Am Ende eines Seminars etwas neu zu wissen bzw. zu können und dies in einem Test oder Ähnlichem nachzuweisen, ist die eine Sache. Ziel von Qualifizierungsmaßnahmen ist es jedoch, dass die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten auch in die tägliche Praxis umgesetzt werden. Auf dieser Evaluationsstufe geht es um die Frage, ob nach dem Besuch einer Fortbildung ein Transfer des Erlernten in die Praxis stattfindet. Der zeitliche Abstand zwischen der Qualifizierung und der Überprüfung des Transfererfolgs hängt vom Thema und Inhalt der Fortbildung ab.
Ein Aspekt sollte dabei besonders beachtet werden: Eine eventuelle Nichtanwendung des Gelernten bedeutet weder zwangsläufig, dass die vorangegangene Bildungsmaßnahme erfolglos war, noch dass der Teilnehmer nichts gelernt hat. Vielmehr deckt die Evaluation hier Probleme im Managementbereich auf. Lernen ist nur dann sinnvoll, wenn im möglichst unmittelbaren Anschluss an ein Seminar auch die zeitnahe Option der Erprobung bzw. Umsetzung geboten wird. Die Gelegenheit des Transfers liegt unter Umständen aber gar nicht in der Hand des Fortgebildeten, sondern bei seinem Vorgesetzten oder anderen, die die Anwendung ermöglichen müssen.
Wer z. B. im Rahmen einer Projektmanagement-Schulung Instrumente wie die Netzplantechnik, die Stakeholder-Analyse oder die Scrum-Methode kennengelernt hat, dann aber monatelang nicht in einem entsprechenden Projekt eingesetzt wird, wird seine Motivation und die neu erlernten Fähigkeiten schnell verlieren. Hat jemand ein Präsentationstraining absolviert und bekommt danach keine Gelegenheit, die neuen Kenntnisse anzuwenden, weil sein Vorgesetzter sich vorbehält, die Ergebnisse des Fachbereichs zu präsentieren, findet kein Praxistransfer statt. Der Lernende steht aber auch selbst in der Verpflichtung, Transfermöglichkeiten wahrzunehmen. "Drückt" sich jemand trotz einer entsprechenden Schulung davor, sich in einem Projekt zu engagieren oder Präsentationen abzuhalten, verhindert selbst den Transfer. Führungskraft und Mitarbeiter sind also beide gefordert, Transfermöglichkeiten einzuräumen bzw. wahrzunehmen.
Zur Überprüfung bzw. Verstärkung des Praxistransfers bieten sich u. a. folgende Methoden an:
Beobachtungen |
Der "lernende" Teilnehmer bzw. dessen Arbeitsergebnisse werden vom Vorgesetzten, Kollegen oder "externen" Dritten beobachtet, um den Transfererfolg zu überprüfen |
Transfergespräch |
Strukturiertes Gespräch zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter in einem vorher festgelegten zeitlichen Abstand zur Fortbildungsveranstaltung zur Bewertung des Transfererfolgs und ggf. Vereinbarung von Maßnahmen zur Beseitigung von Umsetzungsschwierigkeiten |
Seminarbericht, interne Dienstbesprechung, Präsentation |
Weitergabe des Erlernten in unterschiedlicher Form an den Vorgesetzten und Kollegen (Multiplikatoren-Wirkung) |
Nachbefragungsbogen (Transferfragebogen) |
Fragebogen für den Mitarbeiter und den Vorgesetzten zur Bewertung des Transfererfolgs und ggf. Vereinbarung von Maßnahmen zur Beseitigung von Umsetzungsschwierigkeiten |
Reflexionstage (Follow-up-Termine) |
Moderierter Austausch unter den Fortbildungsteilnehmern mit dem Dozenten über das erlernte Wissen und die Möglichkeiten der Umsetzung in den Verwaltungsalltag in gewissem zeitlichen Abstand zur Fortbildungsveranstaltung |
Coaching |
Beobachtung und Beratung des Mitarbeiters am Arbeitsplatz durch einen Dozenten (Coach) zur Umsetzung des insbesondere in Verhaltenstrainings erworbenen Wissens in konkreten Alltagssituationen |
Transfertandems (Lernpartnerschaften) |
Beobachtung des Mitarbeiters durch einen von diesem ausgewählten "Lernpartner" auf Basis eines besonderen Vertrauensverhältnisses; durch entsprechend offene und konstruktive Rückmeldungen erhält der "Lernende" wertvolle Hinweise über den Transfererfolg |
Übernahme von Sonderaufgaben, Projektbeteiligung |
Beauftragung der Mitarbeiter mit Sonderaufgaben oder Einsatz in Projektteams zur Umsetzung des erlernten Wissens in die Praxis; der Transfererfolg wird durch Beobachtungen durch Vorgesetzte oder andere Projektmitglieder gemessen |
Tab. 3: Methoden zur Messung des Transfererfolgs