weiteren Betrachtung wert erscheint (Teil A, S. 8). Das Moorwaldfragment (Birken- und Kiefern-Moorwälder) des … Moores (Biotop 473) liegt nicht in dem durch die Wakenitz geprägten Niederungsbereich, sondern weiter östlich im Staatsforst Schöneberg und kann deshalb nicht herangezogen werden, um die Einordnung der Wakenitzniederung als potenzielles FFH-Gebiet zu rechtfertigen. Ob dieses Moorwaldfragment für sich betrachtet als potenzielles Schutzgebiet nach der FFH-Richtlinie einzustufen ist, kann dahinstehen; denn es liegt mindestens 360 m nördlich der planfestgestellten Trasse und damit so weit von dieser entfernt, dass schädliche Auswirkungen auf dieses Biotop nicht zu erwarten sind. Außerdem wird es durch vorhandene Gehölzformationen von der Autobahntrasse abgeschirmt (vgl. Kaule, Gutachten vom 25. März 1999, Teil B, S. 11).

Die von LEGUAN für die Wakenitzniederung getroffenen Feststellungen werden durch die gutachterlichen Äußerungen von Härdtle/Sturm nicht in Frage gestellt, die ausführen, dass sich das Moorwaldvorkommen in der Wakenitz nicht auf den einen als unbedeutend eingestuften Standort beschränke. Nach der Einschätzung, die insbesondere der ergänzenden Stellungnahme vom 27. Dezember 2001 zugrunde liegt, finden sich Moorwälder größeren Umfangs an mindestens zwei weiteren Stellen. Diese Wälder weisen indes nicht die Merkmale auf, derer es zur Subsumtion unter den Lebensraumtyp 91 DO bedarf:

Im „Interpretation Manual” werden „Moorwälder” („bog woodland”) wie folgt charakterisiert: „Coniferous and broad-leaved forests on a humid to wet peaty substrate, with the water level permanently high and even higher than the surrounding water table. The water is always very poor in nutrients (raised bogs and acid fens).” Dahinstehen kann, ob dieses Kriterium sich, wie LEGUAN meint, nur auf Übergangsmoorstandorte sowie die Randbereiche von Hochmooren bezieht und Birken-Bruchwälder auf dauernassen, nährstoff- und basenarmen Standorten ausschließt. Für diese Sichtweise mag die Standortbeschreibung im Handbuch des Bundesamtes für Naturschutz sprechen: „Auf meist feuchten bis wassergesättigten Torfen, leicht bis mäßig zersetzt, am Rande von Hoch- und Übergangsmooren. Je nach klimatischen und edaphischen Verhältnissen als Moor-Randwälder auftretend oder aber das ganze Moor als lückiger Wald überziehend”. Gegen ein solches enges Verständnis könnte sich freilich folgender Hinweis im „Interpretation Manual” ins Feld führen lassen: „Forests on the edge of upland bogs or transition mires may form a transition towards swamp forests”. Dem trägt das Handbuch des Bundesamts dadurch Rechnung, dass sich die „Moorwald”-Definition u.a. auch auf „Birken-Moorwald ggf. mit Übergängen zum Birken-Bruchwald” erstreckt. Unter den verschiedenen Ausprägungen des Lebensraumtyps 91 DO wird dementsprechend auch „Birken- und Birken-Erlenbruchwald nährstoffärmerer Standorte” aufgeführt. Dieser weite Begriffsinhalt darf aber nicht dahin missverstanden werden, dass sich jeder Birken-Bruchwald unbesehen als „Moorwald” qualifizieren lässt. Das Bundesamt für Naturschutz macht in seinem Erläuterungsbericht zu den fachlichen Hinweisen zur nationalen Bewertung vom 2. April 2001 auf Folgendes aufmerksam (S. 9): „nur Moorwälder zählen zum Typ, Birkenbruchwälder sind ausgeschlossen. Die Übergänge der Moor- zu den Bruchwäldern sind regional unterschiedlich fließend entwickelt. Birken- und Birken-Erlenbruchwald nährstoffarmer Standorte … zählen nur dann zu den Moorwäldern im Sinne der RL, wenn sie pflanzen-soziologisch zu der Einheit Vaccinio uliginosi-Betuletum pubescentis gehören …”. Es sind keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sich in der Wakenitz Birken- und Birken-Erlenbruchwald befindet, der diese besonderen Merkmale aufweist.

2.1.2 Auch die Ausstattung der Wakenitzniederung mit nicht prioritären Lebensraumtypen nötigt nicht zur Annahme eines potenziellen FFH-Gebietes.

Die Lebensraumtypen 2310 (Trockene Sanddünen mit Calluna und Genista), 6430 (Feuchte Hochstaudenfluren), 7140 (Übergangs- und Schwingrasenmoore), 7150 (Torfmoor-Schlenken) sowie 9110 (Hainsimsen-Buchenwald) sind im Niederungsbereich nur kleinflächig vertreten. Das Vorkommen der Typen 2310 und 6430 beschränkt sich auf jeweils einen einzigen Standort (vgl. LEGUAN, Gutachten vom Februar 1998, S. 15/18). Die Typen 7140 und 7150 kommen ebenfalls reliktisch an einem Weiler bzw. an einem ehemaligen Torfstich vor (vgl. LEGUAN, Gutachten vom Februar 1998, S. 19/20). Nicht anders steht es um den Typ 9110, der hier und da inselartig in Erscheinung tritt (vgl. LEGUAN, Gutachten vom Februar 1998, S. 22/23).

Der Lebensraumtyp 2330 (Offene Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis auf Binnendünen) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Er ist zwar im ehemaligen Grenzstreifen auf mecklenburgischer Seite in großflächigerer Ausprägung nachweisbar. Auch spricht LEGUAN (Gutachten vom Februar 1999, S. 17, 20 bis 22) diesen Binnendünen das Maß an Repräsentativität und flächenmäßigem Gewicht zu, das nach Anhang III (Phase 1) der FFH-Richtlinie vorausgesetzt wird. Kaule (Beurteilung vom 25. März 1999, Teil A, S. 9) stellt jedoch diese Einschätzung in Frage. Er legt im Einzelnen dar, dass der Artenreichtum der Binnendünen im Niederungsbereich, die sich erst durch die Einrichtung des ehemaligen Grenzstreifens auf Standorten gerodeter Kiefernwälder und ehemaliger Ackerfluren entwickelt haben, aufgrund ihrer geringen Floren- und Faunentradition eine geringere Artendiversität aufweisen als Binnendünen und Sandfelder in „alten” Dünengebieten. Angesichts dieser fachlichen Einschätzung ist es dem Land Mecklenburg-Vorpommern nicht als Versäumnis anzulasten, diesen Lebensraumtyp an der Wakenitz nicht zum Anlass für eine Gebietsmeldung genommen zu haben. Der Lebensraumtyp 2330 wird in 6 der 139 gemeldeten FFH-Schutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern geschützt (vgl. LTDrucks 3/1040 vom 17. Januar 2000 des Landtags Mecklenburg-Vorpommern mit den Nrn. 12, 13, 81, 112, 117, 118). Darunter fallen die Altwarper Binnendünen am Oderhaff (Teil einer reich strukturierten Küstenlandschaft), die Dünen an einem Altarmabschnitt der Elde zwischen Wanzlitz und Krohn, Dünen in der Elbe-Sude-Niederung sowie im Uferbereich der Elbe bei Rüterberg. Bei dieser Sachlage sind den zum Lebensraumtyp 2330 vorliegenden gutachterlichen Stellungnahmen keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern bei seiner Auswahlentscheidung den naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum, den die FFH-Richtlinie in Anhang III den Mitgliedstaaten einräumt, überschritten hat.

