Leitsatz (amtlich)
1. Wird über einen gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG rechtzeitig gestellten Feststellungsantrag nicht bereits vor Begründung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG rechtskräftig entschieden, so wandelt er sich in einen Auflösungsantrag gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG um, ohne daß es einer förmlichen Antragsänderung bedarf.
2. Eine unter den Bedingungen des Krankenpflegegesetzes a.F. durchgeführte Umschulung i.S.v. § 47 Abs. 3 BBiG, die die qualitativen Anforderungen einer Krankenpflegerausbildung erfüllt, ist bei der Anwendung von § 9 Abs. 1 BPersVG einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz gleichzustellen.
3. Zu den Umständen, die eine Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar machen können, kommt es u.a. darauf an, ob im Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses gesetzliche oder tarifliche oder schwerwiegende in der Person des Berechtigten liegende Gründe vorliegen, die es ausschließen, die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses dem Arbeitgeber abzuverlangen.
Verfahrensgang
OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Urteil vom 05.08.1987; Aktenzeichen 19 OVG L 3/87) |
VG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 11.11.1986; Aktenzeichen PL 22/86) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Schleswig-Holstein – vom 5. August 1987 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen. Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der am 9. November 1962 geborene Beklagte, der im Juli 1981 die Gesellenprüfung im Tischlerhandwerk bestanden hatte, schloß mit dem Kläger, dem Direktor der Verwaltung des Landeskrankenhauses Schleswig, einen Ausbildungsvertrag zur Durchführung einer Umschulung zum Krankenpfleger für die Zeit vom 1. Oktober 1983 bis zum 30. September 1986. Die Umschulung war vom Arbeitsamt als berufsfördernde Bildungsmaßnahme bewilligt worden. Der Beklagte hat die Abschlußprüfung mit „ausreichend” bestanden und damit die Erlaubnis erhalten, die Berufsbezeichnung Krankenpfleger zu führen.
Am 25. April 1985 wurde er zum Mitglied der Jugend- und Ausbildungsvertretung im therapeutischen Bereich des Landeskrankenhauses Schleswig und der Hauptjugend- und Ausbildungsvertretung beim damaligen Sozialminister des Landes Schleswig-Holstein gewählt. Mit Schreiben vom 5. Juni 1986 beantragte der Beklagte beim Kläger unter Hinweis auf § 9 BPersVG, nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit übernommen zu werden. Diesen Antrag lehnte der Kläger mit der Begründung ab, daß es sich bei der Umschulung nicht um ein Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des § 9 BPersVG handele, sondern um eine berufsfördernde Maßnahme gemäß § 47 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), die nicht von § 9 BPersVG erfaßt werde.
Daraufhin hat der Kläger am 7. August 1986 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und zunächst schriftsätzlich beantragt,
festzustellen, daß mit Beendigung der Umschulung ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit nicht als begründet gilt.
In der mündlichen Verhandlung hat er dann beantragt,
festzustellen, daß das Weiterbeschäftigungsverlangen des Beklagten unwirksam ist,
hilfsweise,
festzustellen, daß ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit mit dem Beklagten nicht begründet worden ist,
weiterhin hilfsweise,
ein etwa begründetes Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Das Verwaltungsgericht hat auf den zweiten Hilfsantrag das zwischen den Verfahrensbeteiligten begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst, weil dem Kläger die Weiterbeschäftigung des Beklagten nicht zugemutet werden könne, und die Klage im übrigen abgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und festgestellt, daß durch das Weiterbeschäftigungsverlangen des Beklagten ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Landeskrankenhaus Schleswig nicht begründet worden sei; im übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Es hat die Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Hauptantrag sei unzulässig. Für einen Antrag, die Unwirksamkeit eines Weiterbeschäftigungsverlangens festzustellen, sei nach dem Katalog des § 9 BPersVG kein Raum. Der auf die Feststellung, daß ein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten auf unbestimmte Zeit nicht begründet worden sei, gerichtete erste Hilfsantrag sei aber begründet. Die Umschulung des Beklagten zum Krankenpfleger sei nicht als Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes zu verstehen. Darunter falle nur die Erstausbildung. Der Antrag festzustellen, ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit sei nicht begründet worden, könne auch nicht mit dem Hinweis abgelehnt werden, daß das erfolgreiche Ausbildungsverhältnis in ein Arbeitsverhältnis übergegangen sei. Der vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses beim Verwaltungsgericht gestellte Antrag mit dem Ziel, den Eintritt der Rechtsfolge eines Weiterbeschäftigungsverlangens zu verhindern, behalte auch dann einen Sinn, wenn das Ausbildungsverhältnis ende.
