Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialpolitik. Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer. Ausnahmen. Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen. Ministerium, das seinem Personal subventionierte Kindertagesstättenplätze zur Verfügung stellt. Plätze, die außer in Notfällen, die der Arbeitgeber beurteilt, den Kindern weiblicher Beamter vorbehalten sind

 

Beteiligte

Lommers

H. Lommers

Minister van Landbouw, Natuurbeheer en Visserij

 

Tenor

Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen steht einer Regelung nicht entgegen, die ein Ministerium eingeführt hat, um einer erheblichen Unterrepräsentation von Frauen bei seinen Beschäftigten entgegenzuwirken, und bei der in einem Kontext, der durch das erwiesenermaßen unzureichende Angebot an angemessenen und erschwinglichen Kinderbetreuungseinrichtungen gekennzeichnet ist, die begrenzte Zahl der seinem Personal von ihm zur Verfügung gestellten subventionierten Kindertagesstättenplätze den weiblichen Beamten vorbehalten wird, während die männlichen Beamten nur in Notfällen, deren Vorliegen der Arbeitgeber beurteilt, Zugang zu diesen Plätzen haben. Dies gilt jedoch nur insoweit, als die damit zugunsten der männlichen Beamten vorgesehene Ausnahme insbesondere dahin ausgelegt wird, dass sie alleinerziehenden männlichen Beamten den Zugang zu diesem Kinderbetreuungssystem zu den gleichen Bedingungen eröffnet wie den weiblichen Beamten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-476/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Centrale Raad van Beroep (Niederlande) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

H. Lommers

gegen

Minister van Landbouw, Natuurbeheer en Visserij

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40)

erlässt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, des Kammerpräsidenten P. Jann, der Kammerpräsidentinnen F. Macken und N. Colneric sowie der Richter C. Gulmann, A. La Pergola (Berichterstatter), J.-P. Puissochet, R. Schintgen und V. Skouris

Generalanwalt: S. Alber

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. A. Fierstra als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Michard und C. van der Hauwaert als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte, und der Kommission, vertreten durch H. M. H. Speyart als Bevollmächtigten, in der Sitzung vom 11. September 2001,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. November 2001,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1.

Der Centrale Raad van Beroep hat mit Beschluss vom 8. Dezember 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Dezember 1999, gemäß Artikel 234 EG eine Fragenach der Auslegung des Artikels 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40, im Folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Lommers und dem für seinen Arbeitgeber, das Ministerie van Landbouw, Natuurbeheer en Visserij (Ministerium für Landwirtschaft, Landschaftspflege und Fischerei, im Folgenden: Landwirtschaftsministerium) verantwortlichen Minister über dessen Weigerung, dem Kind von Herrn Lommers Zugang zu dem vom Ministerium subventionierten Kinderbetreuungssystem zu gewähren, die damit begründet wird, dass der Zugang zu diesem System grundsätzlich weiblichen Beamten dieses Ministeriums vorbehalten sei.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3.

Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt:

Diese Richtlinie hat zum Ziel, dass in den Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, einschließlich des Aufstiegs, und des Zugangs zur Berufsbildung sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und in Bezug auf die soziale Sicherheit … verwirklicht wird. Dieser Grundsatz wird im Folgenden als ‚Grundsatz der Gleichbehandlung’ bezeichnet.

4.

Artikel 2 der Richtlinie sieht vor:

(1) Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der nachstehenden Bestimmungen beinhaltet, dass keine un...

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