2.1.3 Die Wakenitzniederung bietet sich auch von ihrer faunistischen Ausstattung her nicht als potenzielles FFH-Gebiet an. Der Niederungsbereich dient zwar mehreren der im Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführten Tierarten als Habitat. Dieser Umstand allein nötigte jedoch noch nicht zur Aufnahme des Gebiets in die vom Land Mecklenburg-Vorpommern nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL erstellte Liste. Der Umfang der Meldepflicht wird auch insoweit durch die Kriterien bestimmt, die der Gemeinschaftsgesetzgeber im Anhang III (Phase 1) für die Gebietsauswahl vorgibt.

Nach der Einschätzung des LANU (Stellungnahme vom 4. März 1998, S. 4, 25/26) sind unter dem Blickwinkel der Auswahlkriterien der FFH-Richtlinie allenfalls die Teichfledermaus (Code 1318) und der Fischotter (Code 1355) relevant. LEGUAN (vgl. Fledermaus-Gutachten vom Februar 1998), Kaule (Beurteilung vom 25. März 1999) und Köppel/Ziese (Stellungnahme vom 15. Juni 2001) beziehen in ihre Beurteilung auch das Große Mausohr (Code 1324) ein. Sie charakterisieren die Feucht- und die Trockenlebensräume der Wakenitzniederung und der angrenzenden Sanddünenbereiche als Fledermausjagdrevier. Das Bundesamt für Naturschutz macht es von der Bedeutung des Jagdreviers abhängig, ob Nachmeldebedarf besteht oder nicht (Erläuterungsbericht vom 2. April 2001, S. 23/24). Insbesondere Kaule hebt indes hervor, dass dieser Umstand allein sich nicht als Kriterium für die Ausweisung als FFH-Gebiet eignet (Beurteilung vom 25. März 1999, Teil A, S. 10).

Breiteren Raum nimmt in den gutachtlichen Bewertungen der Fischotter ein. Einigkeit besteht darüber, dass es vitale Fischottervorkommen östlich der Elbe im Lausitzer Teichgebiet, in Südostbrandenburg und im Bereich der Mecklenburgischen Seenplatte, im übrigen Deutschland dagegen nur noch isolierte Restbestände gibt (LEGUAN, Fischotter-Gutachten vom Februar 1998, S. 6; LANU, Stellungnahme vom 4. März 1998, S. 26; Gutachten des Wasser/Otter/Mensch e.V. vom 1. März 2001, S. 5). Übereinstimmung herrscht auch in der Einschätzung, dass der Fischotter in der Wakenitz nachweisbar ist. Die Bedeutung des Vorkommens wird freilich unterschiedlich bewertet. Während LEGUAN (Fischotter-Gutachten vom Februar 1998, S. 12) Zweifel daran anmeldet, dass der Fluss als ständig besetztes Revier genutzt wird, äußert Kaule die Überzeugung, dass jedenfalls der Kammerbruch für die im Naturpark Schaalsee und am Ratzeburger See nachgewiesene Fischotterpopulation ein regelmäßig aufgesuchtes Ausweichgebiet darstellt und die Flussabschnitte, die sich nördlich anschließen, als geeignetes Jagdrevier in Betracht kommen. Die gutachterlichen Stellungnahmen von Köppel/Ziese (a.a.O., S. 35) und des Wasser/Otter/Mensch e.V. (a.a.O., S. 20) lassen weitergehend darauf schließen, dass der gesamte Flusslauf als Lebensraum von Bedeutung ist. Köppel/Ziese machen auf die günstigen Habitatstrukturen aufmerksam. Der Wasser/Otter/Mensch e.V. schließt aus verschiedenen Funden, dass die Wakenitz regelmäßig als Aktionsraum genutzt wird. Das LANU geht davon aus, dass allen verbliebenen Ottervorkommen eine landesweite Bedeutung zukommt, der bei der Gebietsauswahl nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL Rechnung zu tragen ist (a.a.O., S. 26). Auch das Bundesamt für Naturschutz hält eine Meldung für erforderlich (Erläuterungsbericht vom 2. April 2001, S. 22). Dem widerspricht Kaule. Nach seiner Einschätzung (a.a.O., S. 10) fällt das Fischottervorkommen nicht so stark ins Gewicht, dass es geeignet ist, bei der Gebietsauswahl den Ausschlag zu geben.

Der Meinungsstreit unter den Experten macht deutlich, dass es vor dem Hintergrund der Kriterien des Anhangs III (Phase 1) der FFH-RL nicht nur gute Gründe für eine Meldung der Wakenitz als Habitat des Fischotters gibt. Auch die Entscheidung gegen eine Aufnahme in die nationale Liste erscheint durchaus vertretbar. Sie lässt sich schon deshalb ohne weiteres rechtfertigen, weil es in dem Gewässersystem, in das die Wakenitz als Fischotterhabitat eingebettet ist, offensichtlich nicht an einem ausreichenden Lebensraumschutz fehlt. Von den 139 FFH-Gebieten, die das Land Mecklenburg-Vorpommern gemeldet hat, dienen ausweislich der Landtags-Drucksache 3/1040 61 Gebiete dem Schutz des Fischotters. Dazu gehören ausgedehnte Gewässerlandschaften, die mit der Wakenitz in unmittelbarer Verbindung stehen, wie etwa die Stepenitz mit ihren Zuflüssen, der Schaalseebereich samt Techin und Nebel, der Schaalelauf sowie die Elbe-Sude-Niederung.

2.2 In ihrem weiteren östlichen Verlauf quert oder beeinträchtigt die planfestgestellte Trasse der BAB A 20 ebenfalls keine potenziellen FFH-Gebiete.