Hiergegen haben der Beklagte und die Beteiligten zu 1) und 2), die Jugend- und Ausbildungsvertretung im therapeutischen Bereich des Landeskrankenhauses Schleswig und der Personalrat des Landeskrankenhauses Schleswig, die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision eingelegt. Damit wenden sie sich in erster Linie gegen die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, daß eine Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des § 47 BBiG keine Berufsausbildung sei, die die Rechtsfolge des § 9 BPersVG auslöse. Dem Berufsbildungsgesetz liege ein „materieller Begriff der Berufsausbildung” zugrunde.
Erfolge die Umschulung, wie hier, zu einem anerkannten Ausbildungsberuf (Krankenpfleger), bei dem Ausbildungsberufsbild, Ausbildungsrahmenplan und Prüfungsanforderungen genauso hoch anzusetzen seien wie bei der beruflichen Erstausbildung, so sei nach dem Berufsbildungsgesetz eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt. Auch die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des § 9 BPersVG verböten in diesen Fällen die Ungleichbehandlung zwischen erster Ausbildung und Umschulung. Der Beklagte ist außerdem der Auffassung, seine Weiterbeschäftigung sei dem Kläger zuzumuten. Die Tatsache allein, daß er die Prüfung nur mit „ausreichend” bestanden habe, reiche zur Ablehnung nicht aus, zumal der Kläger auch nicht vorgetragen habe, daß die 1986 angestellten anderen Auszubildenden „so erheblich bessere Leistungen” aufgewiesen hätten. Andere konkrete Einwendungen gegen die Weiterbeschäftigung seien nicht ersichtlich. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind der Auffassung, für die weiter entscheidungserheblichen Fragen aus § 9 Abs. 4 BPersVG hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung sei noch eine Sachaufklärung erforderlich.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 5. August 1987 aufzuheben, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 11. November 1986 zurückzuweisen, auf seine Berufung hin dieses Urteil zu ändern, soweit der Klage stattgegeben worden ist, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, entgegen der Behauptung der Revision sei die Ausbildung des Beklagten nicht nach den Vorschriften des Krankenpflegegesetzes in der Fassung vom 20. September 1985 durchgeführt worden. Die Umschulung des Beklagten habe vor Inkrafttreten des Gesetzes begonnen, so daß die alten Bestimmungen anzuwenden seien.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er trägt vor, es sei fraglich, ob es sich bei der Ausbildung zum Krankenpfleger überhaupt um ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz im Sinne des § 9 Abs. 1 BPersVG handele. Gemäß § 26 des am 1. September 1985 in Kraft getretenen Krankenpflegegesetzes finde für die Ausbildung zu den im Krankenpflegegesetz geregelten Berufen das Berufsbildungsgesetz keine Anwendung. Erst durch das Gesetz zur Bildung von Jugend- und Ausbildungsvertretungen in den Verwaltungen vom 13. Juli 1988 sei § 9 Abs. 1 BPersVG dahingehend geändert worden, daß auch Berufsausbildungsverhältnisse nach dem Krankenpflegegesetz erfaßt würden. Nach Sinn und Zweck des § 9 BPersVG sei aber die Gleichstellung der Auszubildenden in der Krankenpflege mit den Auszubildenden nach dem Berufsbildungsgesetz gerechtfertigt.
Die Verfahrensbeteiligten haben sich mit einer Entscheidung über die Revision ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision, über die mit dem erklärten Einverständnis der Verfahrensbeteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist hinsichtlich des Hilfsantrags zulässig und begründet.
Der Hauptantrag des Klägers, festzustellen, daß das Weiterbeschäftigungsverlangen des Beklagten unwirksam ist, war nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens, da dessen Ablehnung durch das Oberverwaltungsgericht nicht angefochten worden ist.
Der auf die Feststellung gerichtete erste Hilfsantrag des Klägers, „daß ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit mit dem Beklagten nicht begründet worden ist”, ist zwar zulässig, aber entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht begründet.
Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist § 9 BPersVG, der nach § 107 Satz 2 BPersVG unmittelbar für die Länder gilt (Urteil vom 26. Juni 1981 – BVerwG 6 P 71.78 – ≪BVerwGE 62, 364≫; Urteil vom 23. August 1984 – BAG 6 AZR 519/82 – ≪BAGE 46, 270≫). Es handelt sich um einen Feststellungsantrag nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG, über den gemäß § 92 Abs. 1, 3 und 4 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein vom 22. Februar 1982 (GVOBl. Schl.-H. S. 41) die Verwaltungsgerichte zu entscheiden haben. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 26. Juni 1981 – BVerwG 6 P 71.78 – (a.a.O.) im einzelnen dargelegt hat, fallen hierunter auch die § 9 BPersVG betreffenden Rechtsstreitigkeiten.
Die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses während des Verfahrens im ersten Rechtszug hat den Feststellungsantrag nicht gegenstandslos werden lassen. Der vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses gestellte und in § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG vorgesehene Antrag auf Feststellung, daß ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird oder nicht als begründet gilt, hat vorbeugenden Charakter. Er soll verhindern, daß ein Arbeitsverhältnis zustande kommt. Sobald die Fiktion des § 9 Abs. 2 BPersVG mit Beendigung des Ausbildungsverhältnisses wirksam geworden ist, ein Arbeitsverhältnis also begründet worden ist, kann der Feststellungsantrag angesichts seiner dargestellten Zielsetzung nicht mehr gestellt werden. Es kommt daher nur noch ein – an die Frist des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG gebundener – Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG in Betracht. Wird über einen rechtzeitig gestellten Feststellungsantrag nicht rechtzeitig entschieden, so wandelt er sich seinem Gegenstand nach in einen Auflösungsantrag um. ohne daß es einer förmlichen Antragsänderung bedarf (Beschlüsse vom 30. Oktober 1987 – BVerwG 6 P 25.85 – ≪PersR 1988, 47≫ und – BVerwG 6 P 26.85 –). Dem steht nicht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Mai 1987 (– 6 AZR 498/85 – ≪PersV 1989, 435 = BAGE 55, 284≫) entgegen. In diesem Urteil hat das BAG die Auffassung vertreten, ein vom Arbeitgeber nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG rechtzeitig eingeleitetes Beschlußverfahren verhindere – jedenfalls vorläufig bis zur anderslautenden rechtskräftigen Entscheidung – auch nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses den Eintritt der Fiktion, daß gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist. In dem hier zu entscheidenden Fall war nicht darüber zu befinden, ob der Beklagte bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage einen Anspruch auf (vorläufige) Beschäftigung hatte, sondern es ist abschließend zu entscheiden, ob seit dem Ende der Ausbildung des Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht, weil er alle Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 BPersVG erfüllt hat und keine Tatsachen festgestellt werden können, die es dem Kläger unzumutbar machen, den Beklagten als Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen.
Dadurch, daß der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den zuerst schriftsätzlich gestellten Antrag, „festzustellen, daß ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit nicht als begründet gilt”, auf die Formulierung umgestellt hat, festzustellen, „daß ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit mit dem Beklagten nicht begründet worden ist”, hat er keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO vorgenommen, weil damit keine Änderung des Klagegrundes erfolgt ist. Er hat, ohne daß es eines solchen (neuen) Antrags bedurft hätte, deutlich gemacht, daß er an Stelle der ursprünglich vorbeugenden, auf die Zukunft gerichteten Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten nicht begründet wird, wegen des zwischenzeitlichen Abschlusses der Ausbildung des Beklagten nunmehr die Entscheidung begehrt, daß das Arbeitsverhältnis nicht begründet worden ist. Das ist im Hinblick auf die veränderte Sachlage und die damit gewandelte Zielsetzung seines Begehrens zulässig.
Der so umgewandelte Feststellungsantrag muß gemäß § 9 Abs. 4 BPersVG unter zwei Voraussetzungen geprüft werden, nämlich ob ein Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 2 BPersVG zustande gekommen ist, und ob Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.