Westlich der Anschlussstelle Lüdersdorf, nördlich des Teilabschnitts 2 b der BAB A 20 befinden sich zwei Vorkommen von Waldmeister-Buchenwald, die nach Anhang I der FFH-Richtlinie (Code 9130) geschützt sind. Das 50 bis 60 m nördlich der Trasse gelegene Sumpfbiotop Nr. 2012 scheidet schon wegen seiner geringen Größe als potenzielles FFH-Gebiet aus. Der Waldmeister-Buchenwald im Pellmoor (Biotop Nr. 522 a) liegt mindestens 350 m von der Trasse entfernt. Eine Beeinträchtigung dieses Lebensraumtyps durch das Autobahnvorhaben scheidet daher aus. Im Übrigen hat das Land Mecklenburg-Vorpommern 23 Gebiete mit dem Lebensraumtyp 9130 gemeldet (vgl. LTDrucks 3/1040).

Im Bereich der Verkehrseinheit 2811 quert die Trasse der BAB A 20 die Maurineniederung, einen wertvollen, arten- und strukturreichen Biotopkomplex, der nach dem Landschaftspflegerischen Begleitplan (VKE 2811, Unterlage Nr. 12, S. 94 ff.) in die faunistischen Funktionsräume „Bruchwald und moorige Nasswiesen im Maurinetal” und „Grünlandkomplex im Maurinetal” unterteilt werden kann. Die Trasse quert die Schwarzerlen- und Birkenbruchwälder nördlich von Groß Siemz im zuerst genannten Funktionsraum. Die dort vorhandenen Bruchwälder gehören nicht zu den nach Anhang I der FFH-Richtlinie geschützten Lebensraumtypen.

Das Maurinetal ist Jagdgebiet des Fischotters, dessen Lebensraum das Land Mecklenburg-Vorpommern – wie oben ausgeführt – durch die Meldung anderer, ausgedehnter und weit verzweigter Gewässerlandschaften gewährleistet. Der Umstand, dass die Trasse der BAB A 20 im Bereich der Maurine ein Fledermausjagdhabitat quert, begründet keinen potenziellen Schutzstatus dieses Gebiets: Die nachgewiesenen Arten (Wasserfledermaus, Abendsegler, Rauhhautfledermaus) gehören nicht zu den Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung nach Anhang II der FFH-Richtlinie besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen; sie unterliegen nach Anhang IV der FFH-Richtlinie dem Artenschutz nach Art. 12 FFH-RL. Das gilt auch für die im landschaftspflegerischen Begleitplan verzeichneten Vorkommen des Laub- und des Moorfrosches.

Westlich der Anschlussstelle Schönberg durchquert die planfestgestellte Trasse den Grünland-Gehölzkomplex am Mühlenbruch und entlang der Wohlbäk und des Rabensdorfer Grabens. Der Bestands- und Konfliktplan der landschaftspflegerischen Begleitplanung (VKE 2811, Unterlage 12.1) ergibt nicht, dass dieser Bereich ernsthaft als potenzielles FFH-Gebiet in Betracht zu ziehen ist. Im trassennahen Bereich dieses Gebiets liegen insbesondere keine nach Anhang I der FFH-Richtlinie geschützten Lebensraumtypen.

D. Das Planvorhaben genügt den Anforderungen des in § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG verankerten Abwägungsgebots.

1. Die Abwägung der Trassenaltenativen ist fehlerfrei.

1.1 Der Beklagte brauchte die Nordumfahrung Lübecks nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen.

Hinsichtlich der Alternative Nord- oder Südumfahrung von Lübeck verweist der Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 38) darauf, dass der erste Streckenabschnitt der BAB A 20 im Süden der Hansestadt Lübeck von der A 1 bis zur Landesstraße 92 in Schleswig-Holstein bereits bestandskräftig planfestgestellt worden und im Bau ist. Dieser Streckenabschnitt ist Gegenstand mehrerer Klageverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gewesen. Der Senat hat die Klagen abgewiesen und sich in seinen Entscheidungen ausführlich mit der sog. Südtrassierung auseinander gesetzt (Senatsurteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 ≪11 ff.≫; Urteil vom 18. Dezember 1998 – BVerwG 4 A 10.97 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 144). Nach dem zuletzt genannten Urteil ist die Südumfahrung Lübeck abwägungsfehlerfrei. Daran ist festzuhalten. Der Planfeststellungsbeschluss verweist in diesem Zusammenhang auf den Planfeststellungsbeschluss des Landesamts für Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein vom 19. Januar 2001 betreffend den Neubau der BAB A 20 östlich der Landesstraße 92 bis zur Landesgrenze Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern (Ostufer Wakenitz) und macht sich zunächst die Erwägungen zu Eigen, die die schleswig-holsteinische Planfeststellungsbehörde zur Wahl der Südvariante bewogen haben. Diese Erwägungen sind im Ergebnis nicht zu beanstanden, wie der Senat in seinem Urteil vom 31. Januar 2002 in der Streitsache BVerwG 4 A 15.01 (UA S. 46 ff.) entschieden hat.

Der Beklagte bleibt bei der Verweisung auf die Rechtslage in Schleswig-Holstein jedoch nicht stehen. Er prüft, ob eine im Nachhinein als verfehlt erkannte Planung der Südumfahrung Lübecks vorliegt und eine Neuplanung erforderlich geworden ist. Er hält jedoch an der Südführung der Trasse insbesondere aus Gründen der städtebaulichen Entwicklung Lübecks (Erschließungsfunktion im Süden der Hansestadt) und der hohen Raumwirksamkeit der Südvariante mit ihren stadtnahen Anschlussstellen fest. Dabei werden auch neuere Untersuchungen zum Bauvorhaben „Herrentunnel” in Schleswig-Holstein (Travequerung) berücksichtigt, nach denen eine Untertunnelung der Trave auf der Nordtrasse der BAB A 20 möglicherweise nicht zu den schwerwiegenden negativen Konsequenzen für die Umwelt, insbesondere die Grundwasserverhältnisse, führen würde, die nach der Gutachtenlage im Zeitpunkt der Linienbestimmung zu befürchten waren (PFB S. 39). Diesen Gesichtspunkt lässt die Planfeststellungsbehörde jedoch nicht durchschlagen. Nach ihrer Ansicht überwiegen die Vorteile der Südumfahrung Lübecks. Diese Gewichtung erfüllt die Anforderungen einer ordnungsgemäßen fachplanerischen Abwägung und ist nicht zu beanstanden.

1.2 Die Trassenführung der BAB A 20 im Anschluss an die Südumfahrung Lübecks auf dem Gebiet Mecklenburg-Vorpommerns ist ebenfalls nicht abwägungsfehlerhaft. Die Trasse verläuft hier unter Querung der Wakenitzniederung nordöstlich von Groß Grönau in nordöstlicher Richtung, umfährt Duvennest nördlich, schwenkt dann nach Osten, um zwischen Lüdersdorf und Neuleben über die Anschlussstelle Lüdersdorf und weiter Richtung Osten zwischen Niendorf, Groß Siemz und Klein Siemz die Anschlussstelle Schönberg zu erreichen. Trassenalternativen hierzu werden ausführlich erörtert und gewichtet (PFB S. 39 – 44). Die Kläger halten die Variante 5 für vorzugswürdig, die westlich von Neuleben nach Süden abknickend zwischen Groß Neuleben und Schattin vorbeiführt und bei Ziegelhorst die Wakenitz quert. Der Beklagte hat diese Variante verworfen, weil sie Flächen innerhalb der Kernzonen des Vogelschutzgebietes „Schaalsee” in Anspruch nehmen würde. Das ist nachvollziehbar und einleuchtend. Die Entscheidung zugunsten der Wahltrasse (Variante 7) wird damit begründet, dass sie etwa 1 000 m entfernt von der Kernzone dieses Vogelschutzgebietes („Naturschutzgebiet Kammerbruch”) verlaufe und deshalb dieses Natura 2000-Gebiet nicht erheblich beeinträchtige. Das rechtfertigt die Wahl der Variante 7.

Auch die Feintrassierung der BAB A 20 in den Teilabschnitten 2 b und VKE 2811 lässt keinen Abwägungsfehler erkennen. Der Trassenverlauf berücksichtigt Lärmschutzbelange betroffener Wohngebiete ebenso wie die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Landwirtschaft (PFB S. 42 – 44). Europäisches Naturschutzrecht steht dieser Trassenführung wie dargelegt nicht entgegen.

2. Die Wahl einer Brückenlösung zur Querung der Wakenitz und der Maurine verletzt die Anforderungen des fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebots ebenfalls nicht.

2.1 Für die Wakenitzquerung erörtert der Beklagte drei Projektvarianten. Er hat die Vor- und die Nachteile einander gegenübergestellt und bewertet, die sich jeweils ergeben, wenn die Wakenitz mit Hilfe einer Brücke oder eines Tunnels gequert wird. Bei der Tunnelvariante hat er weiter danach unterschieden, ob das Bauwerk in offener Bauweise oder im Schildvortrieb hergestellt wird (vgl. PFB S. 46 ff.). Danach erweist sich die Tunnellösung im Schildvortriebsverfahren insbesondere unter ökologischen Gesichtspunkten als die günstigste Gradientenvariante. Auch ein in offener Bauweise errichteter Tunnel schneidet – ökologisch betrachtet – besser ab als eine Brücke. Bei der Tunnelvariante bedarf es quantitativ geringerer Eingriffe in Biotope als bei der Brückenlösung. Die Beeinträchtigungen sind im Bereich des Tunnelbauwerks zudem zeitlich begrenzt und mittel- bis langfristig regenerierbar. Nachteilige Standortveränderungen, Zerschneidungseffekte und Verlärmungserscheinungen beschränken sich auf die Bauphase. Das Vogelschlagrisiko ist minimal. Bei der Brückenvariante sind nachteilige Wirkungen dagegen auf Dauer vorprogrammiert. Die negativen Folgen lassen sich allerdings bis zu einem gewissen Grad durch bauliche Vorkehrungen mindern, die der Vorhabenträger zu treffen hat. Die Wakenitzniederung kann ihrer Verbundfunktion weiterhin gerecht werden. Die Trasse ist so gewählt, dass der Talraum an der engsten Stelle gequert wird. Die Brückenkonstruktion bietet die Gewähr dafür, dass die Niederung für amphibische und für terrestrische Lebewesen durchlässig bleibt. Barrierewirkungen werden durch eine größtmögliche Spannweite von mehr als 294 m sowie eine lichte Höhe von 6 m über dem Fluss und von immerhin noch mehr als 3 m an den Widerlagern weitgehend abgemildert. Der Gefahr der Eutrophierung als Folge des unvermeidlichen Licht- und Regenschattens wird dadurch entgegengewirkt, dass das Brückenbauwerk im Bereich des Mittelstreifens auf 3 m aufgeweitet wird und als offener Spalt konzipiert ist. Einer nicht hinnehmbaren Verlärmung wird durch Lärmschutzwände vorgebeugt. Das Vogelschlagrisiko wird dadurch vermindert, dass die Lärmschutzwände im Flusssegment auf 4 m erhöht werden. Diese Maßnahmen veranlassen Kaule (Überprüfung der Verträglichkeit vom 25. März 1999, Teil B, S. 17 bis 19) bei seiner vergleichenden Bewertung zu folgender Schlussfolgerung: „Insgesamt kann die Talraumbrücke über die Wakenitz im Vergleich zur Tunnellösung in offener Bauweise nur geringfügig ungünstiger in Bezug auf die Zerschneidungswirkung betrachtet werden. Eine Tunnellösung in offener Bauweise, die zudem erheblich in den vorhandenen Torfkörper eingreift, ist somit nicht zwingend für die Belange des Arten- und Biotopschutzes erforderlich.”

Wenn der Beklagte sich trotz der Erkenntnis, dass eine Tunnellösung insbesondere unter ökologischen Gesichtspunkten vorzugswürdig wäre, gleichwohl für die Brückenvariante entschieden hat, dann beruht dies auf Kostenüberlegungen. Das ist rechtlich im Rahmen der zu treffenden Abwägung aller Belange zu billigen. In die Entscheidung für die eine oder andere Trassen– oder Ausführungsvariante als einer von mehreren Abwägungsposten auch Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. März 1985 – BVerwG 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163, vom 28. Februar 1996 – BVerwG 4 A 27.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110 und vom 9. November 2000 – BVerwG 4 A 51.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159).

Nach den Berechnungen der Beklagten würde ein Tunnel im Schildvortrieb einen Kostenaufwand von mindestens 350 Millionen DM verursachen. Für einen Tunnel in offener Bauweise müssten mindestens 150 Millionen DM aufgewendet werden. Die Kosten für die Talraumbrücke einschließlich der Kosten für die im Bereich des Grenzstreifens geplante Grünbrücke beziffert der Beklagte demgegenüber auf weniger als 46 Millionen DM. Die Kostendifferenz, die in beiden Fällen einen dreistelligen Millionenbetrag ausmacht, rechtfertigt es nach seiner Ansicht, der Brückenlösung den Vorzug zu geben. Die Kläger halten dem Beklagten vor, die Kostenrelation falsch eingeschätzt zu haben, da die Kosten für die Tunnelkonstruktion zu hoch angesetzt worden seien. Es sei nicht ersichtlich, wieso es für die Wakenitzquerung nicht mit einem finanziellen Aufwand sollte sein Bewenden haben können, der den üblichen Erfahrungssätzen entspreche. Auch wenn man zum Vergleich die Kosten heranziehe, die bei anderen Tunnelbauwerken entstanden seien, liege die Annahme nahe, dass der Beklagte von überhöhten Kostenansätzen ausgehe.