Hinsichtlich des ersten Teils hat das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht das Zustandekommen eines auf unbestimmte Zeit begründeten Arbeitsverhältnisses (§ 9 Abs. 2 BPersVG) verneint. Es ist unzutreffend davon ausgegangen, die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BPersVG seien nicht erfüllt, weil sich der Beklagte nicht in einem Ausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz befunden habe.
Gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BPersVG wird ein Mitglied einer Personalvertretung oder einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, das in einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz, dem Krankenpflegegesetz oder dem Hebammengesetz steht (§ 9 Abs. 1), dadurch geschützt, daß im Anschluß an das erfolgreiche Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet gilt, wenn es innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung verlangt (§ 9 Abs. 2 BPersVG). Diese Voraussetzungen hat der Beklagte erfüllt.
Er war seit dem 25. April 1985 Mitglied der Jugend- und Ausbildungsvertretung im therapeutischen Bereich des Landeskrankenhauses Schleswig und der Hauptjugend- und Ausbildungsvertretung beim Ministerium für Soziales, Gesundheit und Energie des Landes Schleswig-Holstein. Er hat rechtzeitig innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses seine Weiterbeschäftigung beantragt. Allerdings kann er, obwohl er einen Ausbildungsvertrag zum Krankenpfleger abgeschlossen hat, nicht geltend machen, er habe sich gemäß § 9 Abs. 1 BPersVG in einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem Krankenpflegegesetz befunden. In bezug auf solche Ausbildungsverhältnisse ist die Bestimmung erst durch das Gesetz zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Verwaltungen vom 13. Juli 1988 (BGBl. I S. 1037) erweitert worden. Sie galt in der erweiterten Fassung somit zur Zeit der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses des Beklagten am 30. September 1986 noch nicht.
Der Beklagte konnte sich aber deshalb auf § 9 Abs. 1 und 2 BPersVG berufen, weil er sich zu diesem Zeitpunkt in einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz befand. Zwar bestimmt § 26 des Krankenpflegegesetzes vom 4. Juni 1985 (BGBl. I S. 893), daß für die Ausbildung zu den in diesem Gesetz geregelten Berufen, d.h. auch für Krankenpfleger, das Berufsbildungsgesetz keine Anwendung findet. Diese am 1. September 1985 in Kraft getretene Bestimmung gilt aber nicht für den hier zu entscheidenden Fall. Nach der Übergangsbestimmung dieses Gesetzes (§ 27 Abs. 3) wird eine vor Inkrafttreten des Gesetzes begonnene Ausbildung als „Krankenpfleger” nach den bisher geltenden Vorschriften abgeschlossen. Da das Ausbildungsverhältnis am 1. Oktober 1983, also vor Inkrafttreten des neuen Krankenpflegegesetzes, begonnen wurde, kommt das bis dahin geltende Recht zur Anwendung. Das Krankenpflegegesetz in der Fassung vom 20. September 1965 (BGBl. I S. 1443) einschließlich der späteren Änderungen enthielt eine dem § 26 Krankenpflegegesetz vergleichbare Ausschlußbestimmung nicht. Gemäß § 107 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1112) – BBiG – bleiben (bei der Anwendung des Berufsbildungsgesetzes) bundesgesetzliche Regelungen über die Berufsbildung in Heil- und Heilhilfsberufen unberührt. Das besagt, daß entsprechende bundesgesetzliche Regelungen dem BBiG (nur dann) vorgehen, wenn sie zu diesem im Widerspruch stehen, daß aber im übrigen das BBiG gilt. Die Anwendung des BBiG für die Berufsausbildung in den Krankenhäusern ist nicht nur dann gerechtfertigt, wenn abweichende Bestimmungen im Krankenpflegegesetz fehlen, sondern auch dann, wenn kein offener und eindeutiger Widerspruch in den Einzelvorschriften zutage tritt (Beschluß vom 27. Januar 1983 – GmS-OGB 2/82 – ≪AP § 14 BBiG Nr. 4≫). Letzteres ist nicht der Fall. Das Krankenpflegegesetz a.F. enthält keine dem BBiG entgegenstehenden Regelungen über die hier in Betracht kommenden Vorschriften über die Berufsausbildung und Umschulung (vgl. hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 BBiG: Beschluß vom 27. Januar 1983 – GmS-OGB 2/82 – ≪a.a.O.≫). Davon ist offenbar später auch der Gesetzgeber ausgegangen. In dem Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Verwaltungen vom 14. Juni 1988 (BT-Drucks. 11/2480. S. 11) wird ausdrücklich darauf verwiesen, daß die Auszubildenden in der Krankenpflege wieder in den Geltungsbereich des Personalvertretungsrechts (§ 9 BPersVG) einzubeziehen seien, „aus dem sie mit der Novellierung des Krankenpflege- und Hebammengesetzes (vom 4. Juni 1985) herausgefallen sind.”