Die für das konkrete Vorhaben angestellten Kostenberechnungen, in die eine Vielzahl von im Einzelnen ausgewiesenen Rechenposten eingestellt worden ist, lassen sich indes nicht allein mit dem Hinweis darauf erschüttern, dass ein geringerer Kostenaufwand dem Üblichen entspreche oder sich bei anderen Bauvorhaben zur Zweckerreichung als ausreichend erwiesen habe. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die vom Beklagten genannten Zahlen zu hoch gegriffen sind, würde dies dem Vorhabenträger nicht als Fehlgewichtung angelastet werden können. Die Kläger zeigen nicht auf, dass Einsparungen in Betracht kommen, die die vom Beklagten in dreistelliger Millionenhöhe genannten Beträge als Kalkulationsgrundlage ungeeignet erscheinen lassen könnten. Stehen den für ein Brückenbauwerk veranschlagten 45,2 Millionen DM auch nach dem Vorbringen der Kläger Kosten gegenüber, die diesen Betrag um ein Vielfaches übersteigen, so durfte der Beklagte von der Tunnelvariante ohne Verstoß gegen das Abwägungsgebot Abstand nehmen.

Die Senatsurteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – (a.a.O.) und vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – (a.a.O.) lassen sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht mit Erfolg gegen dieses Abwägungsergebnis ins Feld führen. Aus diesen Entscheidungen erhellt, dass eine Alternativlösung im Sinne des Art. 6 Abs. 4 Satz 1 und 2 FFH-RL mit finanziellen Erwägungen nur in den engen Grenzen verworfen werden darf, die durch den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogen werden. Die Wakenitzniederung unterfällt jedoch nicht dem besonderen Schutzregime, das durch das Gemeinschaftsrecht aufgerichtet wird. Maßgeblich sind vielmehr ausschließlich die im nationalen Recht zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätze. Der Planungsbehörde ist es daher nicht verwehrt, selbst gewichtige Naturschutzbelange in der Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen unter Einschluss von Kostengesichtspunkten hintanzustellen. Der Beklagte durfte sich bei der Wahl zwischen Brücke und Tunnel in offener Bauweise schon deshalb für eine Brücke entscheiden, weil die ökologischen Vorteile einer Tunnellösung nicht so eindeutig auf der Hand liegen, dass sie eine zusätzliche Kostenbelastung von mehr als 100 Millionen DM rechtfertigen. Bei einem Tunnel im Schildvortrieb wäre der Gewinn für Natur und Landschaft freilich beträchtlich. Allerdings würde auch die Kostenmehrbelastung noch weit erheblicher zu Buche schlagen als bei offener Bauweise. Eine solche Kostenbelastung wäre ein unvertretbar hoher Preis, zumal wenn berücksichtigt wird, dass dieses finanzielle Opfer für die Erhaltung eines Biotopverbundes zu erbringen wäre, der durch eine Brücke zwar beeinträchtigt, aber keineswegs ernstlich gefährdet oder gar zerstört wird. Die grundsätzliche Eignung, den Naturschutzbelangen angemessen Rechnung zu tragen, lässt sich jedenfalls auch der Brückenlösung nicht absprechen.

2.2 Die Maurineniederung im Bereich der Verkehrseinheit 2811 wird durch ein 195 m langes Brückenbauwerk überspannt. Vorzugswürdige Projektalternativen werden im Planfeststellungsbeschluss nicht erörtert. Die Kläger machen geltend, zur Minderung der Zerschneidungswirkung im Maurinetal sei ein Tunnelbauwerk, insbesondere im Schildvortrieb, zu prüfen gewesen. Die Prüfung hätte ergeben, dass ein Tunnel im Schildvortrieb ebenfalls aus ökologischer Sicht die günstigste Lösung darstellen und keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursachen würde. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Maurineniederung stellt wie ausgeführt kein potenzielles FFH-Gebiet dar. Die Ausgestaltung des Brückenbauwerkes reduziert die sich aus dem Bauwerk ergebenden Beeinträchtigungen auf ein vertretbares Maß. Durch die Länge des Bauwerkes und seine maximale lichte Höhe von 4 m wird gewährleistet, dass der schutzwürdige Kernbereich der Niederung mit den wertvollsten Biotopstrukturen vollständig überbrückt und die Zerschneidungswirkung der Trasse erheblich minimiert wird. Der Bau eines Tunnels im Schildvortrieb wäre demgegenüber mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand an Kosten verbunden. Das bedarf keiner weiteren Begründung.

3. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet, dass der Beklagte den planfestgestellten Abschnitt in die Unterabschnitte 2 b und VKE 2811 unterteilt hat. Die Kläger machen selbst nicht geltend, dass durch die Aufteilung in zwei Unterabschnitte Naturschutzbelange nicht mit dem Gewicht berücksichtigt worden seien, das ihnen hätte zukommen können, wenn der gesamte Streckenabschnitt von vornherein als planerische Einheit behandelt worden wäre. Die Aufspaltung trug im Gegenteil dazu bei, den Naturschutzbelangen in optimaler Weise Rechnung zu tragen. Die Bildung des Teilabschnitts 2 b, der die Wakenitzniederung umfasst, diente nämlich dazu, in die Betrachtung insbesondere der Umweltfolgen auch die westlichen Teile des Talraumes mit einzubeziehen.

Der Beklagte hat damit der Rechtsprechung des Senats Rechnung getragen, wonach bei der Ausführung eines Gesamtprojekts in Teilschritten den Prüfungsgegenstand zwar nur der jeweilige Abschnitt bildet, die Folgen für die weitere Planung jedoch wegen des Grundsatzes der Konfliktbewältigung, der es verbietet, Probleme ungelöst zu lassen, die durch die Gesamtplanung ausgelöst werden, nicht gänzlich ausgeblendet werden dürfen (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Februar 1996 – BVerwG 4 A 27.95 – a.a.O. und vom 10. April 1997 – BVerwG 4 C 5.96 – BVerwGE 104, 236). Der Unterabschnitt 2 b setzt sich mit gleicher Bezeichnung auf dem Gebiet Schleswig-Holsteins fort. Zusammen mit diesem Abschnitt erstreckt er sich auf den gesamten Naturraum der Wakenitzniederung. Wie die bei den Akten befindlichen Gutachten und Stellungnahmen zeigen, wurden in die ökologischen Untersuchungen die schleswig-holsteinischen und die mecklenburgischen Landesteile gleichermaßen einbezogen. Hierdurch verschaffte sich der Beklagte eine tragfähige Grundlage für die nach der Rechtsprechung gebotene Prognose, dass der Verwirklichung der weiteren Planungsschritte auf dem Gebiet des Nachbarlandes Schleswig-Holstein keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen.

4. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht deshalb abwägungsfehlerhaft, weil er das Interesse der Kläger, von einer Inanspruchnahme der Pachtflächen für den Trassenbau sowie für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen verschont zu bleiben, unzureichend gewürdigt und abgewogen hat.

4.1 Die Kläger zu 1, die den Hof … auf landeseigenen, gepachteten Flurstücken im Haupterwerb bewirtschaften, machen die Gefahr einer Existenzgefährdung geltend. Diese ist bei einer Flächenausstattung des Marktfruchtbetriebs im Umfang von 850 ha, von der nach der Berechnung im Planfeststellungsbeschluss (S. 138) lediglich 3,3 v.H. der bewirtschafteten Ackerflächen für das Vorhaben entzogen werden, nicht zu befürchten. Dabei kann unterstellt werden, dass die beanspruchten Flurstücke der Gemarkung … für den landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger „durch ihre Bodenqualität die höchstwertigen Flächen” darstellen. Die Kläger machen ferner geltend, dass in Lockwisch eine wesentlich geeignetere Fläche für Kompensationsmaßnahmen zur Verfügung stehe. Die Fläche sei bereits jetzt einer sinnvollen landwirtschaftlichen Nutzung entzogen und mit bestehenden Waldflächen direkt verbunden, so dass sie sich besonders gut zur Aufforstung eigne. Der Beklagte hat hierzu im Klageverfahren eine Untersuchung des Alternativstandortes Lockwisch durch die Landschaftsarchitekten Trüper/Gondesen u. Partner vom 20. April 2000 vorgelegt, die zu dem Ergebnis kommt, dass die von den Klägern bezeichnete Fläche „aufgrund ihrer kleinräumigen, eng verzahnten Struktur unterschiedlichster Lebensräume bereits ökologisch hochwertig und kaum aufwertungsfähig” sei. Zur Kompensation in Gestalt einer Aufforstungsmaßnahme steht dieser Standort danach nicht zur Verfügung.

Die Kläger zu 1 fordern ferner die Gleichbehandlung mit einem anderen Planungsbetroffenen, dessen Flächen nachträglich aus dem Konzept der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen herausgenommen wurden, weil sich gezeigt hatte, dass sie Äsungsflächen für Singschwäne sind. Die Kläger machen geltend, dass sich auch auf ihren für Ausgleichsmaßnahmen beanspruchten Flächen zeitweise Singschwäne befänden. Der Beklagte weist diesen Einwand mit der Begründung zurück, die Kläger hätten anders als der betroffene Nachbar in der Vergangenheit keine Fraßschäden durch Singschwäne geltend gemacht und auch keine Prämie beantragt. Ihr Vorbringen, ihr Pachtland sei Äsungsfläche, sei nicht belegt. Eine Gleichbehandlung mit dem betroffenen Nachbarn sei deshalb nicht möglich gewesen. Dabei habe auch eine Rolle gespielt, dass die von den Klägern zu 1 gepachteten Flächen im Landeseigentum stünden. Vor diesem Hintergrund besteht der geltend gemachte Abwägungsfehler nicht.

Soweit die Kläger zu 1 geltend machen, das von ihnen gepachtete Flurstück 85 der Flur 1 der Gemarkung … werde vollständig durch Ausgleichsmaßnahmen umplant und sei faktisch nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll nutzbar, sind sie auf das nachfolgende Entschädigungsverfahren zu verweisen. Außerdem heißt es hierzu im Planfeststellungsbeschluss (S. 137), der Vorhabenträger habe eine Zuwegung zu diesem Flurstück sowie die Aufrechterhaltung funktionstüchtiger Dränagen zugesagt.

4.2 Die Kläger zu 2 befürchten ebenfalls eine Gefährdung der Existenz ihres landwirtschaftlichen Betriebes. Die Befürchtung erscheint als unbegründet. Von der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Umfang von ca. 51,38 ha werden 2,8 v.H. für das Brückenbauwerk in der Wakenitzniederung sowie für trassenbegleitende landschaftspflegerische Maßnahmen (Flurstücke 108 und 183) sowie für Ausgleichsmaßnahmen am … Bach westlich von … (Flurstück 6/4) in Anspruch genommen. Durch Planänderung ist die Inanspruchnahme des Flurstücks 6/4 von 7,0087 ha auf 0,9048 ha reduziert worden. Eine nach der Planänderung erneut eingeholte gutachterliche Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass das Bauvorhaben nicht mehr zu einer Existenzgefährdung des Betriebes führen werde.

Soweit die Kläger zu 2 eine Minderung der Absatzchancen ihres auf ökologischen Landbau ausgerichteten Betriebes sowie die Gefährdung ihrer Anerkennung als „Bioland-Betrieb” anführen, ist das Klagevorbringen ebenfalls unbegründet. Nach den Angaben im Planfeststellungsbeschluss liegen die Betriebsflächen mindestens ca. 400 m von der planfestgestellten Trasse entfernt. Sie befinden sich nach den Untersuchungen des Vorhabenträgers damit jenseits der Grenzen, innerhalb der straßenbedingte Schadstoffeinträge nachweisbar sind. Der Beklagte führt ferner in seiner Klageerwiderung aus, dass die Kläger nach den allgemeinen Anerkennungsvoraussetzungen zum ökologischen Landbau in Deutschland nicht nachteilig betroffen würden. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten. Im Übrigen weist der Planfeststellungsbeschluss (S. 107) die Kläger zu 2 vorsorglich darauf hin, dass die Inanspruchnahme ihrer Pachtflächen selbst dann rechtmäßig wäre, wenn hierdurch eine Existenzgefährdung ihres nur im Nebenerwerb betriebenen Landwirtschaftsbetriebes gegeben wäre. Das überragende öffentliche Interesse an dem Bauvorhaben sei vorrangig. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörde darf, sofern gewichtige Planungsziele dies rechtfertigen, eine etwaige Existenzgefährdung als einen im Wege der Abwägung überwindbaren Belang in ihre Entscheidung einstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1999 – BVerwG 4 A 31.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 150). Welche Möglichkeiten verbleiben, die Kläger zu 2 vor den Auswirkungen des Planvorhabens doch noch zu bewahren, ist im nachfolgenden Enteignungsverfahren zu klären. In diesem Verfahren ist auch die Möglichkeit, Ersatzland bereit zu stellen, zu erwägen. Das gilt auch für die Entschädigung von Bewirtschaftungserschwernissen, die die Kläger zu 2 in Gestalt von Umwegen geltend machen.

Schließlich lassen auch die von den Klägern angeführten Beeinträchtigungen ihres Wohnhauses in … durch von der BAB A 20 ausgelösten Verkehrslärm, verkehrsbedingte Luftschadstoffe und Erschütterungen keinen Abwägungsfehler der Planfeststellungsbehörde erkennen. Die …straße in … liegt mindestens 800 m vom nächst gelegenen Punkt der planfestgestellten Autobahntrasse entfernt. Im Trassenbereich nördlich von … liegt auch keine Anschlussstelle, deren Ziel- und Quellverkehr durch die Ortslage … verlaufen würde. Dennoch durch das Autobahnvorhaben ausgelöste Verkehrssteigerungen auf der …straße in … sind von den Klägern zu 2 hinzunehmen. Die Wertminderung des Grundstücks infolge eines wegen der Autobahntrasse entstehenden Lagenachteils ist grundsätzlich kein Abwägungsbelang von Rang und auch nicht ausgleichspflichtig.

4.3 Der Landwirtschaftsbetrieb des Klägers zu 3 ist ausweislich des Gutachtens des Landwirtschaftlichen Sachverständigen Davidek vom Juni 2000 in seiner Existenz gefährdet. Die Planfeststellungsbehörde hat dies ungeachtet der Zweifel, die sie an der Lebensfähigkeit des Betriebes im Zeitpunkt der Planfeststellung hegte, in ihrer planerischen Abwägung zugunsten des Klägers zu 3 berücksichtigt. Sie weist vorsorglich darauf hin, dass gleichwohl das Interesse an der Realisierung des Bauvorhabens unabhängig von der Möglichkeit einer Ersatzlandgestellung überwiege und den Entzug der näher bezeichneten Pachtflächen rechtfertige. Diese Vorgehensweise entspricht den Anforderungen des Abwägungsgebots. Die Planungsbehörde muss ein Vorhaben, für das sich gewichtige Gemeinwohlgründe anführen lassen, nicht allein deshalb aufgeben, weil seine Verwirklichung bei einzelnen Landwirten zur Gefährdung oder gar zur Vernichtung ihres Betriebes führen kann. Sind derart schwerwiegende Folgen zu befürchten, sind sie allerdings in der Abwägung mit dem ihnen zukommenden erheblichen Gewicht zu berücksichtigen. Das ist hier geschehen.

E. Bei der Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung sind dem Beklagten ebenfalls keine Fehler unterlaufen, die dazu nötigen, den Planfeststellungsbeschluss vom 2. Februar 2001 aufzuheben oder für nicht vollziehbar zu erklären.

1. Der Beklagte hat dem in § 15 Abs. 1 LNatG M-V normierten Vermeidungsgebot in vielfältiger Weise Rechnung getragen. Er hat Maßnahmen angeordnet, die geeignet sind, die mit dem Eingriff verbundenen nachteiligen Folgen für Natur und Landschaft so weit wie möglich zu begrenzen. Hierzu gehören nicht zuletzt Vorkehrungen zur Verminderung der Zerschneidungswirkungen und zur Aufrechterhaltung notwendiger Vernetzungsfunktionen. Um zu verhindern, dass sich die Trasse außerhalb des Bereichs der Brücke über die Wakenitzniederung als unüberwindliche Barriere erweist, sind mehrere Wilddurchlässe vorgesehen.

Einem ähnlichen Zweck dient die 50 m breite Grünbrücke, die in dem Bereich, in dem FFH-relevante Lebensraum- und Habitattypen durch das Planvorhaben am empfindlichsten getroffen werden, die Voraussetzungen dafür schaffen soll, dass die für eine Vernetzung erforderlichen Strukturen an dieser Stelle nicht unterbrochen werden. Um das Vogelschlagrisiko zu minimieren, hat der Planungsträger dafür zu sorgen, dass die 2,5 m hohen Schutzwände auf der Wakenitzbrücke im Bereich des Flusssegments auf 4 m erhöht werden. Dem gleichen Ziel zu dienen bestimmt ist die Auflage, den Straßenkörper auch in dem Abschnitt, der sich an das Brückenbauwerk anschließt, durch Verwallungen von mindestens 2,5 m Höhe abzuschirmen. Mit Rücksicht auf das Anliegen, die negativen Auswirkungen auf die Flora in der Wakenitzniederung gering zu halten, ist die Talraumbrücke so zu gestalten, dass der durch sie verursachte Licht- und Regenschatten nur auf relativ schmale Streifen fällt.

2. Das Ausgleichskonzept gibt ebenfalls keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen, auch wenn die Kläger an ihm pauschale Kritik üben. Maßgeblich ist § 15 Abs. 4 LNatG M-V. Danach hat der Verursacher eines Eingriffs unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb einer zu bestimmenden Frist so auszugleichen, dass nach dem Eingriff oder Ablauf der Frist keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Naturhaushalts zurückbleiben und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist.

Eingriffe in Natur und Landschaft lassen sich nur dann zutreffend bewerten, wenn hinreichend aussagekräftiges Datenmaterial zur Verfügung steht. Wie der Senat im Beschluss vom 31. Januar 1997 – BVerwG 4 NB 27.96 – (BVerwGE 104, 68) betont hat, lässt sich die Frage, in welchem Ausmaß die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild beeinträchtigt wird, nur auf der Grundlage zuverlässiger Feststellungen über den vorhandenen Zustand von Natur und Landschaft sachgerecht beantworten. Deshalb hat der Planungsträger gerade unter dem Blickwinkel des Naturschutzes und der Landschaftspflege der Ermittlungsphase besonderes Augenmerk zu schenken. Das ist aber nicht dahin zu verstehen, dass er verpflichtet wäre, ein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Die Untersuchungstiefe hängt maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten ab. Aus fachlicher Sicht kann sich eine bis ins letzte Detail gehende Untersuchung erübrigen. Sind bestimmte Tier- und Pflanzenarten ein Indikator für die Biotopqualität und die Lebensraumanforderungen auch anderer Arten oder lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sicherere Rückschlüsse auf ihre faunistische und floristische Ausstattung zu, so kann es mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Das Recht nötigt nicht zu einem Ermittlungsaufwand, der keine zusätzlichen Erkenntnisse verspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Februar 1997 – BVerwG 4 B 177.96 – Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 20). Der Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Über die von ihm angestellten Untersuchungen geben die landschaftspflegerischen Begleitpläne zu den Teilstrecken 2 b und VKE 2811 Aufschluss, die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 LNatG M-V Bestandteil des Fachplans sind. Der Beklagte differenziert zwischen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie Eingriffen in Biotop- und in Habitatstrukturen, und zwar getrennt nach einzelnen Konfliktbereichen. Der Einwand der Kläger, die Ausgleichsbilanz sei fehlerhaft, ist unsubstantiiert und gibt keinen Anlass zu weiteren Ausführungen.