Auch wenn der Beklagte keine Erstausbildung zum Krankenpfleger, sondern eine Umschulung absolviert hat, so ist er doch einem Auszubildenden im Sinne des BBiG gleichzustellen, weil seine Ausbildung materiell alle Voraussetzungen erfüllt, die an eine Berufsausbildung im Sinne des BBiG zu stellen sind. Das BBiG faßt unter dem Oberbegriff der Berufsbildung die nebeneinander stehenden selbständigen Begriffe der Berufsausbildung, der beruflichen Fortbildung und der beruflichen Umschulung zusammen (§ 1 Abs. 1). Die Berufsausbildung (§ 1 Abs. 2 BBiG) erfordert eine breit angelegte Grundbildung, die Vermittlung der notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse sowie die Ermöglichung des Erwerbs der erforderlichen Berufserfahrungen. Berufsausbildung ist Erstausbildung, die sich in der Regel an die Vollzeitschulpflicht anschließt (vgl. Wohlgemuth/Sarge, Berufsbildungsgesetz, § 1 Rdnr. 3). Die Umschulung (§ 1 Abs. 4 BBiG) setzt demgegenüber eine vorherige berufliche Tätigkeit voraus. Sie verlangt nicht notwendigerweise, daß die an die Berufsausbildung zu stellenden Anforderungen in vollem Umfange erfüllt werden. Bei der Umschulung zu einem anerkannten Ausbildungsberuf sind allerdings das Ausbildungsberufsbild, der Ausbildungsrahmenplan und die Prüfungsanforderungen unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse der beruflichen Erwachsenenbildung zugrunde zu legen (§ 47 Abs. 3 BBiG). Weitere bei der Berufsausbildung zu erfüllende Bedingungen wie z.B. Ausbildungsdauer (§ 25 Abs. 2 BBiG) und Zwischenprüfungen (§ 42 BBiG) müssen nicht notwendig beachtet werden, da sie nicht in dem Anforderungskatalog des § 47 Abs. 3 BBiG enthalten sind. Andererseits ist die Erfüllung dieser weiteren Kriterien durch die Umschulungsmaßnahme nicht ausgeschlossen. Die Umschulung kann somit durchaus, wenn dies auch nicht so sein muß, der Berufsausbildung zu einem anerkannten Ausbildungsberuf nicht nur qualitativ, u.U. sogar formal, gleichwertig sein.
In dem hier zu entscheidenden Fall war die Umschulungsmaßnahme der Berufsausbildung nach dem BBiG qualitativ gleichwertig. Aufgrund des festgestellten und zwischen den Beteiligten unstreitigen Sachverhalts sowie nach dem vorliegenden Text des Umschulungsvertrags zwischen dem Kläger und dem Beklagten steht fest, daß der Beklagte eine qualitativ vollwertige Ausbildung als Krankenpfleger erhalten hat. Die Ausbildungszeit betrug drei Jahre (§ 1), was der Höchstdauer nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 BBiG entspricht; der Kläger übernahm es, den Beklagten auf das Berufsziel des Krankenpflegers „methodisch und systematisch vorzubereiten und nur solche Leistungen zu verlangen, die mit dem Wesen der Ausbildung vereinbar sind” (§ 2). Die Ausbildung erstreckte sich auf „praktische Tätigkeit und fachtheoretische Unterweisung in der Krankenpflege; eine überwiegend produktive Tätigkeit des Auszubildenden während der Dauer des Vertrages gegen Lohn- oder Gehaltszahlungen” war ausgeschlossen (§ 4). Von einer Erstausbildung unterschied sich diese Umschulungsmaßnahme praktisch nur dadurch, daß die Kosten vom Arbeitsamt bzw. vom Beklagten selbst übernommen wurden. Dies allein kann es aber nicht rechtfertigen, bei der Anwendung des § 9 Abs. 1 BPersVG Umschulung und Berufsausbildung nach dem BBiG unterschiedlich zu behandeln. Ein striktes Beharren auf einem eng verstandenen Wortsinn des Begriffs „Berufsausbildungsverhältnis” entspräche daher nicht dem Willen des Gesetzgebers. Bei der Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist maßgebend der darin zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesvorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Vorschrift hineingestellt ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Mai 1952 – 2 BvH 2/52 – ≪BVerfGE 1, 299≫; Urteil vom 12. März 1987 – BVerwG 3 C 39.85 – ≪Buchholz 451.533 AFoG Nr. 9≫).