3. Rechtsfehler bei Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung auf die Pachtflächen der Kläger sind nicht ersichtlich.

3.1 Der Zugriff auf die Pachtflächen, die die Kläger zu 1 (Hof …) bewirtschaften, ist nicht zu beanstanden. Die südlich des Hofes gelegenen Flurstücke werden für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen beansprucht (vgl. Unterlage 12.2.2, Bl. Nr. 2 D des Landschaftspflegerischen Begleitplans – LPB – VKE 2811). Die Ausgleichsmaßnahmen dienen der Anlage von Stillgewässern und der Entwicklung von Röhrichten, der Umwandlung von Acker in Extensivwiesen, der Entwicklung von Krautsäumen, der gelenkten Sukzession und der Pflanzung von Baumgruppen. Die Ausgleichsflächen liegen etwa 5 km von der planfestgestellten Autobahntrasse entfernt. Die Kläger machen geltend, Flächen, die derart weit von der Trasse entfernt lägen wie diese, dürften nicht für Ausgleichsmaßnahmen herangezogen werden. Dieser Einwand greift nicht durch.

Nach der Rechtsprechung des Senats enthält der bundesrechtliche Tatbestand des Ausgleichs (§ 8 Abs. 2 Satz 4 BNatSchG), den auch § 15 Abs. 4 LNatG M-V übernimmt, ein räumliches und ein qualitatives Element: Ausgleichsmaßnahmen müssen so beschaffen sein, dass in dem betroffenen Landschaftsraum ein Zustand herbeigeführt wird, der den früheren Zustand in der gleichen Art und mit der gleichen Wirkung fortführt. Dies erfordert nicht, dass sie im unmittelbaren Umkreis des Eingriffs ausgeführt werden, schränkt den räumlichen Bereich, in dem sie in Betracht kommen, aber insofern ein, als vorausgesetzt wird, dass sie sich dort, wo die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen auftreten, ausgleichend auswirken. Zwischen den Ausgleichsmaßnahmen und dem Eingriffsort muss daher ein räumlicher und funktionaler Zusammenhang bestehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – BVerwG 112, 140 ≪163≫ m.w.N.). Das ist hier der Fall:

Die von den Klägern angegriffenen Maßnahmen sollen die trassenbedingte Zerschneidung, Verlärmung, optische Beunruhigung und Barrierewirkungen des Autobahnvorhabens auf den großflächigen Fluren nord-östlich von Klein Neuleben, die Nahrungshabitat des Kranichs und des Weißstorchs sowie Brutrevier der Wachtel sind, ausgleichen. Sie sollen insbesondere das Nahrungsangebot für den Kranich verbessern und zur Entwicklung und Optimierung von Wachtellebensraum beitragen. Dieser spezifische Ausgleichszweck rechtfertigt eine naturräumliche Betrachtungsweise, die über den Nahbereich der planfestgestellten Trasse hinausreicht und – wie hier – einen mehrere Kilometer vom Eingriffsort entfernt gelegenen Standort für Ausgleichsmaßnahmen einbezieht. Die Ausgleichseignung der intensiv genutzten Ackerflächen steht nach den Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde außer Zweifel. Sie ergibt sich vor allem aus der unmittelbaren Nachbarschaft zu vorhandenen Waldbeständen und Fließgewässern und aus der Möglichkeit, aufgrund des Geländereliefs im Süden Stillgewässer anlegen zu können. Zudem zeichnen sich die an den Intensivacker angrenzenden Biotopstrukturen durch ein hohes faunistisches Potenzial aus (PFB S. 77). Diese naturschutzfachlichen Erwägungen werden von den Klägern auch nicht angegriffen.

3.2 Die naturschutzrechtlichen Maßnahmen, die die von den Klägern zu 2 gepachteten Flurstücke betreffen, sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Die trassennahen Flurstücke 108 und 183 werden zur Minimierung des Eingriffes in Natur und Landschaft herangezogen. Sie liegen unmittelbar neben dem Brückenbauwerk, das die Wakenitz quert. In der Maßnahmenbeschreibung (Teilstrecke 2 b, Landschaftspflegerischer Begleitplan-LBP, Unterlage 12.2, Maßnahmen-Nr. 2.4, S. 287) heißt es: „Nach Rückbau der Baustraßen Wiederherstellung der Bruchwaldstandorte im Seitenraum der Brücke unter Verwendung von Schwarzerlen. Unter dem Brückenbauwerk Entwicklung von Gehölzsukzessionsflächen im Bereich der angrenzenden Bruchwälder. – Im Bereich der angrenzenden Nasswiesen Entwicklung von Feuchtgrünland im Seitenraum sowie unter der Brücke. … Entwicklung von Trocken-/Magerrasen im Seitenraum der Brücke sowie unter dem Bauwerk im Bereich des ehemaligen Grenzstreifens durch natürliche Sukzession”. Das ist nachvollziehbar und ohne Rechtsfehler. Das von den Klägern zu 2. gepachtete Flurstück 6/4 wird für die Maßnahme Nr. 4.9 (Teilstrecke 2 b, LBP S. 306) für Ersatzmaßnahmen im Zuge der Renaturierung des Schattiner Bachs beansprucht. Die Maßnahme beschränkt sich auf den Randbereich des Bachs und beeinträchtigt die Bewirtschaftung des Flurstücks nicht.

3.3 Die Inanspruchnahme der vom Kläger zu 3 gepachteten Flurstücke für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen gibt ebenfalls keinen Anlass zu einer vertieften Auseinandersetzung. Die trassennahen Flurstücke werden im Wesentlichen für Maßnahmen zur landschaftsgerechten Einbindung des Straßenbauwerkes und zur Neuwaldbildung herangezogen. Eine Überprüfung der Maßnahmen anhand des Maßnahmenverzeichnisses (Teilstrecke 2 b, Unterlage 12.2) ergibt keinen Grund für Beanstandungen. Der Kläger zu 3 greift die naturschutzrechtlichen Anordnungen auf seinen Pachtflächen auch nicht substantiiert an.

F. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 und 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Paetow, Berkemann, Halama, Rojahn, Jannasch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI738217

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