Die Gleichbehandlung rechtfertigt sich auch nach Sinn und Zweck des § 9 BPersVG, wie er sich auch aus der Entstehungsgeschichte ergibt. § 9 BPersVG ist nahezu wortgleich mit § 78 a BetrVG. Auf Vorschlag des mitberatenden Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat der Innenausschuß des Bundestages diese Vorschrift als § 8 a in den Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes aufgenommen (BT-Drucks. 7/1373). Durch diese Bestimmungen sollte eine Gesetzeslücke geschlossen werden, die darin bestand, daß es dem Arbeitgeber frei stand, nach Abschluß der Berufsausbildung einen Arbeitsvertrag abzuschließen oder nicht, so daß er es in der Hand hatte, Mitglieder der Jugendvertretung oder des Personalrats aus ihrer betriebsverfassungsrechtlichen oder personalvertretungsrechtlichen Funktion zu entfernen (Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, FDP vom 26. Oktober 1973 – BT-Drucks. 7/1170 –; Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zu dem Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes – BT-Drucks. 7/1373 –; vgl. des weiteren Urteil vom 26. Juni 1981 – BVerwG 6 P 71.78 – ≪a.a.O.≫; Beschluß vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84 – ≪NJW 1986, 1825≫). Die Sachlage ist insoweit bei einem in der Umschulung befindlichen Beschäftigten, der die gleichen qualitativen Anforderungen wie ein in der Berufsausbildung nach dem BBiG Stehender erfüllt, gleichgelagert. Es kann auch keinen Unterschied machen, daß die Umschulung eine Maßnahme der beruflichen Erwachsenenbildung ist. Das Umschulungsverhältnis ist wie das Ausbildungsverhältnis befristet. In beiden Fällen ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, nach dem Abschluß die Beschäftigten zu übernehmen. Daß der in der Umschulung Befindliche in der Regel eine abgeschlossene Erstausbildung vorweisen kann, stellt ihn auch personalvertretungsrechtlich nicht wesentlich besser als den Beschäftigten in der Erstausbildung; denn Ziel der Umschulung ist es, eine Beschäftigung in diesem (neuen) Bereich zu erhalten und nicht wieder auf das frühere Arbeitsgebiet zurückzukehren. Auch die Tatsache, daß die Umschulung von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert wird, stellt den Betroffenen personalvertretungsrechtlich nicht anders als den in der Erstausbildung Befindlichen. Er ist wie dieser Beschäftigter der Dienststelle gemäß § 4 BPersVG. Er ist aufgrund des Umschulungsverhältnisses in die Dienststelle eingegliedert und wirkt ebenso wie ein in der Berufsausbildung Befindlicher an der Erfüllung der dieser Einrichtung gestelllten Aufgaben mit oder bereitet sich auf eine solche Mitwirkung vor (vgl. Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 12. März 1987 – GmS-OGB 6/86 – ≪BVerwGE 77, 370≫ zur Frage der Beschäftigteneigenschaft im Sinne von § 4 BPersVG). Der in der Umschulung Befindliche hat das gleiche Interesse wie der Beschäftigte in der Berufsausbildung nach dem BBiG, vor Benachteiligungen wegen einer Tätigkeit in einer Personalvertretung oder einer Jugendvertretung geschützt zu werden. Demzufolge gilt gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG zwischen dem Kläger und dem Beklagten ab dem 1. Oktober 1986 ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit begründet.
Hinsichtlich der weiteren Voraussetzung für einen Anspruch auf Feststellung der Nichtbegründung bzw. auf Auflösung eines begründeten Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BPersVG, nämlich der Frage, ob Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung des Beklagten nicht zugemutet werden kann, ist die Sache noch nicht entscheidungsreif. Ob eine Weiterbeschäftigung zugemutet werden kann, ist auf der Grundlage der Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen. Die Regelung des § 9 BPersVG begründet keinen von den zwingend vorgeschriebenen Einstellungsvoraussetzungen losgelösten Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Durch diese Bestimmung werden vielmehr nur die Parteirollen in dem Rechtsstreit vertauscht, d.h. auch die (materielle) Beweislast wird verschoben: Nicht der Beschäftigte muß die Rechtswidrigkeit der Ablehnung seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst darlegen und beweisen, sondern der Arbeitgeber hat sich über die Gründe seiner ablehnenden Entscheidung zu erklären und sie im einzelnen darzulegen, um jeden Verdacht, die Tätigkeit des Auszubildenden in einem Personalvertretungsorgan könne seine Entscheidung beeinflußt haben, auszuräumen (Urteil vom 26. Juni 1981 – BVerwG 6 P 71.78 – ≪a.a.O.≫). Unverzichtbare Voraussetzung dafür, daß der Arbeitgeber seiner Weiterbeschäftigungspflicht nachkommen kann, ist allerdings zunächst einmal, daß er weder rechtlich noch tatsächlich gehindert ist, den Berechtigten in ein Dauerarbeitsverhältnis zu übernehmen (Beschluß vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84 – ≪a.a.O.≫). Eine Übernahme ist danach unzumutbar, wenn ihr z.B. ein genereller Einstellungsstop oder auch gesetzliche und tarifliche Einstellungshindernisse entgegenstehen oder wenn der Arbeitgeber dem (früheren) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung aus anderen Gründen keinen auf Dauer angelegten Arbeitsplatz bereitstellen kann (Beschluß vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84 – ≪a.a.O.≫). Schließlich können auch schwerwiegende, in der Person des erfolgreich Ausgebildeten liegende Gründe eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machen.
Es kann in diesem Fall offenbleiben, ob und inwieweit die einzelnen Einstellungsvoraussetzungen, insbesondere diejenigen, die dem Arbeitgeber einen Beurteilungsspielraum einräumen, im Rahmen der Prüfung der Unzumutbarkeit des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG zu berücksichtigen sind (vgl. hierzu Beschlüsse vom 11. Februar 1981 – BVerwG 6 P 44.79 – ≪BVerwGE 61, 325≫ und vom 26. Juni 1981 – BVerwG 6 P 71.78 – ≪a.a.O.≫). Zu den Rechtsnormen, die bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst zu beachten sind, gehört jedenfalls auch Art. 33 Abs. 2 GG, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat. Kommt der Arbeitgeber im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums zu dem Ergebnis, daß andere Bewerber objektiv wesentlich fähiger und geeigneter sind, so kann es ihm nicht zugemutet werden, unter Verstoß gegen diese Bestimmung das Personalratsmitglied zu übernehmen. Dieses wäre auch eine nach § 107 Satz 1 BPersVG unzulässige Begünstigung des Betroffenen.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann aufgrund des von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts, von dem für die Entscheidung über die Revision auszugehen ist, nicht festgestellt werden, ob die Übernahme des Beklagten dem Kläger zuzumuten war. Insbesondere ist zwischen den Parteien streitig, ob in dem fraglichen Zeitraum (September/Oktober 1986) freie Stellen zur Verfügung standen und ob die anderen Auszubildenden, deren Verträge noch vor Ablauf des Jahres 1986 in Dauerarbeitsverhältnisse umgewandelt worden sind, erheblich bessere Leistungen als der Beklagte aufgewiesen haben. Das Oberverwaltungsgericht hat diese entscheidungserheblichen Fragen aufgrund seiner abweichenden Rechtsauffassung ausdrücklich offengelassen und nicht geprüft. Gemäß § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO war deshalb das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das Oberverwaltungsgericht wird nunmehr unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze zu prüfen haben, ob dem Kläger die Weiterbeschäftigung zuzumuten war, insbesondere ob freie Stellen oder leistungsfähigere Mitbewerber zur Verfügung standen.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Ernst, Dr. Seibert, Albers, Dr. Vogelgesang
Fundstellen